Die Vielhufer oder Dickhäuter. -- Das Nil- oder Flußpferd.
es am Widerrist kaum mehr als 51/2 Fuß hoch; aber der Leib erreicht freilich einen Umfang von 12 bis 13 Fuß. Ein derartiger Riese mag seine 50 bis 70 Centner wiegen; denn schon die Haut eines mittelgroßen Thieres hat ihre 8 bis 10 Centner.
Gegenwärtig muß man schon ziemlich tief in das Jnnere Afrikas eindringen, ehe man den Thier- gestalten begegnet, welche ich Zurückgelassene aus der märchenhaften Vorzeit nannte. Namentlich an dem heiligsten Strome sind die alten, berühmten Thiere weit nach dem Herzen des Erdtheils und nach den Jugendländern des Stromes, "der seine Quellen verbirgt", gezogen. Erst wenn man in das tiefere Junere kommt, werden die viertausend Jahre alten Bilder der heiligen Schrift auf den Tem- peln Egyptens lebendig: dort finden sich heute noch wie vor Jahrtausenden dieselben Thiere unter den sich gleich gebliebenen Menschen; dort begegnen wir neben dem Pavian und dem Krokodil, dem heiligen Jbis und dem Tantalus jenen Uebriggebliebenen: dem Elefauten, dem Nashorn und dem Nilpferde. Wo der Mensch zur unbedingten Herrschaft gelangt ist, sind letztere der furcht- baren Feuerwaffe erlegen, da, wo ihn nur die Lanze oder der Bogen bewehrt, stehen sie ihm heute noch feindlich gegenüber. Noch im Sommer des Jahres 1600 konnte der neapolitanische Arzt Ze- renghi in der Nähe von Damiaht, also am Ausfluß des einen Nilarmes, zwei Nilpferde in Fall- gruben fangen und so ihre Haut erbeuten, welche dann nach Rom gebracht wurde, wie früher die lebenden Vorfahren des Unthiers. Gegenwärtig ist das Thier in ganz Egypten und auch in Nu- bien, wo es Rüppell noch Anfangs dieses Jahrhunderts in ziemlicher Anzahl traf, ausgerottet worden; denn nur höchst selten schwimmt es unter die Gebirgskette Rherri, welche als die Südgrenze des Sonnenlandes gilt, im Strome hinab. Anders ist es im Ostsudahn. Erst dort zeigt sich über- haupt Afrika in seiner wahren Gestalt. Dort beherbergen die Wälder und die Ströme die eigentlich merkwürdigen Geschöpfe. Jn allen größeren Strömen und Seen des inneren Afrika ist das Nilpferd noch heute eine gewöhnliche Erscheinung.
Der Stadt Charthum, am Zusammenflusse des weißen und blauen Nils, gegenüber, liegt eine kleine, baumreiche Jnsel im weißen Strome. Auf ihr sah ich noch im Jahre 1851 das wohl- bekannte Paar "Wasserbüffel", welches alljährlich mit der steigenden Flut aus den Urwäldern des oberen Gebietes herabkam, und ich habe manche Büchsenkugel vergeblich nach ihren Köpfen entsandt. Weiter nach Süden hin finden sich die Nilpferde hänfiger, und zwar auf dem einen wie auf dem anderen Strome. Doch muß man, was den Nil anlangt, immerhin den 15. Breitengrad als ihre äußerste nördliche Grenze betrachten. Anders ist es in den übrigen Strömen Afrikas. Lander sah auf dem Niger eine unglaubliche Menge Flußpferde. Major Denham fand sie auf dem Mehabiefluß in Menge. Ladislaus Magiar beobachtete sie nahe an der Küste, Anderson in Südafrika, oben in dem Flusse Tumbi. Gordon Cumming fand sie im Kafferlande und ein- mal auf einer großen Halbinsel des Limpoppoflusses bis siebzig Stück beisammen. Jn Süd- und Westafrika gehen sie in den Flüssen viel weiter nach der Küste herab, als in der nördlicheren Hälfte des Erdtheils. Sie sollen dort gar nicht selten selbst bis in das Meer hinaus schwimmen, und diese Angabe erscheint mir jetzt durchaus glaubhaft, nachdem mir Von der Decken versichert hat, daß einmal drei Nilpferde auf Sansebar gesehen worden sind, welche selbstverständlich nur von der gegenüberliegenden Küste herübergekommen sein konnten. Sie hatten einen Meeresarm von 35 eng- lischen Meilen Breite durchschwommen.
Jch kann mich bei der nachfolgenden Beschreibung hauptsächlich auf meine eigenen Beobachtun- gen stützen, da ich oft genug mit dem "Djamuhs el Bahhr" zusammengekommen bin.
Das Nilpferd ist mehr als jeder andere Dickhäuter an das Wasser gebunden; denn es geht eigentlich nur ausnahmsweise vom Strome aus auf das Land, regelmäßig des Nachts zur Aeßung, da, wo der Strom nicht selbst reich an Pflanzen ist, und zuweilen auch bei Tage, um sich auf den Sandbänken zu sonnen. Wenige Meilen oberhalb der "Hauptstadt der Hölle", wie die Sudahn- reisenden Charthum zu nennen pflegen, sieht man in den Schlammbänken der Stromufer häufig Spuren unseres Thieres, etwa zwei Fuß tiefe, baumstarke Löcher zu beiden Seiten einer mulden-
Die Vielhufer oder Dickhäuter. — Das Nil- oder Flußpferd.
es am Widerriſt kaum mehr als 5½ Fuß hoch; aber der Leib erreicht freilich einen Umfang von 12 bis 13 Fuß. Ein derartiger Rieſe mag ſeine 50 bis 70 Centner wiegen; denn ſchon die Haut eines mittelgroßen Thieres hat ihre 8 bis 10 Centner.
Gegenwärtig muß man ſchon ziemlich tief in das Jnnere Afrikas eindringen, ehe man den Thier- geſtalten begegnet, welche ich Zurückgelaſſene aus der märchenhaften Vorzeit nannte. Namentlich an dem heiligſten Strome ſind die alten, berühmten Thiere weit nach dem Herzen des Erdtheils und nach den Jugendländern des Stromes, „der ſeine Quellen verbirgt‟, gezogen. Erſt wenn man in das tiefere Junere kommt, werden die viertauſend Jahre alten Bilder der heiligen Schrift auf den Tem- peln Egyptens lebendig: dort finden ſich heute noch wie vor Jahrtauſenden dieſelben Thiere unter den ſich gleich gebliebenen Menſchen; dort begegnen wir neben dem Pavian und dem Krokodil, dem heiligen Jbis und dem Tantalus jenen Uebriggebliebenen: dem Elefauten, dem Nashorn und dem Nilpferde. Wo der Menſch zur unbedingten Herrſchaft gelangt iſt, ſind letztere der furcht- baren Feuerwaffe erlegen, da, wo ihn nur die Lanze oder der Bogen bewehrt, ſtehen ſie ihm heute noch feindlich gegenüber. Noch im Sommer des Jahres 1600 konnte der neapolitaniſche Arzt Ze- renghi in der Nähe von Damiaht, alſo am Ausfluß des einen Nilarmes, zwei Nilpferde in Fall- gruben fangen und ſo ihre Haut erbeuten, welche dann nach Rom gebracht wurde, wie früher die lebenden Vorfahren des Unthiers. Gegenwärtig iſt das Thier in ganz Egypten und auch in Nu- bien, wo es Rüppell noch Anfangs dieſes Jahrhunderts in ziemlicher Anzahl traf, ausgerottet worden; denn nur höchſt ſelten ſchwimmt es unter die Gebirgskette Rherri, welche als die Südgrenze des Sonnenlandes gilt, im Strome hinab. Anders iſt es im Oſtſudahn. Erſt dort zeigt ſich über- haupt Afrika in ſeiner wahren Geſtalt. Dort beherbergen die Wälder und die Ströme die eigentlich merkwürdigen Geſchöpfe. Jn allen größeren Strömen und Seen des inneren Afrika iſt das Nilpferd noch heute eine gewöhnliche Erſcheinung.
Der Stadt Charthum, am Zuſammenfluſſe des weißen und blauen Nils, gegenüber, liegt eine kleine, baumreiche Jnſel im weißen Strome. Auf ihr ſah ich noch im Jahre 1851 das wohl- bekannte Paar „Waſſerbüffel‟, welches alljährlich mit der ſteigenden Flut aus den Urwäldern des oberen Gebietes herabkam, und ich habe manche Büchſenkugel vergeblich nach ihren Köpfen entſandt. Weiter nach Süden hin finden ſich die Nilpferde hänfiger, und zwar auf dem einen wie auf dem anderen Strome. Doch muß man, was den Nil anlangt, immerhin den 15. Breitengrad als ihre äußerſte nördliche Grenze betrachten. Anders iſt es in den übrigen Strömen Afrikas. Lander ſah auf dem Niger eine unglaubliche Menge Flußpferde. Major Denham fand ſie auf dem Mehabiefluß in Menge. Ladislaus Magiar beobachtete ſie nahe an der Küſte, Anderſon in Südafrika, oben in dem Fluſſe Tumbi. Gordon Cumming fand ſie im Kafferlande und ein- mal auf einer großen Halbinſel des Limpoppofluſſes bis ſiebzig Stück beiſammen. Jn Süd- und Weſtafrika gehen ſie in den Flüſſen viel weiter nach der Küſte herab, als in der nördlicheren Hälfte des Erdtheils. Sie ſollen dort gar nicht ſelten ſelbſt bis in das Meer hinaus ſchwimmen, und dieſe Angabe erſcheint mir jetzt durchaus glaubhaft, nachdem mir Von der Decken verſichert hat, daß einmal drei Nilpferde auf Sanſebar geſehen worden ſind, welche ſelbſtverſtändlich nur von der gegenüberliegenden Küſte herübergekommen ſein konnten. Sie hatten einen Meeresarm von 35 eng- liſchen Meilen Breite durchſchwommen.
Jch kann mich bei der nachfolgenden Beſchreibung hauptſächlich auf meine eigenen Beobachtun- gen ſtützen, da ich oft genug mit dem „Djamuhs el Bahhr‟ zuſammengekommen bin.
Das Nilpferd iſt mehr als jeder andere Dickhäuter an das Waſſer gebunden; denn es geht eigentlich nur ausnahmsweiſe vom Strome aus auf das Land, regelmäßig des Nachts zur Aeßung, da, wo der Strom nicht ſelbſt reich an Pflanzen iſt, und zuweilen auch bei Tage, um ſich auf den Sandbänken zu ſonnen. Wenige Meilen oberhalb der „Hauptſtadt der Hölle‟, wie die Sudahn- reiſenden Charthum zu nennen pflegen, ſieht man in den Schlammbänken der Stromufer häufig Spuren unſeres Thieres, etwa zwei Fuß tiefe, baumſtarke Löcher zu beiden Seiten einer mulden-
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Die Vielhufer oder Dickhäuter. — Das Nil- oder Flußpferd.
es am Widerriſt kaum mehr als 5½ Fuß hoch; aber der Leib erreicht freilich einen Umfang von
12 bis 13 Fuß. Ein derartiger Rieſe mag ſeine 50 bis 70 Centner wiegen; denn ſchon die Haut
eines mittelgroßen Thieres hat ihre 8 bis 10 Centner.
Gegenwärtig muß man ſchon ziemlich tief in das Jnnere Afrikas eindringen, ehe man den Thier-
geſtalten begegnet, welche ich Zurückgelaſſene aus der märchenhaften Vorzeit nannte. Namentlich an
dem heiligſten Strome ſind die alten, berühmten Thiere weit nach dem Herzen des Erdtheils und nach
den Jugendländern des Stromes, „der ſeine Quellen verbirgt‟, gezogen. Erſt wenn man in das
tiefere Junere kommt, werden die viertauſend Jahre alten Bilder der heiligen Schrift auf den Tem-
peln Egyptens lebendig: dort finden ſich heute noch wie vor Jahrtauſenden dieſelben Thiere unter
den ſich gleich gebliebenen Menſchen; dort begegnen wir neben dem Pavian und dem Krokodil,
dem heiligen Jbis und dem Tantalus jenen Uebriggebliebenen: dem Elefauten, dem Nashorn
und dem Nilpferde. Wo der Menſch zur unbedingten Herrſchaft gelangt iſt, ſind letztere der furcht-
baren Feuerwaffe erlegen, da, wo ihn nur die Lanze oder der Bogen bewehrt, ſtehen ſie ihm heute
noch feindlich gegenüber. Noch im Sommer des Jahres 1600 konnte der neapolitaniſche Arzt Ze-
renghi in der Nähe von Damiaht, alſo am Ausfluß des einen Nilarmes, zwei Nilpferde in Fall-
gruben fangen und ſo ihre Haut erbeuten, welche dann nach Rom gebracht wurde, wie früher die
lebenden Vorfahren des Unthiers. Gegenwärtig iſt das Thier in ganz Egypten und auch in Nu-
bien, wo es Rüppell noch Anfangs dieſes Jahrhunderts in ziemlicher Anzahl traf, ausgerottet
worden; denn nur höchſt ſelten ſchwimmt es unter die Gebirgskette Rherri, welche als die Südgrenze
des Sonnenlandes gilt, im Strome hinab. Anders iſt es im Oſtſudahn. Erſt dort zeigt ſich über-
haupt Afrika in ſeiner wahren Geſtalt. Dort beherbergen die Wälder und die Ströme die eigentlich
merkwürdigen Geſchöpfe. Jn allen größeren Strömen und Seen des inneren Afrika iſt das Nilpferd
noch heute eine gewöhnliche Erſcheinung.
Der Stadt Charthum, am Zuſammenfluſſe des weißen und blauen Nils, gegenüber, liegt
eine kleine, baumreiche Jnſel im weißen Strome. Auf ihr ſah ich noch im Jahre 1851 das wohl-
bekannte Paar „Waſſerbüffel‟, welches alljährlich mit der ſteigenden Flut aus den Urwäldern des
oberen Gebietes herabkam, und ich habe manche Büchſenkugel vergeblich nach ihren Köpfen entſandt.
Weiter nach Süden hin finden ſich die Nilpferde hänfiger, und zwar auf dem einen wie auf dem
anderen Strome. Doch muß man, was den Nil anlangt, immerhin den 15. Breitengrad als ihre
äußerſte nördliche Grenze betrachten. Anders iſt es in den übrigen Strömen Afrikas. Lander
ſah auf dem Niger eine unglaubliche Menge Flußpferde. Major Denham fand ſie auf dem
Mehabiefluß in Menge. Ladislaus Magiar beobachtete ſie nahe an der Küſte, Anderſon in
Südafrika, oben in dem Fluſſe Tumbi. Gordon Cumming fand ſie im Kafferlande und ein-
mal auf einer großen Halbinſel des Limpoppofluſſes bis ſiebzig Stück beiſammen. Jn Süd- und
Weſtafrika gehen ſie in den Flüſſen viel weiter nach der Küſte herab, als in der nördlicheren Hälfte
des Erdtheils. Sie ſollen dort gar nicht ſelten ſelbſt bis in das Meer hinaus ſchwimmen, und dieſe
Angabe erſcheint mir jetzt durchaus glaubhaft, nachdem mir Von der Decken verſichert hat,
daß einmal drei Nilpferde auf Sanſebar geſehen worden ſind, welche ſelbſtverſtändlich nur von der
gegenüberliegenden Küſte herübergekommen ſein konnten. Sie hatten einen Meeresarm von 35 eng-
liſchen Meilen Breite durchſchwommen.
Jch kann mich bei der nachfolgenden Beſchreibung hauptſächlich auf meine eigenen Beobachtun-
gen ſtützen, da ich oft genug mit dem „Djamuhs el Bahhr‟ zuſammengekommen bin.
Das Nilpferd iſt mehr als jeder andere Dickhäuter an das Waſſer gebunden; denn es geht
eigentlich nur ausnahmsweiſe vom Strome aus auf das Land, regelmäßig des Nachts zur Aeßung,
da, wo der Strom nicht ſelbſt reich an Pflanzen iſt, und zuweilen auch bei Tage, um ſich auf den
Sandbänken zu ſonnen. Wenige Meilen oberhalb der „Hauptſtadt der Hölle‟, wie die Sudahn-
reiſenden Charthum zu nennen pflegen, ſieht man in den Schlammbänken der Stromufer häufig
Spuren unſeres Thieres, etwa zwei Fuß tiefe, baumſtarke Löcher zu beiden Seiten einer mulden-
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 2. Hildburghausen, 1865, S. 768. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben02_1865/814>, abgerufen am 23.11.2024.
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