unten herum, ruh- und rastlos klimmte er an den Stäben in die Höhe, ohne nur einen Augenblick stillzuhalten. Jm Zimmer frei gelassen, kletterte er sofort auf die höchsten Stellen der Einrich- tungsgegenstände, und je mehr er sich bewegen konnte, um so zufriedener und behaglicher schien er sich zu fühlen. Er erschien als das gerade Gegentheil des hilflosen Wesens, welches es bei Tage war. Nur einmal habe ich ihn auch während des Tages lebendig gesehen. Das war im Thiergarten zu London, wo ihm der düstere Himmel Londons wohl glauben lassen mochte, daß bereits die Nacht her- eingebrochen wäre."
"Wir fütterten ihn mit Milch, Rosinen und Mandeln. Süßigkeiten aller Art, eingemachte Früchte sowohl als Zucker zog er allem Uebrigen vor. Die Früchte sog er aus, daß blos noch die Schale übrig blieb. Er bedurfte sehr wenig, wurde aber fett und befand sich sehr wohl."
"Eine Nacht entkam er seinem Gefängnisse, wurde aber am nächsten Tage in den höchsten Zweigen eines lustigen Weidenbaums gesehen, wo er sich in einer der Gabeln gemüthlich ausruhte. Ein Knabe mußte ihm nachklettern und fand ihn oben im tiefen Schlafe. Er näherte sich ihm, ohne gehört oder gesehen zu werden, ergriff ihn beim Schwanze und warf ihn etwa 60 Fuß tief von oben herab. Der Bilch breitete sofort seinen Fallschirm aus und kam wohlbehalten und gesund unten an, wo er augenblicklich wieder gefangen wurde. Oft sieht man ihn in seinem Käfig auf dem Rücken liegen, wenn er frißt, beim Trinken aber hält er das kleine Gefäß zwischen seinen Vorderfüßen und leckt wie eine junge Katze. Auf der Reise nach London konnten wir ihm glücklicherweise fortwährend Milch ver- schaffen, und so befand er sich stets wohl. Nach und nach war er so zahm geworden, daß ich ihn ge- legentlich abends auf dem Deck herumlaufen lassen konnte. Dort spielte er mit sich selbst wie eine junge Katze und schien sich sehr zu freuen, wenn man ihn krante. Doch auch jetzt noch ließ er sich ungern gefangen nehmen und spuckte und schnurrte augenblicklich nach der Hand, welche ihn aufnahm."
Ueber seine Fortpflanzung scheint noch Nichts bekannt zu sein, wenigstens finde ich in keinem der mir zugänglichen Werke darüber etwas Sicheres mitgetheilt.
Von den übrigen Flugbeutlern können wir uns noch zwei Arten zu genauerer Betrachtung aus- wählen, die größte und die kleinste. Erstere, das Beuteleichhorn oder der Taguan der Ansiedler (Petaurus taguanoides), wird gegenwärtig als Vertreter einer eigenen Sippe angesehen; doch begrün- den sich die Unterschiede blos auf die geringen Abweichungen im Gebiß und im Bau der Flughäute. Es finden sich oben sieben und unten sechs Backzähne in ununterbrochener Reihe, und die Flughaut reicht vorn bis zum Ellbogen, hinten bis an die Wurzel des Daumens. Der Taguan erreicht bis 20 Zoll Leibeslänge. Der Schwanz ist etwa körperlang, der Kopf ist klein, die Schnauze kurz und zugespitzt. Die Augen sind sehr groß und die Ohren breit und dicht, fast buschig behaart. An den Füßen finden sich starke, gekrümmte und scharfe Nägel. Der Pelz ist sehr lang und weich und am Schwanze buschig. Jn seiner Färbung ändert der Taguan vielfach ab. Gewöhnlich ist die Oberseite bräunlichschwarz gefärbt, der Kopf mehr bräunlich, die Flughaut weißlich gesprenkelt. Schnauze, Kinn und Pfoten sind schwarz, der Schwanz schwarz oder bräunlichschwarz, blässer an der Wurzel und gelblich an der Unterseite. Kinn, Kehle, Brust und Bauch sind weiß. Es gibt aber so viele Abän- derungen in der Färbung, daß man kaum zwei Stück findet, welche vollkommen gleich gefärbt sind. Die braune Farbe des Felles geht bei dem einen in das dunkelste Braunschwarz über; bei dem anderen ist der ganze Pelz grau, ebensowohl auf der Oberseite als auf der Flughaut, und nicht selten findet man auch sehr schöne Weißlinge. Unter allen Umständen bleiben die Unterseite und die Jnnenseite der Glieder reinweiß.
Der Taguan bewohnt Neuholland, zumal die großen Wälder zwischen Port Philipp und Moreton-Bay und soll dort häufig sein, obgleich man ihn nur sehr selten in der Gefangenschaft oder getödtet in den Händen der Eingeborenen sieht. Er ist, wie alle seine Verwandten, ein Nacht-
Brehm, Thierleben. II. 3
Das Beuteleichhorn oder der Taguan.
unten herum, ruh- und raſtlos klimmte er an den Stäben in die Höhe, ohne nur einen Augenblick ſtillzuhalten. Jm Zimmer frei gelaſſen, kletterte er ſofort auf die höchſten Stellen der Einrich- tungsgegenſtände, und je mehr er ſich bewegen konnte, um ſo zufriedener und behaglicher ſchien er ſich zu fühlen. Er erſchien als das gerade Gegentheil des hilfloſen Weſens, welches es bei Tage war. Nur einmal habe ich ihn auch während des Tages lebendig geſehen. Das war im Thiergarten zu London, wo ihm der düſtere Himmel Londons wohl glauben laſſen mochte, daß bereits die Nacht her- eingebrochen wäre.‟
„Wir fütterten ihn mit Milch, Roſinen und Mandeln. Süßigkeiten aller Art, eingemachte Früchte ſowohl als Zucker zog er allem Uebrigen vor. Die Früchte ſog er aus, daß blos noch die Schale übrig blieb. Er bedurfte ſehr wenig, wurde aber fett und befand ſich ſehr wohl.‟
„Eine Nacht entkam er ſeinem Gefängniſſe, wurde aber am nächſten Tage in den höchſten Zweigen eines luſtigen Weidenbaums geſehen, wo er ſich in einer der Gabeln gemüthlich ausruhte. Ein Knabe mußte ihm nachklettern und fand ihn oben im tiefen Schlafe. Er näherte ſich ihm, ohne gehört oder geſehen zu werden, ergriff ihn beim Schwanze und warf ihn etwa 60 Fuß tief von oben herab. Der Bilch breitete ſofort ſeinen Fallſchirm aus und kam wohlbehalten und geſund unten an, wo er augenblicklich wieder gefangen wurde. Oft ſieht man ihn in ſeinem Käfig auf dem Rücken liegen, wenn er frißt, beim Trinken aber hält er das kleine Gefäß zwiſchen ſeinen Vorderfüßen und leckt wie eine junge Katze. Auf der Reiſe nach London konnten wir ihm glücklicherweiſe fortwährend Milch ver- ſchaffen, und ſo befand er ſich ſtets wohl. Nach und nach war er ſo zahm geworden, daß ich ihn ge- legentlich abends auf dem Deck herumlaufen laſſen konnte. Dort ſpielte er mit ſich ſelbſt wie eine junge Katze und ſchien ſich ſehr zu freuen, wenn man ihn krante. Doch auch jetzt noch ließ er ſich ungern gefangen nehmen und ſpuckte und ſchnurrte augenblicklich nach der Hand, welche ihn aufnahm.‟
Ueber ſeine Fortpflanzung ſcheint noch Nichts bekannt zu ſein, wenigſtens finde ich in keinem der mir zugänglichen Werke darüber etwas Sicheres mitgetheilt.
Von den übrigen Flugbeutlern können wir uns noch zwei Arten zu genauerer Betrachtung aus- wählen, die größte und die kleinſte. Erſtere, das Beuteleichhorn oder der Taguan der Anſiedler (Petaurus taguanoides), wird gegenwärtig als Vertreter einer eigenen Sippe angeſehen; doch begrün- den ſich die Unterſchiede blos auf die geringen Abweichungen im Gebiß und im Bau der Flughäute. Es finden ſich oben ſieben und unten ſechs Backzähne in ununterbrochener Reihe, und die Flughaut reicht vorn bis zum Ellbogen, hinten bis an die Wurzel des Daumens. Der Taguan erreicht bis 20 Zoll Leibeslänge. Der Schwanz iſt etwa körperlang, der Kopf iſt klein, die Schnauze kurz und zugeſpitzt. Die Augen ſind ſehr groß und die Ohren breit und dicht, faſt buſchig behaart. An den Füßen finden ſich ſtarke, gekrümmte und ſcharfe Nägel. Der Pelz iſt ſehr lang und weich und am Schwanze buſchig. Jn ſeiner Färbung ändert der Taguan vielfach ab. Gewöhnlich iſt die Oberſeite bräunlichſchwarz gefärbt, der Kopf mehr bräunlich, die Flughaut weißlich geſprenkelt. Schnauze, Kinn und Pfoten ſind ſchwarz, der Schwanz ſchwarz oder bräunlichſchwarz, bläſſer an der Wurzel und gelblich an der Unterſeite. Kinn, Kehle, Bruſt und Bauch ſind weiß. Es gibt aber ſo viele Abän- derungen in der Färbung, daß man kaum zwei Stück findet, welche vollkommen gleich gefärbt ſind. Die braune Farbe des Felles geht bei dem einen in das dunkelſte Braunſchwarz über; bei dem anderen iſt der ganze Pelz grau, ebenſowohl auf der Oberſeite als auf der Flughaut, und nicht ſelten findet man auch ſehr ſchöne Weißlinge. Unter allen Umſtänden bleiben die Unterſeite und die Jnnenſeite der Glieder reinweiß.
Der Taguan bewohnt Neuholland, zumal die großen Wälder zwiſchen Port Philipp und Moreton-Bay und ſoll dort häufig ſein, obgleich man ihn nur ſehr ſelten in der Gefangenſchaft oder getödtet in den Händen der Eingeborenen ſieht. Er iſt, wie alle ſeine Verwandten, ein Nacht-
Brehm, Thierleben. II. 3
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[33/0045]
Das Beuteleichhorn oder der Taguan.
unten herum, ruh- und raſtlos klimmte er an den Stäben in die Höhe, ohne nur einen Augenblick
ſtillzuhalten. Jm Zimmer frei gelaſſen, kletterte er ſofort auf die höchſten Stellen der Einrich-
tungsgegenſtände, und je mehr er ſich bewegen konnte, um ſo zufriedener und behaglicher ſchien er ſich
zu fühlen. Er erſchien als das gerade Gegentheil des hilfloſen Weſens, welches es bei Tage war.
Nur einmal habe ich ihn auch während des Tages lebendig geſehen. Das war im Thiergarten zu
London, wo ihm der düſtere Himmel Londons wohl glauben laſſen mochte, daß bereits die Nacht her-
eingebrochen wäre.‟
„Wir fütterten ihn mit Milch, Roſinen und Mandeln. Süßigkeiten aller Art, eingemachte
Früchte ſowohl als Zucker zog er allem Uebrigen vor. Die Früchte ſog er aus, daß blos noch die
Schale übrig blieb. Er bedurfte ſehr wenig, wurde aber fett und befand ſich ſehr wohl.‟
„Eine Nacht entkam er ſeinem Gefängniſſe, wurde aber am nächſten Tage in den höchſten
Zweigen eines luſtigen Weidenbaums geſehen, wo er ſich in einer der Gabeln gemüthlich ausruhte.
Ein Knabe mußte ihm nachklettern und fand ihn oben im tiefen Schlafe. Er näherte ſich ihm, ohne
gehört oder geſehen zu werden, ergriff ihn beim Schwanze und warf ihn etwa 60 Fuß tief von oben
herab. Der Bilch breitete ſofort ſeinen Fallſchirm aus und kam wohlbehalten und geſund unten an, wo
er augenblicklich wieder gefangen wurde. Oft ſieht man ihn in ſeinem Käfig auf dem Rücken liegen,
wenn er frißt, beim Trinken aber hält er das kleine Gefäß zwiſchen ſeinen Vorderfüßen und leckt wie
eine junge Katze. Auf der Reiſe nach London konnten wir ihm glücklicherweiſe fortwährend Milch ver-
ſchaffen, und ſo befand er ſich ſtets wohl. Nach und nach war er ſo zahm geworden, daß ich ihn ge-
legentlich abends auf dem Deck herumlaufen laſſen konnte. Dort ſpielte er mit ſich ſelbſt wie eine
junge Katze und ſchien ſich ſehr zu freuen, wenn man ihn krante. Doch auch jetzt noch ließ er ſich
ungern gefangen nehmen und ſpuckte und ſchnurrte augenblicklich nach der Hand, welche ihn aufnahm.‟
Ueber ſeine Fortpflanzung ſcheint noch Nichts bekannt zu ſein, wenigſtens finde ich in keinem der
mir zugänglichen Werke darüber etwas Sicheres mitgetheilt.
Von den übrigen Flugbeutlern können wir uns noch zwei Arten zu genauerer Betrachtung aus-
wählen, die größte und die kleinſte. Erſtere, das Beuteleichhorn oder der Taguan der Anſiedler
(Petaurus taguanoides), wird gegenwärtig als Vertreter einer eigenen Sippe angeſehen; doch begrün-
den ſich die Unterſchiede blos auf die geringen Abweichungen im Gebiß und im Bau der Flughäute.
Es finden ſich oben ſieben und unten ſechs Backzähne in ununterbrochener Reihe, und die Flughaut
reicht vorn bis zum Ellbogen, hinten bis an die Wurzel des Daumens. Der Taguan erreicht bis
20 Zoll Leibeslänge. Der Schwanz iſt etwa körperlang, der Kopf iſt klein, die Schnauze kurz und
zugeſpitzt. Die Augen ſind ſehr groß und die Ohren breit und dicht, faſt buſchig behaart. An den
Füßen finden ſich ſtarke, gekrümmte und ſcharfe Nägel. Der Pelz iſt ſehr lang und weich und am
Schwanze buſchig. Jn ſeiner Färbung ändert der Taguan vielfach ab. Gewöhnlich iſt die Oberſeite
bräunlichſchwarz gefärbt, der Kopf mehr bräunlich, die Flughaut weißlich geſprenkelt. Schnauze,
Kinn und Pfoten ſind ſchwarz, der Schwanz ſchwarz oder bräunlichſchwarz, bläſſer an der Wurzel und
gelblich an der Unterſeite. Kinn, Kehle, Bruſt und Bauch ſind weiß. Es gibt aber ſo viele Abän-
derungen in der Färbung, daß man kaum zwei Stück findet, welche vollkommen gleich gefärbt ſind.
Die braune Farbe des Felles geht bei dem einen in das dunkelſte Braunſchwarz über; bei dem anderen
iſt der ganze Pelz grau, ebenſowohl auf der Oberſeite als auf der Flughaut, und nicht ſelten findet
man auch ſehr ſchöne Weißlinge. Unter allen Umſtänden bleiben die Unterſeite und die Jnnenſeite der
Glieder reinweiß.
Der Taguan bewohnt Neuholland, zumal die großen Wälder zwiſchen Port Philipp und
Moreton-Bay und ſoll dort häufig ſein, obgleich man ihn nur ſehr ſelten in der Gefangenſchaft
oder getödtet in den Händen der Eingeborenen ſieht. Er iſt, wie alle ſeine Verwandten, ein Nacht-
Brehm, Thierleben. II. 3
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 2. Hildburghausen, 1865, S. 33. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben02_1865/45>, abgerufen am 23.11.2024.
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