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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864.

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Aeltere und neuere Nachrichten über seine Eigenschaften. Wesen eines gefangenen Steppenhundes.
Kukukrufes. Sie behandeln alle zahmen Hunde mit der äußersten Verachtung, warten ihren Angriff
ab, kämpfen aber dann mit vereinten Kräften und zerreißen die Feinde gewöhnlich. Die Haushunde
erwiedern die Feindseligkeit mit Jngrimm und bellen stundenlang, wenn sie die Stimme der wilden
auch nur von fern hören."

Einst hatte sich Cumming in der Nähe eines Wasserbehälters in mondheller Nacht versteckt, ein
Wildebeest niedergestreckt, auch eine Hiäne angeschossen und war eingeschlafen, bevor er wieder
geladen. Nach einiger Zeit ward er durch sonderbare Töne geweckt, träumte, daß Löwen ihn um-
lagerten, erwachte mit einem lauten Schrei und sah sich rings von einer Masse knurrender und zähne-
fletschender, wilder Hunde umgeben. Sie spitzten die Ohren, streckten die Hälse nach ihm aus,
während ein Trupp von ungefähr vierzig in etwas größerer Entfernung hin- und hersprang, ein
anderer unter Zank und Streit vom Wildebeest fraß. Cumming erwartete, ebenfalls zerrissen zu
werden, sprang aber schnell auf, schwenkte seine Decke und redete die wilde Versammlung mit lauter
Stimme an. Dies wirkte. Die Thiere zogen sich weiter zurück und bellten aus Leibeskräften. Er
begann zu laden: aber der ganze Schwarm war verschwunden, ehe er Feuer geben konnte .... Noch
in derselben Nacht kamen 15 Hiänen, machten sich an das Wildebeest, und am andern Morgen waren
von diesem nur noch die größten Knochen übrig. Jm Lande der Bakalaharis lief eine Meute
wilder Hunde, ein Kudu verfolgend, an Cummings Wagen vorbei und rissen die Antilope ganz nahe
bei den Zugochsen, die eben an einer Quelle getränkt wurden, nieder. -- Ein geschickter und tüchtiger
englischer Jäger versichert, daß die Vortrefflichkeit der Nase und die Jagdfähigkeit der Thiere wahrhaft
bewunderungswürdig sei. Eine Meute dieser wilden Hunde übertrifft sogar die bestgeschulten Fuchs-
hunde. Sehr häufig entkommt diesen der Verfolgte, bei den wilden Hunden ist Dies nur äußerst
selten oder niemals der Fall. Unser Jäger glaubt die Krone der Jagdfähigkeit den wilden Hunden
ertheilen zu können. Er versichert, daß ihre Befähigung zur Jagd eine wirklich außerordentliche
ist. Jmmer sind die Thiere äußerst vorsichtig, wenn sie sich einem wilden Ochsen, Zebra oder einem
andern kräftigen Thiere nähern; um so dreister und kühner aber fallen sie über eine Herde von wehr-
losen Wiederkäuern her. Sie scheinen besonderes Vergnügen daran zu finden, den Ochsen die
Schwänze abzubeißen, und hiermit bringen sie den Thieren nicht blos eine schmerzliche Verletzung
bei, sondern verursachen ihnen auch eine große Unbequemlichkeit für spätere Zeiten. Denn das Klima
von Afrika ist, wie das aller heißen Länder, geeignet, eine wahrhaft wunderbare Vermehrung lästiger
Fliegen zu begünstigen. Und so kommt es, daß der arme Ochse, welcher seinen Wedel verloren, von
den Schnaken und anderen beschwingten Schmarotzern im höchsten Grade leiden muß. Aber die
Hiänenhunde sind nicht eben vorsichtig im Gebrauch ihrer Zähne, sondern beißen manchmal auch
mehr ab, als den Schwanz.

Sehr schade ist es, daß alle Versuche, den prächtigen Hiänenhund zu zähmen, bis jetzt erfolglos
geblieben sind. Man hat zwar jung aufgezogene fast gänzlich ihrer Wildheit entwöhnt, und sie
sogar dahin gebracht, mit anderen Thieren in Frieden und Freundschaft zu leben, selbst mit dem von
ihnen so gehaßten Löwen oder der von ihnen wahrhaft verachteten Hiäne: -- allein zu einem eigent-
lichen Hausthier hat man ihn doch noch nicht umwandeln können. Jm Jahre 1859 sah ich zu
meiner großen Freude einen sehr schön gehaltenen und fast erwachsenen Steppenhund in einer Thier-
schaubude in Leipzig. Der Besitzer derselben besaß außer ihm auch noch zwei junge Nilpferde, die
ersten, welche nach Deutschland gekommen waren, und bot somit dem Kundigen einen seltenen Genuß.
Der Hund ergötzte Jedermann durch seine außerordentliche Lebendigkeit und Beweglichkeit. Bei
meinen vielfachen Besuchen in jener Bude habe ich ihn kaum eine Minute ruhig gesehen. Allerdings
konnte er auch nur diejenigen Bewegungen ausführen, welche ihm seine Kette zuließ: allein niemals
sprang er in derselben einförmigen Weise hin und her, in welcher sich andere eingesperrte Raubthiere
zu bewegen pflegen: er wußte vielmehr die manchfaltigsten Abwechslungen in seine Sprünge zu
bringen. Die Lust, größere Thiere anzugreifen, war bei ihm sehr ausgeprägt; denn so oft sich ihm
die Nilpferde näherten oder ihm auch nur einen Theil ihres Körpers näher wandten, versuchte er es,

Brehm, Thierleben. 29

Aeltere und neuere Nachrichten über ſeine Eigenſchaften. Weſen eines gefangenen Steppenhundes.
Kukukrufes. Sie behandeln alle zahmen Hunde mit der äußerſten Verachtung, warten ihren Angriff
ab, kämpfen aber dann mit vereinten Kräften und zerreißen die Feinde gewöhnlich. Die Haushunde
erwiedern die Feindſeligkeit mit Jngrimm und bellen ſtundenlang, wenn ſie die Stimme der wilden
auch nur von fern hören.‟

Einſt hatte ſich Cumming in der Nähe eines Waſſerbehälters in mondheller Nacht verſteckt, ein
Wildebeeſt niedergeſtreckt, auch eine Hiäne angeſchoſſen und war eingeſchlafen, bevor er wieder
geladen. Nach einiger Zeit ward er durch ſonderbare Töne geweckt, träumte, daß Löwen ihn um-
lagerten, erwachte mit einem lauten Schrei und ſah ſich rings von einer Maſſe knurrender und zähne-
fletſchender, wilder Hunde umgeben. Sie ſpitzten die Ohren, ſtreckten die Hälſe nach ihm aus,
während ein Trupp von ungefähr vierzig in etwas größerer Entfernung hin- und herſprang, ein
anderer unter Zank und Streit vom Wildebeeſt fraß. Cumming erwartete, ebenfalls zerriſſen zu
werden, ſprang aber ſchnell auf, ſchwenkte ſeine Decke und redete die wilde Verſammlung mit lauter
Stimme an. Dies wirkte. Die Thiere zogen ſich weiter zurück und bellten aus Leibeskräften. Er
begann zu laden: aber der ganze Schwarm war verſchwunden, ehe er Feuer geben konnte …. Noch
in derſelben Nacht kamen 15 Hiänen, machten ſich an das Wildebeeſt, und am andern Morgen waren
von dieſem nur noch die größten Knochen übrig. Jm Lande der Bakalaharis lief eine Meute
wilder Hunde, ein Kudu verfolgend, an Cummings Wagen vorbei und riſſen die Antilope ganz nahe
bei den Zugochſen, die eben an einer Quelle getränkt wurden, nieder. — Ein geſchickter und tüchtiger
engliſcher Jäger verſichert, daß die Vortrefflichkeit der Naſe und die Jagdfähigkeit der Thiere wahrhaft
bewunderungswürdig ſei. Eine Meute dieſer wilden Hunde übertrifft ſogar die beſtgeſchulten Fuchs-
hunde. Sehr häufig entkommt dieſen der Verfolgte, bei den wilden Hunden iſt Dies nur äußerſt
ſelten oder niemals der Fall. Unſer Jäger glaubt die Krone der Jagdfähigkeit den wilden Hunden
ertheilen zu können. Er verſichert, daß ihre Befähigung zur Jagd eine wirklich außerordentliche
iſt. Jmmer ſind die Thiere äußerſt vorſichtig, wenn ſie ſich einem wilden Ochſen, Zebra oder einem
andern kräftigen Thiere nähern; um ſo dreiſter und kühner aber fallen ſie über eine Herde von wehr-
loſen Wiederkäuern her. Sie ſcheinen beſonderes Vergnügen daran zu finden, den Ochſen die
Schwänze abzubeißen, und hiermit bringen ſie den Thieren nicht blos eine ſchmerzliche Verletzung
bei, ſondern verurſachen ihnen auch eine große Unbequemlichkeit für ſpätere Zeiten. Denn das Klima
von Afrika iſt, wie das aller heißen Länder, geeignet, eine wahrhaft wunderbare Vermehrung läſtiger
Fliegen zu begünſtigen. Und ſo kommt es, daß der arme Ochſe, welcher ſeinen Wedel verloren, von
den Schnaken und anderen beſchwingten Schmarotzern im höchſten Grade leiden muß. Aber die
Hiänenhunde ſind nicht eben vorſichtig im Gebrauch ihrer Zähne, ſondern beißen manchmal auch
mehr ab, als den Schwanz.

Sehr ſchade iſt es, daß alle Verſuche, den prächtigen Hiänenhund zu zähmen, bis jetzt erfolglos
geblieben ſind. Man hat zwar jung aufgezogene faſt gänzlich ihrer Wildheit entwöhnt, und ſie
ſogar dahin gebracht, mit anderen Thieren in Frieden und Freundſchaft zu leben, ſelbſt mit dem von
ihnen ſo gehaßten Löwen oder der von ihnen wahrhaft verachteten Hiäne: — allein zu einem eigent-
lichen Hausthier hat man ihn doch noch nicht umwandeln können. Jm Jahre 1859 ſah ich zu
meiner großen Freude einen ſehr ſchön gehaltenen und faſt erwachſenen Steppenhund in einer Thier-
ſchaubude in Leipzig. Der Beſitzer derſelben beſaß außer ihm auch noch zwei junge Nilpferde, die
erſten, welche nach Deutſchland gekommen waren, und bot ſomit dem Kundigen einen ſeltenen Genuß.
Der Hund ergötzte Jedermann durch ſeine außerordentliche Lebendigkeit und Beweglichkeit. Bei
meinen vielfachen Beſuchen in jener Bude habe ich ihn kaum eine Minute ruhig geſehen. Allerdings
konnte er auch nur diejenigen Bewegungen ausführen, welche ihm ſeine Kette zuließ: allein niemals
ſprang er in derſelben einförmigen Weiſe hin und her, in welcher ſich andere eingeſperrte Raubthiere
zu bewegen pflegen: er wußte vielmehr die manchfaltigſten Abwechslungen in ſeine Sprünge zu
bringen. Die Luſt, größere Thiere anzugreifen, war bei ihm ſehr ausgeprägt; denn ſo oft ſich ihm
die Nilpferde näherten oder ihm auch nur einen Theil ihres Körpers näher wandten, verſuchte er es,

Brehm, Thierleben. 29
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[449/0519] Aeltere und neuere Nachrichten über ſeine Eigenſchaften. Weſen eines gefangenen Steppenhundes. Kukukrufes. Sie behandeln alle zahmen Hunde mit der äußerſten Verachtung, warten ihren Angriff ab, kämpfen aber dann mit vereinten Kräften und zerreißen die Feinde gewöhnlich. Die Haushunde erwiedern die Feindſeligkeit mit Jngrimm und bellen ſtundenlang, wenn ſie die Stimme der wilden auch nur von fern hören.‟ Einſt hatte ſich Cumming in der Nähe eines Waſſerbehälters in mondheller Nacht verſteckt, ein Wildebeeſt niedergeſtreckt, auch eine Hiäne angeſchoſſen und war eingeſchlafen, bevor er wieder geladen. Nach einiger Zeit ward er durch ſonderbare Töne geweckt, träumte, daß Löwen ihn um- lagerten, erwachte mit einem lauten Schrei und ſah ſich rings von einer Maſſe knurrender und zähne- fletſchender, wilder Hunde umgeben. Sie ſpitzten die Ohren, ſtreckten die Hälſe nach ihm aus, während ein Trupp von ungefähr vierzig in etwas größerer Entfernung hin- und herſprang, ein anderer unter Zank und Streit vom Wildebeeſt fraß. Cumming erwartete, ebenfalls zerriſſen zu werden, ſprang aber ſchnell auf, ſchwenkte ſeine Decke und redete die wilde Verſammlung mit lauter Stimme an. Dies wirkte. Die Thiere zogen ſich weiter zurück und bellten aus Leibeskräften. Er begann zu laden: aber der ganze Schwarm war verſchwunden, ehe er Feuer geben konnte …. Noch in derſelben Nacht kamen 15 Hiänen, machten ſich an das Wildebeeſt, und am andern Morgen waren von dieſem nur noch die größten Knochen übrig. Jm Lande der Bakalaharis lief eine Meute wilder Hunde, ein Kudu verfolgend, an Cummings Wagen vorbei und riſſen die Antilope ganz nahe bei den Zugochſen, die eben an einer Quelle getränkt wurden, nieder. — Ein geſchickter und tüchtiger engliſcher Jäger verſichert, daß die Vortrefflichkeit der Naſe und die Jagdfähigkeit der Thiere wahrhaft bewunderungswürdig ſei. Eine Meute dieſer wilden Hunde übertrifft ſogar die beſtgeſchulten Fuchs- hunde. Sehr häufig entkommt dieſen der Verfolgte, bei den wilden Hunden iſt Dies nur äußerſt ſelten oder niemals der Fall. Unſer Jäger glaubt die Krone der Jagdfähigkeit den wilden Hunden ertheilen zu können. Er verſichert, daß ihre Befähigung zur Jagd eine wirklich außerordentliche iſt. Jmmer ſind die Thiere äußerſt vorſichtig, wenn ſie ſich einem wilden Ochſen, Zebra oder einem andern kräftigen Thiere nähern; um ſo dreiſter und kühner aber fallen ſie über eine Herde von wehr- loſen Wiederkäuern her. Sie ſcheinen beſonderes Vergnügen daran zu finden, den Ochſen die Schwänze abzubeißen, und hiermit bringen ſie den Thieren nicht blos eine ſchmerzliche Verletzung bei, ſondern verurſachen ihnen auch eine große Unbequemlichkeit für ſpätere Zeiten. Denn das Klima von Afrika iſt, wie das aller heißen Länder, geeignet, eine wahrhaft wunderbare Vermehrung läſtiger Fliegen zu begünſtigen. Und ſo kommt es, daß der arme Ochſe, welcher ſeinen Wedel verloren, von den Schnaken und anderen beſchwingten Schmarotzern im höchſten Grade leiden muß. Aber die Hiänenhunde ſind nicht eben vorſichtig im Gebrauch ihrer Zähne, ſondern beißen manchmal auch mehr ab, als den Schwanz. Sehr ſchade iſt es, daß alle Verſuche, den prächtigen Hiänenhund zu zähmen, bis jetzt erfolglos geblieben ſind. Man hat zwar jung aufgezogene faſt gänzlich ihrer Wildheit entwöhnt, und ſie ſogar dahin gebracht, mit anderen Thieren in Frieden und Freundſchaft zu leben, ſelbſt mit dem von ihnen ſo gehaßten Löwen oder der von ihnen wahrhaft verachteten Hiäne: — allein zu einem eigent- lichen Hausthier hat man ihn doch noch nicht umwandeln können. Jm Jahre 1859 ſah ich zu meiner großen Freude einen ſehr ſchön gehaltenen und faſt erwachſenen Steppenhund in einer Thier- ſchaubude in Leipzig. Der Beſitzer derſelben beſaß außer ihm auch noch zwei junge Nilpferde, die erſten, welche nach Deutſchland gekommen waren, und bot ſomit dem Kundigen einen ſeltenen Genuß. Der Hund ergötzte Jedermann durch ſeine außerordentliche Lebendigkeit und Beweglichkeit. Bei meinen vielfachen Beſuchen in jener Bude habe ich ihn kaum eine Minute ruhig geſehen. Allerdings konnte er auch nur diejenigen Bewegungen ausführen, welche ihm ſeine Kette zuließ: allein niemals ſprang er in derſelben einförmigen Weiſe hin und her, in welcher ſich andere eingeſperrte Raubthiere zu bewegen pflegen: er wußte vielmehr die manchfaltigſten Abwechslungen in ſeine Sprünge zu bringen. Die Luſt, größere Thiere anzugreifen, war bei ihm ſehr ausgeprägt; denn ſo oft ſich ihm die Nilpferde näherten oder ihm auch nur einen Theil ihres Körpers näher wandten, verſuchte er es, Brehm, Thierleben. 29

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864, S. 449. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben01_1864/519>, abgerufen am 24.11.2024.