Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864.Die Raubthiere. Bären. -- Grislibär. Katzenarten, aber verhältnißmäßig noch immer scharf genug, weil der Tatzenschlag des gewaltigenThieres so furchtbar ist, daß es auf die Spitze und Schärfe der Klauen gar nicht ankommt. Dabei wollen die Jäger bemerkt haben, daß der Bär seine Zehen, also auch die Klauen, einzeln bewegen könnte. So soll er zuweilen, gleichsam spielend, große Erdstücken durch die Einzelbewegung seiner Zehen zerreiben. Jn seiner Lebensweise ähnelt der graue Bär so ziemlich dem unsern. Sein Gang ist aber viel [Abbildung]
Der Grislibär (Ursus ferox). gefährdeten Jäger durch rasches Ersteigen von Bäumen gerettet und dabei bemerkt, daß er trotz derhöchsten Wuth keinen Versuch gemacht hat, sie dort zu verfolgen. Dagegen schwimmt er mit Leichtig- keit selbst über breite Ströme und verfolgt im Zorn auch im Wasser seinen Feind. Er ist ein furcht- barer Räuber und mehr als stark genug, jedes Geschöpf seiner Heimat zu bewältigen. So fällt ihm selbst der starke Bison, dessem Vetter Ur unser Bär sehr behutsam aus dem Wege geht, zur Beute, und von ihm abwärts jedes Säugethier. Vor dem Menschen hat er durchaus keine Furcht. Alle seine Sippschaftsverwandten gehen, von eingebornem Gefühl getrieben, dem Herrn der Erde aus dem Wege und greifen ihn blos dann an, wenn sie der rasende Zorn oder der Drang nach Rache übermannt: nicht so der graue Bär. Er geht ohne weiteres auf den Menschen los, sei er zu Pferde oder zu Fuß, bewaffnet oder nicht, habe er ihn beleidigt oder gar nicht daran gedacht, ihn zu kränken. Und wehe Dem, welcher sich nicht noch rechtzeitig vor ihm flüchtet oder, wenn er ein Die Raubthiere. Bären. — Grislibär. Katzenarten, aber verhältnißmäßig noch immer ſcharf genug, weil der Tatzenſchlag des gewaltigenThieres ſo furchtbar iſt, daß es auf die Spitze und Schärfe der Klauen gar nicht ankommt. Dabei wollen die Jäger bemerkt haben, daß der Bär ſeine Zehen, alſo auch die Klauen, einzeln bewegen könnte. So ſoll er zuweilen, gleichſam ſpielend, große Erdſtücken durch die Einzelbewegung ſeiner Zehen zerreiben. Jn ſeiner Lebensweiſe ähnelt der graue Bär ſo ziemlich dem unſern. Sein Gang iſt aber viel [Abbildung]
Der Grislibär (Ursus ferox). gefährdeten Jäger durch raſches Erſteigen von Bäumen gerettet und dabei bemerkt, daß er trotz derhöchſten Wuth keinen Verſuch gemacht hat, ſie dort zu verfolgen. Dagegen ſchwimmt er mit Leichtig- keit ſelbſt über breite Ströme und verfolgt im Zorn auch im Waſſer ſeinen Feind. Er iſt ein furcht- barer Räuber und mehr als ſtark genug, jedes Geſchöpf ſeiner Heimat zu bewältigen. So fällt ihm ſelbſt der ſtarke Biſon, deſſem Vetter Ur unſer Bär ſehr behutſam aus dem Wege geht, zur Beute, und von ihm abwärts jedes Säugethier. Vor dem Menſchen hat er durchaus keine Furcht. Alle ſeine Sippſchaftsverwandten gehen, von eingebornem Gefühl getrieben, dem Herrn der Erde aus dem Wege und greifen ihn blos dann an, wenn ſie der raſende Zorn oder der Drang nach Rache übermannt: nicht ſo der graue Bär. Er geht ohne weiteres auf den Menſchen los, ſei er zu Pferde oder zu Fuß, bewaffnet oder nicht, habe er ihn beleidigt oder gar nicht daran gedacht, ihn zu kränken. Und wehe Dem, welcher ſich nicht noch rechtzeitig vor ihm flüchtet oder, wenn er ein <TEI> <text> <body> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0676" n="600"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Die Raubthiere.</hi> Bären. — <hi rendition="#g">Grislibär.</hi></fw><lb/> Katzenarten, aber verhältnißmäßig noch immer ſcharf genug, weil der Tatzenſchlag des gewaltigen<lb/> Thieres ſo furchtbar iſt, daß es auf die Spitze und Schärfe der Klauen gar nicht ankommt. Dabei<lb/> wollen die Jäger bemerkt haben, daß der Bär ſeine Zehen, alſo auch die Klauen, einzeln bewegen<lb/> könnte. So ſoll er zuweilen, gleichſam ſpielend, große Erdſtücken durch die Einzelbewegung ſeiner<lb/> Zehen zerreiben.</p><lb/> <p>Jn ſeiner Lebensweiſe ähnelt der graue Bär ſo ziemlich dem unſern. Sein Gang iſt aber viel<lb/> ſchwankender oder wiegender, und alle ſeine Bewegungen ſind plumper. Nur in der Jugend iſt<lb/> er im Stande, Bäume zu erſteigen, und macht dann von dieſer Fähigkeit auch den ausgedehnteſten<lb/> Gebrauch, um Eicheln, ſein Lieblingsfutter, abzuſtreifen. Jm Alter ſcheint er zu den Künſten der<lb/> Jugend zu ſchwerfällig geworden zu ſein; wenigſtens haben ſich mehr als einmal die von ihm<lb/><figure><head><hi rendition="#c"><hi rendition="#g">Der Grislibär</hi> (<hi rendition="#aq">Ursus ferox</hi>).</hi></head></figure><lb/> gefährdeten Jäger durch raſches Erſteigen von Bäumen gerettet und dabei bemerkt, daß er trotz der<lb/> höchſten Wuth keinen Verſuch gemacht hat, ſie dort zu verfolgen. Dagegen ſchwimmt er mit Leichtig-<lb/> keit ſelbſt über breite Ströme und verfolgt im Zorn auch im Waſſer ſeinen Feind. Er iſt ein furcht-<lb/> barer Räuber und mehr als ſtark genug, jedes Geſchöpf ſeiner Heimat zu bewältigen. So fällt<lb/> ihm ſelbſt der ſtarke <hi rendition="#g">Biſon,</hi> deſſem Vetter <hi rendition="#g">Ur</hi> unſer Bär ſehr behutſam aus dem Wege geht, zur<lb/> Beute, und von ihm abwärts jedes Säugethier. Vor dem Menſchen hat er durchaus keine Furcht.<lb/> Alle ſeine Sippſchaftsverwandten gehen, von eingebornem Gefühl getrieben, dem Herrn der Erde aus<lb/> dem Wege und greifen ihn blos dann an, wenn ſie der raſende Zorn oder der Drang nach Rache<lb/> übermannt: nicht ſo der graue Bär. Er geht ohne weiteres auf den Menſchen los, ſei er zu Pferde<lb/> oder zu Fuß, bewaffnet oder nicht, habe er ihn beleidigt oder gar nicht daran gedacht, ihn zu<lb/> kränken. Und wehe Dem, welcher ſich nicht noch rechtzeitig vor ihm flüchtet oder, wenn er ein<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [600/0676]
Die Raubthiere. Bären. — Grislibär.
Katzenarten, aber verhältnißmäßig noch immer ſcharf genug, weil der Tatzenſchlag des gewaltigen
Thieres ſo furchtbar iſt, daß es auf die Spitze und Schärfe der Klauen gar nicht ankommt. Dabei
wollen die Jäger bemerkt haben, daß der Bär ſeine Zehen, alſo auch die Klauen, einzeln bewegen
könnte. So ſoll er zuweilen, gleichſam ſpielend, große Erdſtücken durch die Einzelbewegung ſeiner
Zehen zerreiben.
Jn ſeiner Lebensweiſe ähnelt der graue Bär ſo ziemlich dem unſern. Sein Gang iſt aber viel
ſchwankender oder wiegender, und alle ſeine Bewegungen ſind plumper. Nur in der Jugend iſt
er im Stande, Bäume zu erſteigen, und macht dann von dieſer Fähigkeit auch den ausgedehnteſten
Gebrauch, um Eicheln, ſein Lieblingsfutter, abzuſtreifen. Jm Alter ſcheint er zu den Künſten der
Jugend zu ſchwerfällig geworden zu ſein; wenigſtens haben ſich mehr als einmal die von ihm
[Abbildung Der Grislibär (Ursus ferox).]
gefährdeten Jäger durch raſches Erſteigen von Bäumen gerettet und dabei bemerkt, daß er trotz der
höchſten Wuth keinen Verſuch gemacht hat, ſie dort zu verfolgen. Dagegen ſchwimmt er mit Leichtig-
keit ſelbſt über breite Ströme und verfolgt im Zorn auch im Waſſer ſeinen Feind. Er iſt ein furcht-
barer Räuber und mehr als ſtark genug, jedes Geſchöpf ſeiner Heimat zu bewältigen. So fällt
ihm ſelbſt der ſtarke Biſon, deſſem Vetter Ur unſer Bär ſehr behutſam aus dem Wege geht, zur
Beute, und von ihm abwärts jedes Säugethier. Vor dem Menſchen hat er durchaus keine Furcht.
Alle ſeine Sippſchaftsverwandten gehen, von eingebornem Gefühl getrieben, dem Herrn der Erde aus
dem Wege und greifen ihn blos dann an, wenn ſie der raſende Zorn oder der Drang nach Rache
übermannt: nicht ſo der graue Bär. Er geht ohne weiteres auf den Menſchen los, ſei er zu Pferde
oder zu Fuß, bewaffnet oder nicht, habe er ihn beleidigt oder gar nicht daran gedacht, ihn zu
kränken. Und wehe Dem, welcher ſich nicht noch rechtzeitig vor ihm flüchtet oder, wenn er ein
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