Schon während der Vorzeit waren Stinkthiere über Brasilien verbreitet, und gegenwärtig sind sie noch in ganz Amerika keineswegs seltene Erscheinungen. Die vielen Arten, welche man unter- schieden hat, sind wahrscheinlich auf einige wenige zurückzuführen, weil alle neueren Beobachter darin übereinstimmen, daß sie sämmtlich hinsichtlich ihrer Färbung außerordentlich abändern. Neuere Natur- forscher ordnen sie in zwei Untersippen, welche sich hauptsächlich durch den Zahnbau und die behaarten oder nackten Sohlen unterscheiden.
Unserem Zweck genügt es vollkommen, wenn wir das Leben und Treiben einer der bekanntesten Arten, der Chinga (Mephitis Chinga), betrachten.
Dieses Thier ist ungefähr von der Größe einer Hauskatze, hat einen kleinen, breiten Kopf, eine spitze Schnauze mit nackter Nase und kurze zugerundete Ohren, einen nicht besonders gestreckten Leib und einen dicht- und lang behaarten, deshalb länger, als er wirklich ist, erscheinenden Schwanz. Die Länge des Leibes beträgt etwas über einen Fuß, die des Schwanzes etwa die Hälfte, während die Höhe am Widerrist sich auf fünf und einen halben Zoll beläuft. Der glänzende Pelz hat Schwarz zur Grundfarbe. Von der Nase zieht sich ein einfacher, schmaler, weißer Streifen zwischen den Augen hindurch, erweitert sich auf der Stirn zu einem rautenförmigen Flecken, verbreitet sich noch mehr auf dem Halse und geht endlich in eine Binde über, welche sich am Widerrist in zwei breite Streifen theilt, die bis zu dem Schwanzende fortlaufen und dort sich wieder vereinigen. Am Halse, an der Schultergegend, an der Außenseite der Beine, seltener auch an der Brust und am Bauche treten kleine, weiße Flecken hervor. Ueber den Schwanz ziehen sich entweder zwei breite, weiße Längsstreifen, oder er erscheint unregelmäßig aus Schwarz und Weiß gemischt.
Die Chinga ist wegen der rücksichtslosen Beleidigung eines unserer empfindlichsten Sinnes- werkzeuge schon seit langer Zeit wohlbekannt geworden und macht noch heut zu Tage fast in allen Reisebeschreibungen von sich reden. Jhr Verbreitungskreis ist ziemlich ausgedehnt; am häufigsten wird sie in der Nähe der Hudsonsbay gefunden, von wo aus sie sich nach dem Norden hin verbreitet. Jm Süden findet sie vollkommen ebenbürtige Genossen, welche sie in jeder Hinsicht ersetzen. Jhre Aufenthaltsorte sind höher gelegene Gegenden, namentlich Gehölze und Wälder längs der Flußufer, oder auch Felsengegenden, in deren Spalten und Höhlen sie wohnt.
Der Erste, welcher eine ausführlichere Beschreibung des Stinkthieres giebt, ist Kalm. "Das Thier", sagt er, "ist wegen einer besondern Eigenschaft bekannt. Wird es von Hunden oder Menschen gejagt, so läuft es Anfangs so schnell, als es kann, oder klettert auf einen Baum; findet es keinen Ausweg mehr, so wendet es noch ein Mittel an, welches ihm übrig ist; es spritzt seinen Feinden seinen Harn entgegen, und zwar auf große Entfernung. Einige Leute haben mir erzählt, daß ihnen von diesem schändlichen Safte das Gesicht ganz bespritzt worden wäre, obwohl sie noch gegen achtzehn Fuß davon entfernt gewesen seien. Diese Feuchtigkeit hat einen so unerträglichen Gestank, daß kein schlim- merer gedacht werden kann. Jst Jemand dem Thiere zur Zeit des Ausspritzens nahe, so kann er wohl kaum Athem holen, und es ist ihm später zu Muthe, als wenn er ersticken sollte. Ja, kommt dieser Pestsaft in die Augen, so läuft man Gefahr, das Gesicht zu verlieren, und aus Kleidern ist der Geruch fast gar nicht wieder herauszubringen, man mag sie waschen, so oft man will. Viele Hunde laufen davon, sobald sie der Guß trifft, richtige Fänger hören aber nicht eher auf, dem Flüchtigen nachzusetzen, als bis sie ihn todt gebissen haben. Sie reiben jedoch ihre Schnauze auf der Erde, um den Gestank einigermaßen zu vertreiben."
"Der widrige Geruch geht selten vor einem Monat aus den Kleidern; doch verlieren sie das Meiste davon, wenn man sie vier und zwanzig Stunden lang mit Erde bedeckt. Auch die Hand und das Gesicht muß man wenigstens eine Stunde mit Erde reiben, weil das Waschen Nichts hilft. Als ein angesehener Mann, der unvermuthet gespritzt wurde, sich in einem Hause waschen wollte, schloß man die Thüre und die Leute liefen davon. Bespritzte Hunde läßt man Tage lang in kein Haus. Wenn man in einem Walde reiset, muß man sich oft lange Zeit die Nase zuhalten, falls das Thier an
Die Raubthiere. Marder. — Chinga.
Schon während der Vorzeit waren Stinkthiere über Braſilien verbreitet, und gegenwärtig ſind ſie noch in ganz Amerika keineswegs ſeltene Erſcheinungen. Die vielen Arten, welche man unter- ſchieden hat, ſind wahrſcheinlich auf einige wenige zurückzuführen, weil alle neueren Beobachter darin übereinſtimmen, daß ſie ſämmtlich hinſichtlich ihrer Färbung außerordentlich abändern. Neuere Natur- forſcher ordnen ſie in zwei Unterſippen, welche ſich hauptſächlich durch den Zahnbau und die behaarten oder nackten Sohlen unterſcheiden.
Unſerem Zweck genügt es vollkommen, wenn wir das Leben und Treiben einer der bekannteſten Arten, der Chinga (Mephitis Chinga), betrachten.
Dieſes Thier iſt ungefähr von der Größe einer Hauskatze, hat einen kleinen, breiten Kopf, eine ſpitze Schnauze mit nackter Naſe und kurze zugerundete Ohren, einen nicht beſonders geſtreckten Leib und einen dicht- und lang behaarten, deshalb länger, als er wirklich iſt, erſcheinenden Schwanz. Die Länge des Leibes beträgt etwas über einen Fuß, die des Schwanzes etwa die Hälfte, während die Höhe am Widerriſt ſich auf fünf und einen halben Zoll beläuft. Der glänzende Pelz hat Schwarz zur Grundfarbe. Von der Naſe zieht ſich ein einfacher, ſchmaler, weißer Streifen zwiſchen den Augen hindurch, erweitert ſich auf der Stirn zu einem rautenförmigen Flecken, verbreitet ſich noch mehr auf dem Halſe und geht endlich in eine Binde über, welche ſich am Widerriſt in zwei breite Streifen theilt, die bis zu dem Schwanzende fortlaufen und dort ſich wieder vereinigen. Am Halſe, an der Schultergegend, an der Außenſeite der Beine, ſeltener auch an der Bruſt und am Bauche treten kleine, weiße Flecken hervor. Ueber den Schwanz ziehen ſich entweder zwei breite, weiße Längsſtreifen, oder er erſcheint unregelmäßig aus Schwarz und Weiß gemiſcht.
Die Chinga iſt wegen der rückſichtsloſen Beleidigung eines unſerer empfindlichſten Sinnes- werkzeuge ſchon ſeit langer Zeit wohlbekannt geworden und macht noch heut zu Tage faſt in allen Reiſebeſchreibungen von ſich reden. Jhr Verbreitungskreis iſt ziemlich ausgedehnt; am häufigſten wird ſie in der Nähe der Hudſonsbay gefunden, von wo aus ſie ſich nach dem Norden hin verbreitet. Jm Süden findet ſie vollkommen ebenbürtige Genoſſen, welche ſie in jeder Hinſicht erſetzen. Jhre Aufenthaltsorte ſind höher gelegene Gegenden, namentlich Gehölze und Wälder längs der Flußufer, oder auch Felſengegenden, in deren Spalten und Höhlen ſie wohnt.
Der Erſte, welcher eine ausführlichere Beſchreibung des Stinkthieres giebt, iſt Kalm. „Das Thier‟, ſagt er, „iſt wegen einer beſondern Eigenſchaft bekannt. Wird es von Hunden oder Menſchen gejagt, ſo läuft es Anfangs ſo ſchnell, als es kann, oder klettert auf einen Baum; findet es keinen Ausweg mehr, ſo wendet es noch ein Mittel an, welches ihm übrig iſt; es ſpritzt ſeinen Feinden ſeinen Harn entgegen, und zwar auf große Entfernung. Einige Leute haben mir erzählt, daß ihnen von dieſem ſchändlichen Safte das Geſicht ganz beſpritzt worden wäre, obwohl ſie noch gegen achtzehn Fuß davon entfernt geweſen ſeien. Dieſe Feuchtigkeit hat einen ſo unerträglichen Geſtank, daß kein ſchlim- merer gedacht werden kann. Jſt Jemand dem Thiere zur Zeit des Ausſpritzens nahe, ſo kann er wohl kaum Athem holen, und es iſt ihm ſpäter zu Muthe, als wenn er erſticken ſollte. Ja, kommt dieſer Peſtſaft in die Augen, ſo läuft man Gefahr, das Geſicht zu verlieren, und aus Kleidern iſt der Geruch faſt gar nicht wieder herauszubringen, man mag ſie waſchen, ſo oft man will. Viele Hunde laufen davon, ſobald ſie der Guß trifft, richtige Fänger hören aber nicht eher auf, dem Flüchtigen nachzuſetzen, als bis ſie ihn todt gebiſſen haben. Sie reiben jedoch ihre Schnauze auf der Erde, um den Geſtank einigermaßen zu vertreiben.‟
„Der widrige Geruch geht ſelten vor einem Monat aus den Kleidern; doch verlieren ſie das Meiſte davon, wenn man ſie vier und zwanzig Stunden lang mit Erde bedeckt. Auch die Hand und das Geſicht muß man wenigſtens eine Stunde mit Erde reiben, weil das Waſchen Nichts hilft. Als ein angeſehener Mann, der unvermuthet geſpritzt wurde, ſich in einem Hauſe waſchen wollte, ſchloß man die Thüre und die Leute liefen davon. Beſpritzte Hunde läßt man Tage lang in kein Haus. Wenn man in einem Walde reiſet, muß man ſich oft lange Zeit die Naſe zuhalten, falls das Thier an
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[506/0580]
Die Raubthiere. Marder. — Chinga.
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ſie noch in ganz Amerika keineswegs ſeltene Erſcheinungen. Die vielen Arten, welche man unter-
ſchieden hat, ſind wahrſcheinlich auf einige wenige zurückzuführen, weil alle neueren Beobachter darin
übereinſtimmen, daß ſie ſämmtlich hinſichtlich ihrer Färbung außerordentlich abändern. Neuere Natur-
forſcher ordnen ſie in zwei Unterſippen, welche ſich hauptſächlich durch den Zahnbau und die behaarten
oder nackten Sohlen unterſcheiden.
Unſerem Zweck genügt es vollkommen, wenn wir das Leben und Treiben einer der bekannteſten
Arten, der Chinga (Mephitis Chinga), betrachten.
Dieſes Thier iſt ungefähr von der Größe einer Hauskatze, hat einen kleinen, breiten Kopf,
eine ſpitze Schnauze mit nackter Naſe und kurze zugerundete Ohren, einen nicht beſonders geſtreckten
Leib und einen dicht- und lang behaarten, deshalb länger, als er wirklich iſt, erſcheinenden Schwanz.
Die Länge des Leibes beträgt etwas über einen Fuß, die des Schwanzes etwa die Hälfte, während
die Höhe am Widerriſt ſich auf fünf und einen halben Zoll beläuft. Der glänzende Pelz hat Schwarz
zur Grundfarbe. Von der Naſe zieht ſich ein einfacher, ſchmaler, weißer Streifen zwiſchen den Augen
hindurch, erweitert ſich auf der Stirn zu einem rautenförmigen Flecken, verbreitet ſich noch mehr auf
dem Halſe und geht endlich in eine Binde über, welche ſich am Widerriſt in zwei breite Streifen
theilt, die bis zu dem Schwanzende fortlaufen und dort ſich wieder vereinigen. Am Halſe, an der
Schultergegend, an der Außenſeite der Beine, ſeltener auch an der Bruſt und am Bauche treten kleine,
weiße Flecken hervor. Ueber den Schwanz ziehen ſich entweder zwei breite, weiße Längsſtreifen, oder
er erſcheint unregelmäßig aus Schwarz und Weiß gemiſcht.
Die Chinga iſt wegen der rückſichtsloſen Beleidigung eines unſerer empfindlichſten Sinnes-
werkzeuge ſchon ſeit langer Zeit wohlbekannt geworden und macht noch heut zu Tage faſt in allen
Reiſebeſchreibungen von ſich reden. Jhr Verbreitungskreis iſt ziemlich ausgedehnt; am häufigſten
wird ſie in der Nähe der Hudſonsbay gefunden, von wo aus ſie ſich nach dem Norden hin verbreitet.
Jm Süden findet ſie vollkommen ebenbürtige Genoſſen, welche ſie in jeder Hinſicht erſetzen. Jhre
Aufenthaltsorte ſind höher gelegene Gegenden, namentlich Gehölze und Wälder längs der Flußufer,
oder auch Felſengegenden, in deren Spalten und Höhlen ſie wohnt.
Der Erſte, welcher eine ausführlichere Beſchreibung des Stinkthieres giebt, iſt Kalm. „Das
Thier‟, ſagt er, „iſt wegen einer beſondern Eigenſchaft bekannt. Wird es von Hunden oder Menſchen
gejagt, ſo läuft es Anfangs ſo ſchnell, als es kann, oder klettert auf einen Baum; findet es keinen
Ausweg mehr, ſo wendet es noch ein Mittel an, welches ihm übrig iſt; es ſpritzt ſeinen Feinden ſeinen
Harn entgegen, und zwar auf große Entfernung. Einige Leute haben mir erzählt, daß ihnen von
dieſem ſchändlichen Safte das Geſicht ganz beſpritzt worden wäre, obwohl ſie noch gegen achtzehn Fuß
davon entfernt geweſen ſeien. Dieſe Feuchtigkeit hat einen ſo unerträglichen Geſtank, daß kein ſchlim-
merer gedacht werden kann. Jſt Jemand dem Thiere zur Zeit des Ausſpritzens nahe, ſo kann er
wohl kaum Athem holen, und es iſt ihm ſpäter zu Muthe, als wenn er erſticken ſollte. Ja, kommt
dieſer Peſtſaft in die Augen, ſo läuft man Gefahr, das Geſicht zu verlieren, und aus Kleidern iſt der
Geruch faſt gar nicht wieder herauszubringen, man mag ſie waſchen, ſo oft man will. Viele Hunde
laufen davon, ſobald ſie der Guß trifft, richtige Fänger hören aber nicht eher auf, dem Flüchtigen
nachzuſetzen, als bis ſie ihn todt gebiſſen haben. Sie reiben jedoch ihre Schnauze auf der Erde, um
den Geſtank einigermaßen zu vertreiben.‟
„Der widrige Geruch geht ſelten vor einem Monat aus den Kleidern; doch verlieren ſie das
Meiſte davon, wenn man ſie vier und zwanzig Stunden lang mit Erde bedeckt. Auch die Hand und
das Geſicht muß man wenigſtens eine Stunde mit Erde reiben, weil das Waſchen Nichts hilft. Als
ein angeſehener Mann, der unvermuthet geſpritzt wurde, ſich in einem Hauſe waſchen wollte, ſchloß
man die Thüre und die Leute liefen davon. Beſpritzte Hunde läßt man Tage lang in kein Haus.
Wenn man in einem Walde reiſet, muß man ſich oft lange Zeit die Naſe zuhalten, falls das Thier an
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864, S. 506. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben01_1864/580>, abgerufen am 26.11.2024.
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