gung verläßt der Alakdaga seinen Bau und sucht sich durch den verdeckten Gang ins Freie zu retten. Unterläßt man es also, das Ganze mit einem Zaune zu umgeben, so ist er gerettet. Ja selbst dann, wenn man ihn schon in der Hand zu haben meint, entwischt er noch öfters.
Jn manchen Gegenden glaubt man auch in dem getrockneten und gepulverten Thiere ein wich- tiges Heilmittel bei gewissen körperlichen Leiden zu finden; im allgemeinen aber scheint man mit dem anmuthigen Geschöpfe eben nicht auf dem besten Fuße zu stehen. Man behauptet, daß der Pferdespringer den schlafenden Ziegen und Schafen nachts die Milch aus dem Euter sauge; man beschuldigt ihn der Feindschaft gegen die Schafe und versichert, daß er nachts die Herden aufsuche, um sie durch tolle Sprünge zu erschrecken, anderer Verleumdungen, die man ihm aufbürdet, nicht zu gedenken. Nur höchst selten halten die Nomaden jener Steppen einen Alakdaga in der Gefangen- schaft, obgleich er diese recht gut erträgt. Man hat ihn schon mehrmals lebend in Europa gehabt und zwar nicht blos des Vergnügens halber. Sonderbarer Weise verdanken wir die besten Schilderungen des Gefangenlebens unsres Thierchens nicht einem Naturfreund, sondern dem Alterthumsforscher Haym. Dieser hatte eine Goldmünze aus Cyrene, welche auf der einen Seite einen Reiter, auf der Rückseite aber das berühmte Kraut Sylphium und darunter einen Sandspringer zeigte. Um diese Münze zu erklären, verschaffte sich Haym unser Thierchen und behielt es über ein Jahr lang lebend in der Gefangenschaft. Er beobachtete es sorgfältig und theilte seine hübschen Beobach- tungen mit:
"Das schwarze Auge," sagt er, "steht weit vor und ist lebhafter, als ich es bei irgend einem anderen Thiere gesehen habe. Sein Haar ist feiner, als das Biberhaar, und sehr lang; die Vorder- füße sind sehr kurz und haben fünf Finger, fast wie die Hand des Menschen; die Hinterfüße sind so lang, als der ganze Leib. Bald setzt er alle vier Füße auf den Boden, bald steht er nur auf den hinteren, immer aber geht er blos auf den letzteren. Er richtet sich hoch auf, wenn er erschreckt wird, und läuft sehr schnell, fast geradeaus und hüpfend, wie die kleinen Vögel."
"Jch habe versucht, ihm verschiedene Speisen zu geben; die ersten drei oder vier Monate fraß er aber Nichts als Mandeln, Pistacien und geschrotenes Korn, ohne jemals zu saufen. Man hatte mir nämlich gesagt, daß er Dies nicht thue, und deshalb gab ich ihm auch kein Wasser. Nichts- destoweniger ließ er viel Harn. Später fand ich, daß er auch Aepfel, Möhren und noch lieber Kräuter fraß, jedoch blos solche, welche wenig Geruch haben, wie Spinat, Salat, Nesseln u. s. w., niemals Rauten, Krausemünzen, Thymian u. dgl., ja, er trank auch gern Wasser, obgleich nicht immer. Als er einmal unwohl war, wollte ich ihm Wasser mit Safran geben; das nahm er aber nicht an, obgleich ich ihn sehr nöthigte. Brod, Zucker und ähnliche Dinge fraß er gern, Käse und alle anderen Milchspeisen verschmähte er hartnäckig. Einmal stellte ich ihn auf den rothen Sand, und davon verschluckte er soviel, daß ich ihn wirklich schwerer fand, als ich ihn in die Hände nahm. Schließlich zog er allem übrigen Futter Hanfsamen vor. Er verbreitete gar keinen üblen Geruch, wie ähnliche Thiere, als Mäuse, Eichhörnchen und Kaninchen, dabei war er so sanft, daß man ihn mit aller Sicherheit in die Hände nehmen konnte; denn er biß niemals. Furchtsam wie ein Hase, scheute er sich selbst vor kleineren, unschuldigen Thieren. Jn der kalten Jahreszeit litt er viel; des- halb mußte ich ihn im Winter immer in der Nähe des Feuers halten. Jedoch glaube ich, daß mein Thierchen lange gelebt haben würde, wäre es nicht zufällig getödtet worden."
Unter den übrigen Springmäusen ist der Springhase (Pedetes caffer) die wichtigste Art, schon weil sie eine besondere Sippe begründet. Der Springhase bewohnt das südliche Afrika, vorzüglich das Kapland, und erhielt seinen Namen von den holländischen Ansiedlern. Einige pflegen ihn wohl auch mit dem Namen "Erdmänuchen" zu bezeichnen. Er erscheint als ein Mittelthier zwischen den Kängurus und den eigentlichen Springhasen. An erstere erinnert er vornehmlich durch den Hinter-
Der Springhaſe.
gung verläßt der Alakdaga ſeinen Bau und ſucht ſich durch den verdeckten Gang ins Freie zu retten. Unterläßt man es alſo, das Ganze mit einem Zaune zu umgeben, ſo iſt er gerettet. Ja ſelbſt dann, wenn man ihn ſchon in der Hand zu haben meint, entwiſcht er noch öfters.
Jn manchen Gegenden glaubt man auch in dem getrockneten und gepulverten Thiere ein wich- tiges Heilmittel bei gewiſſen körperlichen Leiden zu finden; im allgemeinen aber ſcheint man mit dem anmuthigen Geſchöpfe eben nicht auf dem beſten Fuße zu ſtehen. Man behauptet, daß der Pferdeſpringer den ſchlafenden Ziegen und Schafen nachts die Milch aus dem Euter ſauge; man beſchuldigt ihn der Feindſchaft gegen die Schafe und verſichert, daß er nachts die Herden aufſuche, um ſie durch tolle Sprünge zu erſchrecken, anderer Verleumdungen, die man ihm aufbürdet, nicht zu gedenken. Nur höchſt ſelten halten die Nomaden jener Steppen einen Alakdaga in der Gefangen- ſchaft, obgleich er dieſe recht gut erträgt. Man hat ihn ſchon mehrmals lebend in Europa gehabt und zwar nicht blos des Vergnügens halber. Sonderbarer Weiſe verdanken wir die beſten Schilderungen des Gefangenlebens unſres Thierchens nicht einem Naturfreund, ſondern dem Alterthumsforſcher Haym. Dieſer hatte eine Goldmünze aus Cyrene, welche auf der einen Seite einen Reiter, auf der Rückſeite aber das berühmte Kraut Sylphium und darunter einen Sandſpringer zeigte. Um dieſe Münze zu erklären, verſchaffte ſich Haym unſer Thierchen und behielt es über ein Jahr lang lebend in der Gefangenſchaft. Er beobachtete es ſorgfältig und theilte ſeine hübſchen Beobach- tungen mit:
„Das ſchwarze Auge,‟ ſagt er, „ſteht weit vor und iſt lebhafter, als ich es bei irgend einem anderen Thiere geſehen habe. Sein Haar iſt feiner, als das Biberhaar, und ſehr lang; die Vorder- füße ſind ſehr kurz und haben fünf Finger, faſt wie die Hand des Menſchen; die Hinterfüße ſind ſo lang, als der ganze Leib. Bald ſetzt er alle vier Füße auf den Boden, bald ſteht er nur auf den hinteren, immer aber geht er blos auf den letzteren. Er richtet ſich hoch auf, wenn er erſchreckt wird, und läuft ſehr ſchnell, faſt geradeaus und hüpfend, wie die kleinen Vögel.‟
„Jch habe verſucht, ihm verſchiedene Speiſen zu geben; die erſten drei oder vier Monate fraß er aber Nichts als Mandeln, Piſtacien und geſchrotenes Korn, ohne jemals zu ſaufen. Man hatte mir nämlich geſagt, daß er Dies nicht thue, und deshalb gab ich ihm auch kein Waſſer. Nichts- deſtoweniger ließ er viel Harn. Später fand ich, daß er auch Aepfel, Möhren und noch lieber Kräuter fraß, jedoch blos ſolche, welche wenig Geruch haben, wie Spinat, Salat, Neſſeln u. ſ. w., niemals Rauten, Krauſemünzen, Thymian u. dgl., ja, er trank auch gern Waſſer, obgleich nicht immer. Als er einmal unwohl war, wollte ich ihm Waſſer mit Safran geben; das nahm er aber nicht an, obgleich ich ihn ſehr nöthigte. Brod, Zucker und ähnliche Dinge fraß er gern, Käſe und alle anderen Milchſpeiſen verſchmähte er hartnäckig. Einmal ſtellte ich ihn auf den rothen Sand, und davon verſchluckte er ſoviel, daß ich ihn wirklich ſchwerer fand, als ich ihn in die Hände nahm. Schließlich zog er allem übrigen Futter Hanfſamen vor. Er verbreitete gar keinen üblen Geruch, wie ähnliche Thiere, als Mäuſe, Eichhörnchen und Kaninchen, dabei war er ſo ſanft, daß man ihn mit aller Sicherheit in die Hände nehmen konnte; denn er biß niemals. Furchtſam wie ein Haſe, ſcheute er ſich ſelbſt vor kleineren, unſchuldigen Thieren. Jn der kalten Jahreszeit litt er viel; des- halb mußte ich ihn im Winter immer in der Nähe des Feuers halten. Jedoch glaube ich, daß mein Thierchen lange gelebt haben würde, wäre es nicht zufällig getödtet worden.‟
Unter den übrigen Springmäuſen iſt der Springhaſe (Pedetes caffer) die wichtigſte Art, ſchon weil ſie eine beſondere Sippe begründet. Der Springhaſe bewohnt das ſüdliche Afrika, vorzüglich das Kapland, und erhielt ſeinen Namen von den holländiſchen Anſiedlern. Einige pflegen ihn wohl auch mit dem Namen „Erdmänuchen‟ zu bezeichnen. Er erſcheint als ein Mittelthier zwiſchen den Kängurus und den eigentlichen Springhaſen. An erſtere erinnert er vornehmlich durch den Hinter-
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[191/0207]
Der Springhaſe.
gung verläßt der Alakdaga ſeinen Bau und ſucht ſich durch den verdeckten Gang ins Freie zu retten.
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wenn man ihn ſchon in der Hand zu haben meint, entwiſcht er noch öfters.
Jn manchen Gegenden glaubt man auch in dem getrockneten und gepulverten Thiere ein wich-
tiges Heilmittel bei gewiſſen körperlichen Leiden zu finden; im allgemeinen aber ſcheint man mit
dem anmuthigen Geſchöpfe eben nicht auf dem beſten Fuße zu ſtehen. Man behauptet, daß der
Pferdeſpringer den ſchlafenden Ziegen und Schafen nachts die Milch aus dem Euter ſauge; man
beſchuldigt ihn der Feindſchaft gegen die Schafe und verſichert, daß er nachts die Herden aufſuche,
um ſie durch tolle Sprünge zu erſchrecken, anderer Verleumdungen, die man ihm aufbürdet, nicht zu
gedenken. Nur höchſt ſelten halten die Nomaden jener Steppen einen Alakdaga in der Gefangen-
ſchaft, obgleich er dieſe recht gut erträgt. Man hat ihn ſchon mehrmals lebend in Europa gehabt und
zwar nicht blos des Vergnügens halber. Sonderbarer Weiſe verdanken wir die beſten Schilderungen
des Gefangenlebens unſres Thierchens nicht einem Naturfreund, ſondern dem Alterthumsforſcher
Haym. Dieſer hatte eine Goldmünze aus Cyrene, welche auf der einen Seite einen Reiter, auf
der Rückſeite aber das berühmte Kraut Sylphium und darunter einen Sandſpringer zeigte. Um
dieſe Münze zu erklären, verſchaffte ſich Haym unſer Thierchen und behielt es über ein Jahr lang
lebend in der Gefangenſchaft. Er beobachtete es ſorgfältig und theilte ſeine hübſchen Beobach-
tungen mit:
„Das ſchwarze Auge,‟ ſagt er, „ſteht weit vor und iſt lebhafter, als ich es bei irgend einem
anderen Thiere geſehen habe. Sein Haar iſt feiner, als das Biberhaar, und ſehr lang; die Vorder-
füße ſind ſehr kurz und haben fünf Finger, faſt wie die Hand des Menſchen; die Hinterfüße ſind ſo
lang, als der ganze Leib. Bald ſetzt er alle vier Füße auf den Boden, bald ſteht er nur auf den
hinteren, immer aber geht er blos auf den letzteren. Er richtet ſich hoch auf, wenn er erſchreckt wird,
und läuft ſehr ſchnell, faſt geradeaus und hüpfend, wie die kleinen Vögel.‟
„Jch habe verſucht, ihm verſchiedene Speiſen zu geben; die erſten drei oder vier Monate fraß
er aber Nichts als Mandeln, Piſtacien und geſchrotenes Korn, ohne jemals zu ſaufen. Man hatte
mir nämlich geſagt, daß er Dies nicht thue, und deshalb gab ich ihm auch kein Waſſer. Nichts-
deſtoweniger ließ er viel Harn. Später fand ich, daß er auch Aepfel, Möhren und noch lieber
Kräuter fraß, jedoch blos ſolche, welche wenig Geruch haben, wie Spinat, Salat, Neſſeln u. ſ. w.,
niemals Rauten, Krauſemünzen, Thymian u. dgl., ja, er trank auch gern Waſſer, obgleich nicht
immer. Als er einmal unwohl war, wollte ich ihm Waſſer mit Safran geben; das nahm er aber
nicht an, obgleich ich ihn ſehr nöthigte. Brod, Zucker und ähnliche Dinge fraß er gern, Käſe und
alle anderen Milchſpeiſen verſchmähte er hartnäckig. Einmal ſtellte ich ihn auf den rothen Sand, und
davon verſchluckte er ſoviel, daß ich ihn wirklich ſchwerer fand, als ich ihn in die Hände nahm.
Schließlich zog er allem übrigen Futter Hanfſamen vor. Er verbreitete gar keinen üblen Geruch,
wie ähnliche Thiere, als Mäuſe, Eichhörnchen und Kaninchen, dabei war er ſo ſanft, daß man ihn
mit aller Sicherheit in die Hände nehmen konnte; denn er biß niemals. Furchtſam wie ein Haſe,
ſcheute er ſich ſelbſt vor kleineren, unſchuldigen Thieren. Jn der kalten Jahreszeit litt er viel; des-
halb mußte ich ihn im Winter immer in der Nähe des Feuers halten. Jedoch glaube ich, daß mein
Thierchen lange gelebt haben würde, wäre es nicht zufällig getödtet worden.‟
Unter den übrigen Springmäuſen iſt der Springhaſe (Pedetes caffer) die wichtigſte Art, ſchon
weil ſie eine beſondere Sippe begründet. Der Springhaſe bewohnt das ſüdliche Afrika, vorzüglich das
Kapland, und erhielt ſeinen Namen von den holländiſchen Anſiedlern. Einige pflegen ihn wohl auch
mit dem Namen „Erdmänuchen‟ zu bezeichnen. Er erſcheint als ein Mittelthier zwiſchen den
Kängurus und den eigentlichen Springhaſen. An erſtere erinnert er vornehmlich durch den Hinter-
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 2. Hildburghausen, 1865, S. 191. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben02_1865/207>, abgerufen am 23.11.2024.
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