in der Waraneidechse sehr gefährliche Feinde habe. Jch kann versichern, daß ich niemals etwas hierauf Bezügliches gesehen, noch gehört habe, und soviel dürfte wohl feststehen, daß der Fuchs oder Schakal eben nur mit einem jungen Jchneumon anzubinden wagen, weil sich die Alten schon zu ver- theidigen wissen. Die Nileidechse oder der Waran ist ihm vollkommen gleichgiltig; sie wäre auch viel zu schwach, als daß sie sich mit ihm in einen Kampf einlassen könnte. Der Mensch ist sein schlimmster Feind. Außer ihm kann ihm nur der Nil selbst schaden, wenn er ihm seine Lieblingsplätze unter Wasser setzt: doch schwimmt er vortrefflich, wenn es sein muß, und rettet sich noch bei Zeiten auf jene hohen Dämme, welche von einem Dorf zum andern führen oder die Wasserstraßen einfassen und wegen ihrer dichten Rohrbestände ihm ganz gute Aufenthalsorte bieten.
Die Jagd des Jchneumon gilt in den Augen aller Egypter als ein höchst gottseliges Werk. Man braucht nur in ein Dorf zu gehen und dort zu verkünden, daß man den Nims, so heißt unser Thier bei den Arabern, jagen wolle, dann ist gewiß Jung und Alt mit Freuden behilflich. Der Bauer im Felde wirft Hacke und Spaten weg, der Weber steht vom Arbeitsstuhl auf, der Knabe am Schöpfrade gönnt seinen Ochsen Ruhe und läßt das Feld dürsten, der Schäfer kommt mit seinem Hunde, und Alle brennen vor Begierde, den schlimmen Schurken und Spitzbuben vernichten zu helfen. Mit Hilfe jener Leute ist es nicht schwer, den Jchneumon zu erlegen. Man zieht nach einem langen Rohrstreifen hinaus, stellt sich dort auf und läßt die Leute langsam treiben. Das Thier merkt sehr wohl, worum es sich handelt und sucht, sowie der Lärm der Treiber beginnt, in einem seiner Flucht- löcher Schutz, doch hilft ihm Dieses nur sehr wenig, denn die Araber treiben ihn mit ihren langen Stöcken auch aus den Nothbauen heraus, und so sieht er sich genöthigt, in einem andern Rohrbestande Zuflucht zu suchen. Mit äußerster Vorsicht schleicht er nun zwischen den Stengeln dahin, lauscht und wittert von Zeit zu Zeit, hört aber die Verfolger immer näher und näher kommen und muß sich endlich doch entschließen, über eine Stelle hinwegzulaufen, welche ihn nicht vollständig decken kann. Jst sie mit Gras bewachsen, so merkt der dort aufgestellte Jäger gewöhnlich blos an dem Bewegen desselben, daß der Jchneumon dahin kriecht; denn dieser hütet sich wohl, durch irgend eine rasche Be- wegung sich zu verrathen. Man muß mit sehr starkem Blei und aus geringer Entfernung schießen, wenn man ihn tödten will; denn er verträgt bei seiner unglaublichen Lebenszähigkeit einen tüchtigen Schuß und entkommt, wenn er blos verwundet wird, sicher noch.
Bei solchen Jagden kann man unter Umständen sehr überrascht werden, weil in denselben Rohrdickichten, welche die Jchneumonen bewohnen, auch andere Thiere während des Tages das sichere Versteck suchen. Mir ist es z. B. vorgekommen, daß anstatt des erwarteten Nims ein gewaltiges Wildschwein schnaubend und grunzend hervorbrach und mich, weil ich nur mit dem Schrotgewehr bewaffnet war, in nicht geringe Verlegenheit versetzte. Ein andres Mal wurde eine Hiäne auf- gescheucht, und Schakale kamen bei meinen Jagden ziemlich regelmäßig mit zum Vorschein.
Das Gefangenleben des Jchneumon ist schon von Alpinus geschildert worden. Dieser Forscher besaß einen männlichen Nims mehrere Monate lang und hielt ihn in seinem Zimmer. Er schlief mit ihm, wie ein Hund, und spielte mit ihm, wie eine Katze. Seine Nahrung suchte er sich selbst. Wenn er hungrig war, verließ er das Haus, und nach Verlauf einiger Stunden kehrte er gesättigt zurück. Er war höchst reinlich, schlan und muthig, griff ohne Besinnen große Hunde an, tödtete Katzen, Wiesel und Mäuse und richtete unter den Hühnern und anderen Vögeln mehrmals arge Verwüstungen an. Durch Benagen aller Dinge, namentlich aber der Bücher, wurde er höchst unangenehm. -- Von anderen Gefangenen erzählen französische Naturforscher, daß sie sich leicht zähmen lassen, sanft werden, die Stimme ihres Herrn unterscheiden und ihm wie ein Hund folgen. Sie sind aber niemals in Ruhe, schleppen Alles im Hause umher und werden durch Umwerfen der Gegenstände sehr lästig. Dafür machen sie sich in anderer Hinsicht nützlich. Ein Haus, in welchem man einen Jchneumon hält, ist in der kürzesten Zeit von Ratten und Mäusen vollständig gesäubert; denn das Raubthier liegt ohne Unterlaß der Jagd dieser Nager ob. Mit der gefangenen Beute läuft es in einen dunkeln Winkel und beweist durch sein Grunzen und Knurren, daß es dieselbe wohl zu vertheidigen wisse.
Frei- und Gefangenleben.
in der Waraneidechſe ſehr gefährliche Feinde habe. Jch kann verſichern, daß ich niemals etwas hierauf Bezügliches geſehen, noch gehört habe, und ſoviel dürfte wohl feſtſtehen, daß der Fuchs oder Schakal eben nur mit einem jungen Jchneumon anzubinden wagen, weil ſich die Alten ſchon zu ver- theidigen wiſſen. Die Nileidechſe oder der Waran iſt ihm vollkommen gleichgiltig; ſie wäre auch viel zu ſchwach, als daß ſie ſich mit ihm in einen Kampf einlaſſen könnte. Der Menſch iſt ſein ſchlimmſter Feind. Außer ihm kann ihm nur der Nil ſelbſt ſchaden, wenn er ihm ſeine Lieblingsplätze unter Waſſer ſetzt: doch ſchwimmt er vortrefflich, wenn es ſein muß, und rettet ſich noch bei Zeiten auf jene hohen Dämme, welche von einem Dorf zum andern führen oder die Waſſerſtraßen einfaſſen und wegen ihrer dichten Rohrbeſtände ihm ganz gute Aufenthalsorte bieten.
Die Jagd des Jchneumon gilt in den Augen aller Egypter als ein höchſt gottſeliges Werk. Man braucht nur in ein Dorf zu gehen und dort zu verkünden, daß man den Nims, ſo heißt unſer Thier bei den Arabern, jagen wolle, dann iſt gewiß Jung und Alt mit Freuden behilflich. Der Bauer im Felde wirft Hacke und Spaten weg, der Weber ſteht vom Arbeitsſtuhl auf, der Knabe am Schöpfrade gönnt ſeinen Ochſen Ruhe und läßt das Feld dürſten, der Schäfer kommt mit ſeinem Hunde, und Alle brennen vor Begierde, den ſchlimmen Schurken und Spitzbuben vernichten zu helfen. Mit Hilfe jener Leute iſt es nicht ſchwer, den Jchneumon zu erlegen. Man zieht nach einem langen Rohrſtreifen hinaus, ſtellt ſich dort auf und läßt die Leute langſam treiben. Das Thier merkt ſehr wohl, worum es ſich handelt und ſucht, ſowie der Lärm der Treiber beginnt, in einem ſeiner Flucht- löcher Schutz, doch hilft ihm Dieſes nur ſehr wenig, denn die Araber treiben ihn mit ihren langen Stöcken auch aus den Nothbauen heraus, und ſo ſieht er ſich genöthigt, in einem andern Rohrbeſtande Zuflucht zu ſuchen. Mit äußerſter Vorſicht ſchleicht er nun zwiſchen den Stengeln dahin, lauſcht und wittert von Zeit zu Zeit, hört aber die Verfolger immer näher und näher kommen und muß ſich endlich doch entſchließen, über eine Stelle hinwegzulaufen, welche ihn nicht vollſtändig decken kann. Jſt ſie mit Gras bewachſen, ſo merkt der dort aufgeſtellte Jäger gewöhnlich blos an dem Bewegen deſſelben, daß der Jchneumon dahin kriecht; denn dieſer hütet ſich wohl, durch irgend eine raſche Be- wegung ſich zu verrathen. Man muß mit ſehr ſtarkem Blei und aus geringer Entfernung ſchießen, wenn man ihn tödten will; denn er verträgt bei ſeiner unglaublichen Lebenszähigkeit einen tüchtigen Schuß und entkommt, wenn er blos verwundet wird, ſicher noch.
Bei ſolchen Jagden kann man unter Umſtänden ſehr überraſcht werden, weil in denſelben Rohrdickichten, welche die Jchneumonen bewohnen, auch andere Thiere während des Tages das ſichere Verſteck ſuchen. Mir iſt es z. B. vorgekommen, daß anſtatt des erwarteten Nims ein gewaltiges Wildſchwein ſchnaubend und grunzend hervorbrach und mich, weil ich nur mit dem Schrotgewehr bewaffnet war, in nicht geringe Verlegenheit verſetzte. Ein andres Mal wurde eine Hiäne auf- geſcheucht, und Schakale kamen bei meinen Jagden ziemlich regelmäßig mit zum Vorſchein.
Das Gefangenleben des Jchneumon iſt ſchon von Alpinus geſchildert worden. Dieſer Forſcher beſaß einen männlichen Nims mehrere Monate lang und hielt ihn in ſeinem Zimmer. Er ſchlief mit ihm, wie ein Hund, und ſpielte mit ihm, wie eine Katze. Seine Nahrung ſuchte er ſich ſelbſt. Wenn er hungrig war, verließ er das Haus, und nach Verlauf einiger Stunden kehrte er geſättigt zurück. Er war höchſt reinlich, ſchlan und muthig, griff ohne Beſinnen große Hunde an, tödtete Katzen, Wieſel und Mäuſe und richtete unter den Hühnern und anderen Vögeln mehrmals arge Verwüſtungen an. Durch Benagen aller Dinge, namentlich aber der Bücher, wurde er höchſt unangenehm. — Von anderen Gefangenen erzählen franzöſiſche Naturforſcher, daß ſie ſich leicht zähmen laſſen, ſanft werden, die Stimme ihres Herrn unterſcheiden und ihm wie ein Hund folgen. Sie ſind aber niemals in Ruhe, ſchleppen Alles im Hauſe umher und werden durch Umwerfen der Gegenſtände ſehr läſtig. Dafür machen ſie ſich in anderer Hinſicht nützlich. Ein Haus, in welchem man einen Jchneumon hält, iſt in der kürzeſten Zeit von Ratten und Mäuſen vollſtändig geſäubert; denn das Raubthier liegt ohne Unterlaß der Jagd dieſer Nager ob. Mit der gefangenen Beute läuft es in einen dunkeln Winkel und beweiſt durch ſein Grunzen und Knurren, daß es dieſelbe wohl zu vertheidigen wiſſe.
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[477/0551]
Frei- und Gefangenleben.
in der Waraneidechſe ſehr gefährliche Feinde habe. Jch kann verſichern, daß ich niemals etwas
hierauf Bezügliches geſehen, noch gehört habe, und ſoviel dürfte wohl feſtſtehen, daß der Fuchs oder
Schakal eben nur mit einem jungen Jchneumon anzubinden wagen, weil ſich die Alten ſchon zu ver-
theidigen wiſſen. Die Nileidechſe oder der Waran iſt ihm vollkommen gleichgiltig; ſie wäre auch
viel zu ſchwach, als daß ſie ſich mit ihm in einen Kampf einlaſſen könnte. Der Menſch iſt ſein
ſchlimmſter Feind. Außer ihm kann ihm nur der Nil ſelbſt ſchaden, wenn er ihm ſeine Lieblingsplätze
unter Waſſer ſetzt: doch ſchwimmt er vortrefflich, wenn es ſein muß, und rettet ſich noch bei Zeiten
auf jene hohen Dämme, welche von einem Dorf zum andern führen oder die Waſſerſtraßen einfaſſen
und wegen ihrer dichten Rohrbeſtände ihm ganz gute Aufenthalsorte bieten.
Die Jagd des Jchneumon gilt in den Augen aller Egypter als ein höchſt gottſeliges Werk.
Man braucht nur in ein Dorf zu gehen und dort zu verkünden, daß man den Nims, ſo heißt unſer
Thier bei den Arabern, jagen wolle, dann iſt gewiß Jung und Alt mit Freuden behilflich. Der
Bauer im Felde wirft Hacke und Spaten weg, der Weber ſteht vom Arbeitsſtuhl auf, der Knabe am
Schöpfrade gönnt ſeinen Ochſen Ruhe und läßt das Feld dürſten, der Schäfer kommt mit ſeinem
Hunde, und Alle brennen vor Begierde, den ſchlimmen Schurken und Spitzbuben vernichten zu helfen.
Mit Hilfe jener Leute iſt es nicht ſchwer, den Jchneumon zu erlegen. Man zieht nach einem langen
Rohrſtreifen hinaus, ſtellt ſich dort auf und läßt die Leute langſam treiben. Das Thier merkt ſehr
wohl, worum es ſich handelt und ſucht, ſowie der Lärm der Treiber beginnt, in einem ſeiner Flucht-
löcher Schutz, doch hilft ihm Dieſes nur ſehr wenig, denn die Araber treiben ihn mit ihren langen
Stöcken auch aus den Nothbauen heraus, und ſo ſieht er ſich genöthigt, in einem andern Rohrbeſtande
Zuflucht zu ſuchen. Mit äußerſter Vorſicht ſchleicht er nun zwiſchen den Stengeln dahin, lauſcht und
wittert von Zeit zu Zeit, hört aber die Verfolger immer näher und näher kommen und muß ſich
endlich doch entſchließen, über eine Stelle hinwegzulaufen, welche ihn nicht vollſtändig decken kann.
Jſt ſie mit Gras bewachſen, ſo merkt der dort aufgeſtellte Jäger gewöhnlich blos an dem Bewegen
deſſelben, daß der Jchneumon dahin kriecht; denn dieſer hütet ſich wohl, durch irgend eine raſche Be-
wegung ſich zu verrathen. Man muß mit ſehr ſtarkem Blei und aus geringer Entfernung ſchießen,
wenn man ihn tödten will; denn er verträgt bei ſeiner unglaublichen Lebenszähigkeit einen tüchtigen
Schuß und entkommt, wenn er blos verwundet wird, ſicher noch.
Bei ſolchen Jagden kann man unter Umſtänden ſehr überraſcht werden, weil in denſelben
Rohrdickichten, welche die Jchneumonen bewohnen, auch andere Thiere während des Tages das ſichere
Verſteck ſuchen. Mir iſt es z. B. vorgekommen, daß anſtatt des erwarteten Nims ein gewaltiges
Wildſchwein ſchnaubend und grunzend hervorbrach und mich, weil ich nur mit dem Schrotgewehr
bewaffnet war, in nicht geringe Verlegenheit verſetzte. Ein andres Mal wurde eine Hiäne auf-
geſcheucht, und Schakale kamen bei meinen Jagden ziemlich regelmäßig mit zum Vorſchein.
Das Gefangenleben des Jchneumon iſt ſchon von Alpinus geſchildert worden. Dieſer Forſcher
beſaß einen männlichen Nims mehrere Monate lang und hielt ihn in ſeinem Zimmer. Er ſchlief mit
ihm, wie ein Hund, und ſpielte mit ihm, wie eine Katze. Seine Nahrung ſuchte er ſich ſelbſt. Wenn
er hungrig war, verließ er das Haus, und nach Verlauf einiger Stunden kehrte er geſättigt zurück.
Er war höchſt reinlich, ſchlan und muthig, griff ohne Beſinnen große Hunde an, tödtete Katzen,
Wieſel und Mäuſe und richtete unter den Hühnern und anderen Vögeln mehrmals arge Verwüſtungen
an. Durch Benagen aller Dinge, namentlich aber der Bücher, wurde er höchſt unangenehm. — Von
anderen Gefangenen erzählen franzöſiſche Naturforſcher, daß ſie ſich leicht zähmen laſſen, ſanft
werden, die Stimme ihres Herrn unterſcheiden und ihm wie ein Hund folgen. Sie ſind aber niemals
in Ruhe, ſchleppen Alles im Hauſe umher und werden durch Umwerfen der Gegenſtände ſehr läſtig.
Dafür machen ſie ſich in anderer Hinſicht nützlich. Ein Haus, in welchem man einen Jchneumon
hält, iſt in der kürzeſten Zeit von Ratten und Mäuſen vollſtändig geſäubert; denn das Raubthier
liegt ohne Unterlaß der Jagd dieſer Nager ob. Mit der gefangenen Beute läuft es in einen dunkeln
Winkel und beweiſt durch ſein Grunzen und Knurren, daß es dieſelbe wohl zu vertheidigen wiſſe.
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864, S. 477. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben01_1864/551>, abgerufen am 27.11.2024.
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