Die Raubthiere. Spitzmäuse. -- Rohrrüßler. Spitzratte.
ziemlich starken Haarkamm, die Spitze dagegen ist ganz nackt. Außerdem ist der Kopf durch die großen Augen und die ziemlich bedeutenden, frei hervorragenden und mit inneren Läppchen versehenen Ohren, sowie durch die langen Schnurren ausgezeichnet. Der ziemlich kurze, dicke Leib ruht auf sehr ver- schiedenen Beinen. Das Hinterpaar ist auffallend verlängert und ganz wie bei den Wüstenmäusen gebaut, während die Vorderbeine verhältnißmäßig länger, als bei diesen sind. Die drei mittleren Zehen der Vorderfüße sind gleichlang, der Daumen ist an ihnen weit hinaufgerückt; die Hinterpfoten haben fünf kurze, feine Zehen, mit kurzen, schwachen und starkgekrümmten Krallen. Der dünne, kurz behaarte Schwanz ist meistens etwas kürzer, als der Körper. Die Verlängerung der Hinterbeine beruht hauptsächlich auf der ansehnlichen Länge des Schienbeines und des Mittelfußes, welche verhältniß- mäßig bei keinem andern Raubthiere in gleicher Länge vorkommen und unserm Thierchen eine Gestalt verleihen, die einzig in der ganzen Ordnung dasteht. Der reichliche Pelz ist sehr dicht und weich. Die Zähne ähneln denen der Jgel am meisten.
[Abbildung]
Der südafrikanische Rohrrüßler (Macroselides typiens).
Man kennt gegenwärtig sechs eigentliche Rohrrüßler und eine Art, welche an den Hinterfüßen blos vier Zehen hat und deshalb einer besondern Sippe zugezählt wird. Die Thiere bewohnen die sonnigen, steinigen Ebenen Südafrikas. Nur eine einzige Art (Macroselides Rozetti) findet sich in Algerien, namentlich in der Gegend von Orau. Sie bewohnen die steinigen Berge und finden in tiefen und schwer zugänglichen Löchern unter Steinen, in Felsenritzen, in Höhlen, die von anderen Thieren gegraben wurden, Zuflucht bei jeder Gefahr, welche sie in der geringfügigsten Erscheinung zu erblicken vermeinen. Es sind echte Tag-, ja wahre Sonnenthiere, welche sich gerade während der glühendsten Mittaghitze am wohlsten befinden, und dann auch hauptsächlich ihrer Jagd nachgehen. Die Nahrung besteht aus allerhand kleinen Thieren, hauptsächlich aus Kerfen, welche sie geschickt zu fangen oder aus Ritzen und Spalten hervorzuziehen wissen. Wenn man sich gut zu verstecken weiß, kann man ihr lebendiges Treiben beobachten; die geringste Bewegung aber scheucht sie augenblicklich in ihre Schlupfwinkel zurück, und dann vergeht eine ziemliche Zeit, bevor sie sich von neuem zeigen. E dlich kommt eins um das andere wieder hervor und hüpft nun in der auf unserer Abbildung sehr hübsch wiedergegebenen Stellung außerordentlich hurtig und rasch umher, äugt und lauscht nach allen Seiten hin, hascht im Sprunge nach vorüberfliegenden Kerbthieren oder sucht und schnüffelt zwischen
Die Raubthiere. Spitzmäuſe. — Rohrrüßler. Spitzratte.
ziemlich ſtarken Haarkamm, die Spitze dagegen iſt ganz nackt. Außerdem iſt der Kopf durch die großen Augen und die ziemlich bedeutenden, frei hervorragenden und mit inneren Läppchen verſehenen Ohren, ſowie durch die langen Schnurren ausgezeichnet. Der ziemlich kurze, dicke Leib ruht auf ſehr ver- ſchiedenen Beinen. Das Hinterpaar iſt auffallend verlängert und ganz wie bei den Wüſtenmäuſen gebaut, während die Vorderbeine verhältnißmäßig länger, als bei dieſen ſind. Die drei mittleren Zehen der Vorderfüße ſind gleichlang, der Daumen iſt an ihnen weit hinaufgerückt; die Hinterpfoten haben fünf kurze, feine Zehen, mit kurzen, ſchwachen und ſtarkgekrümmten Krallen. Der dünne, kurz behaarte Schwanz iſt meiſtens etwas kürzer, als der Körper. Die Verlängerung der Hinterbeine beruht hauptſächlich auf der anſehnlichen Länge des Schienbeines und des Mittelfußes, welche verhältniß- mäßig bei keinem andern Raubthiere in gleicher Länge vorkommen und unſerm Thierchen eine Geſtalt verleihen, die einzig in der ganzen Ordnung daſteht. Der reichliche Pelz iſt ſehr dicht und weich. Die Zähne ähneln denen der Jgel am meiſten.
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Der ſüdafrikaniſche Rohrrüßler (Macroselides typiens).
Man kennt gegenwärtig ſechs eigentliche Rohrrüßler und eine Art, welche an den Hinterfüßen blos vier Zehen hat und deshalb einer beſondern Sippe zugezählt wird. Die Thiere bewohnen die ſonnigen, ſteinigen Ebenen Südafrikas. Nur eine einzige Art (Macroselides Rozetti) findet ſich in Algerien, namentlich in der Gegend von Orau. Sie bewohnen die ſteinigen Berge und finden in tiefen und ſchwer zugänglichen Löchern unter Steinen, in Felſenritzen, in Höhlen, die von anderen Thieren gegraben wurden, Zuflucht bei jeder Gefahr, welche ſie in der geringfügigſten Erſcheinung zu erblicken vermeinen. Es ſind echte Tag-, ja wahre Sonnenthiere, welche ſich gerade während der glühendſten Mittaghitze am wohlſten befinden, und dann auch hauptſächlich ihrer Jagd nachgehen. Die Nahrung beſteht aus allerhand kleinen Thieren, hauptſächlich aus Kerfen, welche ſie geſchickt zu fangen oder aus Ritzen und Spalten hervorzuziehen wiſſen. Wenn man ſich gut zu verſtecken weiß, kann man ihr lebendiges Treiben beobachten; die geringſte Bewegung aber ſcheucht ſie augenblicklich in ihre Schlupfwinkel zurück, und dann vergeht eine ziemliche Zeit, bevor ſie ſich von neuem zeigen. E dlich kommt eins um das andere wieder hervor und hüpft nun in der auf unſerer Abbildung ſehr hübſch wiedergegebenen Stellung außerordentlich hurtig und raſch umher, äugt und lauſcht nach allen Seiten hin, haſcht im Sprunge nach vorüberfliegenden Kerbthieren oder ſucht und ſchnüffelt zwiſchen
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Die Raubthiere. Spitzmäuſe. — Rohrrüßler. Spitzratte.
ziemlich ſtarken Haarkamm, die Spitze dagegen iſt ganz nackt. Außerdem iſt der Kopf durch die großen
Augen und die ziemlich bedeutenden, frei hervorragenden und mit inneren Läppchen verſehenen Ohren,
ſowie durch die langen Schnurren ausgezeichnet. Der ziemlich kurze, dicke Leib ruht auf ſehr ver-
ſchiedenen Beinen. Das Hinterpaar iſt auffallend verlängert und ganz wie bei den Wüſtenmäuſen
gebaut, während die Vorderbeine verhältnißmäßig länger, als bei dieſen ſind. Die drei mittleren
Zehen der Vorderfüße ſind gleichlang, der Daumen iſt an ihnen weit hinaufgerückt; die Hinterpfoten
haben fünf kurze, feine Zehen, mit kurzen, ſchwachen und ſtarkgekrümmten Krallen. Der dünne, kurz
behaarte Schwanz iſt meiſtens etwas kürzer, als der Körper. Die Verlängerung der Hinterbeine beruht
hauptſächlich auf der anſehnlichen Länge des Schienbeines und des Mittelfußes, welche verhältniß-
mäßig bei keinem andern Raubthiere in gleicher Länge vorkommen und unſerm Thierchen eine Geſtalt
verleihen, die einzig in der ganzen Ordnung daſteht. Der reichliche Pelz iſt ſehr dicht und weich. Die
Zähne ähneln denen der Jgel am meiſten.
[Abbildung Der ſüdafrikaniſche Rohrrüßler (Macroselides typiens).]
Man kennt gegenwärtig ſechs eigentliche Rohrrüßler und eine Art, welche an den Hinterfüßen
blos vier Zehen hat und deshalb einer beſondern Sippe zugezählt wird. Die Thiere bewohnen die
ſonnigen, ſteinigen Ebenen Südafrikas. Nur eine einzige Art (Macroselides Rozetti) findet ſich in
Algerien, namentlich in der Gegend von Orau. Sie bewohnen die ſteinigen Berge und finden in
tiefen und ſchwer zugänglichen Löchern unter Steinen, in Felſenritzen, in Höhlen, die von anderen
Thieren gegraben wurden, Zuflucht bei jeder Gefahr, welche ſie in der geringfügigſten Erſcheinung zu
erblicken vermeinen. Es ſind echte Tag-, ja wahre Sonnenthiere, welche ſich gerade während der
glühendſten Mittaghitze am wohlſten befinden, und dann auch hauptſächlich ihrer Jagd nachgehen.
Die Nahrung beſteht aus allerhand kleinen Thieren, hauptſächlich aus Kerfen, welche ſie geſchickt zu
fangen oder aus Ritzen und Spalten hervorzuziehen wiſſen. Wenn man ſich gut zu verſtecken weiß,
kann man ihr lebendiges Treiben beobachten; die geringſte Bewegung aber ſcheucht ſie augenblicklich
in ihre Schlupfwinkel zurück, und dann vergeht eine ziemliche Zeit, bevor ſie ſich von neuem zeigen.
E dlich kommt eins um das andere wieder hervor und hüpft nun in der auf unſerer Abbildung ſehr
hübſch wiedergegebenen Stellung außerordentlich hurtig und raſch umher, äugt und lauſcht nach allen
Seiten hin, haſcht im Sprunge nach vorüberfliegenden Kerbthieren oder ſucht und ſchnüffelt zwiſchen
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864, S. 666. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben01_1864/744>, abgerufen am 22.07.2024.
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