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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864.

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Diezels Schilderung des Vorstehhundes.

Alle eigentlichen Jagdhunde sind geborene Jäger, und wenn sie Dies nicht sind, taugen sie
eben Nichts. Mehr, als bei jedem andern Hunde, kommt es bei ihnen auf die Rasse oder Unterrasse
an, und regelmäßig findet man hier, daß gute Mütter oder gute, geschickte Eltern auch vortreffliche
Junge erzeugen. Alle sind kräftig, schnell und durch ihre ausgezeichneten Sinne, namentlich durch den
überaus feinen Geruch, vor den übrigen Hunden zur Jagd befähigt. Sie gehen nach der Spur
und besitzen ein so scharfes Spürvermögen, daß sie die Fährte eines Wildes noch nach Stunden, ja
sogar nach Tagen durch den Geruch wahrnehmen können. Deshalb bedient man sich ihrer zum Auf-
spüren und Aufsuchen des Wildes und namentlich des Haarwildes und richtet sie zu diesem Zwecke
besonders ab.

Es ist ziemlich gleichgiltig, welche von den unzähligen Rassen wir zuerst betrachten. Wir können
die bekanntesten, die Hühnerhunde, wählen. Sie sind mittelgroß und ziemlich stark gebaut. Jhre
Schnauze ist lang und dick, die Nase zuweilen gespalten; die Ohren sind breit, lang und hängend,
weshalb man sie auch geradezu den Behang nennt. Das Haar ist kurz bei den Vorstehhunden,
länger bei den eigentlichen Hühnerhunden, ziemlich lang bei den sogenannten Wasserhunden,
welche ihren Namen auch regelmäßig bethätigen. Die Färbung ist bei uns zu Lande gewöhnlich
weiß mit braunen, seltner mit schwarzen Flecken, doch giebt es auch ganz weiße, braune, schwarze
oder gelbe. Die Ruthe wird gewöhnlich in der Jugend gestutzt, weil der Hund sie später, wenn er
vor dem Wilde steht, bewegt und das Wild leicht verscheuchen würde, wenn man sie ihre volle Länge
erreichen ließe.

Die Hühnerhunde sind ganz ausgezeichnete, kluge, gelehrige, folgsame und jagdbegierige Thiere
und zur Jagd auf allerlei Wild geradezu unentbehrlich. Sie spüren das Wild weniger durch scharfe
Verfolgung der Fährte aus, als vielmehr durch Wittern desselben, und zwar giebt es Hühnerhunde,
welche schon aus einer Entfernung von 16 bis 18 Schritten mit aller Sicherheit ein Jagdthier durch
den Geruchssinn wahrnehmen. Bei der Jagd selbst gehen alle höchst verständig zu Werke.

"Jch habe mich," sagt Diezel, "seit einer langen Reihe von Jahren fortwährend damit be-
schäftigt, die Fähigkeit der bei uns vorkommenden Thiere zu vergleichen, und mich immer fester über-
zeugt, daß sie alle bei weitem von einem übertroffen werden, nämlich von dem gewöhnlichen Begleiter
des Jägers, von dem Vorstehhund (Canis avicularius)."

"Dieses Thier muß jedoch, wenn meine Behauptung auf ihn anwendbar sein soll, von ganz
reiner Abkunft sein und alle seine natürlichen Anlagen, namentlich einen sehr scharfen Geruch besitzen.
Es muß ferner nicht vereinzelt erzogen werden, sondern unmittelbar unter den Augen seines Führers
aufgewachsen sein, damit er gleich von Jugend an jedes Wort und jeden Wink verstehen lernt. Endlich
muß auch sein Herr alle Eigenschaften eines guten Lehrers, worunter die Geduld keine der geringsten
ist, im vorzüglichen Grade besitzen; ja er muß sogar ein sicherer Schütze sein; denn nur wenn alle
Erfordernisse mit einander vereinigt sind, kann der Lehrling jenen bewunderungswürdigen Grad von
Folgsamkeit, Selbstbeherrschung und Geschicklichkeit erreichen, welchen ich hier in einigen kurzen Sätzen
zu schildern versuchen will."

"Ein vollkommen abgerichteter, stets zweckmäßig geführter Hund, im Alter von drei bis vier
Jahren, sucht, seinem natürlichen Triebe folgend, mit immer dem Winde entgegengehaltener Nase das
Wild auf, indem er bald rechts bald links sich wendet. Auch bleibt er von Zeit zu Zeit einmal stille-
stehen und sieht sich nach seinem Gebieter um, der nun durch eine Bewegung dem Hund die Gegend
bezeichnet, welche er absuchen soll. Diese Winke werden auf das genaueste befolgt."

"Kommt ihm nun die Witterung irgend eines bedeutenden Wildes in die Nase, so hört auf ein-
mal die sonst unaufhörliche Bewegung des Schweifes auf. Sein ganzer Körper verwandelt sich in eine
Art von Bildsäule. Oft auch schleicht er nach Katzenart und mit leichten Tritten dem Gegenstand
näher, ehe er ganz fest steht. Nach wenigen Augenblicken wendet er nun den Kopf nach seinem Herrn,
um sich zu überzeugen, ob dieser ihn bemerkt hat oder nicht, und ob er sich nähert."

Brehm, Thierleben. 24
Diezels Schilderung des Vorſtehhundes.

Alle eigentlichen Jagdhunde ſind geborene Jäger, und wenn ſie Dies nicht ſind, taugen ſie
eben Nichts. Mehr, als bei jedem andern Hunde, kommt es bei ihnen auf die Raſſe oder Unterraſſe
an, und regelmäßig findet man hier, daß gute Mütter oder gute, geſchickte Eltern auch vortreffliche
Junge erzeugen. Alle ſind kräftig, ſchnell und durch ihre ausgezeichneten Sinne, namentlich durch den
überaus feinen Geruch, vor den übrigen Hunden zur Jagd befähigt. Sie gehen nach der Spur
und beſitzen ein ſo ſcharfes Spürvermögen, daß ſie die Fährte eines Wildes noch nach Stunden, ja
ſogar nach Tagen durch den Geruch wahrnehmen können. Deshalb bedient man ſich ihrer zum Auf-
ſpüren und Aufſuchen des Wildes und namentlich des Haarwildes und richtet ſie zu dieſem Zwecke
beſonders ab.

Es iſt ziemlich gleichgiltig, welche von den unzähligen Raſſen wir zuerſt betrachten. Wir können
die bekannteſten, die Hühnerhunde, wählen. Sie ſind mittelgroß und ziemlich ſtark gebaut. Jhre
Schnauze iſt lang und dick, die Naſe zuweilen geſpalten; die Ohren ſind breit, lang und hängend,
weshalb man ſie auch geradezu den Behang nennt. Das Haar iſt kurz bei den Vorſtehhunden,
länger bei den eigentlichen Hühnerhunden, ziemlich lang bei den ſogenannten Waſſerhunden,
welche ihren Namen auch regelmäßig bethätigen. Die Färbung iſt bei uns zu Lande gewöhnlich
weiß mit braunen, ſeltner mit ſchwarzen Flecken, doch giebt es auch ganz weiße, braune, ſchwarze
oder gelbe. Die Ruthe wird gewöhnlich in der Jugend geſtutzt, weil der Hund ſie ſpäter, wenn er
vor dem Wilde ſteht, bewegt und das Wild leicht verſcheuchen würde, wenn man ſie ihre volle Länge
erreichen ließe.

Die Hühnerhunde ſind ganz ausgezeichnete, kluge, gelehrige, folgſame und jagdbegierige Thiere
und zur Jagd auf allerlei Wild geradezu unentbehrlich. Sie ſpüren das Wild weniger durch ſcharfe
Verfolgung der Fährte aus, als vielmehr durch Wittern deſſelben, und zwar giebt es Hühnerhunde,
welche ſchon aus einer Entfernung von 16 bis 18 Schritten mit aller Sicherheit ein Jagdthier durch
den Geruchsſinn wahrnehmen. Bei der Jagd ſelbſt gehen alle höchſt verſtändig zu Werke.

„Jch habe mich,‟ ſagt Diezel, „ſeit einer langen Reihe von Jahren fortwährend damit be-
ſchäftigt, die Fähigkeit der bei uns vorkommenden Thiere zu vergleichen, und mich immer feſter über-
zeugt, daß ſie alle bei weitem von einem übertroffen werden, nämlich von dem gewöhnlichen Begleiter
des Jägers, von dem Vorſtehhund (Canis avicularius).‟

„Dieſes Thier muß jedoch, wenn meine Behauptung auf ihn anwendbar ſein ſoll, von ganz
reiner Abkunft ſein und alle ſeine natürlichen Anlagen, namentlich einen ſehr ſcharfen Geruch beſitzen.
Es muß ferner nicht vereinzelt erzogen werden, ſondern unmittelbar unter den Augen ſeines Führers
aufgewachſen ſein, damit er gleich von Jugend an jedes Wort und jeden Wink verſtehen lernt. Endlich
muß auch ſein Herr alle Eigenſchaften eines guten Lehrers, worunter die Geduld keine der geringſten
iſt, im vorzüglichen Grade beſitzen; ja er muß ſogar ein ſicherer Schütze ſein; denn nur wenn alle
Erforderniſſe mit einander vereinigt ſind, kann der Lehrling jenen bewunderungswürdigen Grad von
Folgſamkeit, Selbſtbeherrſchung und Geſchicklichkeit erreichen, welchen ich hier in einigen kurzen Sätzen
zu ſchildern verſuchen will.‟

„Ein vollkommen abgerichteter, ſtets zweckmäßig geführter Hund, im Alter von drei bis vier
Jahren, ſucht, ſeinem natürlichen Triebe folgend, mit immer dem Winde entgegengehaltener Naſe das
Wild auf, indem er bald rechts bald links ſich wendet. Auch bleibt er von Zeit zu Zeit einmal ſtille-
ſtehen und ſieht ſich nach ſeinem Gebieter um, der nun durch eine Bewegung dem Hund die Gegend
bezeichnet, welche er abſuchen ſoll. Dieſe Winke werden auf das genaueſte befolgt.‟

„Kommt ihm nun die Witterung irgend eines bedeutenden Wildes in die Naſe, ſo hört auf ein-
mal die ſonſt unaufhörliche Bewegung des Schweifes auf. Sein ganzer Körper verwandelt ſich in eine
Art von Bildſäule. Oft auch ſchleicht er nach Katzenart und mit leichten Tritten dem Gegenſtand
näher, ehe er ganz feſt ſteht. Nach wenigen Augenblicken wendet er nun den Kopf nach ſeinem Herrn,
um ſich zu überzeugen, ob dieſer ihn bemerkt hat oder nicht, und ob er ſich nähert.‟

Brehm, Thierleben. 24
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[369/0435] Diezels Schilderung des Vorſtehhundes. Alle eigentlichen Jagdhunde ſind geborene Jäger, und wenn ſie Dies nicht ſind, taugen ſie eben Nichts. Mehr, als bei jedem andern Hunde, kommt es bei ihnen auf die Raſſe oder Unterraſſe an, und regelmäßig findet man hier, daß gute Mütter oder gute, geſchickte Eltern auch vortreffliche Junge erzeugen. Alle ſind kräftig, ſchnell und durch ihre ausgezeichneten Sinne, namentlich durch den überaus feinen Geruch, vor den übrigen Hunden zur Jagd befähigt. Sie gehen nach der Spur und beſitzen ein ſo ſcharfes Spürvermögen, daß ſie die Fährte eines Wildes noch nach Stunden, ja ſogar nach Tagen durch den Geruch wahrnehmen können. Deshalb bedient man ſich ihrer zum Auf- ſpüren und Aufſuchen des Wildes und namentlich des Haarwildes und richtet ſie zu dieſem Zwecke beſonders ab. Es iſt ziemlich gleichgiltig, welche von den unzähligen Raſſen wir zuerſt betrachten. Wir können die bekannteſten, die Hühnerhunde, wählen. Sie ſind mittelgroß und ziemlich ſtark gebaut. Jhre Schnauze iſt lang und dick, die Naſe zuweilen geſpalten; die Ohren ſind breit, lang und hängend, weshalb man ſie auch geradezu den Behang nennt. Das Haar iſt kurz bei den Vorſtehhunden, länger bei den eigentlichen Hühnerhunden, ziemlich lang bei den ſogenannten Waſſerhunden, welche ihren Namen auch regelmäßig bethätigen. Die Färbung iſt bei uns zu Lande gewöhnlich weiß mit braunen, ſeltner mit ſchwarzen Flecken, doch giebt es auch ganz weiße, braune, ſchwarze oder gelbe. Die Ruthe wird gewöhnlich in der Jugend geſtutzt, weil der Hund ſie ſpäter, wenn er vor dem Wilde ſteht, bewegt und das Wild leicht verſcheuchen würde, wenn man ſie ihre volle Länge erreichen ließe. Die Hühnerhunde ſind ganz ausgezeichnete, kluge, gelehrige, folgſame und jagdbegierige Thiere und zur Jagd auf allerlei Wild geradezu unentbehrlich. Sie ſpüren das Wild weniger durch ſcharfe Verfolgung der Fährte aus, als vielmehr durch Wittern deſſelben, und zwar giebt es Hühnerhunde, welche ſchon aus einer Entfernung von 16 bis 18 Schritten mit aller Sicherheit ein Jagdthier durch den Geruchsſinn wahrnehmen. Bei der Jagd ſelbſt gehen alle höchſt verſtändig zu Werke. „Jch habe mich,‟ ſagt Diezel, „ſeit einer langen Reihe von Jahren fortwährend damit be- ſchäftigt, die Fähigkeit der bei uns vorkommenden Thiere zu vergleichen, und mich immer feſter über- zeugt, daß ſie alle bei weitem von einem übertroffen werden, nämlich von dem gewöhnlichen Begleiter des Jägers, von dem Vorſtehhund (Canis avicularius).‟ „Dieſes Thier muß jedoch, wenn meine Behauptung auf ihn anwendbar ſein ſoll, von ganz reiner Abkunft ſein und alle ſeine natürlichen Anlagen, namentlich einen ſehr ſcharfen Geruch beſitzen. Es muß ferner nicht vereinzelt erzogen werden, ſondern unmittelbar unter den Augen ſeines Führers aufgewachſen ſein, damit er gleich von Jugend an jedes Wort und jeden Wink verſtehen lernt. Endlich muß auch ſein Herr alle Eigenſchaften eines guten Lehrers, worunter die Geduld keine der geringſten iſt, im vorzüglichen Grade beſitzen; ja er muß ſogar ein ſicherer Schütze ſein; denn nur wenn alle Erforderniſſe mit einander vereinigt ſind, kann der Lehrling jenen bewunderungswürdigen Grad von Folgſamkeit, Selbſtbeherrſchung und Geſchicklichkeit erreichen, welchen ich hier in einigen kurzen Sätzen zu ſchildern verſuchen will.‟ „Ein vollkommen abgerichteter, ſtets zweckmäßig geführter Hund, im Alter von drei bis vier Jahren, ſucht, ſeinem natürlichen Triebe folgend, mit immer dem Winde entgegengehaltener Naſe das Wild auf, indem er bald rechts bald links ſich wendet. Auch bleibt er von Zeit zu Zeit einmal ſtille- ſtehen und ſieht ſich nach ſeinem Gebieter um, der nun durch eine Bewegung dem Hund die Gegend bezeichnet, welche er abſuchen ſoll. Dieſe Winke werden auf das genaueſte befolgt.‟ „Kommt ihm nun die Witterung irgend eines bedeutenden Wildes in die Naſe, ſo hört auf ein- mal die ſonſt unaufhörliche Bewegung des Schweifes auf. Sein ganzer Körper verwandelt ſich in eine Art von Bildſäule. Oft auch ſchleicht er nach Katzenart und mit leichten Tritten dem Gegenſtand näher, ehe er ganz feſt ſteht. Nach wenigen Augenblicken wendet er nun den Kopf nach ſeinem Herrn, um ſich zu überzeugen, ob dieſer ihn bemerkt hat oder nicht, und ob er ſich nähert.‟ Brehm, Thierleben. 24

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864, S. 369. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben01_1864/435>, abgerufen am 26.05.2024.