Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864.

Bild:
<< vorherige Seite

Beschreibung.
künstliche Regenschirme auf die Bäume bauen, und Du Chaillu giebt auch eine Abbildung davon,
welche freilich so beschaffen ist, daß sie sehr gerechte Zweifel eines Sachverständigen erwecken muß.
Die Zweige sind gleichmäßig ausgesucht, mit ihren dicken Enden rings herum um den Baumstamm
gelegt, dort sehr hübsch und künstlich mit Weinreben angebunden und dann nach außen schirmartig
umgebogen, gerade so, als ob sie ein recht geschickter Gartenarbeiter, welcher mit Messer und Weiden-
zweigen gehörig umzugehen weiß, gemacht hätte!

Eine Vergleichung der gegebenen Schädel würde allerdings für die Artverschiedenheit der
genannten Thiere sprechen; doch dürften wir wohl thun, erst die Untersuchung bewährter Männer
der Wissenschaft abzuwarten, bevor wir ein endgiltiges Urtheil fällen. Alle Abbildungen in Du
Chaillus Werke beweisen unzweifelhaft, daß sie erst in England von Künstlern angefertigt wurden,
welche durchaus nicht naturwissenschaftlich gebildet genannt werden dürfen. Wenn Du Chaillu unter
Anderm dem Künstler gestattet, daß er einen der afrikanischen Affen sich am Schwanze schaukeln läßt,
so kann er nicht erwarten, daß den bildlichen Erläuterungen zu seinem Werke an maßgebenden
Stellen Glauben geschenkt wird.

Wenden wir uns nunmehr zu einem andern, weniger Zweifel herausfordernden Waldmenschen
welcher dieselbe Gegend Afrikas bewohnt, zum Schimpanse (Troglodytes niger). Wie er zu
dem sonderbaren Namen gekommen ist, weiß man nicht; wohl aber ist jetzt entschieden, daß er schon
sehr lange bekannt, aber auch sehr oft mit dem Vorhergehenden, vielleicht selbst mit dem Mandril
verwechselt worden ist. Es liegen uns viele Berichte vor, in denen des Schimpanse Erwähnung
geschieht. Pyrard hat ihn im 14. Jahrhundert in der Sierra-Leona beobachtet und giebt ihm
den Landesnamen "Barris"; Battel erzählt in seiner 1717 erschienenen Veschreibung von Kongo
von ihm und neunt ihn "Pongo", wie den Orang-Utang, erwähnt aber auch bereits einer zwei-
ten größern Art; Buffon tauft ihn "Jocko", weil die Eingeborenen ihn "Entschocko" oder
"Jntjoko" nennen sollen; Schaw unterscheidet ihn von seinem asiatischen Verwandten, Ogilby
hält ihn für den wilden Menschen des Hanno; Brosse spricht endlich von einem Affen Namens
"Quimpeze" und bietet uns somit einigen Anhalt zur Ableitung seines jetzt allgemein üblichen
Namens etc. Buffon giebt uns auch schon Beschreibungen seines Wesens in der Gefangenschaft, in
welcher er das Thier um die Mitte des vorigen Jahrhunderts beobachten konnte.

Der Schimpanse ist bedeutend kleiner, als der Gorilla, immerhin aber noch ein großer Affe
von 3 bis 41/2 Fuß Höhe. Sein Leib ist kurz und dick, denn der Bauch hängt etwas vor; an dem
gestreckten, großen Kopfe tritt die Stirn zurück, während die Ohren, welche denen des Menschen
ähneln, abstehen; die Nase ist kleiner und platter, als die des Gorilla, die Lippen sind dünn und
äußerst beweglich, die Augen haben Wimpern und Brauen: die dünnen, aber kräftigen Arme reichen
bis unter die Knie herab; die Hände sind mittelgroß, und alle ihre Finger haben platte Nägel.
Das lange, grobe und straffe, schwarze, im hohen Alter graue Haar läßt nur das Gesicht und die
innern Handflächen, gewöhnlich auch die Handrücken, frei, bedeckt den Oberkörper dichter als den
Unterkörper, bildet im Gesichte einen Bart, welcher unter dem Kinn wegzieht, aber an den Wangen
die größte Länge erreicht, und ist auf dem Oberarm nach unten, auf dem Unterarm aber nach oben
gerichtet. -- Der Gesichtsausdruck des Schimpanse zeigt niemals jene unbegrenzte Wildheit, welche
sich im Gesicht des Gorilla ausspricht, sondern ist sanft und gemüthlich. Alle diese Merkmale un-
terscheiden unser Thier hinlänglich von dem Gorilla.

Die Eingeborenen behaupten, daß der Schimpanse im vollkommen erwachsenen Zustande
fünf Fuß hoch und daß sein Wachsthum im neunten oder zehnten Jahre beendet werde. Ein
solches erwachsenes Thier soll so schwer sein, daß es eine hinreichende Last für zwei starke
Männer bildet.

Die Verbreitung des Schimpanse ist beschränkt; wie es scheint, beherbergen ihn blos Ober-
und Niederguinea. Hier bewohnt er die großen Wälder in den Flußthälern und an der Küste

Beſchreibung.
künſtliche Regenſchirme auf die Bäume bauen, und Du Chaillu giebt auch eine Abbildung davon,
welche freilich ſo beſchaffen iſt, daß ſie ſehr gerechte Zweifel eines Sachverſtändigen erwecken muß.
Die Zweige ſind gleichmäßig ausgeſucht, mit ihren dicken Enden rings herum um den Baumſtamm
gelegt, dort ſehr hübſch und künſtlich mit Weinreben angebunden und dann nach außen ſchirmartig
umgebogen, gerade ſo, als ob ſie ein recht geſchickter Gartenarbeiter, welcher mit Meſſer und Weiden-
zweigen gehörig umzugehen weiß, gemacht hätte!

Eine Vergleichung der gegebenen Schädel würde allerdings für die Artverſchiedenheit der
genannten Thiere ſprechen; doch dürften wir wohl thun, erſt die Unterſuchung bewährter Männer
der Wiſſenſchaft abzuwarten, bevor wir ein endgiltiges Urtheil fällen. Alle Abbildungen in Du
Chaillus Werke beweiſen unzweifelhaft, daß ſie erſt in England von Künſtlern angefertigt wurden,
welche durchaus nicht naturwiſſenſchaftlich gebildet genannt werden dürfen. Wenn Du Chaillu unter
Anderm dem Künſtler geſtattet, daß er einen der afrikaniſchen Affen ſich am Schwanze ſchaukeln läßt,
ſo kann er nicht erwarten, daß den bildlichen Erläuterungen zu ſeinem Werke an maßgebenden
Stellen Glauben geſchenkt wird.

Wenden wir uns nunmehr zu einem andern, weniger Zweifel herausfordernden Waldmenſchen
welcher dieſelbe Gegend Afrikas bewohnt, zum Schimpanſe (Troglodytes niger). Wie er zu
dem ſonderbaren Namen gekommen iſt, weiß man nicht; wohl aber iſt jetzt entſchieden, daß er ſchon
ſehr lange bekannt, aber auch ſehr oft mit dem Vorhergehenden, vielleicht ſelbſt mit dem Mandril
verwechſelt worden iſt. Es liegen uns viele Berichte vor, in denen des Schimpanſe Erwähnung
geſchieht. Pyrard hat ihn im 14. Jahrhundert in der Sierra-Leona beobachtet und giebt ihm
den Landesnamen „Barris‟; Battel erzählt in ſeiner 1717 erſchienenen Veſchreibung von Kongo
von ihm und neunt ihn „Pongo‟, wie den Orang-Utang, erwähnt aber auch bereits einer zwei-
ten größern Art; Buffon tauft ihn „Jocko‟, weil die Eingeborenen ihn „Entſchocko‟ oder
Jntjoko‟ nennen ſollen; Schaw unterſcheidet ihn von ſeinem aſiatiſchen Verwandten, Ogilby
hält ihn für den wilden Menſchen des Hanno; Broſſe ſpricht endlich von einem Affen Namens
Quimpeze‟ und bietet uns ſomit einigen Anhalt zur Ableitung ſeines jetzt allgemein üblichen
Namens ꝛc. Buffon giebt uns auch ſchon Beſchreibungen ſeines Weſens in der Gefangenſchaft, in
welcher er das Thier um die Mitte des vorigen Jahrhunderts beobachten konnte.

Der Schimpanſe iſt bedeutend kleiner, als der Gorilla, immerhin aber noch ein großer Affe
von 3 bis 4½ Fuß Höhe. Sein Leib iſt kurz und dick, denn der Bauch hängt etwas vor; an dem
geſtreckten, großen Kopfe tritt die Stirn zurück, während die Ohren, welche denen des Menſchen
ähneln, abſtehen; die Naſe iſt kleiner und platter, als die des Gorilla, die Lippen ſind dünn und
äußerſt beweglich, die Augen haben Wimpern und Brauen: die dünnen, aber kräftigen Arme reichen
bis unter die Knie herab; die Hände ſind mittelgroß, und alle ihre Finger haben platte Nägel.
Das lange, grobe und ſtraffe, ſchwarze, im hohen Alter graue Haar läßt nur das Geſicht und die
innern Handflächen, gewöhnlich auch die Handrücken, frei, bedeckt den Oberkörper dichter als den
Unterkörper, bildet im Geſichte einen Bart, welcher unter dem Kinn wegzieht, aber an den Wangen
die größte Länge erreicht, und iſt auf dem Oberarm nach unten, auf dem Unterarm aber nach oben
gerichtet. — Der Geſichtsausdruck des Schimpanſe zeigt niemals jene unbegrenzte Wildheit, welche
ſich im Geſicht des Gorilla ausſpricht, ſondern iſt ſanft und gemüthlich. Alle dieſe Merkmale un-
terſcheiden unſer Thier hinlänglich von dem Gorilla.

Die Eingeborenen behaupten, daß der Schimpanſe im vollkommen erwachſenen Zuſtande
fünf Fuß hoch und daß ſein Wachsthum im neunten oder zehnten Jahre beendet werde. Ein
ſolches erwachſenes Thier ſoll ſo ſchwer ſein, daß es eine hinreichende Laſt für zwei ſtarke
Männer bildet.

Die Verbreitung des Schimpanſe iſt beſchränkt; wie es ſcheint, beherbergen ihn blos Ober-
und Niederguinea. Hier bewohnt er die großen Wälder in den Flußthälern und an der Küſte

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="2">
        <div n="3">
          <p><pb facs="#f0073" n="23"/><fw place="top" type="header">Be&#x017F;chreibung.</fw><lb/>
kün&#x017F;tliche Regen&#x017F;chirme auf die Bäume bauen, und Du Chaillu giebt auch eine Abbildung davon,<lb/>
welche freilich &#x017F;o be&#x017F;chaffen i&#x017F;t, daß &#x017F;ie &#x017F;ehr gerechte Zweifel eines Sachver&#x017F;tändigen erwecken muß.<lb/>
Die Zweige &#x017F;ind gleichmäßig ausge&#x017F;ucht, mit ihren dicken Enden rings herum um den Baum&#x017F;tamm<lb/>
gelegt, dort &#x017F;ehr hüb&#x017F;ch und kün&#x017F;tlich mit Weinreben angebunden und dann nach außen &#x017F;chirmartig<lb/>
umgebogen, gerade &#x017F;o, als ob &#x017F;ie ein recht ge&#x017F;chickter Gartenarbeiter, welcher mit Me&#x017F;&#x017F;er und Weiden-<lb/>
zweigen gehörig umzugehen weiß, gemacht hätte!</p><lb/>
          <p>Eine Vergleichung der gegebenen Schädel würde allerdings für die Artver&#x017F;chiedenheit der<lb/>
genannten Thiere &#x017F;prechen; doch dürften wir wohl thun, er&#x017F;t die Unter&#x017F;uchung bewährter Männer<lb/>
der Wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chaft abzuwarten, bevor wir ein endgiltiges Urtheil fällen. Alle Abbildungen in Du<lb/>
Chaillus Werke bewei&#x017F;en unzweifelhaft, daß &#x017F;ie er&#x017F;t in England von Kün&#x017F;tlern angefertigt wurden,<lb/>
welche durchaus nicht naturwi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chaftlich gebildet genannt werden dürfen. Wenn Du Chaillu unter<lb/>
Anderm dem Kün&#x017F;tler ge&#x017F;tattet, daß er einen der afrikani&#x017F;chen Affen &#x017F;ich am Schwanze &#x017F;chaukeln läßt,<lb/>
&#x017F;o kann er nicht erwarten, daß den bildlichen Erläuterungen zu &#x017F;einem Werke an maßgebenden<lb/>
Stellen Glauben ge&#x017F;chenkt wird.</p><lb/>
          <p>Wenden wir uns nunmehr zu einem andern, weniger Zweifel herausfordernden Waldmen&#x017F;chen<lb/>
welcher die&#x017F;elbe Gegend Afrikas bewohnt, zum <hi rendition="#g">Schimpan&#x017F;e</hi> (<hi rendition="#aq">Troglodytes niger</hi>). Wie er zu<lb/>
dem &#x017F;onderbaren Namen gekommen i&#x017F;t, weiß man nicht; wohl aber i&#x017F;t jetzt ent&#x017F;chieden, daß er &#x017F;chon<lb/>
&#x017F;ehr lange bekannt, aber auch &#x017F;ehr oft mit dem Vorhergehenden, vielleicht &#x017F;elb&#x017F;t mit dem <hi rendition="#g">Mandril</hi><lb/>
verwech&#x017F;elt worden i&#x017F;t. Es liegen uns viele Berichte vor, in denen des <hi rendition="#g">Schimpan&#x017F;e</hi> Erwähnung<lb/>
ge&#x017F;chieht. <hi rendition="#g">Pyrard</hi> hat ihn im 14. Jahrhundert in der <hi rendition="#g">Sierra-Leona</hi> beobachtet und giebt ihm<lb/>
den Landesnamen &#x201E;<hi rendition="#g">Barris</hi>&#x201F;; <hi rendition="#g">Battel</hi> erzählt in &#x017F;einer 1717 er&#x017F;chienenen Ve&#x017F;chreibung von <hi rendition="#g">Kongo</hi><lb/>
von ihm und neunt ihn &#x201E;<hi rendition="#g">Pongo</hi>&#x201F;, wie den <hi rendition="#g">Orang-Utang,</hi> erwähnt aber auch bereits einer zwei-<lb/>
ten größern Art; <hi rendition="#g">Buffon</hi> tauft ihn &#x201E;<hi rendition="#g">Jocko</hi>&#x201F;, weil die Eingeborenen ihn &#x201E;<hi rendition="#g">Ent&#x017F;chocko</hi>&#x201F; oder<lb/>
&#x201E;<hi rendition="#g">Jntjoko</hi>&#x201F; nennen &#x017F;ollen; <hi rendition="#g">Schaw</hi> unter&#x017F;cheidet ihn von &#x017F;einem a&#x017F;iati&#x017F;chen Verwandten, <hi rendition="#g">Ogilby</hi><lb/>
hält ihn für den wilden Men&#x017F;chen des <hi rendition="#g">Hanno; Bro&#x017F;&#x017F;e</hi> &#x017F;pricht endlich von einem Affen Namens<lb/>
&#x201E;<hi rendition="#g">Quimpeze</hi>&#x201F; und bietet uns &#x017F;omit einigen Anhalt zur Ableitung &#x017F;eines jetzt allgemein üblichen<lb/>
Namens &#xA75B;c. <hi rendition="#g">Buffon</hi> giebt uns auch &#x017F;chon Be&#x017F;chreibungen &#x017F;eines We&#x017F;ens in der Gefangen&#x017F;chaft, in<lb/>
welcher er das Thier um die Mitte des vorigen Jahrhunderts beobachten konnte.</p><lb/>
          <p>Der <hi rendition="#g">Schimpan&#x017F;e</hi> i&#x017F;t bedeutend kleiner, als der <hi rendition="#g">Gorilla,</hi> immerhin aber noch ein großer Affe<lb/>
von 3 bis 4½ Fuß Höhe. Sein Leib i&#x017F;t kurz und dick, denn der Bauch hängt etwas vor; an dem<lb/>
ge&#x017F;treckten, großen Kopfe tritt die Stirn zurück, während die Ohren, welche denen des Men&#x017F;chen<lb/>
ähneln, ab&#x017F;tehen; die Na&#x017F;e i&#x017F;t kleiner und platter, als die des <hi rendition="#g">Gorilla,</hi> die Lippen &#x017F;ind dünn und<lb/>
äußer&#x017F;t beweglich, die Augen haben Wimpern und Brauen: die dünnen, aber kräftigen Arme reichen<lb/>
bis unter die Knie herab; die Hände &#x017F;ind mittelgroß, und alle ihre Finger haben platte Nägel.<lb/>
Das lange, grobe und &#x017F;traffe, &#x017F;chwarze, im hohen Alter graue Haar läßt nur das Ge&#x017F;icht und die<lb/>
innern Handflächen, gewöhnlich auch die Handrücken, frei, bedeckt den Oberkörper dichter als den<lb/>
Unterkörper, bildet im Ge&#x017F;ichte einen Bart, welcher unter dem Kinn wegzieht, aber an den Wangen<lb/>
die größte Länge erreicht, und i&#x017F;t auf dem Oberarm nach unten, auf dem Unterarm aber nach oben<lb/>
gerichtet. &#x2014; Der Ge&#x017F;ichtsausdruck des <hi rendition="#g">Schimpan&#x017F;e</hi> zeigt niemals jene unbegrenzte Wildheit, welche<lb/>
&#x017F;ich im Ge&#x017F;icht des <hi rendition="#g">Gorilla</hi> aus&#x017F;pricht, &#x017F;ondern i&#x017F;t &#x017F;anft und gemüthlich. Alle die&#x017F;e Merkmale un-<lb/>
ter&#x017F;cheiden un&#x017F;er Thier hinlänglich von dem <hi rendition="#g">Gorilla.</hi></p><lb/>
          <p>Die Eingeborenen behaupten, daß der <hi rendition="#g">Schimpan&#x017F;e</hi> im vollkommen erwach&#x017F;enen Zu&#x017F;tande<lb/>
fünf Fuß hoch und daß &#x017F;ein Wachsthum im neunten oder zehnten Jahre beendet werde. Ein<lb/>
&#x017F;olches erwach&#x017F;enes Thier &#x017F;oll &#x017F;o &#x017F;chwer &#x017F;ein, daß es eine hinreichende La&#x017F;t für zwei &#x017F;tarke<lb/>
Männer bildet.</p><lb/>
          <p>Die Verbreitung des <hi rendition="#g">Schimpan&#x017F;e</hi> i&#x017F;t be&#x017F;chränkt; wie es &#x017F;cheint, beherbergen ihn blos <hi rendition="#g">Ober-</hi><lb/>
und <hi rendition="#g">Niederguinea.</hi> Hier bewohnt er die großen Wälder in den Flußthälern und an der Kü&#x017F;te<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[23/0073] Beſchreibung. künſtliche Regenſchirme auf die Bäume bauen, und Du Chaillu giebt auch eine Abbildung davon, welche freilich ſo beſchaffen iſt, daß ſie ſehr gerechte Zweifel eines Sachverſtändigen erwecken muß. Die Zweige ſind gleichmäßig ausgeſucht, mit ihren dicken Enden rings herum um den Baumſtamm gelegt, dort ſehr hübſch und künſtlich mit Weinreben angebunden und dann nach außen ſchirmartig umgebogen, gerade ſo, als ob ſie ein recht geſchickter Gartenarbeiter, welcher mit Meſſer und Weiden- zweigen gehörig umzugehen weiß, gemacht hätte! Eine Vergleichung der gegebenen Schädel würde allerdings für die Artverſchiedenheit der genannten Thiere ſprechen; doch dürften wir wohl thun, erſt die Unterſuchung bewährter Männer der Wiſſenſchaft abzuwarten, bevor wir ein endgiltiges Urtheil fällen. Alle Abbildungen in Du Chaillus Werke beweiſen unzweifelhaft, daß ſie erſt in England von Künſtlern angefertigt wurden, welche durchaus nicht naturwiſſenſchaftlich gebildet genannt werden dürfen. Wenn Du Chaillu unter Anderm dem Künſtler geſtattet, daß er einen der afrikaniſchen Affen ſich am Schwanze ſchaukeln läßt, ſo kann er nicht erwarten, daß den bildlichen Erläuterungen zu ſeinem Werke an maßgebenden Stellen Glauben geſchenkt wird. Wenden wir uns nunmehr zu einem andern, weniger Zweifel herausfordernden Waldmenſchen welcher dieſelbe Gegend Afrikas bewohnt, zum Schimpanſe (Troglodytes niger). Wie er zu dem ſonderbaren Namen gekommen iſt, weiß man nicht; wohl aber iſt jetzt entſchieden, daß er ſchon ſehr lange bekannt, aber auch ſehr oft mit dem Vorhergehenden, vielleicht ſelbſt mit dem Mandril verwechſelt worden iſt. Es liegen uns viele Berichte vor, in denen des Schimpanſe Erwähnung geſchieht. Pyrard hat ihn im 14. Jahrhundert in der Sierra-Leona beobachtet und giebt ihm den Landesnamen „Barris‟; Battel erzählt in ſeiner 1717 erſchienenen Veſchreibung von Kongo von ihm und neunt ihn „Pongo‟, wie den Orang-Utang, erwähnt aber auch bereits einer zwei- ten größern Art; Buffon tauft ihn „Jocko‟, weil die Eingeborenen ihn „Entſchocko‟ oder „Jntjoko‟ nennen ſollen; Schaw unterſcheidet ihn von ſeinem aſiatiſchen Verwandten, Ogilby hält ihn für den wilden Menſchen des Hanno; Broſſe ſpricht endlich von einem Affen Namens „Quimpeze‟ und bietet uns ſomit einigen Anhalt zur Ableitung ſeines jetzt allgemein üblichen Namens ꝛc. Buffon giebt uns auch ſchon Beſchreibungen ſeines Weſens in der Gefangenſchaft, in welcher er das Thier um die Mitte des vorigen Jahrhunderts beobachten konnte. Der Schimpanſe iſt bedeutend kleiner, als der Gorilla, immerhin aber noch ein großer Affe von 3 bis 4½ Fuß Höhe. Sein Leib iſt kurz und dick, denn der Bauch hängt etwas vor; an dem geſtreckten, großen Kopfe tritt die Stirn zurück, während die Ohren, welche denen des Menſchen ähneln, abſtehen; die Naſe iſt kleiner und platter, als die des Gorilla, die Lippen ſind dünn und äußerſt beweglich, die Augen haben Wimpern und Brauen: die dünnen, aber kräftigen Arme reichen bis unter die Knie herab; die Hände ſind mittelgroß, und alle ihre Finger haben platte Nägel. Das lange, grobe und ſtraffe, ſchwarze, im hohen Alter graue Haar läßt nur das Geſicht und die innern Handflächen, gewöhnlich auch die Handrücken, frei, bedeckt den Oberkörper dichter als den Unterkörper, bildet im Geſichte einen Bart, welcher unter dem Kinn wegzieht, aber an den Wangen die größte Länge erreicht, und iſt auf dem Oberarm nach unten, auf dem Unterarm aber nach oben gerichtet. — Der Geſichtsausdruck des Schimpanſe zeigt niemals jene unbegrenzte Wildheit, welche ſich im Geſicht des Gorilla ausſpricht, ſondern iſt ſanft und gemüthlich. Alle dieſe Merkmale un- terſcheiden unſer Thier hinlänglich von dem Gorilla. Die Eingeborenen behaupten, daß der Schimpanſe im vollkommen erwachſenen Zuſtande fünf Fuß hoch und daß ſein Wachsthum im neunten oder zehnten Jahre beendet werde. Ein ſolches erwachſenes Thier ſoll ſo ſchwer ſein, daß es eine hinreichende Laſt für zwei ſtarke Männer bildet. Die Verbreitung des Schimpanſe iſt beſchränkt; wie es ſcheint, beherbergen ihn blos Ober- und Niederguinea. Hier bewohnt er die großen Wälder in den Flußthälern und an der Küſte

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben01_1864
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben01_1864/73
Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864, S. 23. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben01_1864/73>, abgerufen am 24.11.2024.