Händen bedeutende Geschicklichkeit und Beides weiß er zu verwenden. Nichts läßt er unberührt. Wenn er sich eines Buches bemächtigen kann, dreht er alle Blätter herum, indem er abwechselnd beide Vordertatzen unglaublich schnell in Bewegung setzt; giebt man ihm eine Cigarre, so rollt er sie durch dieselbe Bewegung gänzlich auf; sieht er Etwas stehen, so giebt er dem ihn sofort fesselnden Gegen- stande erst mit der rechten, dann mit der linken Tatze einen Schlag, bis er zu Boden stürzt. Ein Zimmer, eine Bibliothek oder eine Sammlung können schon gänzlich verwüstet sein, ehe man nur eine Ahnung davon hat. Dazu kommen noch andere Unannehmlichkeiten. Der Rüsselbär ist keinen Augen- blick ruhig; er beißt, er giebt einen starken, unangenehmen, moschusähnlichen Geruch von sich und läßt seinen stinkenden Koth überall fallen. Sonderbar ist, daß er mit demselben, so sorgfältig er sich auch sonst vor ihm in Acht nimmt, sich seinen Schwanz beschmiert, wenn ihn Flöhe peinigen oder er an einem juckenden Ausschlage leidet. Bennett beobachtete, daß er nicht blos seinen Koth, sondern auch Leim und irgend einen andern klebrigen Stoff zwischen die Haare seiner buschigen Standarte einrieb. Später vergnügte er sich dann damit, den Schwanz wieder abzulecken oder ihn durch Waschen im Wasser wieder zu reinigen.
Manche Nasenbären zeigen das lebhafteste Vergnügen, wenn sich Jemand mit ihnen abgiebt. Gegen Liebkosungen sind sie außerordentlich empfänglich; sie lassen sich gern streicheln und noch lieber hinter den Ohren krauen. Dabei beugen sie den Kopf zur Erde nieder, schmiegen sich nach Katzenart an den Pfleger an und stoßen ein vergnügliches Gezwitscher aus. Jch sah in Rotterdam ihrer drei in einem Käfig; sie vertrugen sich schlecht unter einander. Das stärkste Männchen hatte die Ober- herrschaft an sich gerissen und machte sie auch dem Weibchen gegenüber geltend. Alle drei waren ganz außer sich vor Vergnügen, wenn man sie kraute. Sie legten sich auf den Rücken und schrien scheinbar aus Wollust "hä, hä, hä!" Der Alleinherrscher vertrieb immer die von ihm Unterjochten, um das Hochgefühl, welches meine Liebkosungen ihnen allen zu bereiten schienen, für sich allein zu ge- nießen. Er hatte sich so gut in Achtung zu setzen verstanden, daß sein bloses Erscheinen genügte, die Geknechteten an den Wänden emporzutreiben. Weinland beobachtete, daß Nasenbären ohne eigent- lich erklärlichen Grund manche Leute hassen und andere lieben. Letztere fordern sie durch ihr eigen- thümliches Grunzen auf, ihnen zu schmeicheln und sie in den Haaren zu krauen, nach den Ersteren hauen sie wüthend mit den Klauen und zeigen ihnen die weißen Eckzähne, sobald jene dem Käfig zu nahe kommen. Sie sind zwar schwach, aber klug genug, auch von Denen, welche sie hassen, Futter anzu- nehmen, lassen sich aber nicht einmal durch ihre Lieblingsspeise vollständig versöhnen. Bennett erzählt, daß sein Gefangener, welcher wie ein Hund auf seinen Namen hörte, jedem Rufe Folge leistete und gewöhnlich gar nicht daran dachte, von seinen Zähnen Gebrauch zu machen, zuweilen wie unsinnig in seinem Käfig herumlief, immer im Kreise, und dabei heftig nach seinem Schwanze biß. Dann konnte sich Niemand dem Käfig nähern, ohne mit Fauchen, Knurren oder lautem und miß- tönendem Geschrei empfangen und mit Bissen bedroht zu werden. Setzte man ihn dann in Freiheit, so war er der beste Kerl von der Welt und Jedermauns Freund.
Die Beobachtungen, welche Saussure an seinen Gefangenen machte, stimmen mit Vorstehendem im Ganzen vollkommen überein; doch finden sich einige auziehende Stellen in dem Bericht dieses Forschers, welche ich meinen Lesern nicht vorenthalten will. "Mein zahmer Coati," sagt dieser Forscher, "begleitete mich monatelang auf meiner Reise. Er war an einer dünnen Schnur befestigt und versuchte diese auch niemals zu durchbeißen. Wenn ich ritt, hielt er sich den ganzen Tag lang auf dem Pferde im Gleichgewicht. Zu entfliehen versuchte er nicht und verursachte auch sonst keine Störung. Abends befestigte ich ihn an irgend einem Gegenstande oder ließ ihn auch wohl im Hofe frei umhergehen. Trotz seiner Sanftheit hatte er doch immer Augenblicke von Zorn und suchte zu beißen; eine einfache Strafe aber brachte ihn zur Ruhe. Ein weibliches Thier, welches ich mir in demselben Jahre verschaffte, besaß ein noch sanfteres Wesen, als das Männchen. Beide nahmen ganz außerordentlich schnell zu."
"Jm Jahre 1856 nahm ich sie mit mir nach Europa und ließ sie die Reise durch die Vereinigten
Gefangenleben. Selbſtkur.
Händen bedeutende Geſchicklichkeit und Beides weiß er zu verwenden. Nichts läßt er unberührt. Wenn er ſich eines Buches bemächtigen kann, dreht er alle Blätter herum, indem er abwechſelnd beide Vordertatzen unglaublich ſchnell in Bewegung ſetzt; giebt man ihm eine Cigarre, ſo rollt er ſie durch dieſelbe Bewegung gänzlich auf; ſieht er Etwas ſtehen, ſo giebt er dem ihn ſofort feſſelnden Gegen- ſtande erſt mit der rechten, dann mit der linken Tatze einen Schlag, bis er zu Boden ſtürzt. Ein Zimmer, eine Bibliothek oder eine Sammlung können ſchon gänzlich verwüſtet ſein, ehe man nur eine Ahnung davon hat. Dazu kommen noch andere Unannehmlichkeiten. Der Rüſſelbär iſt keinen Augen- blick ruhig; er beißt, er giebt einen ſtarken, unangenehmen, moſchusähnlichen Geruch von ſich und läßt ſeinen ſtinkenden Koth überall fallen. Sonderbar iſt, daß er mit demſelben, ſo ſorgfältig er ſich auch ſonſt vor ihm in Acht nimmt, ſich ſeinen Schwanz beſchmiert, wenn ihn Flöhe peinigen oder er an einem juckenden Ausſchlage leidet. Bennett beobachtete, daß er nicht blos ſeinen Koth, ſondern auch Leim und irgend einen andern klebrigen Stoff zwiſchen die Haare ſeiner buſchigen Standarte einrieb. Später vergnügte er ſich dann damit, den Schwanz wieder abzulecken oder ihn durch Waſchen im Waſſer wieder zu reinigen.
Manche Naſenbären zeigen das lebhafteſte Vergnügen, wenn ſich Jemand mit ihnen abgiebt. Gegen Liebkoſungen ſind ſie außerordentlich empfänglich; ſie laſſen ſich gern ſtreicheln und noch lieber hinter den Ohren krauen. Dabei beugen ſie den Kopf zur Erde nieder, ſchmiegen ſich nach Katzenart an den Pfleger an und ſtoßen ein vergnügliches Gezwitſcher aus. Jch ſah in Rotterdam ihrer drei in einem Käfig; ſie vertrugen ſich ſchlecht unter einander. Das ſtärkſte Männchen hatte die Ober- herrſchaft an ſich geriſſen und machte ſie auch dem Weibchen gegenüber geltend. Alle drei waren ganz außer ſich vor Vergnügen, wenn man ſie kraute. Sie legten ſich auf den Rücken und ſchrien ſcheinbar aus Wolluſt „hä, hä, hä!‟ Der Alleinherrſcher vertrieb immer die von ihm Unterjochten, um das Hochgefühl, welches meine Liebkoſungen ihnen allen zu bereiten ſchienen, für ſich allein zu ge- nießen. Er hatte ſich ſo gut in Achtung zu ſetzen verſtanden, daß ſein bloſes Erſcheinen genügte, die Geknechteten an den Wänden emporzutreiben. Weinland beobachtete, daß Naſenbären ohne eigent- lich erklärlichen Grund manche Leute haſſen und andere lieben. Letztere fordern ſie durch ihr eigen- thümliches Grunzen auf, ihnen zu ſchmeicheln und ſie in den Haaren zu krauen, nach den Erſteren hauen ſie wüthend mit den Klauen und zeigen ihnen die weißen Eckzähne, ſobald jene dem Käfig zu nahe kommen. Sie ſind zwar ſchwach, aber klug genug, auch von Denen, welche ſie haſſen, Futter anzu- nehmen, laſſen ſich aber nicht einmal durch ihre Lieblingsſpeiſe vollſtändig verſöhnen. Bennett erzählt, daß ſein Gefangener, welcher wie ein Hund auf ſeinen Namen hörte, jedem Rufe Folge leiſtete und gewöhnlich gar nicht daran dachte, von ſeinen Zähnen Gebrauch zu machen, zuweilen wie unſinnig in ſeinem Käfig herumlief, immer im Kreiſe, und dabei heftig nach ſeinem Schwanze biß. Dann konnte ſich Niemand dem Käfig nähern, ohne mit Fauchen, Knurren oder lautem und miß- tönendem Geſchrei empfangen und mit Biſſen bedroht zu werden. Setzte man ihn dann in Freiheit, ſo war er der beſte Kerl von der Welt und Jedermauns Freund.
Die Beobachtungen, welche Sauſſure an ſeinen Gefangenen machte, ſtimmen mit Vorſtehendem im Ganzen vollkommen überein; doch finden ſich einige auziehende Stellen in dem Bericht dieſes Forſchers, welche ich meinen Leſern nicht vorenthalten will. „Mein zahmer Coati,‟ ſagt dieſer Forſcher, „begleitete mich monatelang auf meiner Reiſe. Er war an einer dünnen Schnur befeſtigt und verſuchte dieſe auch niemals zu durchbeißen. Wenn ich ritt, hielt er ſich den ganzen Tag lang auf dem Pferde im Gleichgewicht. Zu entfliehen verſuchte er nicht und verurſachte auch ſonſt keine Störung. Abends befeſtigte ich ihn an irgend einem Gegenſtande oder ließ ihn auch wohl im Hofe frei umhergehen. Trotz ſeiner Sanftheit hatte er doch immer Augenblicke von Zorn und ſuchte zu beißen; eine einfache Strafe aber brachte ihn zur Ruhe. Ein weibliches Thier, welches ich mir in demſelben Jahre verſchaffte, beſaß ein noch ſanfteres Weſen, als das Männchen. Beide nahmen ganz außerordentlich ſchnell zu.‟
„Jm Jahre 1856 nahm ich ſie mit mir nach Europa und ließ ſie die Reiſe durch die Vereinigten
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Gefangenleben. Selbſtkur.
Händen bedeutende Geſchicklichkeit und Beides weiß er zu verwenden. Nichts läßt er unberührt.
Wenn er ſich eines Buches bemächtigen kann, dreht er alle Blätter herum, indem er abwechſelnd beide
Vordertatzen unglaublich ſchnell in Bewegung ſetzt; giebt man ihm eine Cigarre, ſo rollt er ſie durch
dieſelbe Bewegung gänzlich auf; ſieht er Etwas ſtehen, ſo giebt er dem ihn ſofort feſſelnden Gegen-
ſtande erſt mit der rechten, dann mit der linken Tatze einen Schlag, bis er zu Boden ſtürzt. Ein
Zimmer, eine Bibliothek oder eine Sammlung können ſchon gänzlich verwüſtet ſein, ehe man nur eine
Ahnung davon hat. Dazu kommen noch andere Unannehmlichkeiten. Der Rüſſelbär iſt keinen Augen-
blick ruhig; er beißt, er giebt einen ſtarken, unangenehmen, moſchusähnlichen Geruch von ſich und läßt
ſeinen ſtinkenden Koth überall fallen. Sonderbar iſt, daß er mit demſelben, ſo ſorgfältig er ſich auch
ſonſt vor ihm in Acht nimmt, ſich ſeinen Schwanz beſchmiert, wenn ihn Flöhe peinigen oder er an
einem juckenden Ausſchlage leidet. Bennett beobachtete, daß er nicht blos ſeinen Koth, ſondern auch
Leim und irgend einen andern klebrigen Stoff zwiſchen die Haare ſeiner buſchigen Standarte einrieb.
Später vergnügte er ſich dann damit, den Schwanz wieder abzulecken oder ihn durch Waſchen im
Waſſer wieder zu reinigen.
Manche Naſenbären zeigen das lebhafteſte Vergnügen, wenn ſich Jemand mit ihnen abgiebt.
Gegen Liebkoſungen ſind ſie außerordentlich empfänglich; ſie laſſen ſich gern ſtreicheln und noch lieber
hinter den Ohren krauen. Dabei beugen ſie den Kopf zur Erde nieder, ſchmiegen ſich nach Katzenart
an den Pfleger an und ſtoßen ein vergnügliches Gezwitſcher aus. Jch ſah in Rotterdam ihrer drei
in einem Käfig; ſie vertrugen ſich ſchlecht unter einander. Das ſtärkſte Männchen hatte die Ober-
herrſchaft an ſich geriſſen und machte ſie auch dem Weibchen gegenüber geltend. Alle drei waren
ganz außer ſich vor Vergnügen, wenn man ſie kraute. Sie legten ſich auf den Rücken und ſchrien
ſcheinbar aus Wolluſt „hä, hä, hä!‟ Der Alleinherrſcher vertrieb immer die von ihm Unterjochten,
um das Hochgefühl, welches meine Liebkoſungen ihnen allen zu bereiten ſchienen, für ſich allein zu ge-
nießen. Er hatte ſich ſo gut in Achtung zu ſetzen verſtanden, daß ſein bloſes Erſcheinen genügte, die
Geknechteten an den Wänden emporzutreiben. Weinland beobachtete, daß Naſenbären ohne eigent-
lich erklärlichen Grund manche Leute haſſen und andere lieben. Letztere fordern ſie durch ihr eigen-
thümliches Grunzen auf, ihnen zu ſchmeicheln und ſie in den Haaren zu krauen, nach den Erſteren hauen
ſie wüthend mit den Klauen und zeigen ihnen die weißen Eckzähne, ſobald jene dem Käfig zu nahe
kommen. Sie ſind zwar ſchwach, aber klug genug, auch von Denen, welche ſie haſſen, Futter anzu-
nehmen, laſſen ſich aber nicht einmal durch ihre Lieblingsſpeiſe vollſtändig verſöhnen. Bennett
erzählt, daß ſein Gefangener, welcher wie ein Hund auf ſeinen Namen hörte, jedem Rufe Folge
leiſtete und gewöhnlich gar nicht daran dachte, von ſeinen Zähnen Gebrauch zu machen, zuweilen wie
unſinnig in ſeinem Käfig herumlief, immer im Kreiſe, und dabei heftig nach ſeinem Schwanze biß.
Dann konnte ſich Niemand dem Käfig nähern, ohne mit Fauchen, Knurren oder lautem und miß-
tönendem Geſchrei empfangen und mit Biſſen bedroht zu werden. Setzte man ihn dann in Freiheit,
ſo war er der beſte Kerl von der Welt und Jedermauns Freund.
Die Beobachtungen, welche Sauſſure an ſeinen Gefangenen machte, ſtimmen mit Vorſtehendem
im Ganzen vollkommen überein; doch finden ſich einige auziehende Stellen in dem Bericht dieſes
Forſchers, welche ich meinen Leſern nicht vorenthalten will. „Mein zahmer Coati,‟ ſagt dieſer
Forſcher, „begleitete mich monatelang auf meiner Reiſe. Er war an einer dünnen Schnur befeſtigt
und verſuchte dieſe auch niemals zu durchbeißen. Wenn ich ritt, hielt er ſich den ganzen Tag lang
auf dem Pferde im Gleichgewicht. Zu entfliehen verſuchte er nicht und verurſachte auch ſonſt keine
Störung. Abends befeſtigte ich ihn an irgend einem Gegenſtande oder ließ ihn auch wohl im Hofe
frei umhergehen. Trotz ſeiner Sanftheit hatte er doch immer Augenblicke von Zorn und ſuchte zu
beißen; eine einfache Strafe aber brachte ihn zur Ruhe. Ein weibliches Thier, welches ich mir in
demſelben Jahre verſchaffte, beſaß ein noch ſanfteres Weſen, als das Männchen. Beide nahmen
ganz außerordentlich ſchnell zu.‟
„Jm Jahre 1856 nahm ich ſie mit mir nach Europa und ließ ſie die Reiſe durch die Vereinigten
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864, S. 637. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben01_1864/715>, abgerufen am 22.07.2024.
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