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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 2. Hildburghausen, 1865.

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Der gemeine Ziesel.
kommenden Feinde Trotz zu bieten, die große Mehrzahl setzt sich, ungeachtet ihres tüchtigen Gebisses,
niemals zur Wehre, und deshalb sagt man von ihnen, daß sie gutmüthig und sanft, friedlich und
harmlos seien. Jhr Verstand bekundet sich darin, daß sie sich sehr leicht und bis zu einem ziemlich
hohen Grade zähmen lassen. Die meisten lernen ihren Pfleger kennen und werden sehr zutraulich,
einige zeigen sich sogar folgsam, gelehrig und erlernen mancherlei Kunststückchen.

Gegen den Winter hin vergraben sich alle tief in ihren Bau und verfallen hier in einen un-
unterbrochenen, so tiefen Winterschlaf, daß ihre Lebensthätigkeit auf das allergeringste Maß herab-
gestimmt ist.

Jhre Vermehrung ist stark. Sie werfen allerdings durchschnittlich nur ein Mal im Jahre, aber
drei bis zehn Junge, und diese sind schon im nächsten Frühjahre fortpflanzungsfähig.

Man benutzt von einigen das Fell und ißt von den anderen das Fleisch, hält sie auch gern
als artige Hausgenossen: das echte Murmelthier bildet ja sogar den einzigen Reichthum mancher armen
Gebirgsknaben, welche mit ihm, ihrem Schatze, durch die weite Welt wandern, um sich und die
Jhrigen daheim ernähren zu können.

[Abbildung] Der gemeine Ziesel (Spermophilus Citillus).

Die Familie zerfällt in zwei Gruppen, in die Ziesel und die eigentlichen Murmelthiere.
Erstere (Spermophilus) bilden gleichsam ein Mittelglied zwischen den Grundeichhörnchen und den
Murmelthieren. Jhr Schwanz ist kurz, etwa dem vierten Theil der Körperlänge gleich; er ist blos
in der Endhälfte buschig und zweizeilig behaart; der Rumpf ist ziemlich schlank und kurzhaarig; an
den Vorderfüßen finden sich vier Zehen mit kurzer Daumenwarze, an den Hinterfüßen deren fünf;
die Backentaschen sind ziemlich groß; der Augenstern ist länglich.

Man kennt zahlreiche Arten dieser Sippe, welche sämmtlich der nördlichen Erdhälfte angehören.
Hier wohnen sie auf offenen und buschigen Ebenen, einige gesellig, andere einzeln in selbstgegra-
benen Höhlen und nähren sich von verschiedenen Körnern, Beeren, zarten Kräutern und Wurzeln,
verschmähen auch Mäuse und kleine Vögel nicht.

Jn Mitteleuropa ist blos eine Art bekannt, der (oder das) gemeine Ziesel (Spermophilus
Citillus
), ein äußerst liebliches Thierchen, fast von Hamstergröße, aber mit viel schlankerem Leib
und hübscherem Köpfchen, acht bis neun Zoll lang und mit fast drei Zoll langem Schwanze, der aber
durch das Haar noch länger erscheint, am Widerrist etwa drei und einen halben Zoll hoch und unge-
fähr ein Pfund schwer. Das Weibchen ist in allen Theilen kleiner, schwächer und leichter. Der
Pelz ist oben gelbgrau, unregelmäßig mit Rostgelb, gewollt und fein gefleckt, auf der Unterseite

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Der gemeine Zieſel.
kommenden Feinde Trotz zu bieten, die große Mehrzahl ſetzt ſich, ungeachtet ihres tüchtigen Gebiſſes,
niemals zur Wehre, und deshalb ſagt man von ihnen, daß ſie gutmüthig und ſanft, friedlich und
harmlos ſeien. Jhr Verſtand bekundet ſich darin, daß ſie ſich ſehr leicht und bis zu einem ziemlich
hohen Grade zähmen laſſen. Die meiſten lernen ihren Pfleger kennen und werden ſehr zutraulich,
einige zeigen ſich ſogar folgſam, gelehrig und erlernen mancherlei Kunſtſtückchen.

Gegen den Winter hin vergraben ſich alle tief in ihren Bau und verfallen hier in einen un-
unterbrochenen, ſo tiefen Winterſchlaf, daß ihre Lebensthätigkeit auf das allergeringſte Maß herab-
geſtimmt iſt.

Jhre Vermehrung iſt ſtark. Sie werfen allerdings durchſchnittlich nur ein Mal im Jahre, aber
drei bis zehn Junge, und dieſe ſind ſchon im nächſten Frühjahre fortpflanzungsfähig.

Man benutzt von einigen das Fell und ißt von den anderen das Fleiſch, hält ſie auch gern
als artige Hausgenoſſen: das echte Murmelthier bildet ja ſogar den einzigen Reichthum mancher armen
Gebirgsknaben, welche mit ihm, ihrem Schatze, durch die weite Welt wandern, um ſich und die
Jhrigen daheim ernähren zu können.

[Abbildung] Der gemeine Zieſel (Spermophilus Citillus).

Die Familie zerfällt in zwei Gruppen, in die Zieſel und die eigentlichen Murmelthiere.
Erſtere (Spermophilus) bilden gleichſam ein Mittelglied zwiſchen den Grundeichhörnchen und den
Murmelthieren. Jhr Schwanz iſt kurz, etwa dem vierten Theil der Körperlänge gleich; er iſt blos
in der Endhälfte buſchig und zweizeilig behaart; der Rumpf iſt ziemlich ſchlank und kurzhaarig; an
den Vorderfüßen finden ſich vier Zehen mit kurzer Daumenwarze, an den Hinterfüßen deren fünf;
die Backentaſchen ſind ziemlich groß; der Augenſtern iſt länglich.

Man kennt zahlreiche Arten dieſer Sippe, welche ſämmtlich der nördlichen Erdhälfte angehören.
Hier wohnen ſie auf offenen und buſchigen Ebenen, einige geſellig, andere einzeln in ſelbſtgegra-
benen Höhlen und nähren ſich von verſchiedenen Körnern, Beeren, zarten Kräutern und Wurzeln,
verſchmähen auch Mäuſe und kleine Vögel nicht.

Jn Mitteleuropa iſt blos eine Art bekannt, der (oder das) gemeine Zieſel (Spermophilus
Citillus
), ein äußerſt liebliches Thierchen, faſt von Hamſtergröße, aber mit viel ſchlankerem Leib
und hübſcherem Köpfchen, acht bis neun Zoll lang und mit faſt drei Zoll langem Schwanze, der aber
durch das Haar noch länger erſcheint, am Widerriſt etwa drei und einen halben Zoll hoch und unge-
fähr ein Pfund ſchwer. Das Weibchen iſt in allen Theilen kleiner, ſchwächer und leichter. Der
Pelz iſt oben gelbgrau, unregelmäßig mit Roſtgelb, gewollt und fein gefleckt, auf der Unterſeite

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[83/0097] Der gemeine Zieſel. kommenden Feinde Trotz zu bieten, die große Mehrzahl ſetzt ſich, ungeachtet ihres tüchtigen Gebiſſes, niemals zur Wehre, und deshalb ſagt man von ihnen, daß ſie gutmüthig und ſanft, friedlich und harmlos ſeien. Jhr Verſtand bekundet ſich darin, daß ſie ſich ſehr leicht und bis zu einem ziemlich hohen Grade zähmen laſſen. Die meiſten lernen ihren Pfleger kennen und werden ſehr zutraulich, einige zeigen ſich ſogar folgſam, gelehrig und erlernen mancherlei Kunſtſtückchen. Gegen den Winter hin vergraben ſich alle tief in ihren Bau und verfallen hier in einen un- unterbrochenen, ſo tiefen Winterſchlaf, daß ihre Lebensthätigkeit auf das allergeringſte Maß herab- geſtimmt iſt. Jhre Vermehrung iſt ſtark. Sie werfen allerdings durchſchnittlich nur ein Mal im Jahre, aber drei bis zehn Junge, und dieſe ſind ſchon im nächſten Frühjahre fortpflanzungsfähig. Man benutzt von einigen das Fell und ißt von den anderen das Fleiſch, hält ſie auch gern als artige Hausgenoſſen: das echte Murmelthier bildet ja ſogar den einzigen Reichthum mancher armen Gebirgsknaben, welche mit ihm, ihrem Schatze, durch die weite Welt wandern, um ſich und die Jhrigen daheim ernähren zu können. [Abbildung Der gemeine Zieſel (Spermophilus Citillus).] Die Familie zerfällt in zwei Gruppen, in die Zieſel und die eigentlichen Murmelthiere. Erſtere (Spermophilus) bilden gleichſam ein Mittelglied zwiſchen den Grundeichhörnchen und den Murmelthieren. Jhr Schwanz iſt kurz, etwa dem vierten Theil der Körperlänge gleich; er iſt blos in der Endhälfte buſchig und zweizeilig behaart; der Rumpf iſt ziemlich ſchlank und kurzhaarig; an den Vorderfüßen finden ſich vier Zehen mit kurzer Daumenwarze, an den Hinterfüßen deren fünf; die Backentaſchen ſind ziemlich groß; der Augenſtern iſt länglich. Man kennt zahlreiche Arten dieſer Sippe, welche ſämmtlich der nördlichen Erdhälfte angehören. Hier wohnen ſie auf offenen und buſchigen Ebenen, einige geſellig, andere einzeln in ſelbſtgegra- benen Höhlen und nähren ſich von verſchiedenen Körnern, Beeren, zarten Kräutern und Wurzeln, verſchmähen auch Mäuſe und kleine Vögel nicht. Jn Mitteleuropa iſt blos eine Art bekannt, der (oder das) gemeine Zieſel (Spermophilus Citillus), ein äußerſt liebliches Thierchen, faſt von Hamſtergröße, aber mit viel ſchlankerem Leib und hübſcherem Köpfchen, acht bis neun Zoll lang und mit faſt drei Zoll langem Schwanze, der aber durch das Haar noch länger erſcheint, am Widerriſt etwa drei und einen halben Zoll hoch und unge- fähr ein Pfund ſchwer. Das Weibchen iſt in allen Theilen kleiner, ſchwächer und leichter. Der Pelz iſt oben gelbgrau, unregelmäßig mit Roſtgelb, gewollt und fein gefleckt, auf der Unterſeite 6 *

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 2. Hildburghausen, 1865, S. 83. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben02_1865/97>, abgerufen am 23.11.2024.