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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 2. Hildburghausen, 1865.

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Der Springhase.

Am Kap der guten Hoffnung findet man den Springhasen oft recht häufig, ebensowohl in gebir-
gigen Gegenden, wie in offenen Ebenen, manchmal in so großen Mengen, daß er förmliche Ansied-
lungen bildet. Nach Art seiner Verwandten gräbt auch er sich unterirdische Baue mit langen, ge-
wöhnlich seicht verlaufenden und vielfach verzweigten, nach einem tieferen Kessel führenden Gängen.
Meist bewohnen mehrere Paare, ja ganze Familien einen solchen Bau, und oft siedeln sich in man-
chen Gängen des bewohnten Baues wilde Bienen an, welche also friedlich mit dem Baubesitzer die
Wohnung theilen. Die Hottentotten sagen, daß der Springhase beim Graben ebensowohl sein Ge-
biß, als die Vorderfüße brauche, und Lichtenstein erfuhr, daß es nicht so leicht ist, einen Spring-
hasen aus der Erde zu graben. Seine Bemühung, das Thier zu erhalten, war erfolglos, obgleich er
unzählige Löcher am Fuße des Berges entdeckte und eine Menge von Hottentotten anstellte, die mit
Schaufeln und Hacken helfen mußten, die seichten Gänge zu durchwühlen. Das Netz, welches diese
Gänge bilden, war so vollständig, daß es ganz unmöglich wurde, dem Springhasen alle Wege abzu-
schneiden, und die Erzählung der Hottentotten, daß der Springhase schneller grübe, als man ihm
mit dem Spaten folgen könne, erhielt wenigstens viel Wahrscheinlichkeit.

Wie seine Familienverwandten ist auch der Springhase vorzugsweise ein Nachtthier. Erst mit
der Abenddämmerung beginnt sein wahres Leben. Er kommt langsam aus seinem Baue hervor,
kriecht mehr, als er geht, auf allen vier Füßen dahin und sucht sich Wurzeln, Blätter und Sämereien,
welche seine Nahrung bilden. Fast jede Minute richtet er sich auf und lauscht; denn er ist beständig
höchst unruhig. Wenn er nicht frißt, putzt er sich, und wenn er sich nicht putzt, zeigt er sich besorgt
für seine Sicherheit. Bisweilen läßt er ein Grunzen oder Meckern hören, wahrscheinlich um seine
verschiedenen Gefährten zusammenzurufen. Die Nahrung führt er mit den kurzen Vorderfüßen zum
Munde, ganz wie die Springmäuse. So langsam das Thier ist, wenn es auf allen vier Füßen da-
hinläuft, so schnell ist sein Lauf. Er besteht, wie beim Känguru oder den Springmäusen, aus rasch
aufeinanderfolgenden Sätzen. Mit den langen Hinterbeinen und mit dem Schwanz schnellt sich der
Springhase vom Boden in die Höhe und tritt mit den Hinterfüßen wieder auf, ohne sich nach vorn
zu überstürzen. Die Vorderbeine bleiben, ganz wie beim Känguru, über der Brust gefaltet. Ge-
wöhnlich beträgt die Weite seiner Sprünge 71/2 bis 10 Fuß; wird er aber verfolgt, so steigert er seinen
Lauf derartig, daß dann die durchschnittliche Weite zwischen 20 und 30 Fuß beträgt: so geben
übereinstimmend Forster und Sparrmann an. Dabei legt der Springhase eine Leichtigkeit an den
Tag, daß es aussieht, als wäre er gar nicht im Stande, zu ermüden, und so entkommt er denn auch
regelmäßig seinen Feinden. Nur die Nässe lähmt seine Behendigkeit. Die Hottentotten versicherten
Lichtenstein, daß der Springhase bei Regenwetter niemals aus seinem Bau komme, und daß es bei
heftigem Platzregen leicht wäre, ihn mit den Händen zu ergreifen, so matt würde er durch die Nässe.
Und wenn man nun gar Wasser in die Baue leite, könne man soviele Springhasen fangen, als man
wolle. Demungeachtet sei es noch immer nicht so leicht, sich des Thieres zu bemächtigen; denn es
vertheidige sich tüchtig mit den Hinterbeinen, indem es damit nach vorn ausschlage und mit den lan-
gen, scharfen Zehen oft recht heftige Verwundungen beibringe.

Ueber die Fortpflanzung weiß man noch sehr wenig. Das Weibchen wirft im Sommer drei
bis vier Junge, welche längere Zeit von der Mutter gesäugt werden und dann mit ihr ausgehen, auch
lange denselben Bau bewohnen. Beim Eintritt der Regenzeit soll die ganze Familie oft tagelang im
Jnnern des Baues verweilen, in zusammengerollter Stellung, eng an einander gerückt, ohne jedoch
einen förmlichen Winterschlaf zu halten.

Die Gefangenschaft hält der Springhase bei guter Pflege leicht und dauernd aus; er wird auch
bald zahm und zutraulich gegen seinen Pfleger. Blos wenn er arg gequält wird, versucht er es, die
Unbill mit einem Biß zu rächen. Seine Reinlichkeit macht ihn beliebt und seine Fütterung verursacht
eben keine Mühe: Weizen, Brod, Salat und Kohl genügen ihm vollständig. Jn der Gefangen-
schaft schläft er sitzend und verbirgt den Kopf zwischen den Schenkeln und drückt mit den gekreuzten
Vorderpfoten die Ohren über die Augen weg.

Brehm, Thierleben. II. 13
Der Springhaſe.

Am Kap der guten Hoffnung findet man den Springhaſen oft recht häufig, ebenſowohl in gebir-
gigen Gegenden, wie in offenen Ebenen, manchmal in ſo großen Mengen, daß er förmliche Anſied-
lungen bildet. Nach Art ſeiner Verwandten gräbt auch er ſich unterirdiſche Baue mit langen, ge-
wöhnlich ſeicht verlaufenden und vielfach verzweigten, nach einem tieferen Keſſel führenden Gängen.
Meiſt bewohnen mehrere Paare, ja ganze Familien einen ſolchen Bau, und oft ſiedeln ſich in man-
chen Gängen des bewohnten Baues wilde Bienen an, welche alſo friedlich mit dem Baubeſitzer die
Wohnung theilen. Die Hottentotten ſagen, daß der Springhaſe beim Graben ebenſowohl ſein Ge-
biß, als die Vorderfüße brauche, und Lichtenſtein erfuhr, daß es nicht ſo leicht iſt, einen Spring-
haſen aus der Erde zu graben. Seine Bemühung, das Thier zu erhalten, war erfolglos, obgleich er
unzählige Löcher am Fuße des Berges entdeckte und eine Menge von Hottentotten anſtellte, die mit
Schaufeln und Hacken helfen mußten, die ſeichten Gänge zu durchwühlen. Das Netz, welches dieſe
Gänge bilden, war ſo vollſtändig, daß es ganz unmöglich wurde, dem Springhaſen alle Wege abzu-
ſchneiden, und die Erzählung der Hottentotten, daß der Springhaſe ſchneller grübe, als man ihm
mit dem Spaten folgen könne, erhielt wenigſtens viel Wahrſcheinlichkeit.

Wie ſeine Familienverwandten iſt auch der Springhaſe vorzugsweiſe ein Nachtthier. Erſt mit
der Abenddämmerung beginnt ſein wahres Leben. Er kommt langſam aus ſeinem Baue hervor,
kriecht mehr, als er geht, auf allen vier Füßen dahin und ſucht ſich Wurzeln, Blätter und Sämereien,
welche ſeine Nahrung bilden. Faſt jede Minute richtet er ſich auf und lauſcht; denn er iſt beſtändig
höchſt unruhig. Wenn er nicht frißt, putzt er ſich, und wenn er ſich nicht putzt, zeigt er ſich beſorgt
für ſeine Sicherheit. Bisweilen läßt er ein Grunzen oder Meckern hören, wahrſcheinlich um ſeine
verſchiedenen Gefährten zuſammenzurufen. Die Nahrung führt er mit den kurzen Vorderfüßen zum
Munde, ganz wie die Springmäuſe. So langſam das Thier iſt, wenn es auf allen vier Füßen da-
hinläuft, ſo ſchnell iſt ſein Lauf. Er beſteht, wie beim Känguru oder den Springmäuſen, aus raſch
aufeinanderfolgenden Sätzen. Mit den langen Hinterbeinen und mit dem Schwanz ſchnellt ſich der
Springhaſe vom Boden in die Höhe und tritt mit den Hinterfüßen wieder auf, ohne ſich nach vorn
zu überſtürzen. Die Vorderbeine bleiben, ganz wie beim Känguru, über der Bruſt gefaltet. Ge-
wöhnlich beträgt die Weite ſeiner Sprünge 7½ bis 10 Fuß; wird er aber verfolgt, ſo ſteigert er ſeinen
Lauf derartig, daß dann die durchſchnittliche Weite zwiſchen 20 und 30 Fuß beträgt: ſo geben
übereinſtimmend Forſter und Sparrmann an. Dabei legt der Springhaſe eine Leichtigkeit an den
Tag, daß es ausſieht, als wäre er gar nicht im Stande, zu ermüden, und ſo entkommt er denn auch
regelmäßig ſeinen Feinden. Nur die Näſſe lähmt ſeine Behendigkeit. Die Hottentotten verſicherten
Lichtenſtein, daß der Springhaſe bei Regenwetter niemals aus ſeinem Bau komme, und daß es bei
heftigem Platzregen leicht wäre, ihn mit den Händen zu ergreifen, ſo matt würde er durch die Näſſe.
Und wenn man nun gar Waſſer in die Baue leite, könne man ſoviele Springhaſen fangen, als man
wolle. Demungeachtet ſei es noch immer nicht ſo leicht, ſich des Thieres zu bemächtigen; denn es
vertheidige ſich tüchtig mit den Hinterbeinen, indem es damit nach vorn ausſchlage und mit den lan-
gen, ſcharfen Zehen oft recht heftige Verwundungen beibringe.

Ueber die Fortpflanzung weiß man noch ſehr wenig. Das Weibchen wirft im Sommer drei
bis vier Junge, welche längere Zeit von der Mutter geſäugt werden und dann mit ihr ausgehen, auch
lange denſelben Bau bewohnen. Beim Eintritt der Regenzeit ſoll die ganze Familie oft tagelang im
Jnnern des Baues verweilen, in zuſammengerollter Stellung, eng an einander gerückt, ohne jedoch
einen förmlichen Winterſchlaf zu halten.

Die Gefangenſchaft hält der Springhaſe bei guter Pflege leicht und dauernd aus; er wird auch
bald zahm und zutraulich gegen ſeinen Pfleger. Blos wenn er arg gequält wird, verſucht er es, die
Unbill mit einem Biß zu rächen. Seine Reinlichkeit macht ihn beliebt und ſeine Fütterung verurſacht
eben keine Mühe: Weizen, Brod, Salat und Kohl genügen ihm vollſtändig. Jn der Gefangen-
ſchaft ſchläft er ſitzend und verbirgt den Kopf zwiſchen den Schenkeln und drückt mit den gekreuzten
Vorderpfoten die Ohren über die Augen weg.

Brehm, Thierleben. II. 13
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[193/0209] Der Springhaſe. Am Kap der guten Hoffnung findet man den Springhaſen oft recht häufig, ebenſowohl in gebir- gigen Gegenden, wie in offenen Ebenen, manchmal in ſo großen Mengen, daß er förmliche Anſied- lungen bildet. Nach Art ſeiner Verwandten gräbt auch er ſich unterirdiſche Baue mit langen, ge- wöhnlich ſeicht verlaufenden und vielfach verzweigten, nach einem tieferen Keſſel führenden Gängen. Meiſt bewohnen mehrere Paare, ja ganze Familien einen ſolchen Bau, und oft ſiedeln ſich in man- chen Gängen des bewohnten Baues wilde Bienen an, welche alſo friedlich mit dem Baubeſitzer die Wohnung theilen. Die Hottentotten ſagen, daß der Springhaſe beim Graben ebenſowohl ſein Ge- biß, als die Vorderfüße brauche, und Lichtenſtein erfuhr, daß es nicht ſo leicht iſt, einen Spring- haſen aus der Erde zu graben. Seine Bemühung, das Thier zu erhalten, war erfolglos, obgleich er unzählige Löcher am Fuße des Berges entdeckte und eine Menge von Hottentotten anſtellte, die mit Schaufeln und Hacken helfen mußten, die ſeichten Gänge zu durchwühlen. Das Netz, welches dieſe Gänge bilden, war ſo vollſtändig, daß es ganz unmöglich wurde, dem Springhaſen alle Wege abzu- ſchneiden, und die Erzählung der Hottentotten, daß der Springhaſe ſchneller grübe, als man ihm mit dem Spaten folgen könne, erhielt wenigſtens viel Wahrſcheinlichkeit. Wie ſeine Familienverwandten iſt auch der Springhaſe vorzugsweiſe ein Nachtthier. Erſt mit der Abenddämmerung beginnt ſein wahres Leben. Er kommt langſam aus ſeinem Baue hervor, kriecht mehr, als er geht, auf allen vier Füßen dahin und ſucht ſich Wurzeln, Blätter und Sämereien, welche ſeine Nahrung bilden. Faſt jede Minute richtet er ſich auf und lauſcht; denn er iſt beſtändig höchſt unruhig. Wenn er nicht frißt, putzt er ſich, und wenn er ſich nicht putzt, zeigt er ſich beſorgt für ſeine Sicherheit. Bisweilen läßt er ein Grunzen oder Meckern hören, wahrſcheinlich um ſeine verſchiedenen Gefährten zuſammenzurufen. Die Nahrung führt er mit den kurzen Vorderfüßen zum Munde, ganz wie die Springmäuſe. So langſam das Thier iſt, wenn es auf allen vier Füßen da- hinläuft, ſo ſchnell iſt ſein Lauf. Er beſteht, wie beim Känguru oder den Springmäuſen, aus raſch aufeinanderfolgenden Sätzen. Mit den langen Hinterbeinen und mit dem Schwanz ſchnellt ſich der Springhaſe vom Boden in die Höhe und tritt mit den Hinterfüßen wieder auf, ohne ſich nach vorn zu überſtürzen. Die Vorderbeine bleiben, ganz wie beim Känguru, über der Bruſt gefaltet. Ge- wöhnlich beträgt die Weite ſeiner Sprünge 7½ bis 10 Fuß; wird er aber verfolgt, ſo ſteigert er ſeinen Lauf derartig, daß dann die durchſchnittliche Weite zwiſchen 20 und 30 Fuß beträgt: ſo geben übereinſtimmend Forſter und Sparrmann an. Dabei legt der Springhaſe eine Leichtigkeit an den Tag, daß es ausſieht, als wäre er gar nicht im Stande, zu ermüden, und ſo entkommt er denn auch regelmäßig ſeinen Feinden. Nur die Näſſe lähmt ſeine Behendigkeit. Die Hottentotten verſicherten Lichtenſtein, daß der Springhaſe bei Regenwetter niemals aus ſeinem Bau komme, und daß es bei heftigem Platzregen leicht wäre, ihn mit den Händen zu ergreifen, ſo matt würde er durch die Näſſe. Und wenn man nun gar Waſſer in die Baue leite, könne man ſoviele Springhaſen fangen, als man wolle. Demungeachtet ſei es noch immer nicht ſo leicht, ſich des Thieres zu bemächtigen; denn es vertheidige ſich tüchtig mit den Hinterbeinen, indem es damit nach vorn ausſchlage und mit den lan- gen, ſcharfen Zehen oft recht heftige Verwundungen beibringe. Ueber die Fortpflanzung weiß man noch ſehr wenig. Das Weibchen wirft im Sommer drei bis vier Junge, welche längere Zeit von der Mutter geſäugt werden und dann mit ihr ausgehen, auch lange denſelben Bau bewohnen. Beim Eintritt der Regenzeit ſoll die ganze Familie oft tagelang im Jnnern des Baues verweilen, in zuſammengerollter Stellung, eng an einander gerückt, ohne jedoch einen förmlichen Winterſchlaf zu halten. Die Gefangenſchaft hält der Springhaſe bei guter Pflege leicht und dauernd aus; er wird auch bald zahm und zutraulich gegen ſeinen Pfleger. Blos wenn er arg gequält wird, verſucht er es, die Unbill mit einem Biß zu rächen. Seine Reinlichkeit macht ihn beliebt und ſeine Fütterung verurſacht eben keine Mühe: Weizen, Brod, Salat und Kohl genügen ihm vollſtändig. Jn der Gefangen- ſchaft ſchläft er ſitzend und verbirgt den Kopf zwiſchen den Schenkeln und drückt mit den gekreuzten Vorderpfoten die Ohren über die Augen weg. Brehm, Thierleben. II. 13

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 2. Hildburghausen, 1865, S. 193. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben02_1865/209>, abgerufen am 23.11.2024.