die Oertlichkeit solche Hindernisse dar, daß man auf jede Jagd verzichten muß. Der Bär bleibt daher ganz ruhig in seinem Lager, wenn ihm kein mächtigerer Feind in den Rücken kommt und ihn zwingt, seinen Aufenthalt ohne Kampf zu verlassen."
"Findet der Jäger aber ein solches Lager unter zusammengebrochenen, alten Bäumen, die gewöhnlich mit neuem Anwuchse umgeben sind, dann ist diese Jagd eher möglich, indem man den Bären durch einen von hinten in das Lager gethanen blinden Schuß zum Aufstehen nöthigt. Dann sucht er sich gewöhnlich behutsam zum Ausgange hinauszuschleichen, wo ihn die dort auf- gestellten Schützen empfangen und niederschießen, ehe er noch Zeit hat, sich zum Angriff erheben zu können." --
Aber es giebt noch andere Arten, den Bären zu jagen, und einige davon sind wirklich sehr lustig. So theilt uns Steller in seiner launigen Weise mit, wie man im südlichen Rußland und Sibirien die Bären erlegt und fängt. Außer der Jagd mit Feuergewehren und Pfeil und Bogen werden die Thiere nämlich noch auf sehr eigenthümliche Weise bewältigt. "Die Asiaten," sagt Steller, "machen ein Gebäude von vielen auf einander liegenden Balken, die alle zusammenfallen und die Bären er- schlagen, sobald sie auf diejenigen Fallen kommen, welche vor ihnen leise aufgestellt sind. Sie graben eine Grube, befestigen darin einen spitzen, geglätteten und gebrannten Pfahl, der einen Fuß hoch aus der Erde emporsteht, die Grube aber bedecken sie mit Gras. Vermittelst eines Strickes stellen sie jetzt ein biegsames Schreckholz auf, welches, wenn der Bär mit dem Fuß auf den Strick tritt, losschlägt und das Thier dergestalt erschreckt, daß es heftig zu laufen anfängt, unvorsichtiger Weise in die Grube fällt, sich auf den Pfahl spießt und so selbst tödtet. Auch befestigen Viele eiserne und spitze Fußangeln und Widerhaken in einem dicken, starken und zwei Schuh breiten Bret, legen solches auf des Bären Weg und stellen, eben wie vorher, ein Schreckholz auf. Sobald dieses losschlägt und den Bären er- schreckt, verdoppelt er seine Schritte, tritt mit dem Fuße heftig in die Angel und ist also angenagelt. Darauf sucht er den Fuß herauszubringen und tritt mit dem andern auch darein. Steht er nun gleich eine Weile auf den Hinterfüßen, so verdeckt er mit dem Bret den Weg und sieht nicht, wo er hingehen soll. Endlich, wenn er genug spekulirt und grimmig geworden ist, tobt er so lange, bis er auch mit den Hinterfüßen angenagelt wird. Nach Diesem fällt er auf den Rücken und kehrt alle vier Füße mit dem Bret in die Höhe, bis er bei der Leute Ankunft erstochen wird. Noch lächerlicher fangen ihn die Bauern an der Lena und dem Jlmflusse. Sie befestigen an einen sehr schweren Klotz einen Strick, dessen anderes Ende mit einer Schlinge versehen ist. Dies wird nahe an einem hohen Ufer an den Weg gestellt. Sobald nun der Bär die Schlinge um den Hals hat und im Fortgehen bemerkt, daß ihn der Klotz hindere und zurückhalte, ist er doch nicht so klug, daß er die Schlinge vom Kopf nehmen sollte, sondern ergrimmt dergestalt über den Klotz, daß er hinzuläuft, selben von der Erde aufhebt und, um sich davon zu entledigen, mit der größten Gewalt den Berg hinunter- wirft, zugleich aber durch das andere Ende, welches an seinem Hals befestigt ist, mit hinuntergerissen wird und sich zu Tode fällt. Bleibt er aber lebendig, so trägt er den Klotz wieder den Berg hinauf und wirft ihn nochmals hinab; dieses Spiel treibt er so lange, bis er sich zu Tode gearbeitet oder gefallen hat. Die Koräken suchen solche Bäume aus, die krumm, wie ein Schnellgalgen, gewachsen sind. Daran machen sie eine starke, feste Schlinge und hängen Aas darin auf. Wenn der Bär solches ansichtig wird, steigt er den Baum hinauf und bemüht sich, das Aas zu erhalten, wodurch er in die Schlinge kommt und bis zu der Koräken Ankunft bleibt, entweder todt oder lebendig, nachdem er mit dem Kopfe oder Vorderfüßen in die Schlinge geräth."
Jn Gegenden, wo viel Waldbienenzucht getrieben wird, hängt man an Bäumen mit Bienen- stöcken einen schweren Klotz an einem Stricke auf, so daß derselbe dem Bären den Zugang zum Honig versperren muß. Dadurch, daß der Bär mit seiner Tatze den Klotz zur Seite drückt, dieser aber von selber wiederkehrt, gerathen beide mit einander in Streit. Der Bär wird natürlich zuerst leidenschaft- lich und heftig und in Folge dessen der Klotz auch, bis endlich der Klügste nachgiebt und betäubt herunterfällt.
Die Raubthiere. Bären. — Gemeiner Bär.
die Oertlichkeit ſolche Hinderniſſe dar, daß man auf jede Jagd verzichten muß. Der Bär bleibt daher ganz ruhig in ſeinem Lager, wenn ihm kein mächtigerer Feind in den Rücken kommt und ihn zwingt, ſeinen Aufenthalt ohne Kampf zu verlaſſen.‟
„Findet der Jäger aber ein ſolches Lager unter zuſammengebrochenen, alten Bäumen, die gewöhnlich mit neuem Anwuchſe umgeben ſind, dann iſt dieſe Jagd eher möglich, indem man den Bären durch einen von hinten in das Lager gethanen blinden Schuß zum Aufſtehen nöthigt. Dann ſucht er ſich gewöhnlich behutſam zum Ausgange hinauszuſchleichen, wo ihn die dort auf- geſtellten Schützen empfangen und niederſchießen, ehe er noch Zeit hat, ſich zum Angriff erheben zu können.‟ —
Aber es giebt noch andere Arten, den Bären zu jagen, und einige davon ſind wirklich ſehr luſtig. So theilt uns Steller in ſeiner launigen Weiſe mit, wie man im ſüdlichen Rußland und Sibirien die Bären erlegt und fängt. Außer der Jagd mit Feuergewehren und Pfeil und Bogen werden die Thiere nämlich noch auf ſehr eigenthümliche Weiſe bewältigt. „Die Aſiaten,‟ ſagt Steller, „machen ein Gebäude von vielen auf einander liegenden Balken, die alle zuſammenfallen und die Bären er- ſchlagen, ſobald ſie auf diejenigen Fallen kommen, welche vor ihnen leiſe aufgeſtellt ſind. Sie graben eine Grube, befeſtigen darin einen ſpitzen, geglätteten und gebrannten Pfahl, der einen Fuß hoch aus der Erde emporſteht, die Grube aber bedecken ſie mit Gras. Vermittelſt eines Strickes ſtellen ſie jetzt ein biegſames Schreckholz auf, welches, wenn der Bär mit dem Fuß auf den Strick tritt, losſchlägt und das Thier dergeſtalt erſchreckt, daß es heftig zu laufen anfängt, unvorſichtiger Weiſe in die Grube fällt, ſich auf den Pfahl ſpießt und ſo ſelbſt tödtet. Auch befeſtigen Viele eiſerne und ſpitze Fußangeln und Widerhaken in einem dicken, ſtarken und zwei Schuh breiten Bret, legen ſolches auf des Bären Weg und ſtellen, eben wie vorher, ein Schreckholz auf. Sobald dieſes losſchlägt und den Bären er- ſchreckt, verdoppelt er ſeine Schritte, tritt mit dem Fuße heftig in die Angel und iſt alſo angenagelt. Darauf ſucht er den Fuß herauszubringen und tritt mit dem andern auch darein. Steht er nun gleich eine Weile auf den Hinterfüßen, ſo verdeckt er mit dem Bret den Weg und ſieht nicht, wo er hingehen ſoll. Endlich, wenn er genug ſpekulirt und grimmig geworden iſt, tobt er ſo lange, bis er auch mit den Hinterfüßen angenagelt wird. Nach Dieſem fällt er auf den Rücken und kehrt alle vier Füße mit dem Bret in die Höhe, bis er bei der Leute Ankunft erſtochen wird. Noch lächerlicher fangen ihn die Bauern an der Lena und dem Jlmfluſſe. Sie befeſtigen an einen ſehr ſchweren Klotz einen Strick, deſſen anderes Ende mit einer Schlinge verſehen iſt. Dies wird nahe an einem hohen Ufer an den Weg geſtellt. Sobald nun der Bär die Schlinge um den Hals hat und im Fortgehen bemerkt, daß ihn der Klotz hindere und zurückhalte, iſt er doch nicht ſo klug, daß er die Schlinge vom Kopf nehmen ſollte, ſondern ergrimmt dergeſtalt über den Klotz, daß er hinzuläuft, ſelben von der Erde aufhebt und, um ſich davon zu entledigen, mit der größten Gewalt den Berg hinunter- wirft, zugleich aber durch das andere Ende, welches an ſeinem Hals befeſtigt iſt, mit hinuntergeriſſen wird und ſich zu Tode fällt. Bleibt er aber lebendig, ſo trägt er den Klotz wieder den Berg hinauf und wirft ihn nochmals hinab; dieſes Spiel treibt er ſo lange, bis er ſich zu Tode gearbeitet oder gefallen hat. Die Koräken ſuchen ſolche Bäume aus, die krumm, wie ein Schnellgalgen, gewachſen ſind. Daran machen ſie eine ſtarke, feſte Schlinge und hängen Aas darin auf. Wenn der Bär ſolches anſichtig wird, ſteigt er den Baum hinauf und bemüht ſich, das Aas zu erhalten, wodurch er in die Schlinge kommt und bis zu der Koräken Ankunft bleibt, entweder todt oder lebendig, nachdem er mit dem Kopfe oder Vorderfüßen in die Schlinge geräth.‟
Jn Gegenden, wo viel Waldbienenzucht getrieben wird, hängt man an Bäumen mit Bienen- ſtöcken einen ſchweren Klotz an einem Stricke auf, ſo daß derſelbe dem Bären den Zugang zum Honig verſperren muß. Dadurch, daß der Bär mit ſeiner Tatze den Klotz zur Seite drückt, dieſer aber von ſelber wiederkehrt, gerathen beide mit einander in Streit. Der Bär wird natürlich zuerſt leidenſchaft- lich und heftig und in Folge deſſen der Klotz auch, bis endlich der Klügſte nachgiebt und betäubt herunterfällt.
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[592/0668]
Die Raubthiere. Bären. — Gemeiner Bär.
die Oertlichkeit ſolche Hinderniſſe dar, daß man auf jede Jagd verzichten muß. Der Bär bleibt daher
ganz ruhig in ſeinem Lager, wenn ihm kein mächtigerer Feind in den Rücken kommt und ihn zwingt,
ſeinen Aufenthalt ohne Kampf zu verlaſſen.‟
„Findet der Jäger aber ein ſolches Lager unter zuſammengebrochenen, alten Bäumen, die
gewöhnlich mit neuem Anwuchſe umgeben ſind, dann iſt dieſe Jagd eher möglich, indem man
den Bären durch einen von hinten in das Lager gethanen blinden Schuß zum Aufſtehen nöthigt.
Dann ſucht er ſich gewöhnlich behutſam zum Ausgange hinauszuſchleichen, wo ihn die dort auf-
geſtellten Schützen empfangen und niederſchießen, ehe er noch Zeit hat, ſich zum Angriff erheben
zu können.‟ —
Aber es giebt noch andere Arten, den Bären zu jagen, und einige davon ſind wirklich ſehr luſtig.
So theilt uns Steller in ſeiner launigen Weiſe mit, wie man im ſüdlichen Rußland und Sibirien
die Bären erlegt und fängt. Außer der Jagd mit Feuergewehren und Pfeil und Bogen werden die
Thiere nämlich noch auf ſehr eigenthümliche Weiſe bewältigt. „Die Aſiaten,‟ ſagt Steller, „machen
ein Gebäude von vielen auf einander liegenden Balken, die alle zuſammenfallen und die Bären er-
ſchlagen, ſobald ſie auf diejenigen Fallen kommen, welche vor ihnen leiſe aufgeſtellt ſind. Sie graben
eine Grube, befeſtigen darin einen ſpitzen, geglätteten und gebrannten Pfahl, der einen Fuß hoch aus
der Erde emporſteht, die Grube aber bedecken ſie mit Gras. Vermittelſt eines Strickes ſtellen ſie jetzt ein
biegſames Schreckholz auf, welches, wenn der Bär mit dem Fuß auf den Strick tritt, losſchlägt und
das Thier dergeſtalt erſchreckt, daß es heftig zu laufen anfängt, unvorſichtiger Weiſe in die Grube
fällt, ſich auf den Pfahl ſpießt und ſo ſelbſt tödtet. Auch befeſtigen Viele eiſerne und ſpitze Fußangeln
und Widerhaken in einem dicken, ſtarken und zwei Schuh breiten Bret, legen ſolches auf des Bären
Weg und ſtellen, eben wie vorher, ein Schreckholz auf. Sobald dieſes losſchlägt und den Bären er-
ſchreckt, verdoppelt er ſeine Schritte, tritt mit dem Fuße heftig in die Angel und iſt alſo angenagelt.
Darauf ſucht er den Fuß herauszubringen und tritt mit dem andern auch darein. Steht er nun
gleich eine Weile auf den Hinterfüßen, ſo verdeckt er mit dem Bret den Weg und ſieht nicht, wo er
hingehen ſoll. Endlich, wenn er genug ſpekulirt und grimmig geworden iſt, tobt er ſo lange, bis er
auch mit den Hinterfüßen angenagelt wird. Nach Dieſem fällt er auf den Rücken und kehrt alle vier
Füße mit dem Bret in die Höhe, bis er bei der Leute Ankunft erſtochen wird. Noch lächerlicher
fangen ihn die Bauern an der Lena und dem Jlmfluſſe. Sie befeſtigen an einen ſehr ſchweren Klotz
einen Strick, deſſen anderes Ende mit einer Schlinge verſehen iſt. Dies wird nahe an einem hohen
Ufer an den Weg geſtellt. Sobald nun der Bär die Schlinge um den Hals hat und im Fortgehen
bemerkt, daß ihn der Klotz hindere und zurückhalte, iſt er doch nicht ſo klug, daß er die Schlinge
vom Kopf nehmen ſollte, ſondern ergrimmt dergeſtalt über den Klotz, daß er hinzuläuft, ſelben von
der Erde aufhebt und, um ſich davon zu entledigen, mit der größten Gewalt den Berg hinunter-
wirft, zugleich aber durch das andere Ende, welches an ſeinem Hals befeſtigt iſt, mit hinuntergeriſſen
wird und ſich zu Tode fällt. Bleibt er aber lebendig, ſo trägt er den Klotz wieder den Berg hinauf
und wirft ihn nochmals hinab; dieſes Spiel treibt er ſo lange, bis er ſich zu Tode gearbeitet oder
gefallen hat. Die Koräken ſuchen ſolche Bäume aus, die krumm, wie ein Schnellgalgen, gewachſen
ſind. Daran machen ſie eine ſtarke, feſte Schlinge und hängen Aas darin auf. Wenn der Bär ſolches
anſichtig wird, ſteigt er den Baum hinauf und bemüht ſich, das Aas zu erhalten, wodurch er in die
Schlinge kommt und bis zu der Koräken Ankunft bleibt, entweder todt oder lebendig, nachdem er mit
dem Kopfe oder Vorderfüßen in die Schlinge geräth.‟
Jn Gegenden, wo viel Waldbienenzucht getrieben wird, hängt man an Bäumen mit Bienen-
ſtöcken einen ſchweren Klotz an einem Stricke auf, ſo daß derſelbe dem Bären den Zugang zum Honig
verſperren muß. Dadurch, daß der Bär mit ſeiner Tatze den Klotz zur Seite drückt, dieſer aber von
ſelber wiederkehrt, gerathen beide mit einander in Streit. Der Bär wird natürlich zuerſt leidenſchaft-
lich und heftig und in Folge deſſen der Klotz auch, bis endlich der Klügſte nachgiebt und betäubt
herunterfällt.
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864, S. 592. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben01_1864/668>, abgerufen am 25.11.2024.
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