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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864.

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Der russische, schottische, irische, italienische Windhund.
seines Lebens verbringt und der Uebung im Klettern wegen die größten Vortheile vor dem persischen
Pferde hat. Nur solche gewandte Geschöpfe, wie die eingebornen Windhunde es sind, können ihm in
jene Gebiete folgen, aber auch sie müssen oft genug ihre Beute aufgeben, müssen es thun, obleich man
mehrere Hundemeuten in der Verfolgung des ebenso flüchtigen als muthigen Esel abwechseln läßt.

Man sagt, daß der persische Windhund ein sehr zweifelhafter Begleiter seines Herrn sei und
zuweilen denselben zur Flucht nöthige, indem er geradezu mörderisch über ihn herfalle. Doch bedarf
Dies wohl noch sehr der Bestätigung. --

Andere Rassen dieser Art zeichnen sich durch eine dichtere Behaarung und buschigere Standarte
aus. Hierher gehört hauptsächlich der russische, während der schottische und irische einen dicht
behaarten Schwanz tragen. Wie andere werden sie vielfach bei Wolfsjagden oder auch bei Bären-
oder Schweinshatzen benutzt.

Das zierlichste Mitglied der ganzen Windhundgesellschaft ist der sogenannte italienische Hund
(Canis italieus). Er verdient seines überaus zarten und feinen Leibesbaues wegen der Erwähnung.
Anderen Windhunden gegenüber ist er ein Zwerg; aber er ist ein höchst wohlgebildeter Zwerg, bei welchen
jeder Körpertheil im genauesten Verhältnisse steht. Sein Gewicht übersteigt selten 6 oder 7 Pfund,
und die ausgezeichnetsten wiegen sogar blos vier Pfund, trotz ihrer Höhe von 14 oder 15 Zoll.
Man hat zwar versucht, das niedliche Geschöpf zur Jagd der Kaninchen abzurichten, allein es
eignet sich hierzu weit weniger, als zu der Rolle eines Schoshündchens oder Lieblings von Damen;
denn der italienische Windhund läßt sich leichter und gründlicher verziehen, als jeder andere Hund.
Ein liebebedürftiges und erziehungslustiges Frauenherz findet in ihm geradezu einen unübertrefflichen
Gegenstand; ein Wesen, welches in kurzer Zeit an Eigenwillen, Empfindlichkeit und Empfindsamkeit
selbst das verweichlichste Menschenkind übertrifft. Abgesehen von diesen Eigenschaften ist der schmucke
zierlich gebaute Hund aber ein wirklich reizendes Geschöpf. Jeder Körpertheil an ihm ist zierlich
und fein gebildet, jede Bewegung von ihm ist leicht, gefällig und anmuthig. Die Färbung ist eine
sehr wechselnde; am häufigsten sieht man ein eigenthümliches Graubraun mit goldigem Schimmer.

Als einfacher Blendling zwischen Windhund und Bullenbeißer wird der große dänische
Hund
(Canis danicus) -- siehe Seite 354 -- angesehen. Man sieht ihn in Deutschland selten, in
England aber als den treuen Begleiter von Pferden und Wagen häufiger. Es ist ein großes schönes
Thier von edler Form mit schlanken Beinen und glattem Schwanz, schmalen und kurzen Ohren und
großen, lebhaften Augen; die Schnauze ist zugespitzt, aber, wie das ganze Thier, immer noch weit
kräftiger, als die des Windhundes. Seine Färbung spielt ins Braune, Mäusefarbene und Schwärz-
liche; die Brust und die Kehle sind jedoch immer weißlich. Früher wurde er viel zur Hatz auf Rothwild
benutzt, gegenwärtig ist bekanntlich diese Jagd außer Gebrauch gekommen. Der dänische Windhund
gilt als ein treues, gutmüthiges und wachsames Thier.

Genauer auf die manichfaltigen Rassen und Bastarde dieser Art einzugehen, möge mir nachge-
sehen werden, weil wir ohnehin nur bei genauester Behandlung dieser verschiedenen Abweichungen
etwas Genügendes erhalten würden.

An den dänischen Hund können wir die Bullenbeißer und die ihnen nahe stehenden Rassen
der großen Hühnerhunde anreihen.

Bei dem eigentlichen Bullenbeißer (Canis Molossus) ist der Leib gedrungen dick, gegen die
Weichen nur wenig eingezogen, der Rücken nicht gekrümmt, die Brust breit und tiefliegend, der Hals
ziemlich kurz und dick, der Kopf rundlich, hoch, die Stirne stark gewölbt, die Schnauze kurz, nach vorn
verschmälert, und sehr stark abgestumpft. Die Lippen hängen zu beiden Seiten über (klaffen vorn
aber nicht) und triefen beständig von Geifer; die ziemlich langen und mittelbreiten Ohren sind gerundet,
halb aufrecht stehend, gegen die Spitze umgebogen und hängend. Die Beine sind von mittler Höhe,
dick und stark; an den Hinterpfoten ist keine Afterzehe vorhanden. Der Schwanz ist am Grunde dick,

Brehm, Thierleben. 23

Der ruſſiſche, ſchottiſche, iriſche, italieniſche Windhund.
ſeines Lebens verbringt und der Uebung im Klettern wegen die größten Vortheile vor dem perſiſchen
Pferde hat. Nur ſolche gewandte Geſchöpfe, wie die eingebornen Windhunde es ſind, können ihm in
jene Gebiete folgen, aber auch ſie müſſen oft genug ihre Beute aufgeben, müſſen es thun, obleich man
mehrere Hundemeuten in der Verfolgung des ebenſo flüchtigen als muthigen Eſel abwechſeln läßt.

Man ſagt, daß der perſiſche Windhund ein ſehr zweifelhafter Begleiter ſeines Herrn ſei und
zuweilen denſelben zur Flucht nöthige, indem er geradezu mörderiſch über ihn herfalle. Doch bedarf
Dies wohl noch ſehr der Beſtätigung. —

Andere Raſſen dieſer Art zeichnen ſich durch eine dichtere Behaarung und buſchigere Standarte
aus. Hierher gehört hauptſächlich der ruſſiſche, während der ſchottiſche und iriſche einen dicht
behaarten Schwanz tragen. Wie andere werden ſie vielfach bei Wolfsjagden oder auch bei Bären-
oder Schweinshatzen benutzt.

Das zierlichſte Mitglied der ganzen Windhundgeſellſchaft iſt der ſogenannte italieniſche Hund
(Canis italieus). Er verdient ſeines überaus zarten und feinen Leibesbaues wegen der Erwähnung.
Anderen Windhunden gegenüber iſt er ein Zwerg; aber er iſt ein höchſt wohlgebildeter Zwerg, bei welchen
jeder Körpertheil im genaueſten Verhältniſſe ſteht. Sein Gewicht überſteigt ſelten 6 oder 7 Pfund,
und die ausgezeichnetſten wiegen ſogar blos vier Pfund, trotz ihrer Höhe von 14 oder 15 Zoll.
Man hat zwar verſucht, das niedliche Geſchöpf zur Jagd der Kaninchen abzurichten, allein es
eignet ſich hierzu weit weniger, als zu der Rolle eines Schoshündchens oder Lieblings von Damen;
denn der italieniſche Windhund läßt ſich leichter und gründlicher verziehen, als jeder andere Hund.
Ein liebebedürftiges und erziehungsluſtiges Frauenherz findet in ihm geradezu einen unübertrefflichen
Gegenſtand; ein Weſen, welches in kurzer Zeit an Eigenwillen, Empfindlichkeit und Empfindſamkeit
ſelbſt das verweichlichſte Menſchenkind übertrifft. Abgeſehen von dieſen Eigenſchaften iſt der ſchmucke
zierlich gebaute Hund aber ein wirklich reizendes Geſchöpf. Jeder Körpertheil an ihm iſt zierlich
und fein gebildet, jede Bewegung von ihm iſt leicht, gefällig und anmuthig. Die Färbung iſt eine
ſehr wechſelnde; am häufigſten ſieht man ein eigenthümliches Graubraun mit goldigem Schimmer.

Als einfacher Blendling zwiſchen Windhund und Bullenbeißer wird der große däniſche
Hund
(Canis danicus) — ſiehe Seite 354 — angeſehen. Man ſieht ihn in Deutſchland ſelten, in
England aber als den treuen Begleiter von Pferden und Wagen häufiger. Es iſt ein großes ſchönes
Thier von edler Form mit ſchlanken Beinen und glattem Schwanz, ſchmalen und kurzen Ohren und
großen, lebhaften Augen; die Schnauze iſt zugeſpitzt, aber, wie das ganze Thier, immer noch weit
kräftiger, als die des Windhundes. Seine Färbung ſpielt ins Braune, Mäuſefarbene und Schwärz-
liche; die Bruſt und die Kehle ſind jedoch immer weißlich. Früher wurde er viel zur Hatz auf Rothwild
benutzt, gegenwärtig iſt bekanntlich dieſe Jagd außer Gebrauch gekommen. Der däniſche Windhund
gilt als ein treues, gutmüthiges und wachſames Thier.

Genauer auf die manichfaltigen Raſſen und Baſtarde dieſer Art einzugehen, möge mir nachge-
ſehen werden, weil wir ohnehin nur bei genaueſter Behandlung dieſer verſchiedenen Abweichungen
etwas Genügendes erhalten würden.

An den däniſchen Hund können wir die Bullenbeißer und die ihnen nahe ſtehenden Raſſen
der großen Hühnerhunde anreihen.

Bei dem eigentlichen Bullenbeißer (Canis Molossus) iſt der Leib gedrungen dick, gegen die
Weichen nur wenig eingezogen, der Rücken nicht gekrümmt, die Bruſt breit und tiefliegend, der Hals
ziemlich kurz und dick, der Kopf rundlich, hoch, die Stirne ſtark gewölbt, die Schnauze kurz, nach vorn
verſchmälert, und ſehr ſtark abgeſtumpft. Die Lippen hängen zu beiden Seiten über (klaffen vorn
aber nicht) und triefen beſtändig von Geifer; die ziemlich langen und mittelbreiten Ohren ſind gerundet,
halb aufrecht ſtehend, gegen die Spitze umgebogen und hängend. Die Beine ſind von mittler Höhe,
dick und ſtark; an den Hinterpfoten iſt keine Afterzehe vorhanden. Der Schwanz iſt am Grunde dick,

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[353/0419] Der ruſſiſche, ſchottiſche, iriſche, italieniſche Windhund. ſeines Lebens verbringt und der Uebung im Klettern wegen die größten Vortheile vor dem perſiſchen Pferde hat. Nur ſolche gewandte Geſchöpfe, wie die eingebornen Windhunde es ſind, können ihm in jene Gebiete folgen, aber auch ſie müſſen oft genug ihre Beute aufgeben, müſſen es thun, obleich man mehrere Hundemeuten in der Verfolgung des ebenſo flüchtigen als muthigen Eſel abwechſeln läßt. Man ſagt, daß der perſiſche Windhund ein ſehr zweifelhafter Begleiter ſeines Herrn ſei und zuweilen denſelben zur Flucht nöthige, indem er geradezu mörderiſch über ihn herfalle. Doch bedarf Dies wohl noch ſehr der Beſtätigung. — Andere Raſſen dieſer Art zeichnen ſich durch eine dichtere Behaarung und buſchigere Standarte aus. Hierher gehört hauptſächlich der ruſſiſche, während der ſchottiſche und iriſche einen dicht behaarten Schwanz tragen. Wie andere werden ſie vielfach bei Wolfsjagden oder auch bei Bären- oder Schweinshatzen benutzt. Das zierlichſte Mitglied der ganzen Windhundgeſellſchaft iſt der ſogenannte italieniſche Hund (Canis italieus). Er verdient ſeines überaus zarten und feinen Leibesbaues wegen der Erwähnung. Anderen Windhunden gegenüber iſt er ein Zwerg; aber er iſt ein höchſt wohlgebildeter Zwerg, bei welchen jeder Körpertheil im genaueſten Verhältniſſe ſteht. Sein Gewicht überſteigt ſelten 6 oder 7 Pfund, und die ausgezeichnetſten wiegen ſogar blos vier Pfund, trotz ihrer Höhe von 14 oder 15 Zoll. Man hat zwar verſucht, das niedliche Geſchöpf zur Jagd der Kaninchen abzurichten, allein es eignet ſich hierzu weit weniger, als zu der Rolle eines Schoshündchens oder Lieblings von Damen; denn der italieniſche Windhund läßt ſich leichter und gründlicher verziehen, als jeder andere Hund. Ein liebebedürftiges und erziehungsluſtiges Frauenherz findet in ihm geradezu einen unübertrefflichen Gegenſtand; ein Weſen, welches in kurzer Zeit an Eigenwillen, Empfindlichkeit und Empfindſamkeit ſelbſt das verweichlichſte Menſchenkind übertrifft. Abgeſehen von dieſen Eigenſchaften iſt der ſchmucke zierlich gebaute Hund aber ein wirklich reizendes Geſchöpf. Jeder Körpertheil an ihm iſt zierlich und fein gebildet, jede Bewegung von ihm iſt leicht, gefällig und anmuthig. Die Färbung iſt eine ſehr wechſelnde; am häufigſten ſieht man ein eigenthümliches Graubraun mit goldigem Schimmer. Als einfacher Blendling zwiſchen Windhund und Bullenbeißer wird der große däniſche Hund (Canis danicus) — ſiehe Seite 354 — angeſehen. Man ſieht ihn in Deutſchland ſelten, in England aber als den treuen Begleiter von Pferden und Wagen häufiger. Es iſt ein großes ſchönes Thier von edler Form mit ſchlanken Beinen und glattem Schwanz, ſchmalen und kurzen Ohren und großen, lebhaften Augen; die Schnauze iſt zugeſpitzt, aber, wie das ganze Thier, immer noch weit kräftiger, als die des Windhundes. Seine Färbung ſpielt ins Braune, Mäuſefarbene und Schwärz- liche; die Bruſt und die Kehle ſind jedoch immer weißlich. Früher wurde er viel zur Hatz auf Rothwild benutzt, gegenwärtig iſt bekanntlich dieſe Jagd außer Gebrauch gekommen. Der däniſche Windhund gilt als ein treues, gutmüthiges und wachſames Thier. Genauer auf die manichfaltigen Raſſen und Baſtarde dieſer Art einzugehen, möge mir nachge- ſehen werden, weil wir ohnehin nur bei genaueſter Behandlung dieſer verſchiedenen Abweichungen etwas Genügendes erhalten würden. An den däniſchen Hund können wir die Bullenbeißer und die ihnen nahe ſtehenden Raſſen der großen Hühnerhunde anreihen. Bei dem eigentlichen Bullenbeißer (Canis Molossus) iſt der Leib gedrungen dick, gegen die Weichen nur wenig eingezogen, der Rücken nicht gekrümmt, die Bruſt breit und tiefliegend, der Hals ziemlich kurz und dick, der Kopf rundlich, hoch, die Stirne ſtark gewölbt, die Schnauze kurz, nach vorn verſchmälert, und ſehr ſtark abgeſtumpft. Die Lippen hängen zu beiden Seiten über (klaffen vorn aber nicht) und triefen beſtändig von Geifer; die ziemlich langen und mittelbreiten Ohren ſind gerundet, halb aufrecht ſtehend, gegen die Spitze umgebogen und hängend. Die Beine ſind von mittler Höhe, dick und ſtark; an den Hinterpfoten iſt keine Afterzehe vorhanden. Der Schwanz iſt am Grunde dick, Brehm, Thierleben. 23

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864, S. 353. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben01_1864/419>, abgerufen am 23.11.2024.