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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 2. Hildburghausen, 1865.

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Die Vielhufer oder Dickhäuter. -- Die Nashörner.
gefährdete. Von einem Schwarzen erzählt er, daß dasselbe, noch ehe er ihm Leides gethan, plötzlich
auf ihn zukam und ihn lange Zeit um einen Busch herumjagte.

"Wäre es ebenso flink als häßlich gewesen, so hätten meine Wanderungen wahrscheinlich ihre
Beendigung erreicht. Aber meine überlegene Behendigkeit gab mir den Vortheil. Nachdem es mich
eine Zeit lang durch den Busch angeschnaubt, stieß es plötzlich einen lauten Schrei aus, machte Kehrt
und ließ mich als Meister des Feldes zurück."

Levaillant beschreibt in sehr lebhafter Weise eine Jagd auf das zweihörnige Nashorn. "Man
beobachtete ein Paar dieser Thiere, welche ganz ruhig in einem Mimosenwald neben einander stan-
den, mit der Nase gegen den Wind und von Zeit zu Zeit hinter sich sahen, um sich zu sichern. Ein
Eingeborener bat sich aus, die Thiere zu beschleichen. Die übrigen Jäger vertheilten sich und ein
Hottentotte nahm die Hunde unter seine Obhut. Der Eingeborene zog sich ganz nackt aus und
kroch mit der Flinte auf dem Rücken wie eine Schlange auf dem Boden fort, höchst langsam und
vorsichtig. Er hielt auch augenblicklich still, so wie sich die Nashörner umsahen, und glich dann
täuschend einem Steinbrocken. Sein Kriechen dauerte fast eine Stunde. Endlich kam er bis zu
einem Busch, etwa zweihundert Schritt von den Thieren entfernt. Dort stand er auf und sah
sich um, ob seine Kameraden alle auf ihren Posten wären. Jetzt legte er an und verwundete das
Männchen, welches im Augenblick des Schusses einen fürchterlichen Schrei ausstieß und mit dem
Weibchen wüthend auf ihn zukam. Er legte sich unbeweglich auf den Boden, die Nashörner schos-
sen an ihm vorbei und stürzten auf die übrigen Jäger los. Jetzt befreite man die Hunde und
feuerte von allen Seiten auf sie. Sie schlugen fürchterlich gegen die Hunde los, zogen mit ihren
Hörnern tiefe Furchen in den Boden und schleuderten die Erde nach allen Seiten weg. Die Jäger rückten
näher, die Wuth der Thiere steigerte sich fortwährend, und sie boten einen wirklich entsetzlichen Anblick.
Da plötzlich stellte sich das Männchen gegen die Hunde, und das Weibchen flüchtete, zur größten Freude
der Jäger, welche es nicht gern mit zwei derartigen Ungeheuern aufnehmen wollten. Das Männ-
chen kehrte endlich auch zurück, lief aber auf einen Busch zu, in welchem drei Jäger standen, welche
ihm aus einer Entfernung von dreißig Schritt tödtliche Schüsse zusandten. Es schlug aber noch so
heftig um sich, daß die Steine nach allen Seiten flogen und weder Menschen noch Hunde sich zu
nähern wagten. Levaiklant wollte aus Mitleid ihm den Rest geben, wurde aber von den
Wilden abgehalten, weil sie einen sehr großen Werth auf das Blut legen und es getrocknet gegen
allerlei Krankheiten gebrauchen; namentlich gegen Verstopfung. Als es endlich todt war, liefen sie
hurtig heran, schnitten ihm die Blase aus und füllten sie mit Blut an."

Eine wunderbare Jagdweise wird in dem "Journal of the Indian Archipel" mitgetheilt. Die
Bewohner Sumatras sollen dem Rhinoceros, während es in seinen Schlammmulden sich wälzt, lang-
sam auf den Leib rücken und mit einem Male einen ganzen Haufen leicht brennbarer Stoffe über
das eingewühlte Thier werfen, diese dann in Flammen setzen und sie so erst ersticken, dann gleich
braten und somit zum Verspeisen fertig machen. Es gehört freilich ein guter Glaube dazu, solche
Angaben für wahrscheinlich zu halten. Jch erwähne es blos, um zu zeigen, was für Fabeln noch
heutigen Tages über das sonderbare Geschöpf gäng und gäbe sind.

Ungeachtet seines reizbaren Wesens wird das Nashorn, wenn es sich ordentlich behandelt sieht,
leicht zahm. Bei Denen, welche man auf Schiffen hatte, bemerkte man eine stumpfe Gleichgiltigkeit,
welche nicht einmal nach wiederholten Neckereien dem sonst leicht auflodernden Zorn Platz machte.
Es ist eine bekannte Sache, daß alle Thiere, welche das weite Meer um sich sehen, ausnehmend
mild und zahm sich zeigen, wahrscheinlich im Gefühl ihrer zeitweiligen Schwäche. Und so darf es
uns eigentlich nicht Wunder nehmen, daß auch das Nashorn hier sehr zugänglich ist. Aber wir
haben auch andere Belege dafür, daß gefangene Nashörner auffallend zahm wurden. Horsfield
rühmt das auf Sumatra lebende als ein sehr gutmüthiges Geschöpf. Ein Junges benahm sich im
hohen Grade liebenswürdig. Es erlaubte, daß man es in einem großen Karren fortschaffte und
zeigte sich, nachdem es seinen Bestimmungsort erreicht hatte, sehr zugänglich. Man hatte ihm in

Die Vielhufer oder Dickhäuter. — Die Nashörner.
gefährdete. Von einem Schwarzen erzählt er, daß daſſelbe, noch ehe er ihm Leides gethan, plötzlich
auf ihn zukam und ihn lange Zeit um einen Buſch herumjagte.

„Wäre es ebenſo flink als häßlich geweſen, ſo hätten meine Wanderungen wahrſcheinlich ihre
Beendigung erreicht. Aber meine überlegene Behendigkeit gab mir den Vortheil. Nachdem es mich
eine Zeit lang durch den Buſch angeſchnaubt, ſtieß es plötzlich einen lauten Schrei aus, machte Kehrt
und ließ mich als Meiſter des Feldes zurück.‟

Levaillant beſchreibt in ſehr lebhafter Weiſe eine Jagd auf das zweihörnige Nashorn. „Man
beobachtete ein Paar dieſer Thiere, welche ganz ruhig in einem Mimoſenwald neben einander ſtan-
den, mit der Naſe gegen den Wind und von Zeit zu Zeit hinter ſich ſahen, um ſich zu ſichern. Ein
Eingeborener bat ſich aus, die Thiere zu beſchleichen. Die übrigen Jäger vertheilten ſich und ein
Hottentotte nahm die Hunde unter ſeine Obhut. Der Eingeborene zog ſich ganz nackt aus und
kroch mit der Flinte auf dem Rücken wie eine Schlange auf dem Boden fort, höchſt langſam und
vorſichtig. Er hielt auch augenblicklich ſtill, ſo wie ſich die Nashörner umſahen, und glich dann
täuſchend einem Steinbrocken. Sein Kriechen dauerte faſt eine Stunde. Endlich kam er bis zu
einem Buſch, etwa zweihundert Schritt von den Thieren entfernt. Dort ſtand er auf und ſah
ſich um, ob ſeine Kameraden alle auf ihren Poſten wären. Jetzt legte er an und verwundete das
Männchen, welches im Augenblick des Schuſſes einen fürchterlichen Schrei ausſtieß und mit dem
Weibchen wüthend auf ihn zukam. Er legte ſich unbeweglich auf den Boden, die Nashörner ſchoſ-
ſen an ihm vorbei und ſtürzten auf die übrigen Jäger los. Jetzt befreite man die Hunde und
feuerte von allen Seiten auf ſie. Sie ſchlugen fürchterlich gegen die Hunde los, zogen mit ihren
Hörnern tiefe Furchen in den Boden und ſchleuderten die Erde nach allen Seiten weg. Die Jäger rückten
näher, die Wuth der Thiere ſteigerte ſich fortwährend, und ſie boten einen wirklich entſetzlichen Anblick.
Da plötzlich ſtellte ſich das Männchen gegen die Hunde, und das Weibchen flüchtete, zur größten Freude
der Jäger, welche es nicht gern mit zwei derartigen Ungeheuern aufnehmen wollten. Das Männ-
chen kehrte endlich auch zurück, lief aber auf einen Buſch zu, in welchem drei Jäger ſtanden, welche
ihm aus einer Entfernung von dreißig Schritt tödtliche Schüſſe zuſandten. Es ſchlug aber noch ſo
heftig um ſich, daß die Steine nach allen Seiten flogen und weder Menſchen noch Hunde ſich zu
nähern wagten. Levaiklant wollte aus Mitleid ihm den Reſt geben, wurde aber von den
Wilden abgehalten, weil ſie einen ſehr großen Werth auf das Blut legen und es getrocknet gegen
allerlei Krankheiten gebrauchen; namentlich gegen Verſtopfung. Als es endlich todt war, liefen ſie
hurtig heran, ſchnitten ihm die Blaſe aus und füllten ſie mit Blut an.‟

Eine wunderbare Jagdweiſe wird in dem „Journal of the Indian Archipel‟ mitgetheilt. Die
Bewohner Sumatras ſollen dem Rhinoceros, während es in ſeinen Schlammmulden ſich wälzt, lang-
ſam auf den Leib rücken und mit einem Male einen ganzen Haufen leicht brennbarer Stoffe über
das eingewühlte Thier werfen, dieſe dann in Flammen ſetzen und ſie ſo erſt erſticken, dann gleich
braten und ſomit zum Verſpeiſen fertig machen. Es gehört freilich ein guter Glaube dazu, ſolche
Angaben für wahrſcheinlich zu halten. Jch erwähne es blos, um zu zeigen, was für Fabeln noch
heutigen Tages über das ſonderbare Geſchöpf gäng und gäbe ſind.

Ungeachtet ſeines reizbaren Weſens wird das Nashorn, wenn es ſich ordentlich behandelt ſieht,
leicht zahm. Bei Denen, welche man auf Schiffen hatte, bemerkte man eine ſtumpfe Gleichgiltigkeit,
welche nicht einmal nach wiederholten Neckereien dem ſonſt leicht auflodernden Zorn Platz machte.
Es iſt eine bekannte Sache, daß alle Thiere, welche das weite Meer um ſich ſehen, ausnehmend
mild und zahm ſich zeigen, wahrſcheinlich im Gefühl ihrer zeitweiligen Schwäche. Und ſo darf es
uns eigentlich nicht Wunder nehmen, daß auch das Nashorn hier ſehr zugänglich iſt. Aber wir
haben auch andere Belege dafür, daß gefangene Nashörner auffallend zahm wurden. Horsfield
rühmt das auf Sumatra lebende als ein ſehr gutmüthiges Geſchöpf. Ein Junges benahm ſich im
hohen Grade liebenswürdig. Es erlaubte, daß man es in einem großen Karren fortſchaffte und
zeigte ſich, nachdem es ſeinen Beſtimmungsort erreicht hatte, ſehr zugänglich. Man hatte ihm in

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[764/0810] Die Vielhufer oder Dickhäuter. — Die Nashörner. gefährdete. Von einem Schwarzen erzählt er, daß daſſelbe, noch ehe er ihm Leides gethan, plötzlich auf ihn zukam und ihn lange Zeit um einen Buſch herumjagte. „Wäre es ebenſo flink als häßlich geweſen, ſo hätten meine Wanderungen wahrſcheinlich ihre Beendigung erreicht. Aber meine überlegene Behendigkeit gab mir den Vortheil. Nachdem es mich eine Zeit lang durch den Buſch angeſchnaubt, ſtieß es plötzlich einen lauten Schrei aus, machte Kehrt und ließ mich als Meiſter des Feldes zurück.‟ Levaillant beſchreibt in ſehr lebhafter Weiſe eine Jagd auf das zweihörnige Nashorn. „Man beobachtete ein Paar dieſer Thiere, welche ganz ruhig in einem Mimoſenwald neben einander ſtan- den, mit der Naſe gegen den Wind und von Zeit zu Zeit hinter ſich ſahen, um ſich zu ſichern. Ein Eingeborener bat ſich aus, die Thiere zu beſchleichen. Die übrigen Jäger vertheilten ſich und ein Hottentotte nahm die Hunde unter ſeine Obhut. Der Eingeborene zog ſich ganz nackt aus und kroch mit der Flinte auf dem Rücken wie eine Schlange auf dem Boden fort, höchſt langſam und vorſichtig. Er hielt auch augenblicklich ſtill, ſo wie ſich die Nashörner umſahen, und glich dann täuſchend einem Steinbrocken. Sein Kriechen dauerte faſt eine Stunde. Endlich kam er bis zu einem Buſch, etwa zweihundert Schritt von den Thieren entfernt. Dort ſtand er auf und ſah ſich um, ob ſeine Kameraden alle auf ihren Poſten wären. Jetzt legte er an und verwundete das Männchen, welches im Augenblick des Schuſſes einen fürchterlichen Schrei ausſtieß und mit dem Weibchen wüthend auf ihn zukam. Er legte ſich unbeweglich auf den Boden, die Nashörner ſchoſ- ſen an ihm vorbei und ſtürzten auf die übrigen Jäger los. Jetzt befreite man die Hunde und feuerte von allen Seiten auf ſie. Sie ſchlugen fürchterlich gegen die Hunde los, zogen mit ihren Hörnern tiefe Furchen in den Boden und ſchleuderten die Erde nach allen Seiten weg. Die Jäger rückten näher, die Wuth der Thiere ſteigerte ſich fortwährend, und ſie boten einen wirklich entſetzlichen Anblick. Da plötzlich ſtellte ſich das Männchen gegen die Hunde, und das Weibchen flüchtete, zur größten Freude der Jäger, welche es nicht gern mit zwei derartigen Ungeheuern aufnehmen wollten. Das Männ- chen kehrte endlich auch zurück, lief aber auf einen Buſch zu, in welchem drei Jäger ſtanden, welche ihm aus einer Entfernung von dreißig Schritt tödtliche Schüſſe zuſandten. Es ſchlug aber noch ſo heftig um ſich, daß die Steine nach allen Seiten flogen und weder Menſchen noch Hunde ſich zu nähern wagten. Levaiklant wollte aus Mitleid ihm den Reſt geben, wurde aber von den Wilden abgehalten, weil ſie einen ſehr großen Werth auf das Blut legen und es getrocknet gegen allerlei Krankheiten gebrauchen; namentlich gegen Verſtopfung. Als es endlich todt war, liefen ſie hurtig heran, ſchnitten ihm die Blaſe aus und füllten ſie mit Blut an.‟ Eine wunderbare Jagdweiſe wird in dem „Journal of the Indian Archipel‟ mitgetheilt. Die Bewohner Sumatras ſollen dem Rhinoceros, während es in ſeinen Schlammmulden ſich wälzt, lang- ſam auf den Leib rücken und mit einem Male einen ganzen Haufen leicht brennbarer Stoffe über das eingewühlte Thier werfen, dieſe dann in Flammen ſetzen und ſie ſo erſt erſticken, dann gleich braten und ſomit zum Verſpeiſen fertig machen. Es gehört freilich ein guter Glaube dazu, ſolche Angaben für wahrſcheinlich zu halten. Jch erwähne es blos, um zu zeigen, was für Fabeln noch heutigen Tages über das ſonderbare Geſchöpf gäng und gäbe ſind. Ungeachtet ſeines reizbaren Weſens wird das Nashorn, wenn es ſich ordentlich behandelt ſieht, leicht zahm. Bei Denen, welche man auf Schiffen hatte, bemerkte man eine ſtumpfe Gleichgiltigkeit, welche nicht einmal nach wiederholten Neckereien dem ſonſt leicht auflodernden Zorn Platz machte. Es iſt eine bekannte Sache, daß alle Thiere, welche das weite Meer um ſich ſehen, ausnehmend mild und zahm ſich zeigen, wahrſcheinlich im Gefühl ihrer zeitweiligen Schwäche. Und ſo darf es uns eigentlich nicht Wunder nehmen, daß auch das Nashorn hier ſehr zugänglich iſt. Aber wir haben auch andere Belege dafür, daß gefangene Nashörner auffallend zahm wurden. Horsfield rühmt das auf Sumatra lebende als ein ſehr gutmüthiges Geſchöpf. Ein Junges benahm ſich im hohen Grade liebenswürdig. Es erlaubte, daß man es in einem großen Karren fortſchaffte und zeigte ſich, nachdem es ſeinen Beſtimmungsort erreicht hatte, ſehr zugänglich. Man hatte ihm in

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 2. Hildburghausen, 1865, S. 764. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben02_1865/810>, abgerufen am 12.05.2024.