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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864.

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Die Raubthiere. Fischottern. -- Gemeiner Fischotter.
in kurzer Entfernung von dem Versteck des Jägers ins Wasser. Bald darauf bemerkte dieser im
Wasser eine schmale Strömung, welche jedoch durchaus kein Geräusch verursachte und das Ansehen
hatte, als ob ein großer Fisch hoch ginge, nur daß sich die Strömung weit schneller bewegte, als es
geschehen sein würde, wenn ein Fisch die Ursache gewesen wäre. Als die Ente diese Strömung wahr-
genommen hatte, stand sie schnell auf und strich weg. Die Strömung kam Bosch immer näher, und
Dieser schoß endlich mit starken Schroten auf sie hin. Nach dem Schusse blieb das Wasser ruhig,
Bosch nahm einen Kahn, fuhr damit an die Stelle und untersuchte mit dem Ladestock, an dem sich ein
Krätzer befand, das Wasser. Er verspürte bald eine welche Masse, bohrte dieselbe an und brachte
einen Fischotter männlichen Geschlechts, welcher von der Nase bis zur Rutheuspitze 4 Fuß maß und
231/4 Pfund wog, zum Vorschein. Von nun an hörten alle Verheerungen unter dem Wasser-
geflügel auf."

Der Fischotter wird wegen der großen Verwüstungen, welche er anrichtet, zu jeder Zeit unbarm-
herzig gejagt. Seine Schlauheit macht viele Jagdarten, welche man sonst anwendet, langweilig oder
unmöglich. Es ist ein seltener Fall, daß man einen Otter auf dem Anstand erlegt; denn sobald er die
Nähe eines Menschen wittert, kommt er nicht zum Vorschein. Jm Winter ist der Anstand ergiebiger,
zumal, wenn man dem Thiere an den Eislöchern auflauert. Unter allen Umständen muß der Schütze
unter dem Wind stehen, wenn er zum Ziel kommen will. Am häufigsten fängt man den Otter im
Tellereisen, welches man vor seine Ausstiege ohne Köder so in das Wasser legt, daß es zwei Zoll hoch
davon überspült wird. Das Eisen wird mit Wassermos ganz bedeckt. Kann man eine solche Falle
in einem Bach oder Graben aufstellen, durch welche er fischend von einem Teich zum andern zu gehen
pflegt, so ist es um so besser. Man eugt alsdann den Weg durch Pfähle derart ein, daß das Thier
über das Eisen weglaufen muß. Zufällig fängt man den einen oder den andern auch in Reußen oder
sackförmigen Fischnetzen, in welche er bei seinen Fischjagden kommt und, weil er keinen Ausweg wieder
findet, erstickt. Jn meiner Heimat wurde ein Otter mit einem Hamen aus dem Wasser gefischt. Hier
und da überrascht man ihn wohl auch bei seinen Landgängen; doch nehmen nur wenige Hunde seine
Fährte an, ebensowohl, weil sie die Ausdünstung des Thieres verabscheuen, als auch, weil sie sich vor
dem Gebiß desselben fürchten. Der in die Enge getriebene Otter ist nämlich wirklich ein furcht-
erregender Gegner; er dreht sich wüthend seinem Feind zu und kann mit seinem starken Gebiß sehr
gefährlich verwunden. Dies erfuhr ein Jäger, welcher einen von seinem Hunde verfolgten Otter in
dem Augenblick ergriff, als er sich in das Wasser stürzen wollte. Der Mann hatte das Thier am
Schwanze erfaßt, dieses aber drehte sich blitzschnell herum, schnappte nach der Hand und hatte im Nu
das Endglied des Daumens abgebissen. Was der Otter gefaßt hat, läßt er nicht wieder los, und
wenn man ihn todtschlägt. Auf größeren Seen und Teichen verfolgt man den Otter mit Kähnen und
schießt auf ihn, sobald er an die Oberfläche kommt, um Luft zu schöpfen. Die aufsteigenden Luft-
blasen verrathen den Weg, welchen er unter dem Wasser nimmt und leiten so die Jäger auf ihrer
Verfolgung. Jn tiefem Wasser ist diese Jagdart nicht anwendbar, weil der Otter wie Blei zur Tiefe
und dadurch verloren geht; denn wenn er halb verfault wieder emporkommt, ist sein Fell natürlich
nicht zu gebrauchen. Nur in Flüssen, in denen es sehr viele Ottern giebt, kann man noch eine andere
Jagdweise anwenden. Man zieht in aller Stille große Netze quer durch den Fluß und läßt den
Otter durch die erwähnten Hunde treiben. Mehrere Leute mit Gewehren und Spießen stehen an den
Netzen oder gehen, wo Dies thunlich, mit den Hunden im Flusse fort. Dann versucht man das Raub-
thier entweder zu erlegen oder anzuspießen und trägt es dann stolz auf den Spießen nach Hause.
So jagt man hauptsächlich in Schottland. Der gefangene Otter zischt und faucht fürchterlich und
vertheidigt sich bis zum letzten Lebenshauch. Unvorsichtigen Hunden wird er höchst gefährlich; er
zerbeißt ihnen nicht selten die Beinknochen. Die Otterhunde, welche wir kennen lernten, wissen der-
artigen Unfällen freilich auszuweichen und werden ihres Wildes bald Herr. Jm Augenblick des Todes
stößt der Otter klagende und wimmernde Töne aus.

Eine festbestimmte Rollzeit hat der Otter nicht, denn man findet in jedem Monat des Jahres

Die Raubthiere. Fiſchottern. — Gemeiner Fiſchotter.
in kurzer Entfernung von dem Verſteck des Jägers ins Waſſer. Bald darauf bemerkte dieſer im
Waſſer eine ſchmale Strömung, welche jedoch durchaus kein Geräuſch verurſachte und das Anſehen
hatte, als ob ein großer Fiſch hoch ginge, nur daß ſich die Strömung weit ſchneller bewegte, als es
geſchehen ſein würde, wenn ein Fiſch die Urſache geweſen wäre. Als die Ente dieſe Strömung wahr-
genommen hatte, ſtand ſie ſchnell auf und ſtrich weg. Die Strömung kam Boſch immer näher, und
Dieſer ſchoß endlich mit ſtarken Schroten auf ſie hin. Nach dem Schuſſe blieb das Waſſer ruhig,
Boſch nahm einen Kahn, fuhr damit an die Stelle und unterſuchte mit dem Ladeſtock, an dem ſich ein
Krätzer befand, das Waſſer. Er verſpürte bald eine welche Maſſe, bohrte dieſelbe an und brachte
einen Fiſchotter männlichen Geſchlechts, welcher von der Naſe bis zur Rutheuſpitze 4 Fuß maß und
23¼ Pfund wog, zum Vorſchein. Von nun an hörten alle Verheerungen unter dem Waſſer-
geflügel auf.‟

Der Fiſchotter wird wegen der großen Verwüſtungen, welche er anrichtet, zu jeder Zeit unbarm-
herzig gejagt. Seine Schlauheit macht viele Jagdarten, welche man ſonſt anwendet, langweilig oder
unmöglich. Es iſt ein ſeltener Fall, daß man einen Otter auf dem Anſtand erlegt; denn ſobald er die
Nähe eines Menſchen wittert, kommt er nicht zum Vorſchein. Jm Winter iſt der Anſtand ergiebiger,
zumal, wenn man dem Thiere an den Eislöchern auflauert. Unter allen Umſtänden muß der Schütze
unter dem Wind ſtehen, wenn er zum Ziel kommen will. Am häufigſten fängt man den Otter im
Tellereiſen, welches man vor ſeine Ausſtiege ohne Köder ſo in das Waſſer legt, daß es zwei Zoll hoch
davon überſpült wird. Das Eiſen wird mit Waſſermos ganz bedeckt. Kann man eine ſolche Falle
in einem Bach oder Graben aufſtellen, durch welche er fiſchend von einem Teich zum andern zu gehen
pflegt, ſo iſt es um ſo beſſer. Man eugt alsdann den Weg durch Pfähle derart ein, daß das Thier
über das Eiſen weglaufen muß. Zufällig fängt man den einen oder den andern auch in Reußen oder
ſackförmigen Fiſchnetzen, in welche er bei ſeinen Fiſchjagden kommt und, weil er keinen Ausweg wieder
findet, erſtickt. Jn meiner Heimat wurde ein Otter mit einem Hamen aus dem Waſſer gefiſcht. Hier
und da überraſcht man ihn wohl auch bei ſeinen Landgängen; doch nehmen nur wenige Hunde ſeine
Fährte an, ebenſowohl, weil ſie die Ausdünſtung des Thieres verabſcheuen, als auch, weil ſie ſich vor
dem Gebiß deſſelben fürchten. Der in die Enge getriebene Otter iſt nämlich wirklich ein furcht-
erregender Gegner; er dreht ſich wüthend ſeinem Feind zu und kann mit ſeinem ſtarken Gebiß ſehr
gefährlich verwunden. Dies erfuhr ein Jäger, welcher einen von ſeinem Hunde verfolgten Otter in
dem Augenblick ergriff, als er ſich in das Waſſer ſtürzen wollte. Der Mann hatte das Thier am
Schwanze erfaßt, dieſes aber drehte ſich blitzſchnell herum, ſchnappte nach der Hand und hatte im Nu
das Endglied des Daumens abgebiſſen. Was der Otter gefaßt hat, läßt er nicht wieder los, und
wenn man ihn todtſchlägt. Auf größeren Seen und Teichen verfolgt man den Otter mit Kähnen und
ſchießt auf ihn, ſobald er an die Oberfläche kommt, um Luft zu ſchöpfen. Die aufſteigenden Luft-
blaſen verrathen den Weg, welchen er unter dem Waſſer nimmt und leiten ſo die Jäger auf ihrer
Verfolgung. Jn tiefem Waſſer iſt dieſe Jagdart nicht anwendbar, weil der Otter wie Blei zur Tiefe
und dadurch verloren geht; denn wenn er halb verfault wieder emporkommt, iſt ſein Fell natürlich
nicht zu gebrauchen. Nur in Flüſſen, in denen es ſehr viele Ottern giebt, kann man noch eine andere
Jagdweiſe anwenden. Man zieht in aller Stille große Netze quer durch den Fluß und läßt den
Otter durch die erwähnten Hunde treiben. Mehrere Leute mit Gewehren und Spießen ſtehen an den
Netzen oder gehen, wo Dies thunlich, mit den Hunden im Fluſſe fort. Dann verſucht man das Raub-
thier entweder zu erlegen oder anzuſpießen und trägt es dann ſtolz auf den Spießen nach Hauſe.
So jagt man hauptſächlich in Schottland. Der gefangene Otter ziſcht und faucht fürchterlich und
vertheidigt ſich bis zum letzten Lebenshauch. Unvorſichtigen Hunden wird er höchſt gefährlich; er
zerbeißt ihnen nicht ſelten die Beinknochen. Die Otterhunde, welche wir kennen lernten, wiſſen der-
artigen Unfällen freilich auszuweichen und werden ihres Wildes bald Herr. Jm Augenblick des Todes
ſtößt der Otter klagende und wimmernde Töne aus.

Eine feſtbeſtimmte Rollzeit hat der Otter nicht, denn man findet in jedem Monat des Jahres

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[566/0642] Die Raubthiere. Fiſchottern. — Gemeiner Fiſchotter. in kurzer Entfernung von dem Verſteck des Jägers ins Waſſer. Bald darauf bemerkte dieſer im Waſſer eine ſchmale Strömung, welche jedoch durchaus kein Geräuſch verurſachte und das Anſehen hatte, als ob ein großer Fiſch hoch ginge, nur daß ſich die Strömung weit ſchneller bewegte, als es geſchehen ſein würde, wenn ein Fiſch die Urſache geweſen wäre. Als die Ente dieſe Strömung wahr- genommen hatte, ſtand ſie ſchnell auf und ſtrich weg. Die Strömung kam Boſch immer näher, und Dieſer ſchoß endlich mit ſtarken Schroten auf ſie hin. Nach dem Schuſſe blieb das Waſſer ruhig, Boſch nahm einen Kahn, fuhr damit an die Stelle und unterſuchte mit dem Ladeſtock, an dem ſich ein Krätzer befand, das Waſſer. Er verſpürte bald eine welche Maſſe, bohrte dieſelbe an und brachte einen Fiſchotter männlichen Geſchlechts, welcher von der Naſe bis zur Rutheuſpitze 4 Fuß maß und 23¼ Pfund wog, zum Vorſchein. Von nun an hörten alle Verheerungen unter dem Waſſer- geflügel auf.‟ Der Fiſchotter wird wegen der großen Verwüſtungen, welche er anrichtet, zu jeder Zeit unbarm- herzig gejagt. Seine Schlauheit macht viele Jagdarten, welche man ſonſt anwendet, langweilig oder unmöglich. Es iſt ein ſeltener Fall, daß man einen Otter auf dem Anſtand erlegt; denn ſobald er die Nähe eines Menſchen wittert, kommt er nicht zum Vorſchein. Jm Winter iſt der Anſtand ergiebiger, zumal, wenn man dem Thiere an den Eislöchern auflauert. Unter allen Umſtänden muß der Schütze unter dem Wind ſtehen, wenn er zum Ziel kommen will. Am häufigſten fängt man den Otter im Tellereiſen, welches man vor ſeine Ausſtiege ohne Köder ſo in das Waſſer legt, daß es zwei Zoll hoch davon überſpült wird. Das Eiſen wird mit Waſſermos ganz bedeckt. Kann man eine ſolche Falle in einem Bach oder Graben aufſtellen, durch welche er fiſchend von einem Teich zum andern zu gehen pflegt, ſo iſt es um ſo beſſer. Man eugt alsdann den Weg durch Pfähle derart ein, daß das Thier über das Eiſen weglaufen muß. Zufällig fängt man den einen oder den andern auch in Reußen oder ſackförmigen Fiſchnetzen, in welche er bei ſeinen Fiſchjagden kommt und, weil er keinen Ausweg wieder findet, erſtickt. Jn meiner Heimat wurde ein Otter mit einem Hamen aus dem Waſſer gefiſcht. Hier und da überraſcht man ihn wohl auch bei ſeinen Landgängen; doch nehmen nur wenige Hunde ſeine Fährte an, ebenſowohl, weil ſie die Ausdünſtung des Thieres verabſcheuen, als auch, weil ſie ſich vor dem Gebiß deſſelben fürchten. Der in die Enge getriebene Otter iſt nämlich wirklich ein furcht- erregender Gegner; er dreht ſich wüthend ſeinem Feind zu und kann mit ſeinem ſtarken Gebiß ſehr gefährlich verwunden. Dies erfuhr ein Jäger, welcher einen von ſeinem Hunde verfolgten Otter in dem Augenblick ergriff, als er ſich in das Waſſer ſtürzen wollte. Der Mann hatte das Thier am Schwanze erfaßt, dieſes aber drehte ſich blitzſchnell herum, ſchnappte nach der Hand und hatte im Nu das Endglied des Daumens abgebiſſen. Was der Otter gefaßt hat, läßt er nicht wieder los, und wenn man ihn todtſchlägt. Auf größeren Seen und Teichen verfolgt man den Otter mit Kähnen und ſchießt auf ihn, ſobald er an die Oberfläche kommt, um Luft zu ſchöpfen. Die aufſteigenden Luft- blaſen verrathen den Weg, welchen er unter dem Waſſer nimmt und leiten ſo die Jäger auf ihrer Verfolgung. Jn tiefem Waſſer iſt dieſe Jagdart nicht anwendbar, weil der Otter wie Blei zur Tiefe und dadurch verloren geht; denn wenn er halb verfault wieder emporkommt, iſt ſein Fell natürlich nicht zu gebrauchen. Nur in Flüſſen, in denen es ſehr viele Ottern giebt, kann man noch eine andere Jagdweiſe anwenden. Man zieht in aller Stille große Netze quer durch den Fluß und läßt den Otter durch die erwähnten Hunde treiben. Mehrere Leute mit Gewehren und Spießen ſtehen an den Netzen oder gehen, wo Dies thunlich, mit den Hunden im Fluſſe fort. Dann verſucht man das Raub- thier entweder zu erlegen oder anzuſpießen und trägt es dann ſtolz auf den Spießen nach Hauſe. So jagt man hauptſächlich in Schottland. Der gefangene Otter ziſcht und faucht fürchterlich und vertheidigt ſich bis zum letzten Lebenshauch. Unvorſichtigen Hunden wird er höchſt gefährlich; er zerbeißt ihnen nicht ſelten die Beinknochen. Die Otterhunde, welche wir kennen lernten, wiſſen der- artigen Unfällen freilich auszuweichen und werden ihres Wildes bald Herr. Jm Augenblick des Todes ſtößt der Otter klagende und wimmernde Töne aus. Eine feſtbeſtimmte Rollzeit hat der Otter nicht, denn man findet in jedem Monat des Jahres

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864, S. 566. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben01_1864/642>, abgerufen am 24.11.2024.