gungen zu schützen. Die anderen Arten leben theils in Löchern zwischen den Baumwurzeln, theils auf den Bäumen. Keine einzige Art hat einen bestimmten Aufenthalt; die Thiere schweifen umher und bleiben da, wo es ihnen gefällt, an nahrungsreichen Orten länger, als an nahrungsarmen. Mit Tagesanbruch wird ein Gang gegraben. Darin verhält sich der Ameisenfresser bis zum Abend, dann kommt er heraus und trollt weiter. Nur die auf den Bäumen lebenden sind wirkliche Tages- thiere, alle übrigen abgesagte Feinde des Lichtes. Der Geselligkeit sind sie nicht zugethan; jeder ein- zelne lebt für sich und höchstens zur Zeit der Paarung mit seinem Gatten zusammen, aber immer nur kurze Zeit. Alle sind mehr oder weniger träge und schläfrige Gesellen, schwerfällig, langsam, unbeholfen in ihren Bewegungen, langweilig in ihrem Wesen, stumpfsinnig, dumm und ungeschickt, geistig wie leiblich. Bei manchen ist der Gang ein höchst sonderbares Fortholpern, da sie blos mit der Sohle der Hinterfüße und dem Außenrande der Vorderfüße den Boden berühren, also gleichsam auf den Rägeln gehen und sich auch keineswegs beeilen, vorwärts zu kommen. Ein Schritt nach dem anderen wird langsam gemacht und der Schwanz muß noch tüchtig helfen, um das Gleich- gewicht zu vermitteln. Noch spaßhafter ist der Lauf. Das dicke Erdschwein trollt oder trabt mit kurzen, schnellen Schritten dahin, der arme Ameisenbär aber humpelt in einem wirklich mühseligen Galopp fort, obgleich er sich rasch fördert. Die kletternden sind viel geschickter, und der starke Wickelschwanz thut ihnen dabei gute Dienste. Eine Art wohnt fast fortwährend auf Bäumen.
Alle nehmen ihre Nahrung auf höchst sonderbare Weise zu sich. Sie öffnen mit ihren furcht- baren Krallen einen Termitenbau oder einen Ameisenhaufen, strecken ihre lange, klebrige Zunge hin- ein, lassen die erbosten Ameisen sich wüthend darauf festbeißen und ziehen sie plötzlich, wenn das schwarze Heer in wimmelndem Gedränge auf dem klebrigen Faden herumtanzt, in den Mund zurück mitsammt den Ameisen, die sich gerade darauf befinden. Jn dieser Weise nähren sich unseres Wis- sens nur wenige andere Thiere, der Specht und die Wendehälfe nämlich, vielleicht auch, wie bereits bemerkt, die Lippenbären. Einige Ameisenfresser können auch kleine Würmer, Käfer, Heuschrecken und andere Kerfe mit den Lippen aufnehmen und verschlucken, und die kletternden Arten sind im Stande, mit ihrer langen Zunge nach Spechtart verborgene Kerfe und Würmer aus Ritzen und Höhlen hervorzuziehen. Sie sollen sogar nach Honig lüstern sein.
Unter den Sinnen sind der Geruch und das Gehör am meisten ausgebildet. Das Gefühl offen- bart sich auf der Zunge. Die übrigen Sinne aber scheinen ungemein stumpf zu sein. Jhre geistigen Fähigkeiten sind höchst gering. Sie sind ängstlich, vorsichtig, harmlos, kurz schwachgeistig, und nur wenige machen von ihren furchtbaren Waffen Gebrauch, umfassen ihre Feinde mit den langen Armen und Krallen und zerfleischen sie auf gefährliche Art. Die Stimme besteht in einer Art von Brum- men, Murren oder Schnauben, eine Art scheint aber vollkommen stumm zu sein. Die Vermehrung ist eine sehr geringe. Das Weibchen bringt nur ein Junges zur Welt, schützt und vertheidigt es mit großer Liebe und schleppt es lange auf dem Rücken umher.
Dem Menschen werden blos diejenigen Arten schädlich, welche in der Nähe der Wohnungen ihrem Ameisenfange nachgehen und zu diesem Zwecke den Boden auf weite Strecken hin unterwühlen. Dagegen nützt man die erlegten Ameisenfresser, indem man Fleisch, Fell und Fett, auch wohl die Krallen verwerthet. Die erste Sippe der Familie enthält die Erdschweine (Orycteropus), soviel man weiß, drei einander höchst ähnliche, plumpe Thiere, mit dickem, ungeschickten Leibe, dünnem Halse, langem, schmächtigen Kopfe, mit walzenförmiger Schnauze, mit mittellangem, kugelförmigen Schwanze und kurzen, verhältnißmäßig dünnen Beinen, von denen die vorderen vier, die hinteren fünf Zehen haben, welche mit sehr starken, fast geraden und platten, an den Rändern schneidenden, hufenartigen Nägeln bewehrt sind. Das Maul ist hier noch ziemlich groß, die Augen stehen weit nach hinten, die Ohren sind sehr lang. Das Haarkleid ist dünn. Jm Oberkiefer finden sich, solange das Thier jung ist, in jeder Seite acht, im Unterkiefer sechs Backenzähne; bei alten Thieren dagegen dort nur fünf und hier blos vier. Die Zähne sind walzenähnlich, wurzellos, von faseriger Beschaffenheit
Die Ameiſenfreſſer. — Die Erdſchweine.
gungen zu ſchützen. Die anderen Arten leben theils in Löchern zwiſchen den Baumwurzeln, theils auf den Bäumen. Keine einzige Art hat einen beſtimmten Aufenthalt; die Thiere ſchweifen umher und bleiben da, wo es ihnen gefällt, an nahrungsreichen Orten länger, als an nahrungsarmen. Mit Tagesanbruch wird ein Gang gegraben. Darin verhält ſich der Ameiſenfreſſer bis zum Abend, dann kommt er heraus und trollt weiter. Nur die auf den Bäumen lebenden ſind wirkliche Tages- thiere, alle übrigen abgeſagte Feinde des Lichtes. Der Geſelligkeit ſind ſie nicht zugethan; jeder ein- zelne lebt für ſich und höchſtens zur Zeit der Paarung mit ſeinem Gatten zuſammen, aber immer nur kurze Zeit. Alle ſind mehr oder weniger träge und ſchläfrige Geſellen, ſchwerfällig, langſam, unbeholfen in ihren Bewegungen, langweilig in ihrem Weſen, ſtumpfſinnig, dumm und ungeſchickt, geiſtig wie leiblich. Bei manchen iſt der Gang ein höchſt ſonderbares Fortholpern, da ſie blos mit der Sohle der Hinterfüße und dem Außenrande der Vorderfüße den Boden berühren, alſo gleichſam auf den Rägeln gehen und ſich auch keineswegs beeilen, vorwärts zu kommen. Ein Schritt nach dem anderen wird langſam gemacht und der Schwanz muß noch tüchtig helfen, um das Gleich- gewicht zu vermitteln. Noch ſpaßhafter iſt der Lauf. Das dicke Erdſchwein trollt oder trabt mit kurzen, ſchnellen Schritten dahin, der arme Ameiſenbär aber humpelt in einem wirklich mühſeligen Galopp fort, obgleich er ſich raſch fördert. Die kletternden ſind viel geſchickter, und der ſtarke Wickelſchwanz thut ihnen dabei gute Dienſte. Eine Art wohnt faſt fortwährend auf Bäumen.
Alle nehmen ihre Nahrung auf höchſt ſonderbare Weiſe zu ſich. Sie öffnen mit ihren furcht- baren Krallen einen Termitenbau oder einen Ameiſenhaufen, ſtrecken ihre lange, klebrige Zunge hin- ein, laſſen die erboſten Ameiſen ſich wüthend darauf feſtbeißen und ziehen ſie plötzlich, wenn das ſchwarze Heer in wimmelndem Gedränge auf dem klebrigen Faden herumtanzt, in den Mund zurück mitſammt den Ameiſen, die ſich gerade darauf befinden. Jn dieſer Weiſe nähren ſich unſeres Wiſ- ſens nur wenige andere Thiere, der Specht und die Wendehälfe nämlich, vielleicht auch, wie bereits bemerkt, die Lippenbären. Einige Ameiſenfreſſer können auch kleine Würmer, Käfer, Heuſchrecken und andere Kerfe mit den Lippen aufnehmen und verſchlucken, und die kletternden Arten ſind im Stande, mit ihrer langen Zunge nach Spechtart verborgene Kerfe und Würmer aus Ritzen und Höhlen hervorzuziehen. Sie ſollen ſogar nach Honig lüſtern ſein.
Unter den Sinnen ſind der Geruch und das Gehör am meiſten ausgebildet. Das Gefühl offen- bart ſich auf der Zunge. Die übrigen Sinne aber ſcheinen ungemein ſtumpf zu ſein. Jhre geiſtigen Fähigkeiten ſind höchſt gering. Sie ſind ängſtlich, vorſichtig, harmlos, kurz ſchwachgeiſtig, und nur wenige machen von ihren furchtbaren Waffen Gebrauch, umfaſſen ihre Feinde mit den langen Armen und Krallen und zerfleiſchen ſie auf gefährliche Art. Die Stimme beſteht in einer Art von Brum- men, Murren oder Schnauben, eine Art ſcheint aber vollkommen ſtumm zu ſein. Die Vermehrung iſt eine ſehr geringe. Das Weibchen bringt nur ein Junges zur Welt, ſchützt und vertheidigt es mit großer Liebe und ſchleppt es lange auf dem Rücken umher.
Dem Menſchen werden blos diejenigen Arten ſchädlich, welche in der Nähe der Wohnungen ihrem Ameiſenfange nachgehen und zu dieſem Zwecke den Boden auf weite Strecken hin unterwühlen. Dagegen nützt man die erlegten Ameiſenfreſſer, indem man Fleiſch, Fell und Fett, auch wohl die Krallen verwerthet. Die erſte Sippe der Familie enthält die Erdſchweine (Orycteropus), ſoviel man weiß, drei einander höchſt ähnliche, plumpe Thiere, mit dickem, ungeſchickten Leibe, dünnem Halſe, langem, ſchmächtigen Kopfe, mit walzenförmiger Schnauze, mit mittellangem, kugelförmigen Schwanze und kurzen, verhältnißmäßig dünnen Beinen, von denen die vorderen vier, die hinteren fünf Zehen haben, welche mit ſehr ſtarken, faſt geraden und platten, an den Rändern ſchneidenden, hufenartigen Nägeln bewehrt ſind. Das Maul iſt hier noch ziemlich groß, die Augen ſtehen weit nach hinten, die Ohren ſind ſehr lang. Das Haarkleid iſt dünn. Jm Oberkiefer finden ſich, ſolange das Thier jung iſt, in jeder Seite acht, im Unterkiefer ſechs Backenzähne; bei alten Thieren dagegen dort nur fünf und hier blos vier. Die Zähne ſind walzenähnlich, wurzellos, von faſeriger Beſchaffenheit
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Die Ameiſenfreſſer. — Die Erdſchweine.
gungen zu ſchützen. Die anderen Arten leben theils in Löchern zwiſchen den Baumwurzeln, theils
auf den Bäumen. Keine einzige Art hat einen beſtimmten Aufenthalt; die Thiere ſchweifen umher
und bleiben da, wo es ihnen gefällt, an nahrungsreichen Orten länger, als an nahrungsarmen.
Mit Tagesanbruch wird ein Gang gegraben. Darin verhält ſich der Ameiſenfreſſer bis zum Abend,
dann kommt er heraus und trollt weiter. Nur die auf den Bäumen lebenden ſind wirkliche Tages-
thiere, alle übrigen abgeſagte Feinde des Lichtes. Der Geſelligkeit ſind ſie nicht zugethan; jeder ein-
zelne lebt für ſich und höchſtens zur Zeit der Paarung mit ſeinem Gatten zuſammen, aber immer
nur kurze Zeit. Alle ſind mehr oder weniger träge und ſchläfrige Geſellen, ſchwerfällig, langſam,
unbeholfen in ihren Bewegungen, langweilig in ihrem Weſen, ſtumpfſinnig, dumm und ungeſchickt,
geiſtig wie leiblich. Bei manchen iſt der Gang ein höchſt ſonderbares Fortholpern, da ſie blos mit
der Sohle der Hinterfüße und dem Außenrande der Vorderfüße den Boden berühren, alſo gleichſam
auf den Rägeln gehen und ſich auch keineswegs beeilen, vorwärts zu kommen. Ein Schritt nach
dem anderen wird langſam gemacht und der Schwanz muß noch tüchtig helfen, um das Gleich-
gewicht zu vermitteln. Noch ſpaßhafter iſt der Lauf. Das dicke Erdſchwein trollt oder trabt mit
kurzen, ſchnellen Schritten dahin, der arme Ameiſenbär aber humpelt in einem wirklich mühſeligen
Galopp fort, obgleich er ſich raſch fördert. Die kletternden ſind viel geſchickter, und der ſtarke
Wickelſchwanz thut ihnen dabei gute Dienſte. Eine Art wohnt faſt fortwährend auf Bäumen.
Alle nehmen ihre Nahrung auf höchſt ſonderbare Weiſe zu ſich. Sie öffnen mit ihren furcht-
baren Krallen einen Termitenbau oder einen Ameiſenhaufen, ſtrecken ihre lange, klebrige Zunge hin-
ein, laſſen die erboſten Ameiſen ſich wüthend darauf feſtbeißen und ziehen ſie plötzlich, wenn das
ſchwarze Heer in wimmelndem Gedränge auf dem klebrigen Faden herumtanzt, in den Mund zurück
mitſammt den Ameiſen, die ſich gerade darauf befinden. Jn dieſer Weiſe nähren ſich unſeres Wiſ-
ſens nur wenige andere Thiere, der Specht und die Wendehälfe nämlich, vielleicht auch, wie
bereits bemerkt, die Lippenbären. Einige Ameiſenfreſſer können auch kleine Würmer, Käfer,
Heuſchrecken und andere Kerfe mit den Lippen aufnehmen und verſchlucken, und die kletternden Arten
ſind im Stande, mit ihrer langen Zunge nach Spechtart verborgene Kerfe und Würmer aus Ritzen
und Höhlen hervorzuziehen. Sie ſollen ſogar nach Honig lüſtern ſein.
Unter den Sinnen ſind der Geruch und das Gehör am meiſten ausgebildet. Das Gefühl offen-
bart ſich auf der Zunge. Die übrigen Sinne aber ſcheinen ungemein ſtumpf zu ſein. Jhre geiſtigen
Fähigkeiten ſind höchſt gering. Sie ſind ängſtlich, vorſichtig, harmlos, kurz ſchwachgeiſtig, und nur
wenige machen von ihren furchtbaren Waffen Gebrauch, umfaſſen ihre Feinde mit den langen Armen
und Krallen und zerfleiſchen ſie auf gefährliche Art. Die Stimme beſteht in einer Art von Brum-
men, Murren oder Schnauben, eine Art ſcheint aber vollkommen ſtumm zu ſein. Die Vermehrung
iſt eine ſehr geringe. Das Weibchen bringt nur ein Junges zur Welt, ſchützt und vertheidigt es mit
großer Liebe und ſchleppt es lange auf dem Rücken umher.
Dem Menſchen werden blos diejenigen Arten ſchädlich, welche in der Nähe der Wohnungen
ihrem Ameiſenfange nachgehen und zu dieſem Zwecke den Boden auf weite Strecken hin unterwühlen.
Dagegen nützt man die erlegten Ameiſenfreſſer, indem man Fleiſch, Fell und Fett, auch wohl die
Krallen verwerthet. Die erſte Sippe der Familie enthält die Erdſchweine (Orycteropus), ſoviel
man weiß, drei einander höchſt ähnliche, plumpe Thiere, mit dickem, ungeſchickten Leibe, dünnem
Halſe, langem, ſchmächtigen Kopfe, mit walzenförmiger Schnauze, mit mittellangem, kugelförmigen
Schwanze und kurzen, verhältnißmäßig dünnen Beinen, von denen die vorderen vier, die hinteren
fünf Zehen haben, welche mit ſehr ſtarken, faſt geraden und platten, an den Rändern ſchneidenden,
hufenartigen Nägeln bewehrt ſind. Das Maul iſt hier noch ziemlich groß, die Augen ſtehen weit nach
hinten, die Ohren ſind ſehr lang. Das Haarkleid iſt dünn. Jm Oberkiefer finden ſich, ſolange das
Thier jung iſt, in jeder Seite acht, im Unterkiefer ſechs Backenzähne; bei alten Thieren dagegen dort
nur fünf und hier blos vier. Die Zähne ſind walzenähnlich, wurzellos, von faſeriger Beſchaffenheit
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 2. Hildburghausen, 1865, S. 300. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben02_1865/320>, abgerufen am 16.07.2024.
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