hart und blendend weiß. Jn früheren Zeiten wußte man noch weit mehr aus dem Elenthier zu machen. Es wurden allerlei Heilmittel von ihm gewonnen, und der Aberglaube fand reichliche Nahrung durch die wunderbaren Kuren, welche man damit bewirkte; galt ja doch das Thier den alten Preußen sogar als eine Art von Gottheit! Aller Rutzen aber, welchen das Elenthier bringen kann, wiegt bei weitem den Schaden nicht auf, welchen es verursacht. Das Thier ist ein wahrer Holzverwüster und wird den Forsten so gefährlich, daß Hegung nirgends, Schonung kaum stattfin- den darf, wenn es sich darum handelt, Forstbau den Erfordernissen unserer Zeit gemäß zu betreiben. Jn jenen Wäldern, welche seine Heimat bilden, fällt der Schaden nicht so ins Gewicht, denn die be- treffenden Waldungen sind ohnehin halbe Urwälder.
Das Mosthier oder "Mosdeer" der Amerikaner und das Orignal der Franzosen (Alces Orignal) unterscheidet sich hauptsächlich durch tief eingeschnittene Geweihschaufeln mit geson- derten Augensprossen, durch die schwach behaarte Kehlwamme und die dunklere Färbung von seinem altweltlichen Verwandten. Noch heutigen Tages ist man über das Thier nicht ganz im Reinen, ob- gleich einige Forscher nicht blos an den Fellen, sondern sogar an den geräucherten Keulen Unterschiede auffinden wollten. Die Geweihe des Mosthieres sind weit stärker und schwerer, als die unserer Elche; sie erreichen selbst ein Gewicht von 50 bis 60 Pfund. Pennant fand einzelne, welche 75 Pfund wogen und dabei 32 Zoll Länge und 131/2 Zoll Breite hatten. Hamilton Smith gibt folgende Beschreibung: "Das Mosthier ist die größte Hirschart; denn es ist im Widerrist höher als ein Pferd. Wollte man den großartigen Eindruck, den dieses Thier auf seine Beschauer macht, leugnen, so müßte man nur ausgestopfte Weibchen oder Junge gesehen haben. Wir hatten Gelegen- heit, Mosthierhirsche in der Pracht ihrer Entwickelung mit vollendetem Geweih in ihrer Wildheit zu sehen und müssen gestehen, daß kein Thier einen ergreifenderen Eindruck zu machen vermag. Der Kopf mißt über 2 Fuß, hat aber ein plumpes Ansehen; das Auge ist verhältnißmäßig klein und tief- liegend, die Ohren ähneln dem eines Esels und sind lang und behaart; die Geweihzacken vermehren sich bis zu achtundzwanzig."
Gegenwärtig findet sich das Mosthier noch in dem Norden Amerikas, namentlich in Canada, Neu-Braunschweig und an der Fundy-Bai. Kapitän Franklin fand es am Ausflusse des Mackenzie und östlich noch am Kupferminenfluß unter 65 Grad Nordbreite. Makenzie traf es auch auf den Höhen des Felsgebirges und an den Quellen des Elkflusses. Das Mosthier wirft das Geweih später ab, als der europäische Elch, gewöhnlich im Januar und Februar, in strengen Wintern aber erst im März. Die Aeßung ist wahrscheinlich dieselbe, wie die des Elch.
Die Wilden stellen dem Mosthier eifrig nach und betreiben seine Jagd auf manchfaltige Weise. Einer ihrer Hauptkniffe ist, das Thier ins Wasser zu treiben, wo sie ihm dann mit ihren Boten auf den Leib rücken und es ohne große Mühe todtschlagen können. Diese Leute behaupten, daß sie nach dem Genusse des Elchfleisches drei Mal so weit reisen könnten, als wenn sie eine Mahlzeit von an- derem Fleisch genossen hätten. Aus den Geweihen fertigen sie große Löffel; die Haut benutzen sie zur Dichtung der Bote, auf welchen sie sich nach beendigter Jagd zurückschiffen. Einer ihrer Jagd- plätze, die "Hirschhornwiese" am Missouri, hat große Berühmtheit erlangt. Sie haben dort aus lauter Mosthier- und Wapiti geweihen eine hohe Piramide aufgethürmt, oder wenigstens aufge- thürmt gehabt; denn die Yankees werden die Geweihe inzwischen wohl besser benutzt haben. Junge Mosthiere können leicht gezähmt werden; sie lernen in wenigen Tagen ihren Wärter kennen und folgen ihm dann mit viel Vertrauen. Mit zunehmendem Alter werden sie jedoch wild, zornig und gefährlich. Audubon erzählt von einem gefangenen Kalbe freilich auch das Gegentheil: "Um Mitternacht wurden wir durch einen großen Lärm im Schuppen erweckt und fanden, daß sich unser frisch gefangenes Mosthier von seinem Schrecken erholt hatte und daran dachte, nun nach Hause zu gehen, zu seinem großen Zorne aber sich als Gefangener erkannte. Wir waren unfähig, Etwas für das Thier zu thun; denn sobald wir nur eine unserer Hände bewegten oder durch eine Oeffnung in sein Gefängniß steckten, sprang es nach uns, mit der größten Wuth brüllend und dabei seine Mähne
Das Mosthier.
hart und blendend weiß. Jn früheren Zeiten wußte man noch weit mehr aus dem Elenthier zu machen. Es wurden allerlei Heilmittel von ihm gewonnen, und der Aberglaube fand reichliche Nahrung durch die wunderbaren Kuren, welche man damit bewirkte; galt ja doch das Thier den alten Preußen ſogar als eine Art von Gottheit! Aller Rutzen aber, welchen das Elenthier bringen kann, wiegt bei weitem den Schaden nicht auf, welchen es verurſacht. Das Thier iſt ein wahrer Holzverwüſter und wird den Forſten ſo gefährlich, daß Hegung nirgends, Schonung kaum ſtattfin- den darf, wenn es ſich darum handelt, Forſtbau den Erforderniſſen unſerer Zeit gemäß zu betreiben. Jn jenen Wäldern, welche ſeine Heimat bilden, fällt der Schaden nicht ſo ins Gewicht, denn die be- treffenden Waldungen ſind ohnehin halbe Urwälder.
Das Mosthier oder „Mosdeer‟ der Amerikaner und das Orignal der Franzoſen (Alces Orignal) unterſcheidet ſich hauptſächlich durch tief eingeſchnittene Geweihſchaufeln mit geſon- derten Augenſproſſen, durch die ſchwach behaarte Kehlwamme und die dunklere Färbung von ſeinem altweltlichen Verwandten. Noch heutigen Tages iſt man über das Thier nicht ganz im Reinen, ob- gleich einige Forſcher nicht blos an den Fellen, ſondern ſogar an den geräucherten Keulen Unterſchiede auffinden wollten. Die Geweihe des Mosthieres ſind weit ſtärker und ſchwerer, als die unſerer Elche; ſie erreichen ſelbſt ein Gewicht von 50 bis 60 Pfund. Pennant fand einzelne, welche 75 Pfund wogen und dabei 32 Zoll Länge und 13½ Zoll Breite hatten. Hamilton Smith gibt folgende Beſchreibung: „Das Mosthier iſt die größte Hirſchart; denn es iſt im Widerriſt höher als ein Pferd. Wollte man den großartigen Eindruck, den dieſes Thier auf ſeine Beſchauer macht, leugnen, ſo müßte man nur ausgeſtopfte Weibchen oder Junge geſehen haben. Wir hatten Gelegen- heit, Mosthierhirſche in der Pracht ihrer Entwickelung mit vollendetem Geweih in ihrer Wildheit zu ſehen und müſſen geſtehen, daß kein Thier einen ergreifenderen Eindruck zu machen vermag. Der Kopf mißt über 2 Fuß, hat aber ein plumpes Anſehen; das Auge iſt verhältnißmäßig klein und tief- liegend, die Ohren ähneln dem eines Eſels und ſind lang und behaart; die Geweihzacken vermehren ſich bis zu achtundzwanzig.‟
Gegenwärtig findet ſich das Mosthier noch in dem Norden Amerikas, namentlich in Canada, Neu-Braunſchweig und an der Fundy-Bai. Kapitän Franklin fand es am Ausfluſſe des Mackenzie und öſtlich noch am Kupferminenfluß unter 65 Grad Nordbreite. Makenzie traf es auch auf den Höhen des Felsgebirges und an den Quellen des Elkfluſſes. Das Mosthier wirft das Geweih ſpäter ab, als der europäiſche Elch, gewöhnlich im Januar und Februar, in ſtrengen Wintern aber erſt im März. Die Aeßung iſt wahrſcheinlich dieſelbe, wie die des Elch.
Die Wilden ſtellen dem Mosthier eifrig nach und betreiben ſeine Jagd auf manchfaltige Weiſe. Einer ihrer Hauptkniffe iſt, das Thier ins Waſſer zu treiben, wo ſie ihm dann mit ihren Boten auf den Leib rücken und es ohne große Mühe todtſchlagen können. Dieſe Leute behaupten, daß ſie nach dem Genuſſe des Elchfleiſches drei Mal ſo weit reiſen könnten, als wenn ſie eine Mahlzeit von an- derem Fleiſch genoſſen hätten. Aus den Geweihen fertigen ſie große Löffel; die Haut benutzen ſie zur Dichtung der Bote, auf welchen ſie ſich nach beendigter Jagd zurückſchiffen. Einer ihrer Jagd- plätze, die „Hirſchhornwieſe‟ am Miſſouri, hat große Berühmtheit erlangt. Sie haben dort aus lauter Mosthier- und Wapiti geweihen eine hohe Piramide aufgethürmt, oder wenigſtens aufge- thürmt gehabt; denn die Yankees werden die Geweihe inzwiſchen wohl beſſer benutzt haben. Junge Mosthiere können leicht gezähmt werden; ſie lernen in wenigen Tagen ihren Wärter kennen und folgen ihm dann mit viel Vertrauen. Mit zunehmendem Alter werden ſie jedoch wild, zornig und gefährlich. Audubon erzählt von einem gefangenen Kalbe freilich auch das Gegentheil: „Um Mitternacht wurden wir durch einen großen Lärm im Schuppen erweckt und fanden, daß ſich unſer friſch gefangenes Mosthier von ſeinem Schrecken erholt hatte und daran dachte, nun nach Hauſe zu gehen, zu ſeinem großen Zorne aber ſich als Gefangener erkannte. Wir waren unfähig, Etwas für das Thier zu thun; denn ſobald wir nur eine unſerer Hände bewegten oder durch eine Oeffnung in ſein Gefängniß ſteckten, ſprang es nach uns, mit der größten Wuth brüllend und dabei ſeine Mähne
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[431/0457]
Das Mosthier.
hart und blendend weiß. Jn früheren Zeiten wußte man noch weit mehr aus dem Elenthier zu
machen. Es wurden allerlei Heilmittel von ihm gewonnen, und der Aberglaube fand reichliche
Nahrung durch die wunderbaren Kuren, welche man damit bewirkte; galt ja doch das Thier den
alten Preußen ſogar als eine Art von Gottheit! Aller Rutzen aber, welchen das Elenthier bringen
kann, wiegt bei weitem den Schaden nicht auf, welchen es verurſacht. Das Thier iſt ein wahrer
Holzverwüſter und wird den Forſten ſo gefährlich, daß Hegung nirgends, Schonung kaum ſtattfin-
den darf, wenn es ſich darum handelt, Forſtbau den Erforderniſſen unſerer Zeit gemäß zu betreiben.
Jn jenen Wäldern, welche ſeine Heimat bilden, fällt der Schaden nicht ſo ins Gewicht, denn die be-
treffenden Waldungen ſind ohnehin halbe Urwälder.
Das Mosthier oder „Mosdeer‟ der Amerikaner und das Orignal der Franzoſen
(Alces Orignal) unterſcheidet ſich hauptſächlich durch tief eingeſchnittene Geweihſchaufeln mit geſon-
derten Augenſproſſen, durch die ſchwach behaarte Kehlwamme und die dunklere Färbung von ſeinem
altweltlichen Verwandten. Noch heutigen Tages iſt man über das Thier nicht ganz im Reinen, ob-
gleich einige Forſcher nicht blos an den Fellen, ſondern ſogar an den geräucherten Keulen Unterſchiede
auffinden wollten. Die Geweihe des Mosthieres ſind weit ſtärker und ſchwerer, als die unſerer
Elche; ſie erreichen ſelbſt ein Gewicht von 50 bis 60 Pfund. Pennant fand einzelne, welche
75 Pfund wogen und dabei 32 Zoll Länge und 13½ Zoll Breite hatten. Hamilton Smith gibt
folgende Beſchreibung: „Das Mosthier iſt die größte Hirſchart; denn es iſt im Widerriſt höher als
ein Pferd. Wollte man den großartigen Eindruck, den dieſes Thier auf ſeine Beſchauer macht,
leugnen, ſo müßte man nur ausgeſtopfte Weibchen oder Junge geſehen haben. Wir hatten Gelegen-
heit, Mosthierhirſche in der Pracht ihrer Entwickelung mit vollendetem Geweih in ihrer Wildheit zu
ſehen und müſſen geſtehen, daß kein Thier einen ergreifenderen Eindruck zu machen vermag. Der
Kopf mißt über 2 Fuß, hat aber ein plumpes Anſehen; das Auge iſt verhältnißmäßig klein und tief-
liegend, die Ohren ähneln dem eines Eſels und ſind lang und behaart; die Geweihzacken vermehren
ſich bis zu achtundzwanzig.‟
Gegenwärtig findet ſich das Mosthier noch in dem Norden Amerikas, namentlich in Canada,
Neu-Braunſchweig und an der Fundy-Bai. Kapitän Franklin fand es am Ausfluſſe des
Mackenzie und öſtlich noch am Kupferminenfluß unter 65 Grad Nordbreite. Makenzie traf es
auch auf den Höhen des Felsgebirges und an den Quellen des Elkfluſſes. Das Mosthier wirft das
Geweih ſpäter ab, als der europäiſche Elch, gewöhnlich im Januar und Februar, in ſtrengen Wintern
aber erſt im März. Die Aeßung iſt wahrſcheinlich dieſelbe, wie die des Elch.
Die Wilden ſtellen dem Mosthier eifrig nach und betreiben ſeine Jagd auf manchfaltige Weiſe.
Einer ihrer Hauptkniffe iſt, das Thier ins Waſſer zu treiben, wo ſie ihm dann mit ihren Boten auf
den Leib rücken und es ohne große Mühe todtſchlagen können. Dieſe Leute behaupten, daß ſie nach
dem Genuſſe des Elchfleiſches drei Mal ſo weit reiſen könnten, als wenn ſie eine Mahlzeit von an-
derem Fleiſch genoſſen hätten. Aus den Geweihen fertigen ſie große Löffel; die Haut benutzen ſie
zur Dichtung der Bote, auf welchen ſie ſich nach beendigter Jagd zurückſchiffen. Einer ihrer Jagd-
plätze, die „Hirſchhornwieſe‟ am Miſſouri, hat große Berühmtheit erlangt. Sie haben dort aus
lauter Mosthier- und Wapiti geweihen eine hohe Piramide aufgethürmt, oder wenigſtens aufge-
thürmt gehabt; denn die Yankees werden die Geweihe inzwiſchen wohl beſſer benutzt haben. Junge
Mosthiere können leicht gezähmt werden; ſie lernen in wenigen Tagen ihren Wärter kennen und
folgen ihm dann mit viel Vertrauen. Mit zunehmendem Alter werden ſie jedoch wild, zornig und
gefährlich. Audubon erzählt von einem gefangenen Kalbe freilich auch das Gegentheil: „Um
Mitternacht wurden wir durch einen großen Lärm im Schuppen erweckt und fanden, daß ſich unſer
friſch gefangenes Mosthier von ſeinem Schrecken erholt hatte und daran dachte, nun nach Hauſe zu
gehen, zu ſeinem großen Zorne aber ſich als Gefangener erkannte. Wir waren unfähig, Etwas für
das Thier zu thun; denn ſobald wir nur eine unſerer Hände bewegten oder durch eine Oeffnung in
ſein Gefängniß ſteckten, ſprang es nach uns, mit der größten Wuth brüllend und dabei ſeine Mähne
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 2. Hildburghausen, 1865, S. 431. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben02_1865/457>, abgerufen am 23.11.2024.
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