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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 2. Hildburghausen, 1865.

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Die Ferkelhasen oder Hufpfötler. -- Das Meerschweinchen.
möglichen Pflanzenstoffe, von der Wurzel an bis zu den Blättern; Körner ebensogut, als frische,
saftige Pflanzen, ja, es verlangt sogar etwas Abwechselung in der Nahrung. Wenn es saftiges Futter
hat, kann es das Getränk ganz entbehren, obwohl es namentlich Milch recht gern zu sich nimmt.
Wenn man ihm hinreichend zu fressen gibt, braucht man im übrigen gar keine Umstände mit ihm zu
machen. Es läßt sich überaus viel gefallen und verträgt sogar Mißhandlungen mit ziemlichem Gleich-
muth. Deshalb ist es ein höchst angenehmes Spielzeug für Kinder, welche sich überhaupt am eifrigsten
mit seiner Zucht abgeben. Jn seinem Wesen erinnert es in mancher Hinsicht an die Kaninchen, in
anderer wieder an die Mäuse. Der Gang ist eben nicht rasch und besteht mehr aus Sprungschritten;
doch ist das Thier nicht tölpelhaft, sondern ziemlich gewandt. Jn der Ruhe sitzt es gewöhnlich auf
allen vier Füßen, den Leib platt auf den Boden gedrückt; doch kann es sich auch auf dem Hintertheile
aufrichten; beim Fressen führt es oft seine Nahrung mit den Vorderfüßen zum Munde. Es läuft
ohne Unterbrechung in seinem Stalle umher, am liebsten längs der Mauern hin, wo es sich bald
einen glatt getretenen Weg bahnt. Recht hübsch sieht es aus, wenn eine ganze Anzahl beisammen ist.
Dann folgt eins immer dem andern, und die ganze Reihe umkreist den Stall wohl hundert Mal
ohne Unterbrechung. Die Stimme des Meerschweinchens besteht aus einer Art von Grunzen,
welches ihm den Namen Schwein verschafft hat, und aus einem eigenthümlichen Murmeln und
Quieken. Das Murmeln scheint Behaglichkeit auszudrücken, während das Quieken immer Aufregung
anzeigt.

Recht lustig geht es zu, wenn ihrer mehrere beisammen sind. Männchen und Weibchen halten
sich zusammen und behandeln einander sehr zärtlich. Reinlich, wie die meisten Nager es sind, leckt
Eins das Andere und benutzt auch wohl die Vorderfüße, um dem Gatten das Fell glatt zu kämmen.
Schläft Eins von dem Paare, so wacht das Andere für seine Sicherheit; währt es ihm aber zu lange,
so sucht es durch Lecken und Kämmen den Schläfer zu ermuntern, und sobald dieser die Augen auf-
thut, nickt es dafür ein und läßt nun sich bewachen. Das Männchen treibt oft sein Weibchen zärtlich
vor sich her und sucht ihm seine Liebe und Anhänglichkeit auf jede Weise an den Tag zu legen. Auch
die gleichen Geschlechter vertragen sich recht gut, solange die Freßsucht nicht ins Spiel kommt oder
es sich nicht darum handelt, den besten Platz beim Fressen oder Ruhen zu erhalten. Zwei verliebte
Männchen, die um eine Gattin streiten, gerathen oft in großen Zorn, knirschen mit den Zähnen und
stampfen auf den Boden und treten sich gegenseitig mit den Hinterfüßen, packen sich auch wohl an den
Haaren; ja, es kommt sogar zu Kämpfen, bei denen die Zähne tüchtig gebraucht werden und ganz
ernste Verwundungen vorkommen. Der Streit und jeder Kampf enden erst dann, wenn sich ein
Männchen ganz entschieden in den Besitz eines Weibchens gesetzt hat oder in dem Kampfe Sieger ge-
blieben ist, dann ziehen sich die übrigen Mitbewerber zurück.

Nur wenige Säugethiere kommen dem Meerschweinchen an Fruchtbarkeit gleich. Seine Ver-
mehrung ist eine ganz außerordentliche. Bei uns wirft das Weibchen zwei oder drei Mal im Jahre
zwei bis drei, oft auch vier bis fünf Junge, in heißen Ländern sogar deren sechs bis sieben. Die
Kleinen kommen vollständig entwickelt zur Welt; sie werden mit offenen Augen geboren und sind
schon wenige Stunden nach ihrer Geburt im Stande, mit ihrer Mutter umherzulaufen. Am zweiten
Tage ihres Lebens sitzen sie manchmal bereits mit bei der Mahlzeit und lassen sich die grünen Pflan-
zen, ja sogar die Körner fast ebensogut schmecken, wie jene. Gleichwohl säugt sie die Mutter gegen
10 bis 14 Tage und zeigt während dieser Zeit viel Liebe und Sorgfalt für sie, vertheidigt sie, hält
sie zusammen und leitet sie zum Fressen an u. s. w. Sowie die Kleinen verständiger werden, erkaltet
aber diese heiße Liebe, und nach ungefähr drei Wochen, zu welcher Zeit die Alte regelmäßig schon
wieder sich gepaart hat, bekümmert sie sich gar nicht mehr um die früheren Sprößlinge. Der Vater
zeigt sich von allem Anfang an sehr gleichgiltig, sogar feindselig, und oft kommt es vor, daß er sie
todt beißt und auffrißt. Nach ungefähr fünf bis sechs Monaten sind die Jungen ausgewachsen und
fortpflanzungsfähig, nach acht bis neun Monaten haben sie ihre vollkommene Größe erreicht. Bei
guter Behandlung können sie ihr Leben auf sechs bis acht Jahre bringen.

Die Ferkelhaſen oder Hufpfötler. — Das Meerſchweinchen.
möglichen Pflanzenſtoffe, von der Wurzel an bis zu den Blättern; Körner ebenſogut, als friſche,
ſaftige Pflanzen, ja, es verlangt ſogar etwas Abwechſelung in der Nahrung. Wenn es ſaftiges Futter
hat, kann es das Getränk ganz entbehren, obwohl es namentlich Milch recht gern zu ſich nimmt.
Wenn man ihm hinreichend zu freſſen gibt, braucht man im übrigen gar keine Umſtände mit ihm zu
machen. Es läßt ſich überaus viel gefallen und verträgt ſogar Mißhandlungen mit ziemlichem Gleich-
muth. Deshalb iſt es ein höchſt angenehmes Spielzeug für Kinder, welche ſich überhaupt am eifrigſten
mit ſeiner Zucht abgeben. Jn ſeinem Weſen erinnert es in mancher Hinſicht an die Kaninchen, in
anderer wieder an die Mäuſe. Der Gang iſt eben nicht raſch und beſteht mehr aus Sprungſchritten;
doch iſt das Thier nicht tölpelhaft, ſondern ziemlich gewandt. Jn der Ruhe ſitzt es gewöhnlich auf
allen vier Füßen, den Leib platt auf den Boden gedrückt; doch kann es ſich auch auf dem Hintertheile
aufrichten; beim Freſſen führt es oft ſeine Nahrung mit den Vorderfüßen zum Munde. Es läuft
ohne Unterbrechung in ſeinem Stalle umher, am liebſten längs der Mauern hin, wo es ſich bald
einen glatt getretenen Weg bahnt. Recht hübſch ſieht es aus, wenn eine ganze Anzahl beiſammen iſt.
Dann folgt eins immer dem andern, und die ganze Reihe umkreiſt den Stall wohl hundert Mal
ohne Unterbrechung. Die Stimme des Meerſchweinchens beſteht aus einer Art von Grunzen,
welches ihm den Namen Schwein verſchafft hat, und aus einem eigenthümlichen Murmeln und
Quieken. Das Murmeln ſcheint Behaglichkeit auszudrücken, während das Quieken immer Aufregung
anzeigt.

Recht luſtig geht es zu, wenn ihrer mehrere beiſammen ſind. Männchen und Weibchen halten
ſich zuſammen und behandeln einander ſehr zärtlich. Reinlich, wie die meiſten Nager es ſind, leckt
Eins das Andere und benutzt auch wohl die Vorderfüße, um dem Gatten das Fell glatt zu kämmen.
Schläft Eins von dem Paare, ſo wacht das Andere für ſeine Sicherheit; währt es ihm aber zu lange,
ſo ſucht es durch Lecken und Kämmen den Schläfer zu ermuntern, und ſobald dieſer die Augen auf-
thut, nickt es dafür ein und läßt nun ſich bewachen. Das Männchen treibt oft ſein Weibchen zärtlich
vor ſich her und ſucht ihm ſeine Liebe und Anhänglichkeit auf jede Weiſe an den Tag zu legen. Auch
die gleichen Geſchlechter vertragen ſich recht gut, ſolange die Freßſucht nicht ins Spiel kommt oder
es ſich nicht darum handelt, den beſten Platz beim Freſſen oder Ruhen zu erhalten. Zwei verliebte
Männchen, die um eine Gattin ſtreiten, gerathen oft in großen Zorn, knirſchen mit den Zähnen und
ſtampfen auf den Boden und treten ſich gegenſeitig mit den Hinterfüßen, packen ſich auch wohl an den
Haaren; ja, es kommt ſogar zu Kämpfen, bei denen die Zähne tüchtig gebraucht werden und ganz
ernſte Verwundungen vorkommen. Der Streit und jeder Kampf enden erſt dann, wenn ſich ein
Männchen ganz entſchieden in den Beſitz eines Weibchens geſetzt hat oder in dem Kampfe Sieger ge-
blieben iſt, dann ziehen ſich die übrigen Mitbewerber zurück.

Nur wenige Säugethiere kommen dem Meerſchweinchen an Fruchtbarkeit gleich. Seine Ver-
mehrung iſt eine ganz außerordentliche. Bei uns wirft das Weibchen zwei oder drei Mal im Jahre
zwei bis drei, oft auch vier bis fünf Junge, in heißen Ländern ſogar deren ſechs bis ſieben. Die
Kleinen kommen vollſtändig entwickelt zur Welt; ſie werden mit offenen Augen geboren und ſind
ſchon wenige Stunden nach ihrer Geburt im Stande, mit ihrer Mutter umherzulaufen. Am zweiten
Tage ihres Lebens ſitzen ſie manchmal bereits mit bei der Mahlzeit und laſſen ſich die grünen Pflan-
zen, ja ſogar die Körner faſt ebenſogut ſchmecken, wie jene. Gleichwohl ſäugt ſie die Mutter gegen
10 bis 14 Tage und zeigt während dieſer Zeit viel Liebe und Sorgfalt für ſie, vertheidigt ſie, hält
ſie zuſammen und leitet ſie zum Freſſen an u. ſ. w. Sowie die Kleinen verſtändiger werden, erkaltet
aber dieſe heiße Liebe, und nach ungefähr drei Wochen, zu welcher Zeit die Alte regelmäßig ſchon
wieder ſich gepaart hat, bekümmert ſie ſich gar nicht mehr um die früheren Sprößlinge. Der Vater
zeigt ſich von allem Anfang an ſehr gleichgiltig, ſogar feindſelig, und oft kommt es vor, daß er ſie
todt beißt und auffrißt. Nach ungefähr fünf bis ſechs Monaten ſind die Jungen ausgewachſen und
fortpflanzungsfähig, nach acht bis neun Monaten haben ſie ihre vollkommene Größe erreicht. Bei
guter Behandlung können ſie ihr Leben auf ſechs bis acht Jahre bringen.

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[234/0252] Die Ferkelhaſen oder Hufpfötler. — Das Meerſchweinchen. möglichen Pflanzenſtoffe, von der Wurzel an bis zu den Blättern; Körner ebenſogut, als friſche, ſaftige Pflanzen, ja, es verlangt ſogar etwas Abwechſelung in der Nahrung. Wenn es ſaftiges Futter hat, kann es das Getränk ganz entbehren, obwohl es namentlich Milch recht gern zu ſich nimmt. Wenn man ihm hinreichend zu freſſen gibt, braucht man im übrigen gar keine Umſtände mit ihm zu machen. Es läßt ſich überaus viel gefallen und verträgt ſogar Mißhandlungen mit ziemlichem Gleich- muth. Deshalb iſt es ein höchſt angenehmes Spielzeug für Kinder, welche ſich überhaupt am eifrigſten mit ſeiner Zucht abgeben. Jn ſeinem Weſen erinnert es in mancher Hinſicht an die Kaninchen, in anderer wieder an die Mäuſe. Der Gang iſt eben nicht raſch und beſteht mehr aus Sprungſchritten; doch iſt das Thier nicht tölpelhaft, ſondern ziemlich gewandt. Jn der Ruhe ſitzt es gewöhnlich auf allen vier Füßen, den Leib platt auf den Boden gedrückt; doch kann es ſich auch auf dem Hintertheile aufrichten; beim Freſſen führt es oft ſeine Nahrung mit den Vorderfüßen zum Munde. Es läuft ohne Unterbrechung in ſeinem Stalle umher, am liebſten längs der Mauern hin, wo es ſich bald einen glatt getretenen Weg bahnt. Recht hübſch ſieht es aus, wenn eine ganze Anzahl beiſammen iſt. Dann folgt eins immer dem andern, und die ganze Reihe umkreiſt den Stall wohl hundert Mal ohne Unterbrechung. Die Stimme des Meerſchweinchens beſteht aus einer Art von Grunzen, welches ihm den Namen Schwein verſchafft hat, und aus einem eigenthümlichen Murmeln und Quieken. Das Murmeln ſcheint Behaglichkeit auszudrücken, während das Quieken immer Aufregung anzeigt. Recht luſtig geht es zu, wenn ihrer mehrere beiſammen ſind. Männchen und Weibchen halten ſich zuſammen und behandeln einander ſehr zärtlich. Reinlich, wie die meiſten Nager es ſind, leckt Eins das Andere und benutzt auch wohl die Vorderfüße, um dem Gatten das Fell glatt zu kämmen. Schläft Eins von dem Paare, ſo wacht das Andere für ſeine Sicherheit; währt es ihm aber zu lange, ſo ſucht es durch Lecken und Kämmen den Schläfer zu ermuntern, und ſobald dieſer die Augen auf- thut, nickt es dafür ein und läßt nun ſich bewachen. Das Männchen treibt oft ſein Weibchen zärtlich vor ſich her und ſucht ihm ſeine Liebe und Anhänglichkeit auf jede Weiſe an den Tag zu legen. Auch die gleichen Geſchlechter vertragen ſich recht gut, ſolange die Freßſucht nicht ins Spiel kommt oder es ſich nicht darum handelt, den beſten Platz beim Freſſen oder Ruhen zu erhalten. Zwei verliebte Männchen, die um eine Gattin ſtreiten, gerathen oft in großen Zorn, knirſchen mit den Zähnen und ſtampfen auf den Boden und treten ſich gegenſeitig mit den Hinterfüßen, packen ſich auch wohl an den Haaren; ja, es kommt ſogar zu Kämpfen, bei denen die Zähne tüchtig gebraucht werden und ganz ernſte Verwundungen vorkommen. Der Streit und jeder Kampf enden erſt dann, wenn ſich ein Männchen ganz entſchieden in den Beſitz eines Weibchens geſetzt hat oder in dem Kampfe Sieger ge- blieben iſt, dann ziehen ſich die übrigen Mitbewerber zurück. Nur wenige Säugethiere kommen dem Meerſchweinchen an Fruchtbarkeit gleich. Seine Ver- mehrung iſt eine ganz außerordentliche. Bei uns wirft das Weibchen zwei oder drei Mal im Jahre zwei bis drei, oft auch vier bis fünf Junge, in heißen Ländern ſogar deren ſechs bis ſieben. Die Kleinen kommen vollſtändig entwickelt zur Welt; ſie werden mit offenen Augen geboren und ſind ſchon wenige Stunden nach ihrer Geburt im Stande, mit ihrer Mutter umherzulaufen. Am zweiten Tage ihres Lebens ſitzen ſie manchmal bereits mit bei der Mahlzeit und laſſen ſich die grünen Pflan- zen, ja ſogar die Körner faſt ebenſogut ſchmecken, wie jene. Gleichwohl ſäugt ſie die Mutter gegen 10 bis 14 Tage und zeigt während dieſer Zeit viel Liebe und Sorgfalt für ſie, vertheidigt ſie, hält ſie zuſammen und leitet ſie zum Freſſen an u. ſ. w. Sowie die Kleinen verſtändiger werden, erkaltet aber dieſe heiße Liebe, und nach ungefähr drei Wochen, zu welcher Zeit die Alte regelmäßig ſchon wieder ſich gepaart hat, bekümmert ſie ſich gar nicht mehr um die früheren Sprößlinge. Der Vater zeigt ſich von allem Anfang an ſehr gleichgiltig, ſogar feindſelig, und oft kommt es vor, daß er ſie todt beißt und auffrißt. Nach ungefähr fünf bis ſechs Monaten ſind die Jungen ausgewachſen und fortpflanzungsfähig, nach acht bis neun Monaten haben ſie ihre vollkommene Größe erreicht. Bei guter Behandlung können ſie ihr Leben auf ſechs bis acht Jahre bringen.

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 2. Hildburghausen, 1865, S. 234. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben02_1865/252>, abgerufen am 23.11.2024.