Der freilebende Biber ist ein äußerst vorsichtiges und scheues Thier. Er sucht bei der geringsten Gefahr das sichere Wasser auf. Wo er in großer Menge wohnt, stellt er des Abends Wachen aus, welche durch ein eigenthümliches Klatschen ihre Gefährten aufmerksam machen. Da alle Sinne des Bibers, vornehmlich aber Gesicht, Geruch und Gehör gut ausgebildet sind, merkt er auch fast immer rechtzeitig jede Gefahr und weiß dieser dann, Dank seiner außerordentlichen Geschicklichkeit im Schwim- men, leicht zu entgehen. Auch braucht er sich nicht eben vor vielen Thieren zu fürchten; denn selbst die größeren Landraubthiere haben einen schweren Stand, mit ihm fertig zu werden. Sein Gebiß ist eine so furchtbare Waffe, daß er es schon mit manchem anderen Thiere aufnehmen kann. Alle Beobachter sind darin einstimmig, daß der Biber mit einem einzigen Biß dem ihn verfolgenden Hunde ein Bein geradezu abbeißen könne, und dasselbe würde er jedenfalls auch einer größeren Katze thun, wenn diese ihn angreifen wollte. So hat er eigentlich unter den freilebenden Thieren keinen Feind, vielleicht mit alleiniger Ausnahme des Fischotters, welcher seine Jungen bedroht. Da dieses Raubthier im Schwimmen und Tauchen noch viel gewandter ist, als der Biber, kann es selbstverständlich leicht seine Wohnung vom Wasser aus besuchen, und da wohl einen günstigen Augenblick benutzen, um einem der noch wehrlosen Nager den Garaus zu machen. Die große Mord- gier und Raublust des Fischotters läßt wenigstens ein solches Vorkommen glaublich erscheinen. Der Hauptfeind des Bibers ist und bleibt aber der Mensch, und diesem muß er freilich unter allen Um- ständen erliegen.
Je nach dem Wohnort des Bibers fällt die Paarung in verschiedene Monate, Einige sagen zu Anfang des Winters, Andere im Februar und März. Bei dieser Gelegenheit soll das Geil zur Gel- tung kommen; es dient, um andere Biber anzulocken. Audubon erfuhr von einem Jäger, daß ein Biber seine Afterdrüsen an einem bestimmten Orte entleere, daß hierdurch ein zweiter herbeigelockt werde, das abgesetzte Geil mit Erde überdecke, auf diese wieder das seinige ablege u. s. f., so daß oft hohe, stark nach dem gedachten Stoffe riechende Hügel gebildet würden. Die Fallen werden allgemein mit Geil gewittert: dieses dient also jedenfalls den Thieren, sich gegenseitig aufzufinden. Nach zwei bis vier Monaten -- denn genau ist Dies nicht beobachtet worden -- wirft das Weibchen 2 bis 4 blinde Junge, säugt diese etwa einen Monat lang und pflegt sie mit großer Sorgfalt. Das Männchen, welches einem Weibchen treu bleiben, also mit ihm in strenger Ehe leben soll, verläßt die Wochen- stube und schlägt seine Wohnungen entweder in einem einfachen Gange auf, oder streift umher, ohne sich an ein und denselben Ort zu binden. Bereits nach vier Wochen schleppt die Mutter ihren Jungen zarte Zweige herbei, und nach sechs Wochen etwa folgen diese der Alten bei ihren Weide- gängen. Zu Ende des zweiten Jahres sind sie fortpflanzungsfähig, im dritten Jahre vollkommen erwachsen. Sie behalten gewöhnlich die Wohnungen ihrer Eltern und diese errichten sich in der Nähe eine neue.
Jung eingefangene Biber können sehr zahm werden. Die Schriftsteller, welche über Ame- rika berichten, erzählen Manches von Bibern, welche sie in den Dörfern der Jndianer gewisser- maßen als Hausthiere fanden oder selbst zahm hielten. "Jch sah in diesen Dörfern," sagt La Hon- tan, "nichts Merkwürdigeres, als Biber so zahm wie Hunde, sowohl im Bach, als in den Hecken, wo sie ungestört hin- und herliefen. Sie gehen bisweilen ein ganzes Jahr lang nicht in das Wasser, obschon sie keine sogenannten Grubenbiber sind, welche blos um zu saufen an den Bach kommen und, nach der Meinung der Wilden, ihrer Faulheit halber von den anderen weggejagt wurden." Hearne hatte mehrere Biber so gezähmt, daß sie auf seinen Ruf kamen, ihm wie ein Hund nachliefen und sich über Liebkosungen freuten. Jn Gesellschaft der indianischen Weiber und Kinder schienen sie sich sehr wohl zu befinden. Sie zeigten Unruhe, wenn diese lange wegblieben, und Freude, wenn sie wiederkehrten, krochen ihnen auf den Schos, legten sich auf den Rücken, machten Männchen, kurz, sie betrugen sich fast wie Hunde, welche ihre Freude ausdrücken wollten, wenn ihre Herren lange abwesend waren. Dabei hielten sie das Zimmer sehr reinlich und gingen immer auf das Wasser, im Winter auf das Eis, um ihre Nothdurft zu verrichten. Sie lebten von den Speisen der Leute und
Der Biber.
Der freilebende Biber iſt ein äußerſt vorſichtiges und ſcheues Thier. Er ſucht bei der geringſten Gefahr das ſichere Waſſer auf. Wo er in großer Menge wohnt, ſtellt er des Abends Wachen aus, welche durch ein eigenthümliches Klatſchen ihre Gefährten aufmerkſam machen. Da alle Sinne des Bibers, vornehmlich aber Geſicht, Geruch und Gehör gut ausgebildet ſind, merkt er auch faſt immer rechtzeitig jede Gefahr und weiß dieſer dann, Dank ſeiner außerordentlichen Geſchicklichkeit im Schwim- men, leicht zu entgehen. Auch braucht er ſich nicht eben vor vielen Thieren zu fürchten; denn ſelbſt die größeren Landraubthiere haben einen ſchweren Stand, mit ihm fertig zu werden. Sein Gebiß iſt eine ſo furchtbare Waffe, daß er es ſchon mit manchem anderen Thiere aufnehmen kann. Alle Beobachter ſind darin einſtimmig, daß der Biber mit einem einzigen Biß dem ihn verfolgenden Hunde ein Bein geradezu abbeißen könne, und daſſelbe würde er jedenfalls auch einer größeren Katze thun, wenn dieſe ihn angreifen wollte. So hat er eigentlich unter den freilebenden Thieren keinen Feind, vielleicht mit alleiniger Ausnahme des Fiſchotters, welcher ſeine Jungen bedroht. Da dieſes Raubthier im Schwimmen und Tauchen noch viel gewandter iſt, als der Biber, kann es ſelbſtverſtändlich leicht ſeine Wohnung vom Waſſer aus beſuchen, und da wohl einen günſtigen Augenblick benutzen, um einem der noch wehrloſen Nager den Garaus zu machen. Die große Mord- gier und Raubluſt des Fiſchotters läßt wenigſtens ein ſolches Vorkommen glaublich erſcheinen. Der Hauptfeind des Bibers iſt und bleibt aber der Menſch, und dieſem muß er freilich unter allen Um- ſtänden erliegen.
Je nach dem Wohnort des Bibers fällt die Paarung in verſchiedene Monate, Einige ſagen zu Anfang des Winters, Andere im Februar und März. Bei dieſer Gelegenheit ſoll das Geil zur Gel- tung kommen; es dient, um andere Biber anzulocken. Audubon erfuhr von einem Jäger, daß ein Biber ſeine Afterdrüſen an einem beſtimmten Orte entleere, daß hierdurch ein zweiter herbeigelockt werde, das abgeſetzte Geil mit Erde überdecke, auf dieſe wieder das ſeinige ablege u. ſ. f., ſo daß oft hohe, ſtark nach dem gedachten Stoffe riechende Hügel gebildet würden. Die Fallen werden allgemein mit Geil gewittert: dieſes dient alſo jedenfalls den Thieren, ſich gegenſeitig aufzufinden. Nach zwei bis vier Monaten — denn genau iſt Dies nicht beobachtet worden — wirft das Weibchen 2 bis 4 blinde Junge, ſäugt dieſe etwa einen Monat lang und pflegt ſie mit großer Sorgfalt. Das Männchen, welches einem Weibchen treu bleiben, alſo mit ihm in ſtrenger Ehe leben ſoll, verläßt die Wochen- ſtube und ſchlägt ſeine Wohnungen entweder in einem einfachen Gange auf, oder ſtreift umher, ohne ſich an ein und denſelben Ort zu binden. Bereits nach vier Wochen ſchleppt die Mutter ihren Jungen zarte Zweige herbei, und nach ſechs Wochen etwa folgen dieſe der Alten bei ihren Weide- gängen. Zu Ende des zweiten Jahres ſind ſie fortpflanzungsfähig, im dritten Jahre vollkommen erwachſen. Sie behalten gewöhnlich die Wohnungen ihrer Eltern und dieſe errichten ſich in der Nähe eine neue.
Jung eingefangene Biber können ſehr zahm werden. Die Schriftſteller, welche über Ame- rika berichten, erzählen Manches von Bibern, welche ſie in den Dörfern der Jndianer gewiſſer- maßen als Hausthiere fanden oder ſelbſt zahm hielten. „Jch ſah in dieſen Dörfern,‟ ſagt La Hon- tan, „nichts Merkwürdigeres, als Biber ſo zahm wie Hunde, ſowohl im Bach, als in den Hecken, wo ſie ungeſtört hin- und herliefen. Sie gehen bisweilen ein ganzes Jahr lang nicht in das Waſſer, obſchon ſie keine ſogenannten Grubenbiber ſind, welche blos um zu ſaufen an den Bach kommen und, nach der Meinung der Wilden, ihrer Faulheit halber von den anderen weggejagt wurden.‟ Hearne hatte mehrere Biber ſo gezähmt, daß ſie auf ſeinen Ruf kamen, ihm wie ein Hund nachliefen und ſich über Liebkoſungen freuten. Jn Geſellſchaft der indianiſchen Weiber und Kinder ſchienen ſie ſich ſehr wohl zu befinden. Sie zeigten Unruhe, wenn dieſe lange wegblieben, und Freude, wenn ſie wiederkehrten, krochen ihnen auf den Schos, legten ſich auf den Rücken, machten Männchen, kurz, ſie betrugen ſich faſt wie Hunde, welche ihre Freude ausdrücken wollten, wenn ihre Herren lange abweſend waren. Dabei hielten ſie das Zimmer ſehr reinlich und gingen immer auf das Waſſer, im Winter auf das Eis, um ihre Nothdurft zu verrichten. Sie lebten von den Speiſen der Leute und
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[175/0191]
Der Biber.
Der freilebende Biber iſt ein äußerſt vorſichtiges und ſcheues Thier. Er ſucht bei der geringſten
Gefahr das ſichere Waſſer auf. Wo er in großer Menge wohnt, ſtellt er des Abends Wachen aus,
welche durch ein eigenthümliches Klatſchen ihre Gefährten aufmerkſam machen. Da alle Sinne des
Bibers, vornehmlich aber Geſicht, Geruch und Gehör gut ausgebildet ſind, merkt er auch faſt immer
rechtzeitig jede Gefahr und weiß dieſer dann, Dank ſeiner außerordentlichen Geſchicklichkeit im Schwim-
men, leicht zu entgehen. Auch braucht er ſich nicht eben vor vielen Thieren zu fürchten; denn
ſelbſt die größeren Landraubthiere haben einen ſchweren Stand, mit ihm fertig zu werden. Sein
Gebiß iſt eine ſo furchtbare Waffe, daß er es ſchon mit manchem anderen Thiere aufnehmen kann.
Alle Beobachter ſind darin einſtimmig, daß der Biber mit einem einzigen Biß dem ihn verfolgenden
Hunde ein Bein geradezu abbeißen könne, und daſſelbe würde er jedenfalls auch einer größeren Katze
thun, wenn dieſe ihn angreifen wollte. So hat er eigentlich unter den freilebenden Thieren keinen
Feind, vielleicht mit alleiniger Ausnahme des Fiſchotters, welcher ſeine Jungen bedroht. Da
dieſes Raubthier im Schwimmen und Tauchen noch viel gewandter iſt, als der Biber, kann es
ſelbſtverſtändlich leicht ſeine Wohnung vom Waſſer aus beſuchen, und da wohl einen günſtigen
Augenblick benutzen, um einem der noch wehrloſen Nager den Garaus zu machen. Die große Mord-
gier und Raubluſt des Fiſchotters läßt wenigſtens ein ſolches Vorkommen glaublich erſcheinen. Der
Hauptfeind des Bibers iſt und bleibt aber der Menſch, und dieſem muß er freilich unter allen Um-
ſtänden erliegen.
Je nach dem Wohnort des Bibers fällt die Paarung in verſchiedene Monate, Einige ſagen zu
Anfang des Winters, Andere im Februar und März. Bei dieſer Gelegenheit ſoll das Geil zur Gel-
tung kommen; es dient, um andere Biber anzulocken. Audubon erfuhr von einem Jäger, daß
ein Biber ſeine Afterdrüſen an einem beſtimmten Orte entleere, daß hierdurch ein zweiter herbeigelockt
werde, das abgeſetzte Geil mit Erde überdecke, auf dieſe wieder das ſeinige ablege u. ſ. f., ſo daß oft
hohe, ſtark nach dem gedachten Stoffe riechende Hügel gebildet würden. Die Fallen werden allgemein
mit Geil gewittert: dieſes dient alſo jedenfalls den Thieren, ſich gegenſeitig aufzufinden. Nach zwei bis
vier Monaten — denn genau iſt Dies nicht beobachtet worden — wirft das Weibchen 2 bis 4 blinde
Junge, ſäugt dieſe etwa einen Monat lang und pflegt ſie mit großer Sorgfalt. Das Männchen,
welches einem Weibchen treu bleiben, alſo mit ihm in ſtrenger Ehe leben ſoll, verläßt die Wochen-
ſtube und ſchlägt ſeine Wohnungen entweder in einem einfachen Gange auf, oder ſtreift umher,
ohne ſich an ein und denſelben Ort zu binden. Bereits nach vier Wochen ſchleppt die Mutter ihren
Jungen zarte Zweige herbei, und nach ſechs Wochen etwa folgen dieſe der Alten bei ihren Weide-
gängen. Zu Ende des zweiten Jahres ſind ſie fortpflanzungsfähig, im dritten Jahre vollkommen
erwachſen. Sie behalten gewöhnlich die Wohnungen ihrer Eltern und dieſe errichten ſich in der Nähe
eine neue.
Jung eingefangene Biber können ſehr zahm werden. Die Schriftſteller, welche über Ame-
rika berichten, erzählen Manches von Bibern, welche ſie in den Dörfern der Jndianer gewiſſer-
maßen als Hausthiere fanden oder ſelbſt zahm hielten. „Jch ſah in dieſen Dörfern,‟ ſagt La Hon-
tan, „nichts Merkwürdigeres, als Biber ſo zahm wie Hunde, ſowohl im Bach, als in den Hecken,
wo ſie ungeſtört hin- und herliefen. Sie gehen bisweilen ein ganzes Jahr lang nicht in das Waſſer,
obſchon ſie keine ſogenannten Grubenbiber ſind, welche blos um zu ſaufen an den Bach kommen und,
nach der Meinung der Wilden, ihrer Faulheit halber von den anderen weggejagt wurden.‟ Hearne
hatte mehrere Biber ſo gezähmt, daß ſie auf ſeinen Ruf kamen, ihm wie ein Hund nachliefen und
ſich über Liebkoſungen freuten. Jn Geſellſchaft der indianiſchen Weiber und Kinder ſchienen ſie ſich
ſehr wohl zu befinden. Sie zeigten Unruhe, wenn dieſe lange wegblieben, und Freude, wenn ſie
wiederkehrten, krochen ihnen auf den Schos, legten ſich auf den Rücken, machten Männchen, kurz,
ſie betrugen ſich faſt wie Hunde, welche ihre Freude ausdrücken wollten, wenn ihre Herren lange
abweſend waren. Dabei hielten ſie das Zimmer ſehr reinlich und gingen immer auf das Waſſer, im
Winter auf das Eis, um ihre Nothdurft zu verrichten. Sie lebten von den Speiſen der Leute und
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 2. Hildburghausen, 1865, S. 175. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben02_1865/191>, abgerufen am 28.11.2024.
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