Beide Gruppen, welche man, ohne der Wissenschaftlichkeit zu nahe zu treten, unter eine Sippe vereinigen kann, sind über die nördliche Erdhälfte verbreitet. Jhre Arten führen eine durchaus nächtliche Lebensweise. Bei Tage liegen sie still in ihren Nestern, welche sie meist in hohlen Bäumen anlegen, mit Beginn der Dämmerung kommen sie hervor und treiben sich nun lustig und behend auf den Bäumen umher, um ihrer Nahrung nachzugehen. Die nördlichen Arten verbringen im Winter auch viele Nächte in ihren geschützten Bauen, ohne jedoch einen wirklichen Winterschlaf zu halten. Jm Vergleich zu den übrigen Eichhornsippen ist diese Gruppe arm an Mitgliedern, und viele Natur- forscher wollen von den achtzehn Arten, welche einige aufführen, nur acht gelten lassen.
Eins der bekanntesten Flugeichhörnchen ist der Taguan (Pteromys Petaurista), das größte Mitglied der ganzen Familie, einer Hauskatze in seinen Körperverhältnissen fast gleichkommend. Seine Leibeslänge beträgt nämlich fast zwei Fuß und die des Schwanzes wenigstens einen Fuß neun Zoll, die Höhe am Widerrist acht Zoll. Der Leib ist gestreckt, der Hals kurz. Der Kopf ist ver- hältnißmäßig klein und die Schnauze zugespitzt. Die Ohren sind kurz und breit, aufrechtstehend und
[Abbildung]
Der Taguan (Pteromys Petaurista).
oft in eine Spitze auslaufend, die weit vortretenden Augen sind groß. Die hinteren Beine sind deutlich länger, als die vorderen; jene haben fünf, diese vier Zehen, welche mit kurzen, krummen und spitzen Krallen versehen sind, mit Ausnahme der Daumenwarze, die einen platten Nagel trägt. Die Flatterhaut beginnt an den Vorderbeinen, zieht sich an den Seiten des Leibes hinab und heftet sich an den Hinterbeinen an, von wo aus sie sich noch in einer kleinen Hautfalte gegen den Schwanz hin verlängert. Jn der Ruhe wird sie, wie unsere Abbildung sehr hübsch zeigt, an den Leib ange- zogen und tritt blos da lappenähnlich hervor, wo sie durch den spornartigen Knochen an der Hand- wurzel gestützt wird. Der lange und schlaffe Schwanz ist sehr dick und buschig behaart, während der Pelz auf dem Körper und den Gliedmaßen dicht, kurz und anliegend, auf der Rückenseite aber rauher, als auf der Unterseite und am Schwanze ist. Die Flatterhaut erscheint wegen der kurzen, feinen Härchen an ihrem Rande wie mit Fransen besetzt. Hinter den Ohren verlängern sich einzelne Haare zu einem Busche, und auf der Wange befindet sich eine mit Borsten besetzte Warze. Die übrigen Schnurrhaare sind mäßig lang, aber steif. Wie bei allen nächtlich lebenden Thieren, stehen
Die Nachthörnchen.
Beide Gruppen, welche man, ohne der Wiſſenſchaftlichkeit zu nahe zu treten, unter eine Sippe vereinigen kann, ſind über die nördliche Erdhälfte verbreitet. Jhre Arten führen eine durchaus nächtliche Lebensweiſe. Bei Tage liegen ſie ſtill in ihren Neſtern, welche ſie meiſt in hohlen Bäumen anlegen, mit Beginn der Dämmerung kommen ſie hervor und treiben ſich nun luſtig und behend auf den Bäumen umher, um ihrer Nahrung nachzugehen. Die nördlichen Arten verbringen im Winter auch viele Nächte in ihren geſchützten Bauen, ohne jedoch einen wirklichen Winterſchlaf zu halten. Jm Vergleich zu den übrigen Eichhornſippen iſt dieſe Gruppe arm an Mitgliedern, und viele Natur- forſcher wollen von den achtzehn Arten, welche einige aufführen, nur acht gelten laſſen.
Eins der bekannteſten Flugeichhörnchen iſt der Taguan (Pteromys Petaurista), das größte Mitglied der ganzen Familie, einer Hauskatze in ſeinen Körperverhältniſſen faſt gleichkommend. Seine Leibeslänge beträgt nämlich faſt zwei Fuß und die des Schwanzes wenigſtens einen Fuß neun Zoll, die Höhe am Widerriſt acht Zoll. Der Leib iſt geſtreckt, der Hals kurz. Der Kopf iſt ver- hältnißmäßig klein und die Schnauze zugeſpitzt. Die Ohren ſind kurz und breit, aufrechtſtehend und
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Der Taguan (Pteromys Petaurista).
oft in eine Spitze auslaufend, die weit vortretenden Augen ſind groß. Die hinteren Beine ſind deutlich länger, als die vorderen; jene haben fünf, dieſe vier Zehen, welche mit kurzen, krummen und ſpitzen Krallen verſehen ſind, mit Ausnahme der Daumenwarze, die einen platten Nagel trägt. Die Flatterhaut beginnt an den Vorderbeinen, zieht ſich an den Seiten des Leibes hinab und heftet ſich an den Hinterbeinen an, von wo aus ſie ſich noch in einer kleinen Hautfalte gegen den Schwanz hin verlängert. Jn der Ruhe wird ſie, wie unſere Abbildung ſehr hübſch zeigt, an den Leib ange- zogen und tritt blos da lappenähnlich hervor, wo ſie durch den ſpornartigen Knochen an der Hand- wurzel geſtützt wird. Der lange und ſchlaffe Schwanz iſt ſehr dick und buſchig behaart, während der Pelz auf dem Körper und den Gliedmaßen dicht, kurz und anliegend, auf der Rückenſeite aber rauher, als auf der Unterſeite und am Schwanze iſt. Die Flatterhaut erſcheint wegen der kurzen, feinen Härchen an ihrem Rande wie mit Franſen beſetzt. Hinter den Ohren verlängern ſich einzelne Haare zu einem Buſche, und auf der Wange befindet ſich eine mit Borſten beſetzte Warze. Die übrigen Schnurrhaare ſind mäßig lang, aber ſteif. Wie bei allen nächtlich lebenden Thieren, ſtehen
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Die Nachthörnchen.
Beide Gruppen, welche man, ohne der Wiſſenſchaftlichkeit zu nahe zu treten, unter eine Sippe
vereinigen kann, ſind über die nördliche Erdhälfte verbreitet. Jhre Arten führen eine durchaus
nächtliche Lebensweiſe. Bei Tage liegen ſie ſtill in ihren Neſtern, welche ſie meiſt in hohlen Bäumen
anlegen, mit Beginn der Dämmerung kommen ſie hervor und treiben ſich nun luſtig und behend auf
den Bäumen umher, um ihrer Nahrung nachzugehen. Die nördlichen Arten verbringen im Winter
auch viele Nächte in ihren geſchützten Bauen, ohne jedoch einen wirklichen Winterſchlaf zu halten.
Jm Vergleich zu den übrigen Eichhornſippen iſt dieſe Gruppe arm an Mitgliedern, und viele Natur-
forſcher wollen von den achtzehn Arten, welche einige aufführen, nur acht gelten laſſen.
Eins der bekannteſten Flugeichhörnchen iſt der Taguan (Pteromys Petaurista), das größte
Mitglied der ganzen Familie, einer Hauskatze in ſeinen Körperverhältniſſen faſt gleichkommend.
Seine Leibeslänge beträgt nämlich faſt zwei Fuß und die des Schwanzes wenigſtens einen Fuß neun
Zoll, die Höhe am Widerriſt acht Zoll. Der Leib iſt geſtreckt, der Hals kurz. Der Kopf iſt ver-
hältnißmäßig klein und die Schnauze zugeſpitzt. Die Ohren ſind kurz und breit, aufrechtſtehend und
[Abbildung Der Taguan (Pteromys Petaurista).]
oft in eine Spitze auslaufend, die weit vortretenden Augen ſind groß. Die hinteren Beine ſind
deutlich länger, als die vorderen; jene haben fünf, dieſe vier Zehen, welche mit kurzen, krummen
und ſpitzen Krallen verſehen ſind, mit Ausnahme der Daumenwarze, die einen platten Nagel trägt.
Die Flatterhaut beginnt an den Vorderbeinen, zieht ſich an den Seiten des Leibes hinab und heftet
ſich an den Hinterbeinen an, von wo aus ſie ſich noch in einer kleinen Hautfalte gegen den Schwanz
hin verlängert. Jn der Ruhe wird ſie, wie unſere Abbildung ſehr hübſch zeigt, an den Leib ange-
zogen und tritt blos da lappenähnlich hervor, wo ſie durch den ſpornartigen Knochen an der Hand-
wurzel geſtützt wird. Der lange und ſchlaffe Schwanz iſt ſehr dick und buſchig behaart, während der
Pelz auf dem Körper und den Gliedmaßen dicht, kurz und anliegend, auf der Rückenſeite aber
rauher, als auf der Unterſeite und am Schwanze iſt. Die Flatterhaut erſcheint wegen der kurzen,
feinen Härchen an ihrem Rande wie mit Franſen beſetzt. Hinter den Ohren verlängern ſich einzelne
Haare zu einem Buſche, und auf der Wange befindet ſich eine mit Borſten beſetzte Warze. Die
übrigen Schnurrhaare ſind mäßig lang, aber ſteif. Wie bei allen nächtlich lebenden Thieren, ſtehen
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 2. Hildburghausen, 1865, S. 64. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben02_1865/78>, abgerufen am 23.11.2024.
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