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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864.

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Beispiele unerfreulicher Begegnung mit dem Chinga.
einer Stelle seinen Pestgeruch verbreitet hat. Jch schlief einmal auf einem Hofe, wo ein Lamm getödtet
lag, und es schlich sich solch ein Thier heran; der Hund sah und verjagte es. Da entstand plötzlich
ein solcher Gestank, daß ich glaubte, ersticken zu müssen; sogar die Kühe blökten aus vollem Halse.
Die Köchin bemerkte, daß verschiedene Tage nach einander das Fleisch im Keller benascht worden war;
sie versperrte deshalb alle Zugänge, um die Katzen abzuhalten. Allein in der folgenden Nacht hörte
sie einen Lärm in dem Keller und ging deshalb hinab. Da sah sie ein Thier mit feurigen Augen,
welches sie ganz ruhig zu erwarten schien. Sie faßte sich jedoch ein Herz und schlug es todt. Plötzlich
aber entstand solch ein abscheulicher Gestank, daß sie einige Tage krank wurde und man alle Eßwaaren
im Keller sammt Brod und Fleisch wegwersen mußte."

Das Stinkthier ist sich seiner furchtbaren Waffe so wohl bewußt, daß es keineswegs scheu oder
feig ist. Alle seine Bewegungen sind langsam. Es kann weder springen, noch klettern, sondern nur
gehen und hüpfen. Beim Gehen tritt es fast mit der ganzen Sohle auf, wölbt den Rücken und trägt
den Schwanz nach abwärts gerichtet. Ab und zu wühlt es in der Erde oder schnüffelt nach irgend
etwas Genießbarem herum. Trifft man nun zufällig auf das Thier, so bleibt es ganz ruhig stehen,
hebt den Schwanz auf, dreht sich herum und spritzt den Saft gerade von sich.

"Als mein Sohn," so erzählt Siedhof, "eines Abends langsam im Freien herumging, kam
plötzlich ein Stinkthier auf ihn los und biß sich in seinen Beinkleidern fest. Er schüttelte es mit
Mühe ab und tödtete es durch einen Fußtritt. Als er aber nach Hause kam, verbreitete sich von
seinen durch das gefährliche Thier benetzten Kleidern ein so durchdringender, abscheulicher Knoblauchs-
geruch, daß augenblicklich das ganze Haus erfüllt wurde, die befreundeten Familien, welche gerade
zu Besuch anwesend waren, sofort davonliefen und die Einwohner, welche nicht flüchten konnten, sich
erbrechen mußten. Alles Räuchern und Lüften half Nichts; selbst nach einem Monate war der Ge-
ruch noch zu spüren. Die Stiefel rochen, so oft sie warm wurden, noch vier Monate lang, trotzdem
sie in den Rauch gehängt und mit Chlorwasser gewaschen wurden. Das Unglück hatte sich im
Dezember ereignet. Das Thier war im Garten vergraben worden, aber noch im nächsten August
konnte man seine Ruhestätte durch den Geruch aufsinden."

Auch Audubon erfuhr die Furchtbarkeit des Stinkthieres an sich selbst. "Dieses kleine, nied-
liche, ganz unschuldig aussehende Thierchen," sagt er, "ist doch im Stande, jeden Prahlhans auf
den ersten Schuß in die Flucht zu schlagen, so daß er mit Jammergeschrei Reißaus nimmt. Jch selbst
habe einmal, als kleiner Schulknabe, so ein Unglück erlitten."

"Die Sonne war eben untergegangen. Jch ging mit einigen Freunden langsam meinen Weg.
Da sahen wir ein allerliebstes, uns ganz unbekanntes Thierchen, welches gemüthlich herumschlich,
dann stehen blieb und uns ansah, als warte es, wie ein alter Freund, um uns Gesellschaft zu
leisten. Das Ding sah gar zu unschuldig und niedlich aus, und es hielt seinen buschigen Schwanz
hoch empor, als wolle es daran gefaßt und in unseren Armen nach Hause getragen sein. Jch war
ganz entzückt, griff voller Seligkeit zu -- und patsch! da schoß das Höllenvieh seinen Teufelssaft in
die Nase, in den Mund, in die Augen. Vom Donner gerührt, ließ ich das Ungeheuer fallen und
nahm in Todesangst Reißaus."

Fröbel hörte einmal ein Geräusch hinter sich und bemerkte, als er sich umwandte, das ihm
unbekannte Stinkthier, welches, als er sich nach ihm hinkehrte, augenblicklich zu knurren begann, mit
dem Fuße stampfte und, sobald er seinen Stock ergriff, ihm Kleider, Gesicht und Haare mit seiner
entsetzlichen Flüssigkeit bespritzte. Voller Wuth schlug er das Thier todt, eilte über den Platz und
wollte dem Hause zu, verursachte aber allgemeine Furcht. Die Thür wurde verrammelt, und nur aus
dem Fenster rief man ihm guten Rath zu. Wasser, Seife, kölnisches Wasser half Nichts; endlich
wurde ein kräftiges Feuer angebrannt, und der arme, verstänkerte Reisende legte die ihm von einem
Ansiedler geborgten Kleider an und räucherte die bespritzten, nebst Gesicht und Haar, im dichten
Qualm einige Stunden lang, worauf dann wirklich der Geruch verschwand.

Zuweilen greift das Thier auch ganz ungereizt an, jedenfalls aber blos dann, wenn es glaubt,

Beiſpiele unerfreulicher Begegnung mit dem Chinga.
einer Stelle ſeinen Peſtgeruch verbreitet hat. Jch ſchlief einmal auf einem Hofe, wo ein Lamm getödtet
lag, und es ſchlich ſich ſolch ein Thier heran; der Hund ſah und verjagte es. Da entſtand plötzlich
ein ſolcher Geſtank, daß ich glaubte, erſticken zu müſſen; ſogar die Kühe blökten aus vollem Halſe.
Die Köchin bemerkte, daß verſchiedene Tage nach einander das Fleiſch im Keller benaſcht worden war;
ſie verſperrte deshalb alle Zugänge, um die Katzen abzuhalten. Allein in der folgenden Nacht hörte
ſie einen Lärm in dem Keller und ging deshalb hinab. Da ſah ſie ein Thier mit feurigen Augen,
welches ſie ganz ruhig zu erwarten ſchien. Sie faßte ſich jedoch ein Herz und ſchlug es todt. Plötzlich
aber entſtand ſolch ein abſcheulicher Geſtank, daß ſie einige Tage krank wurde und man alle Eßwaaren
im Keller ſammt Brod und Fleiſch wegwerſen mußte.‟

Das Stinkthier iſt ſich ſeiner furchtbaren Waffe ſo wohl bewußt, daß es keineswegs ſcheu oder
feig iſt. Alle ſeine Bewegungen ſind langſam. Es kann weder ſpringen, noch klettern, ſondern nur
gehen und hüpfen. Beim Gehen tritt es faſt mit der ganzen Sohle auf, wölbt den Rücken und trägt
den Schwanz nach abwärts gerichtet. Ab und zu wühlt es in der Erde oder ſchnüffelt nach irgend
etwas Genießbarem herum. Trifft man nun zufällig auf das Thier, ſo bleibt es ganz ruhig ſtehen,
hebt den Schwanz auf, dreht ſich herum und ſpritzt den Saft gerade von ſich.

„Als mein Sohn,‟ ſo erzählt Siedhof, „eines Abends langſam im Freien herumging, kam
plötzlich ein Stinkthier auf ihn los und biß ſich in ſeinen Beinkleidern feſt. Er ſchüttelte es mit
Mühe ab und tödtete es durch einen Fußtritt. Als er aber nach Hauſe kam, verbreitete ſich von
ſeinen durch das gefährliche Thier benetzten Kleidern ein ſo durchdringender, abſcheulicher Knoblauchs-
geruch, daß augenblicklich das ganze Haus erfüllt wurde, die befreundeten Familien, welche gerade
zu Beſuch anweſend waren, ſofort davonliefen und die Einwohner, welche nicht flüchten konnten, ſich
erbrechen mußten. Alles Räuchern und Lüften half Nichts; ſelbſt nach einem Monate war der Ge-
ruch noch zu ſpüren. Die Stiefel rochen, ſo oft ſie warm wurden, noch vier Monate lang, trotzdem
ſie in den Rauch gehängt und mit Chlorwaſſer gewaſchen wurden. Das Unglück hatte ſich im
Dezember ereignet. Das Thier war im Garten vergraben worden, aber noch im nächſten Auguſt
konnte man ſeine Ruheſtätte durch den Geruch aufſinden.‟

Auch Audubon erfuhr die Furchtbarkeit des Stinkthieres an ſich ſelbſt. „Dieſes kleine, nied-
liche, ganz unſchuldig ausſehende Thierchen,‟ ſagt er, „iſt doch im Stande, jeden Prahlhans auf
den erſten Schuß in die Flucht zu ſchlagen, ſo daß er mit Jammergeſchrei Reißaus nimmt. Jch ſelbſt
habe einmal, als kleiner Schulknabe, ſo ein Unglück erlitten.‟

„Die Sonne war eben untergegangen. Jch ging mit einigen Freunden langſam meinen Weg.
Da ſahen wir ein allerliebſtes, uns ganz unbekanntes Thierchen, welches gemüthlich herumſchlich,
dann ſtehen blieb und uns anſah, als warte es, wie ein alter Freund, um uns Geſellſchaft zu
leiſten. Das Ding ſah gar zu unſchuldig und niedlich aus, und es hielt ſeinen buſchigen Schwanz
hoch empor, als wolle es daran gefaßt und in unſeren Armen nach Hauſe getragen ſein. Jch war
ganz entzückt, griff voller Seligkeit zu — und patſch! da ſchoß das Höllenvieh ſeinen Teufelsſaft in
die Naſe, in den Mund, in die Augen. Vom Donner gerührt, ließ ich das Ungeheuer fallen und
nahm in Todesangſt Reißaus.‟

Fröbel hörte einmal ein Geräuſch hinter ſich und bemerkte, als er ſich umwandte, das ihm
unbekannte Stinkthier, welches, als er ſich nach ihm hinkehrte, augenblicklich zu knurren begann, mit
dem Fuße ſtampfte und, ſobald er ſeinen Stock ergriff, ihm Kleider, Geſicht und Haare mit ſeiner
entſetzlichen Flüſſigkeit beſpritzte. Voller Wuth ſchlug er das Thier todt, eilte über den Platz und
wollte dem Hauſe zu, verurſachte aber allgemeine Furcht. Die Thür wurde verrammelt, und nur aus
dem Fenſter rief man ihm guten Rath zu. Waſſer, Seife, kölniſches Waſſer half Nichts; endlich
wurde ein kräftiges Feuer angebrannt, und der arme, verſtänkerte Reiſende legte die ihm von einem
Anſiedler geborgten Kleider an und räucherte die beſpritzten, nebſt Geſicht und Haar, im dichten
Qualm einige Stunden lang, worauf dann wirklich der Geruch verſchwand.

Zuweilen greift das Thier auch ganz ungereizt an, jedenfalls aber blos dann, wenn es glaubt,

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[507/0581] Beiſpiele unerfreulicher Begegnung mit dem Chinga. einer Stelle ſeinen Peſtgeruch verbreitet hat. Jch ſchlief einmal auf einem Hofe, wo ein Lamm getödtet lag, und es ſchlich ſich ſolch ein Thier heran; der Hund ſah und verjagte es. Da entſtand plötzlich ein ſolcher Geſtank, daß ich glaubte, erſticken zu müſſen; ſogar die Kühe blökten aus vollem Halſe. Die Köchin bemerkte, daß verſchiedene Tage nach einander das Fleiſch im Keller benaſcht worden war; ſie verſperrte deshalb alle Zugänge, um die Katzen abzuhalten. Allein in der folgenden Nacht hörte ſie einen Lärm in dem Keller und ging deshalb hinab. Da ſah ſie ein Thier mit feurigen Augen, welches ſie ganz ruhig zu erwarten ſchien. Sie faßte ſich jedoch ein Herz und ſchlug es todt. Plötzlich aber entſtand ſolch ein abſcheulicher Geſtank, daß ſie einige Tage krank wurde und man alle Eßwaaren im Keller ſammt Brod und Fleiſch wegwerſen mußte.‟ Das Stinkthier iſt ſich ſeiner furchtbaren Waffe ſo wohl bewußt, daß es keineswegs ſcheu oder feig iſt. Alle ſeine Bewegungen ſind langſam. Es kann weder ſpringen, noch klettern, ſondern nur gehen und hüpfen. Beim Gehen tritt es faſt mit der ganzen Sohle auf, wölbt den Rücken und trägt den Schwanz nach abwärts gerichtet. Ab und zu wühlt es in der Erde oder ſchnüffelt nach irgend etwas Genießbarem herum. Trifft man nun zufällig auf das Thier, ſo bleibt es ganz ruhig ſtehen, hebt den Schwanz auf, dreht ſich herum und ſpritzt den Saft gerade von ſich. „Als mein Sohn,‟ ſo erzählt Siedhof, „eines Abends langſam im Freien herumging, kam plötzlich ein Stinkthier auf ihn los und biß ſich in ſeinen Beinkleidern feſt. Er ſchüttelte es mit Mühe ab und tödtete es durch einen Fußtritt. Als er aber nach Hauſe kam, verbreitete ſich von ſeinen durch das gefährliche Thier benetzten Kleidern ein ſo durchdringender, abſcheulicher Knoblauchs- geruch, daß augenblicklich das ganze Haus erfüllt wurde, die befreundeten Familien, welche gerade zu Beſuch anweſend waren, ſofort davonliefen und die Einwohner, welche nicht flüchten konnten, ſich erbrechen mußten. Alles Räuchern und Lüften half Nichts; ſelbſt nach einem Monate war der Ge- ruch noch zu ſpüren. Die Stiefel rochen, ſo oft ſie warm wurden, noch vier Monate lang, trotzdem ſie in den Rauch gehängt und mit Chlorwaſſer gewaſchen wurden. Das Unglück hatte ſich im Dezember ereignet. Das Thier war im Garten vergraben worden, aber noch im nächſten Auguſt konnte man ſeine Ruheſtätte durch den Geruch aufſinden.‟ Auch Audubon erfuhr die Furchtbarkeit des Stinkthieres an ſich ſelbſt. „Dieſes kleine, nied- liche, ganz unſchuldig ausſehende Thierchen,‟ ſagt er, „iſt doch im Stande, jeden Prahlhans auf den erſten Schuß in die Flucht zu ſchlagen, ſo daß er mit Jammergeſchrei Reißaus nimmt. Jch ſelbſt habe einmal, als kleiner Schulknabe, ſo ein Unglück erlitten.‟ „Die Sonne war eben untergegangen. Jch ging mit einigen Freunden langſam meinen Weg. Da ſahen wir ein allerliebſtes, uns ganz unbekanntes Thierchen, welches gemüthlich herumſchlich, dann ſtehen blieb und uns anſah, als warte es, wie ein alter Freund, um uns Geſellſchaft zu leiſten. Das Ding ſah gar zu unſchuldig und niedlich aus, und es hielt ſeinen buſchigen Schwanz hoch empor, als wolle es daran gefaßt und in unſeren Armen nach Hauſe getragen ſein. Jch war ganz entzückt, griff voller Seligkeit zu — und patſch! da ſchoß das Höllenvieh ſeinen Teufelsſaft in die Naſe, in den Mund, in die Augen. Vom Donner gerührt, ließ ich das Ungeheuer fallen und nahm in Todesangſt Reißaus.‟ Fröbel hörte einmal ein Geräuſch hinter ſich und bemerkte, als er ſich umwandte, das ihm unbekannte Stinkthier, welches, als er ſich nach ihm hinkehrte, augenblicklich zu knurren begann, mit dem Fuße ſtampfte und, ſobald er ſeinen Stock ergriff, ihm Kleider, Geſicht und Haare mit ſeiner entſetzlichen Flüſſigkeit beſpritzte. Voller Wuth ſchlug er das Thier todt, eilte über den Platz und wollte dem Hauſe zu, verurſachte aber allgemeine Furcht. Die Thür wurde verrammelt, und nur aus dem Fenſter rief man ihm guten Rath zu. Waſſer, Seife, kölniſches Waſſer half Nichts; endlich wurde ein kräftiges Feuer angebrannt, und der arme, verſtänkerte Reiſende legte die ihm von einem Anſiedler geborgten Kleider an und räucherte die beſpritzten, nebſt Geſicht und Haar, im dichten Qualm einige Stunden lang, worauf dann wirklich der Geruch verſchwand. Zuweilen greift das Thier auch ganz ungereizt an, jedenfalls aber blos dann, wenn es glaubt,

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864, S. 507. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben01_1864/581>, abgerufen am 17.05.2024.