einander ausgestoßen werden, und die das Thierchen selbst mit fast gleichen, aber schwächeren Lauten, bauchrednerisch, als kämen sie aus weiter Ferne, beantwortet. Nichts ist wohl mißlicher, als Vogel- töne durch Buchstaben wiedergeben zu wollen: beim Moro dürfte es vorzugsweise schwierig sein. Es sind eben Stimmen aus einer besondern, für sich bestehenden Sphäre, die man vernommen haben muß, um sich eine richtige Vorstellung davon zu machen. Niemand wird einen wirklichen Gesang von einem Vogel so beschaffner Gegenden erwarten. Die erwähnten, abenteuerlichen Klänge, denen er oft noch eine Reihenfolge krähender und schnurrender anhängt, vertreten bei ihm die Stelle eines solchen. Sie passen in ihrer Seltsamkeit so vollkommen zu der gleichfalls ungewöhnlichen Umgebung, daß man ihnen stets freudig lauscht und auf sie horcht, sobald sie schweigen. Diese Trompetenstöße sind wie eine der melancholischen Stimmen der Wüste selbst oder als ob die Geister der Einöde redeten."
"Da, wo das Erdreich aus Nichts als Flugsand besteht, verschwindet der Moro. Er ist nicht dazu gemacht, wie ein Brachhuhn oder wie ein Wüstenläufer über den Sand zu laufen. Auch steiles felfiges Gebirge scheint er nicht gerade aufzusuchen; desto mehr liebt er jene öden, schwarzen Lavaströme voll gletscherartig klaffender Risse und Schlünde, auf denen kaum ein Hälm- chen grünt, die ihm aber durch die sicheren Schlupfwinkel, welche sie in ihren Höhlungen dar- bieten, anzulocken scheinen. Nie sieht man den Wüstentrompeter sich auf einen Baum oder Strauch niederlassen."
"Jn bewohnteren Gegenden sind diese Vögel ziemlich scheu; da aber, wo die Einsamkeit und das Schweigen der Wüste sie umgibt, noch recht zutraulich: am meisten die Jungen, die man oft unvermuthet auf einem Stein neben sich sitzen und Einem mit den munteren schwarzen Aeuglein ins Gesicht schauen sieht."
Ganz ähnlich ist es in den Nilländern. Hier belebt der Wüstentrompeter von Siut an strom- aufwärts die felsigen Ufer des Nils und zwar an manchen Stellen in erstaunlich großer Menge. Da wo die Wüste bis an das Stromthal herantritt, darf man sicher sein, ihm zu begegnen. Jn Nord- und Mittelnubien fällt er wie unsere Finken in Flügen von funfzig bis sechszig Stücken auf den Feldern ein oder streicht auf ihnen und zwischen dem Gebirge umher. Je wilder und zerklüfteter die Felsen sind, um so sicherer ist er zu finden. Jn der eigentlichen Wüste begegnet man ihm auch, jedoch fast ausschließlich in der Nähe der Brunnen. Hier ist er gewöhnlich der häufigste Vogel oder theilt mit den kleinen Wüstenlerchen und Wüstenammern das arme Gebiet.
Die Nahrung des Vogels besteht in der Freiheit fast oder ganz ausschließlich aus verschiedenen Sämereien, vielleicht auch aus grünen Blättern und Knospen; Kerbthiere scheint er zu verschmähen. Das Wasser ist ihm Bedürfniß. "Wie spärlich, trüb und lau auch die Quelle rinnt, sie muß durch einen, wenn auch meilenweiten Flug täglich einmal wenigstens erreichbar sein. Das Erscheinen des Wüsten- trompeters ist für die von Durst gequälte Karavane immer ein günstiges Wahrzeichen." Sie erscheinen des Morgens und Nachmittags in Gesellschaften an der Tränke, trinken viel und in langen Zügen und baden sich dann wohl auch in seichterem Wasser.
Jm März beginnt die Brutzeit. Die männlichen Vögel haben dann ihr Prachtkleid angelegt und sich mit dem erkornen Weibchen vom Fluge getrennt, sind jedoch nicht aus dem Verbande der Gesammtheit geschieden. Vereint sieht man die verschiedenen Pärchen auf den zerklüfteten Felsen sitzen; lauter und öfter als sonst erdröhnt der langgezogene Trompetenton des Männchens, und lerchen- artig umgeht dieses das Weibchen. Obgleich ich am Ril die Paare Baustoffe eintragen sah, wollte es mir doch nicht gelingen, mehr zu entdecken. Die Felsenmassen zu beiden Ufern des Stromes bieten dem niedlichen Vogel meist einen viel zu ausgedehnten und günstigen Nistplatz dar, als daß ein Samm- ler Nachsuchungen mit Erfolg betreiben könnte. Auch Bolle hat, so vielfach er sich nach dem Neste umgeschaut, keines entdecken können, wohl aber von den Ziegenhirten der gedachten Jnseln erfahren, daß die Wüstentrompeter in den Schlünden der Lavamassen oder auf der Erde unter großen überhän- genden Steinen nisten. Das Nest selbst soll kunstlos aus dem groben Stroh der Wüstengräser zusam-
Die Knacker. Sperlingsvögel. Gimpel.
einander ausgeſtoßen werden, und die das Thierchen ſelbſt mit faſt gleichen, aber ſchwächeren Lauten, bauchredneriſch, als kämen ſie aus weiter Ferne, beantwortet. Nichts iſt wohl mißlicher, als Vogel- töne durch Buchſtaben wiedergeben zu wollen: beim Moro dürfte es vorzugsweiſe ſchwierig ſein. Es ſind eben Stimmen aus einer beſondern, für ſich beſtehenden Sphäre, die man vernommen haben muß, um ſich eine richtige Vorſtellung davon zu machen. Niemand wird einen wirklichen Geſang von einem Vogel ſo beſchaffner Gegenden erwarten. Die erwähnten, abenteuerlichen Klänge, denen er oft noch eine Reihenfolge krähender und ſchnurrender anhängt, vertreten bei ihm die Stelle eines ſolchen. Sie paſſen in ihrer Seltſamkeit ſo vollkommen zu der gleichfalls ungewöhnlichen Umgebung, daß man ihnen ſtets freudig lauſcht und auf ſie horcht, ſobald ſie ſchweigen. Dieſe Trompetenſtöße ſind wie eine der melancholiſchen Stimmen der Wüſte ſelbſt oder als ob die Geiſter der Einöde redeten.‟
„Da, wo das Erdreich aus Nichts als Flugſand beſteht, verſchwindet der Moro. Er iſt nicht dazu gemacht, wie ein Brachhuhn oder wie ein Wüſtenläufer über den Sand zu laufen. Auch ſteiles felfiges Gebirge ſcheint er nicht gerade aufzuſuchen; deſto mehr liebt er jene öden, ſchwarzen Lavaſtröme voll gletſcherartig klaffender Riſſe und Schlünde, auf denen kaum ein Hälm- chen grünt, die ihm aber durch die ſicheren Schlupfwinkel, welche ſie in ihren Höhlungen dar- bieten, anzulocken ſcheinen. Nie ſieht man den Wüſtentrompeter ſich auf einen Baum oder Strauch niederlaſſen.‟
„Jn bewohnteren Gegenden ſind dieſe Vögel ziemlich ſcheu; da aber, wo die Einſamkeit und das Schweigen der Wüſte ſie umgibt, noch recht zutraulich: am meiſten die Jungen, die man oft unvermuthet auf einem Stein neben ſich ſitzen und Einem mit den munteren ſchwarzen Aeuglein ins Geſicht ſchauen ſieht.‟
Ganz ähnlich iſt es in den Nilländern. Hier belebt der Wüſtentrompeter von Siut an ſtrom- aufwärts die felſigen Ufer des Nils und zwar an manchen Stellen in erſtaunlich großer Menge. Da wo die Wüſte bis an das Stromthal herantritt, darf man ſicher ſein, ihm zu begegnen. Jn Nord- und Mittelnubien fällt er wie unſere Finken in Flügen von funfzig bis ſechszig Stücken auf den Feldern ein oder ſtreicht auf ihnen und zwiſchen dem Gebirge umher. Je wilder und zerklüfteter die Felſen ſind, um ſo ſicherer iſt er zu finden. Jn der eigentlichen Wüſte begegnet man ihm auch, jedoch faſt ausſchließlich in der Nähe der Brunnen. Hier iſt er gewöhnlich der häufigſte Vogel oder theilt mit den kleinen Wüſtenlerchen und Wüſtenammern das arme Gebiet.
Die Nahrung des Vogels beſteht in der Freiheit faſt oder ganz ausſchließlich aus verſchiedenen Sämereien, vielleicht auch aus grünen Blättern und Knoſpen; Kerbthiere ſcheint er zu verſchmähen. Das Waſſer iſt ihm Bedürfniß. „Wie ſpärlich, trüb und lau auch die Quelle rinnt, ſie muß durch einen, wenn auch meilenweiten Flug täglich einmal wenigſtens erreichbar ſein. Das Erſcheinen des Wüſten- trompeters iſt für die von Durſt gequälte Karavane immer ein günſtiges Wahrzeichen.‟ Sie erſcheinen des Morgens und Nachmittags in Geſellſchaften an der Tränke, trinken viel und in langen Zügen und baden ſich dann wohl auch in ſeichterem Waſſer.
Jm März beginnt die Brutzeit. Die männlichen Vögel haben dann ihr Prachtkleid angelegt und ſich mit dem erkornen Weibchen vom Fluge getrennt, ſind jedoch nicht aus dem Verbande der Geſammtheit geſchieden. Vereint ſieht man die verſchiedenen Pärchen auf den zerklüfteten Felſen ſitzen; lauter und öfter als ſonſt erdröhnt der langgezogene Trompetenton des Männchens, und lerchen- artig umgeht dieſes das Weibchen. Obgleich ich am Ril die Paare Bauſtoffe eintragen ſah, wollte es mir doch nicht gelingen, mehr zu entdecken. Die Felſenmaſſen zu beiden Ufern des Stromes bieten dem niedlichen Vogel meiſt einen viel zu ausgedehnten und günſtigen Niſtplatz dar, als daß ein Samm- ler Nachſuchungen mit Erfolg betreiben könnte. Auch Bolle hat, ſo vielfach er ſich nach dem Neſte umgeſchaut, keines entdecken können, wohl aber von den Ziegenhirten der gedachten Jnſeln erfahren, daß die Wüſtentrompeter in den Schlünden der Lavamaſſen oder auf der Erde unter großen überhän- genden Steinen niſten. Das Neſt ſelbſt ſoll kunſtlos aus dem groben Stroh der Wüſtengräſer zuſam-
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Die Knacker. Sperlingsvögel. Gimpel.
einander ausgeſtoßen werden, und die das Thierchen ſelbſt mit faſt gleichen, aber ſchwächeren Lauten,
bauchredneriſch, als kämen ſie aus weiter Ferne, beantwortet. Nichts iſt wohl mißlicher, als Vogel-
töne durch Buchſtaben wiedergeben zu wollen: beim Moro dürfte es vorzugsweiſe ſchwierig ſein. Es
ſind eben Stimmen aus einer beſondern, für ſich beſtehenden Sphäre, die man vernommen haben
muß, um ſich eine richtige Vorſtellung davon zu machen. Niemand wird einen wirklichen Geſang
von einem Vogel ſo beſchaffner Gegenden erwarten. Die erwähnten, abenteuerlichen Klänge, denen
er oft noch eine Reihenfolge krähender und ſchnurrender anhängt, vertreten bei ihm die Stelle
eines ſolchen. Sie paſſen in ihrer Seltſamkeit ſo vollkommen zu der gleichfalls ungewöhnlichen
Umgebung, daß man ihnen ſtets freudig lauſcht und auf ſie horcht, ſobald ſie ſchweigen. Dieſe
Trompetenſtöße ſind wie eine der melancholiſchen Stimmen der Wüſte ſelbſt oder als ob die Geiſter
der Einöde redeten.‟
„Da, wo das Erdreich aus Nichts als Flugſand beſteht, verſchwindet der Moro. Er iſt
nicht dazu gemacht, wie ein Brachhuhn oder wie ein Wüſtenläufer über den Sand zu laufen.
Auch ſteiles felfiges Gebirge ſcheint er nicht gerade aufzuſuchen; deſto mehr liebt er jene öden,
ſchwarzen Lavaſtröme voll gletſcherartig klaffender Riſſe und Schlünde, auf denen kaum ein Hälm-
chen grünt, die ihm aber durch die ſicheren Schlupfwinkel, welche ſie in ihren Höhlungen dar-
bieten, anzulocken ſcheinen. Nie ſieht man den Wüſtentrompeter ſich auf einen Baum oder
Strauch niederlaſſen.‟
„Jn bewohnteren Gegenden ſind dieſe Vögel ziemlich ſcheu; da aber, wo die Einſamkeit und
das Schweigen der Wüſte ſie umgibt, noch recht zutraulich: am meiſten die Jungen, die man oft
unvermuthet auf einem Stein neben ſich ſitzen und Einem mit den munteren ſchwarzen Aeuglein ins
Geſicht ſchauen ſieht.‟
Ganz ähnlich iſt es in den Nilländern. Hier belebt der Wüſtentrompeter von Siut an ſtrom-
aufwärts die felſigen Ufer des Nils und zwar an manchen Stellen in erſtaunlich großer Menge.
Da wo die Wüſte bis an das Stromthal herantritt, darf man ſicher ſein, ihm zu begegnen. Jn
Nord- und Mittelnubien fällt er wie unſere Finken in Flügen von funfzig bis ſechszig Stücken auf den
Feldern ein oder ſtreicht auf ihnen und zwiſchen dem Gebirge umher. Je wilder und zerklüfteter die
Felſen ſind, um ſo ſicherer iſt er zu finden. Jn der eigentlichen Wüſte begegnet man ihm auch, jedoch
faſt ausſchließlich in der Nähe der Brunnen. Hier iſt er gewöhnlich der häufigſte Vogel oder theilt
mit den kleinen Wüſtenlerchen und Wüſtenammern das arme Gebiet.
Die Nahrung des Vogels beſteht in der Freiheit faſt oder ganz ausſchließlich aus verſchiedenen
Sämereien, vielleicht auch aus grünen Blättern und Knoſpen; Kerbthiere ſcheint er zu verſchmähen.
Das Waſſer iſt ihm Bedürfniß. „Wie ſpärlich, trüb und lau auch die Quelle rinnt, ſie muß durch einen,
wenn auch meilenweiten Flug täglich einmal wenigſtens erreichbar ſein. Das Erſcheinen des Wüſten-
trompeters iſt für die von Durſt gequälte Karavane immer ein günſtiges Wahrzeichen.‟ Sie erſcheinen
des Morgens und Nachmittags in Geſellſchaften an der Tränke, trinken viel und in langen Zügen
und baden ſich dann wohl auch in ſeichterem Waſſer.
Jm März beginnt die Brutzeit. Die männlichen Vögel haben dann ihr Prachtkleid angelegt
und ſich mit dem erkornen Weibchen vom Fluge getrennt, ſind jedoch nicht aus dem Verbande der
Geſammtheit geſchieden. Vereint ſieht man die verſchiedenen Pärchen auf den zerklüfteten Felſen
ſitzen; lauter und öfter als ſonſt erdröhnt der langgezogene Trompetenton des Männchens, und lerchen-
artig umgeht dieſes das Weibchen. Obgleich ich am Ril die Paare Bauſtoffe eintragen ſah, wollte
es mir doch nicht gelingen, mehr zu entdecken. Die Felſenmaſſen zu beiden Ufern des Stromes bieten
dem niedlichen Vogel meiſt einen viel zu ausgedehnten und günſtigen Niſtplatz dar, als daß ein Samm-
ler Nachſuchungen mit Erfolg betreiben könnte. Auch Bolle hat, ſo vielfach er ſich nach dem Neſte
umgeſchaut, keines entdecken können, wohl aber von den Ziegenhirten der gedachten Jnſeln erfahren,
daß die Wüſtentrompeter in den Schlünden der Lavamaſſen oder auf der Erde unter großen überhän-
genden Steinen niſten. Das Neſt ſelbſt ſoll kunſtlos aus dem groben Stroh der Wüſtengräſer zuſam-
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866, S. 108. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben03_1866/126>, abgerufen am 24.11.2024.
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