ist zu bedenken, daß man in Frankreich die Stallfütterung anwendet, und hieraus geht also hervor, daß der Ertrag in trockenen Ländern, wie Spanien, Algier u. s. w., noch weit vortheilhafter sein wird. Schon jetzt hat man festgestellt, daß die Zucht der Angoraziegen viel gewinnreicher ist, als die der Schafe, und es steht zu erwarten, daß sich dieses werthvolle Thier nach und nach weiter und weiter verbreiten wird. Wahrscheinlich sind die Gebirgsgegenden von Mittel- und Süddeutschland oder die niederen Berggegenden der Schweiz und Tirols ganz geeignet zu einer gewinnbringenden Zucht dieser Ziegen.
Kaum minder werthvoll als die eben beschriebene ist die Kaschmirziege (Hircus laniger). Sie ist ziemlich klein, aber gefällig gebaut. Ein erwachsener Bock mißt fast 41/2 Fuß in der Länge und 2 Fuß in der Höhe. Der Leib ist gestreckt, der Rücken gerundet, das Kreuz kaum höher, als der Widerrist. Die Läufe sind stämmig, die Hufe scharf zugespitzt, der Hals ist kurz, der Kopf
[Abbildung]
Die Kaschmirziege (Hircus laniger).
ziemlich dick; die Augen sind klein, die Hängeohren etwas länger, als der halbe Kopf. Die langen Hörner sind zusammengedrückt, schraubenförmig gedreht, auf der Vorderseite scharf ge- kantet. Sie biegen sich von der Wurzel seitlich aus einander und steigen schief nach auf- und rückwärts, kehren aber ihre Spitze wieder einwärts. Ein langes, straffes, feines und schlichtes Grannenhaar überdeckt die kurze, außerordentlich feine, weiche, flaumartige Wolle. Nur das Ge- sicht und die Ohren sind kurz behaart. Die Färbung wechselt; gewöhnlich sind die Seiten des Kopfes, der Schwanz und die übrigen Theile des Leibes silberweiß oder schwach gelblich; jedoch kommen auch einförmige Kaschmirziegen vor: bald rein weiße, bald sanft gelbe, braune, ja selbst dunkelbraune und schwarze. Das Wollhaar ist bei lichtgefärbten Thieren weiß oder weißlichgrau, bei dunkleren aschgrau.
Von Groß- und Kleintibet an reicht diese schöne Ziege über die Bucharei bis zu dem Lande der Kirgisen. Jn Bengalen wurde sie eingeführt; in Tibet ist sie überall häufig, aber nur in den Ge- birgen, welche auch im Winter und bei der heftigsten Kälte von ihr bewohnt werden.
Die Ziegen. — Die Kaſchmirziege.
iſt zu bedenken, daß man in Frankreich die Stallfütterung anwendet, und hieraus geht alſo hervor, daß der Ertrag in trockenen Ländern, wie Spanien, Algier u. ſ. w., noch weit vortheilhafter ſein wird. Schon jetzt hat man feſtgeſtellt, daß die Zucht der Angoraziegen viel gewinnreicher iſt, als die der Schafe, und es ſteht zu erwarten, daß ſich dieſes werthvolle Thier nach und nach weiter und weiter verbreiten wird. Wahrſcheinlich ſind die Gebirgsgegenden von Mittel- und Süddeutſchland oder die niederen Berggegenden der Schweiz und Tirols ganz geeignet zu einer gewinnbringenden Zucht dieſer Ziegen.
Kaum minder werthvoll als die eben beſchriebene iſt die Kaſchmirziege (Hircus laniger). Sie iſt ziemlich klein, aber gefällig gebaut. Ein erwachſener Bock mißt faſt 4½ Fuß in der Länge und 2 Fuß in der Höhe. Der Leib iſt geſtreckt, der Rücken gerundet, das Kreuz kaum höher, als der Widerriſt. Die Läufe ſind ſtämmig, die Hufe ſcharf zugeſpitzt, der Hals iſt kurz, der Kopf
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Die Kaſchmirziege (Hircus laniger).
ziemlich dick; die Augen ſind klein, die Hängeohren etwas länger, als der halbe Kopf. Die langen Hörner ſind zuſammengedrückt, ſchraubenförmig gedreht, auf der Vorderſeite ſcharf ge- kantet. Sie biegen ſich von der Wurzel ſeitlich aus einander und ſteigen ſchief nach auf- und rückwärts, kehren aber ihre Spitze wieder einwärts. Ein langes, ſtraffes, feines und ſchlichtes Grannenhaar überdeckt die kurze, außerordentlich feine, weiche, flaumartige Wolle. Nur das Ge- ſicht und die Ohren ſind kurz behaart. Die Färbung wechſelt; gewöhnlich ſind die Seiten des Kopfes, der Schwanz und die übrigen Theile des Leibes ſilberweiß oder ſchwach gelblich; jedoch kommen auch einförmige Kaſchmirziegen vor: bald rein weiße, bald ſanft gelbe, braune, ja ſelbſt dunkelbraune und ſchwarze. Das Wollhaar iſt bei lichtgefärbten Thieren weiß oder weißlichgrau, bei dunkleren aſchgrau.
Von Groß- und Kleintibet an reicht dieſe ſchöne Ziege über die Bucharei bis zu dem Lande der Kirgiſen. Jn Bengalen wurde ſie eingeführt; in Tibet iſt ſie überall häufig, aber nur in den Ge- birgen, welche auch im Winter und bei der heftigſten Kälte von ihr bewohnt werden.
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Die Ziegen. — Die Kaſchmirziege.
iſt zu bedenken, daß man in Frankreich die Stallfütterung anwendet, und hieraus geht alſo hervor,
daß der Ertrag in trockenen Ländern, wie Spanien, Algier u. ſ. w., noch weit vortheilhafter ſein
wird. Schon jetzt hat man feſtgeſtellt, daß die Zucht der Angoraziegen viel gewinnreicher iſt, als die
der Schafe, und es ſteht zu erwarten, daß ſich dieſes werthvolle Thier nach und nach weiter und
weiter verbreiten wird. Wahrſcheinlich ſind die Gebirgsgegenden von Mittel- und Süddeutſchland
oder die niederen Berggegenden der Schweiz und Tirols ganz geeignet zu einer gewinnbringenden
Zucht dieſer Ziegen.
Kaum minder werthvoll als die eben beſchriebene iſt die Kaſchmirziege (Hircus laniger).
Sie iſt ziemlich klein, aber gefällig gebaut. Ein erwachſener Bock mißt faſt 4½ Fuß in der Länge
und 2 Fuß in der Höhe. Der Leib iſt geſtreckt, der Rücken gerundet, das Kreuz kaum höher, als
der Widerriſt. Die Läufe ſind ſtämmig, die Hufe ſcharf zugeſpitzt, der Hals iſt kurz, der Kopf
[Abbildung Die Kaſchmirziege (Hircus laniger).]
ziemlich dick; die Augen ſind klein, die Hängeohren etwas länger, als der halbe Kopf. Die
langen Hörner ſind zuſammengedrückt, ſchraubenförmig gedreht, auf der Vorderſeite ſcharf ge-
kantet. Sie biegen ſich von der Wurzel ſeitlich aus einander und ſteigen ſchief nach auf- und
rückwärts, kehren aber ihre Spitze wieder einwärts. Ein langes, ſtraffes, feines und ſchlichtes
Grannenhaar überdeckt die kurze, außerordentlich feine, weiche, flaumartige Wolle. Nur das Ge-
ſicht und die Ohren ſind kurz behaart. Die Färbung wechſelt; gewöhnlich ſind die Seiten des
Kopfes, der Schwanz und die übrigen Theile des Leibes ſilberweiß oder ſchwach gelblich; jedoch
kommen auch einförmige Kaſchmirziegen vor: bald rein weiße, bald ſanft gelbe, braune, ja ſelbſt
dunkelbraune und ſchwarze. Das Wollhaar iſt bei lichtgefärbten Thieren weiß oder weißlichgrau, bei
dunkleren aſchgrau.
Von Groß- und Kleintibet an reicht dieſe ſchöne Ziege über die Bucharei bis zu dem Lande der
Kirgiſen. Jn Bengalen wurde ſie eingeführt; in Tibet iſt ſie überall häufig, aber nur in den Ge-
birgen, welche auch im Winter und bei der heftigſten Kälte von ihr bewohnt werden.
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 2. Hildburghausen, 1865, S. 584. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben02_1865/614>, abgerufen am 23.11.2024.
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