Flossenfüßer. Die Seehunde. -- Der südliche Seelöwe.
wickeln ihn um einen Stein oder Pfahl. Will das verwundete und erwachte Thier entfliehen, so schießen Andere mit Pfeilen oder Spießen darauf los und schlagen es zuletzt mit Keulen todt. Tref- fen sie es auf einem einsamen Floß, so schießen sie es mit giftigen Pfeilen. Es kommt sodann aus dem Meerwasser, welches seinen Schmerz vermehrt, ans Land und wird nun getödtet oder stirbt von selbst innerhalb 24 Stunden. Wer es wagt, dieses Thier zu tödten, steht bei den Anderen in großem Ansehen, und Viele gehen nicht blos wegen des schmackhaften Fleisches, sondern aus Ruhmsucht auf diese gefährliche Jagd. Sie wagen sich oft mit ihren elenden Kähnen von Baumrinde oder Thier- häuten auf 4 bis 5 Meilen entfernte Jnseln und laden 2 bis 3 Thiere hinein, daß der Rand oft kaum über das Wasser hervorsteht; sie würden sich aber schämen, aus Angst vor dem Tode es zurück- zulassen. Fett und Fleisch sind überaus schmackhaft, besonders von den Jungen. Die Gallerte aus den Füßen ist ein Leckerbissen."
"Einem Männchen folgen drei bis vier Weibchen. Jn den Monaten August, September und Juli werfen sie. Die Männchen begegnen den Weibchen viel sanfter, als bei den Bärenrobben und erwiedern deren Schmeicheleien; beide aber sorgen nicht sehr für ihre Jungen, und ich habe oft ge- sehen, daß Mütter dieselben im Schlafe todt gedrückt haben; auch machten sie sich Nichts daraus, wenn ich die Jungen vor den Augen der Eltern schlachtete und ihnen die Eingeweide vorwarf. Diese Jungen sind nicht so lebhaft und munter, wie die jungen Bärenrobben, sondern schlafen fast bestän- dig und treiben auch ihr Spiel nur schläfrig. Gegen Abend begeben sich die Mütter mit ihnen ins Meer und schwimmen ruhig am Strande. Werden sie müde, so setzen sie sich der Mutter auf den Rücken und ruhen aus, diese wälzt sich aber wie ein Rad und wirft die trägen Jungen ab, um sie an das Schwimmen zu gewöhnen. Jch habe ganz junggeborne ins Meer geworfen, sie konnten aber Nichts weniger, als schwimmen, sondern schlugen das Wasser unordentlich mit den Finnen und such- ten das Land zu gewinnen."
"Obschon diese Thiere sich sehr vor dem Menschen fürchten, habe ich doch bemerkt, daß sie ihn gewohnt werden, wenn man oft und friedlich mit ihnen umgeht, besonders zu der Zeit, wo ihre Jungen noch nicht fertig schwimmen können. Jch habe mich einmal sechs Tage lang mitten unter einer Herde, jedoch auf einem erhöhten Orte in einer Hütte aufgehalten und ihre Lebensart sehr ge- nau beobachtet. Sie lagen rings um mich her, sahen das Feuer an und gaben auf Alles Acht, was ich machte. Sie entflohen auch nicht, obschon ich unter ihnen herumging, die Jungen ergriff, tödtete und die Beschreibung davon aufsetzte. Sie streiten auch heftig unter einander um den Ort und die Weibchen, ebenso hitzig wie die Bärenrobben und mit denselben Geberden. Eines, dem das Weibchen genommen war, stritt mit allen übrigen drei Tage lang und war durch mehr als hundert Wunden überall zerfleischt. Die Bärenrobben mengen sich nie in den Streit und sehen sich sogleich nach der Flucht um, wenn ein solcher entsteht; auch mit ihren Weibchen und Jungen lassen sie die Löwenrob- ben spielen, ohne sich zu mucksen. Sie vermeiden überhaupt ihre Gesellschaft soviel, als sie können."
"Die Löwenrobben plärren wie die Ochsen, die Jungen blöcken wie die Schafe. Es kam mir oft vor, als wäre ich der Hirt unter einer Viehherde, nach welchem sie sich richten müßte. Es gibt ihrer Sommers und Winters auf diesen Jnseln. Nichtsdestoweniger kommen im Frühling andere mit der Bärenrobbe zugleich an. Sie fressen Fische und gemeine Robben, wahrscheinlich auch Meerottern. Jm Juni und Juli, wo sie auf der Jnsel ihre Jungen aufziehen, fressen sie fast gar Nichts, werden sehr mager und schlafen beständig. Sie scheinen recht alt zu werden, denn sie bekommen endlich einen grauen Kopf."
Zwischen den genannten und den eigentlichen Seehunden stehen die Seeleoparden (Lep- tonyx), welche hauptsächlich ihres Gebisses und des Handbaues wegen als besondere Sippe abge- trennt worden sind. Die Arten bewohnen die Südsee. Unter dem Ramen Seeleoparden ver- stehen übrigens die deutschen Naturforscher ein anderes Thier, als die Engländer. Ueber die
Floſſenfüßer. Die Seehunde. — Der ſüdliche Seelöwe.
wickeln ihn um einen Stein oder Pfahl. Will das verwundete und erwachte Thier entfliehen, ſo ſchießen Andere mit Pfeilen oder Spießen darauf los und ſchlagen es zuletzt mit Keulen todt. Tref- fen ſie es auf einem einſamen Floß, ſo ſchießen ſie es mit giftigen Pfeilen. Es kommt ſodann aus dem Meerwaſſer, welches ſeinen Schmerz vermehrt, ans Land und wird nun getödtet oder ſtirbt von ſelbſt innerhalb 24 Stunden. Wer es wagt, dieſes Thier zu tödten, ſteht bei den Anderen in großem Anſehen, und Viele gehen nicht blos wegen des ſchmackhaften Fleiſches, ſondern aus Ruhmſucht auf dieſe gefährliche Jagd. Sie wagen ſich oft mit ihren elenden Kähnen von Baumrinde oder Thier- häuten auf 4 bis 5 Meilen entfernte Jnſeln und laden 2 bis 3 Thiere hinein, daß der Rand oft kaum über das Waſſer hervorſteht; ſie würden ſich aber ſchämen, aus Angſt vor dem Tode es zurück- zulaſſen. Fett und Fleiſch ſind überaus ſchmackhaft, beſonders von den Jungen. Die Gallerte aus den Füßen iſt ein Leckerbiſſen.‟
„Einem Männchen folgen drei bis vier Weibchen. Jn den Monaten Auguſt, September und Juli werfen ſie. Die Männchen begegnen den Weibchen viel ſanfter, als bei den Bärenrobben und erwiedern deren Schmeicheleien; beide aber ſorgen nicht ſehr für ihre Jungen, und ich habe oft ge- ſehen, daß Mütter dieſelben im Schlafe todt gedrückt haben; auch machten ſie ſich Nichts daraus, wenn ich die Jungen vor den Augen der Eltern ſchlachtete und ihnen die Eingeweide vorwarf. Dieſe Jungen ſind nicht ſo lebhaft und munter, wie die jungen Bärenrobben, ſondern ſchlafen faſt beſtän- dig und treiben auch ihr Spiel nur ſchläfrig. Gegen Abend begeben ſich die Mütter mit ihnen ins Meer und ſchwimmen ruhig am Strande. Werden ſie müde, ſo ſetzen ſie ſich der Mutter auf den Rücken und ruhen aus, dieſe wälzt ſich aber wie ein Rad und wirft die trägen Jungen ab, um ſie an das Schwimmen zu gewöhnen. Jch habe ganz junggeborne ins Meer geworfen, ſie konnten aber Nichts weniger, als ſchwimmen, ſondern ſchlugen das Waſſer unordentlich mit den Finnen und ſuch- ten das Land zu gewinnen.‟
„Obſchon dieſe Thiere ſich ſehr vor dem Menſchen fürchten, habe ich doch bemerkt, daß ſie ihn gewohnt werden, wenn man oft und friedlich mit ihnen umgeht, beſonders zu der Zeit, wo ihre Jungen noch nicht fertig ſchwimmen können. Jch habe mich einmal ſechs Tage lang mitten unter einer Herde, jedoch auf einem erhöhten Orte in einer Hütte aufgehalten und ihre Lebensart ſehr ge- nau beobachtet. Sie lagen rings um mich her, ſahen das Feuer an und gaben auf Alles Acht, was ich machte. Sie entflohen auch nicht, obſchon ich unter ihnen herumging, die Jungen ergriff, tödtete und die Beſchreibung davon aufſetzte. Sie ſtreiten auch heftig unter einander um den Ort und die Weibchen, ebenſo hitzig wie die Bärenrobben und mit denſelben Geberden. Eines, dem das Weibchen genommen war, ſtritt mit allen übrigen drei Tage lang und war durch mehr als hundert Wunden überall zerfleiſcht. Die Bärenrobben mengen ſich nie in den Streit und ſehen ſich ſogleich nach der Flucht um, wenn ein ſolcher entſteht; auch mit ihren Weibchen und Jungen laſſen ſie die Löwenrob- ben ſpielen, ohne ſich zu muckſen. Sie vermeiden überhaupt ihre Geſellſchaft ſoviel, als ſie können.‟
„Die Löwenrobben plärren wie die Ochſen, die Jungen blöcken wie die Schafe. Es kam mir oft vor, als wäre ich der Hirt unter einer Viehherde, nach welchem ſie ſich richten müßte. Es gibt ihrer Sommers und Winters auf dieſen Jnſeln. Nichtsdeſtoweniger kommen im Frühling andere mit der Bärenrobbe zugleich an. Sie freſſen Fiſche und gemeine Robben, wahrſcheinlich auch Meerottern. Jm Juni und Juli, wo ſie auf der Jnſel ihre Jungen aufziehen, freſſen ſie faſt gar Nichts, werden ſehr mager und ſchlafen beſtändig. Sie ſcheinen recht alt zu werden, denn ſie bekommen endlich einen grauen Kopf.‟
Zwiſchen den genannten und den eigentlichen Seehunden ſtehen die Seeleoparden (Lep- tonyx), welche hauptſächlich ihres Gebiſſes und des Handbaues wegen als beſondere Sippe abge- trennt worden ſind. Die Arten bewohnen die Südſee. Unter dem Ramen Seeleoparden ver- ſtehen übrigens die deutſchen Naturforſcher ein anderes Thier, als die Engländer. Ueber die
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Floſſenfüßer. Die Seehunde. — Der ſüdliche Seelöwe.
wickeln ihn um einen Stein oder Pfahl. Will das verwundete und erwachte Thier entfliehen, ſo
ſchießen Andere mit Pfeilen oder Spießen darauf los und ſchlagen es zuletzt mit Keulen todt. Tref-
fen ſie es auf einem einſamen Floß, ſo ſchießen ſie es mit giftigen Pfeilen. Es kommt ſodann aus
dem Meerwaſſer, welches ſeinen Schmerz vermehrt, ans Land und wird nun getödtet oder ſtirbt von
ſelbſt innerhalb 24 Stunden. Wer es wagt, dieſes Thier zu tödten, ſteht bei den Anderen in großem
Anſehen, und Viele gehen nicht blos wegen des ſchmackhaften Fleiſches, ſondern aus Ruhmſucht auf
dieſe gefährliche Jagd. Sie wagen ſich oft mit ihren elenden Kähnen von Baumrinde oder Thier-
häuten auf 4 bis 5 Meilen entfernte Jnſeln und laden 2 bis 3 Thiere hinein, daß der Rand oft
kaum über das Waſſer hervorſteht; ſie würden ſich aber ſchämen, aus Angſt vor dem Tode es zurück-
zulaſſen. Fett und Fleiſch ſind überaus ſchmackhaft, beſonders von den Jungen. Die Gallerte aus
den Füßen iſt ein Leckerbiſſen.‟
„Einem Männchen folgen drei bis vier Weibchen. Jn den Monaten Auguſt, September und
Juli werfen ſie. Die Männchen begegnen den Weibchen viel ſanfter, als bei den Bärenrobben und
erwiedern deren Schmeicheleien; beide aber ſorgen nicht ſehr für ihre Jungen, und ich habe oft ge-
ſehen, daß Mütter dieſelben im Schlafe todt gedrückt haben; auch machten ſie ſich Nichts daraus,
wenn ich die Jungen vor den Augen der Eltern ſchlachtete und ihnen die Eingeweide vorwarf. Dieſe
Jungen ſind nicht ſo lebhaft und munter, wie die jungen Bärenrobben, ſondern ſchlafen faſt beſtän-
dig und treiben auch ihr Spiel nur ſchläfrig. Gegen Abend begeben ſich die Mütter mit ihnen ins
Meer und ſchwimmen ruhig am Strande. Werden ſie müde, ſo ſetzen ſie ſich der Mutter auf den
Rücken und ruhen aus, dieſe wälzt ſich aber wie ein Rad und wirft die trägen Jungen ab, um ſie
an das Schwimmen zu gewöhnen. Jch habe ganz junggeborne ins Meer geworfen, ſie konnten aber
Nichts weniger, als ſchwimmen, ſondern ſchlugen das Waſſer unordentlich mit den Finnen und ſuch-
ten das Land zu gewinnen.‟
„Obſchon dieſe Thiere ſich ſehr vor dem Menſchen fürchten, habe ich doch bemerkt, daß ſie ihn
gewohnt werden, wenn man oft und friedlich mit ihnen umgeht, beſonders zu der Zeit, wo ihre
Jungen noch nicht fertig ſchwimmen können. Jch habe mich einmal ſechs Tage lang mitten unter
einer Herde, jedoch auf einem erhöhten Orte in einer Hütte aufgehalten und ihre Lebensart ſehr ge-
nau beobachtet. Sie lagen rings um mich her, ſahen das Feuer an und gaben auf Alles Acht, was
ich machte. Sie entflohen auch nicht, obſchon ich unter ihnen herumging, die Jungen ergriff, tödtete
und die Beſchreibung davon aufſetzte. Sie ſtreiten auch heftig unter einander um den Ort und die
Weibchen, ebenſo hitzig wie die Bärenrobben und mit denſelben Geberden. Eines, dem das Weibchen
genommen war, ſtritt mit allen übrigen drei Tage lang und war durch mehr als hundert Wunden
überall zerfleiſcht. Die Bärenrobben mengen ſich nie in den Streit und ſehen ſich ſogleich nach der
Flucht um, wenn ein ſolcher entſteht; auch mit ihren Weibchen und Jungen laſſen ſie die Löwenrob-
ben ſpielen, ohne ſich zu muckſen. Sie vermeiden überhaupt ihre Geſellſchaft ſoviel, als ſie können.‟
„Die Löwenrobben plärren wie die Ochſen, die Jungen blöcken wie die Schafe. Es kam mir oft
vor, als wäre ich der Hirt unter einer Viehherde, nach welchem ſie ſich richten müßte. Es gibt ihrer
Sommers und Winters auf dieſen Jnſeln. Nichtsdeſtoweniger kommen im Frühling andere mit der
Bärenrobbe zugleich an. Sie freſſen Fiſche und gemeine Robben, wahrſcheinlich auch Meerottern.
Jm Juni und Juli, wo ſie auf der Jnſel ihre Jungen aufziehen, freſſen ſie faſt gar Nichts, werden
ſehr mager und ſchlafen beſtändig. Sie ſcheinen recht alt zu werden, denn ſie bekommen endlich
einen grauen Kopf.‟
Zwiſchen den genannten und den eigentlichen Seehunden ſtehen die Seeleoparden (Lep-
tonyx), welche hauptſächlich ihres Gebiſſes und des Handbaues wegen als beſondere Sippe abge-
trennt worden ſind. Die Arten bewohnen die Südſee. Unter dem Ramen Seeleoparden ver-
ſtehen übrigens die deutſchen Naturforſcher ein anderes Thier, als die Engländer. Ueber die
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 2. Hildburghausen, 1865, S. 788. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben02_1865/836>, abgerufen am 27.11.2024.
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