besiegt haben, wenn ich dem Kampfe nicht ein Ende gemacht hätte. Zwei Eimer voll Wasser, welche ich über die wüthenden Kämpen goß, unterbrachen den Streit augenblicklich. Beide sahen sich höchst ver- dutzt an, und der Leopard hielt es, der ihm höchst verhaßten Wasserbäder sich plötzlich erinnernd, trotz aller Wuth und alles Fauchens doch für das Beste, so schnell als möglich seinen Käfig zu suchen, welcher dann auch sofort verschlossen wurde. Jack war schon wenige Minuten nach dem Kampfe wieder ganz der Alte: er leckte, reinigte und putzte sich und begann wieder zu spinnen, als ob Nichts geschehen wäre.
Wie zahm, gemüthlich und liebenswürdig mein Jack war, mag aus Folgendem hervorgehen. Einige deutsche Damen, welche sich gerade in Alexandrien befanden, waren gekommen, um meine Thiersammlung anzusehen, hatten mich aber nicht zu Hause gefunden und somit ihrem Wunsche auch nicht genügen können. Jch versprach ihnen jetzt scherzend, wenigstens einige von meinen Thieren zu ihnen zu bringen, und führte diesen Scherz auch wirklich einmal aus, als ich erfahren hatte, daß die Damen just zusammen waren. Jch konnte mich auf Jack vollständig verlassen und durfte schon Etwas wagen. Jhn an der Leine hinter mir fortführend, betrat ich also das betreffende Haus, beschwichtigte die entsetzten Diener, welche mich mit dem fürchterlichen Raubthiere hatten sehen kommen und Lärm schlagen wollten, und stieg nun ruhig nach dem zweiten Stockwerke des Hauses empor. An dem rechten Zimmer angelangt, öffnete ich die Thüre zur Hälfte und bat um Erlaubniß, eintreten, zugleich aber auch meinen Hund mitbringen zu dürfen. Dies wurde zugestanden, und Jack trat gemächlich ein. Ein lauter Aufschrei begrüßte den Harmlosen und setzte ihn in höchste Verwunderung. Die geängstigten Damen suchten, sich so gut als möglich zu retten, und sprangen in ihrer Verzweiflung auf einen großen, runden Tisch, welcher mitten im Zimmer stand. Dies aber diente blos dazu, Jack zu dem Gleichen aufzufordern, und ehe sich die Armen besannen, stand er mitten unter ihnen, spann höchst gemüthlich und schmiegte sich traulich bald an Diese, bald an Jene an. Da war denn freilich die Furcht bald verschwunden. Die beherzteste Dame begann, den hübschen Burschen zu lieb- kosen, und bald folgten alle übrigen ihrem Beispiele. Jack wurde der erklärte Liebling und schien nicht wenig stolz zu sein auf die ihm gewordene Auszeichnung.
Aus Diesem und dem weiter oben Mitgetheilten geht unzweifelhaft hervor, daß der Gepard auch in geistiger Hinsicht ein echtes Mittelding zwischen Katze und Hund ist, und in seinem Wesen jedenfalls mehr unserm treuen Hausfreunde entspricht, als seinen gewöhnlich tückischen und hinter- listigen Verwandten. Er mag uns deshalb auch unmittelbar zu den Hunden führen.
Gemeinsame und gleichmäßige Berücksichtigung aller Eigenthümlichkeiten eines Thieres oder einer Thierfamilie sind für den Kundigen maßgebend zur Beurtheilung und Würdigung der betreffen- den Geschöpfe. Eben deshalb beschäftigen uns die Hunde (Canes) erst in der zweiten Familie.
Wollten wir die geistigen Eigenschaften und Fähigkeiten allein in Betracht ziehen, so müßten wir den Hunden unzweifehaft die erste Stellung unter allen Raubthieren einräumen; denn die große Mehrzahl dieser ausgezeichneten Geschöpfe übertrifft in geistiger Hinsicht die Katzen bei weitem. Aber die Katzen sind einhelliger gebaut, als die Hunde, und ihre Geisteskräfte wenigstens nicht so gering, daß sie eine Voranstellung in der Reihe der Raubthiere verbieten sollten. Einzelne Naturforscher stellen zwischen die Katzen und Hunde die Hiänen als besondere Familie hin und wollen, auf den Bau des Gebisses sich stützend, in ihnen Bindeglieder zwischen den Katzen und Hunden erblicken: allein die ordnenden Thierkundigen dürfen ebensowenig das Gebiß allein berücksichtigen, als den Leibesbau oder das Wesen und den Verstand eines Thieres. Betrachtet man alle Eigenthümlichkeiten der betreffen- den Thiere zusammen, so wird man geradezu genöthigt sein, die Hiänen als verbildete, mißgestaltete Hunde in leiblicher und geistiger Hinsicht anzusehen, und wird sie deshalb höchstens an das Ende der
Die Raubthiere. Katzen. — Tſchitah. Hunde.
beſiegt haben, wenn ich dem Kampfe nicht ein Ende gemacht hätte. Zwei Eimer voll Waſſer, welche ich über die wüthenden Kämpen goß, unterbrachen den Streit augenblicklich. Beide ſahen ſich höchſt ver- dutzt an, und der Leopard hielt es, der ihm höchſt verhaßten Waſſerbäder ſich plötzlich erinnernd, trotz aller Wuth und alles Fauchens doch für das Beſte, ſo ſchnell als möglich ſeinen Käfig zu ſuchen, welcher dann auch ſofort verſchloſſen wurde. Jack war ſchon wenige Minuten nach dem Kampfe wieder ganz der Alte: er leckte, reinigte und putzte ſich und begann wieder zu ſpinnen, als ob Nichts geſchehen wäre.
Wie zahm, gemüthlich und liebenswürdig mein Jack war, mag aus Folgendem hervorgehen. Einige deutſche Damen, welche ſich gerade in Alexandrien befanden, waren gekommen, um meine Thierſammlung anzuſehen, hatten mich aber nicht zu Hauſe gefunden und ſomit ihrem Wunſche auch nicht genügen können. Jch verſprach ihnen jetzt ſcherzend, wenigſtens einige von meinen Thieren zu ihnen zu bringen, und führte dieſen Scherz auch wirklich einmal aus, als ich erfahren hatte, daß die Damen juſt zuſammen waren. Jch konnte mich auf Jack vollſtändig verlaſſen und durfte ſchon Etwas wagen. Jhn an der Leine hinter mir fortführend, betrat ich alſo das betreffende Haus, beſchwichtigte die entſetzten Diener, welche mich mit dem fürchterlichen Raubthiere hatten ſehen kommen und Lärm ſchlagen wollten, und ſtieg nun ruhig nach dem zweiten Stockwerke des Hauſes empor. An dem rechten Zimmer angelangt, öffnete ich die Thüre zur Hälfte und bat um Erlaubniß, eintreten, zugleich aber auch meinen Hund mitbringen zu dürfen. Dies wurde zugeſtanden, und Jack trat gemächlich ein. Ein lauter Aufſchrei begrüßte den Harmloſen und ſetzte ihn in höchſte Verwunderung. Die geängſtigten Damen ſuchten, ſich ſo gut als möglich zu retten, und ſprangen in ihrer Verzweiflung auf einen großen, runden Tiſch, welcher mitten im Zimmer ſtand. Dies aber diente blos dazu, Jack zu dem Gleichen aufzufordern, und ehe ſich die Armen beſannen, ſtand er mitten unter ihnen, ſpann höchſt gemüthlich und ſchmiegte ſich traulich bald an Dieſe, bald an Jene an. Da war denn freilich die Furcht bald verſchwunden. Die beherzteſte Dame begann, den hübſchen Burſchen zu lieb- koſen, und bald folgten alle übrigen ihrem Beiſpiele. Jack wurde der erklärte Liebling und ſchien nicht wenig ſtolz zu ſein auf die ihm gewordene Auszeichnung.
Aus Dieſem und dem weiter oben Mitgetheilten geht unzweifelhaft hervor, daß der Gepard auch in geiſtiger Hinſicht ein echtes Mittelding zwiſchen Katze und Hund iſt, und in ſeinem Weſen jedenfalls mehr unſerm treuen Hausfreunde entſpricht, als ſeinen gewöhnlich tückiſchen und hinter- liſtigen Verwandten. Er mag uns deshalb auch unmittelbar zu den Hunden führen.
Gemeinſame und gleichmäßige Berückſichtigung aller Eigenthümlichkeiten eines Thieres oder einer Thierfamilie ſind für den Kundigen maßgebend zur Beurtheilung und Würdigung der betreffen- den Geſchöpfe. Eben deshalb beſchäftigen uns die Hunde (Canes) erſt in der zweiten Familie.
Wollten wir die geiſtigen Eigenſchaften und Fähigkeiten allein in Betracht ziehen, ſo müßten wir den Hunden unzweifehaft die erſte Stellung unter allen Raubthieren einräumen; denn die große Mehrzahl dieſer ausgezeichneten Geſchöpfe übertrifft in geiſtiger Hinſicht die Katzen bei weitem. Aber die Katzen ſind einhelliger gebaut, als die Hunde, und ihre Geiſteskräfte wenigſtens nicht ſo gering, daß ſie eine Voranſtellung in der Reihe der Raubthiere verbieten ſollten. Einzelne Naturforſcher ſtellen zwiſchen die Katzen und Hunde die Hiänen als beſondere Familie hin und wollen, auf den Bau des Gebiſſes ſich ſtützend, in ihnen Bindeglieder zwiſchen den Katzen und Hunden erblicken: allein die ordnenden Thierkundigen dürfen ebenſowenig das Gebiß allein berückſichtigen, als den Leibesbau oder das Weſen und den Verſtand eines Thieres. Betrachtet man alle Eigenthümlichkeiten der betreffen- den Thiere zuſammen, ſo wird man geradezu genöthigt ſein, die Hiänen als verbildete, mißgeſtaltete Hunde in leiblicher und geiſtiger Hinſicht anzuſehen, und wird ſie deshalb höchſtens an das Ende der
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[310/0376]
Die Raubthiere. Katzen. — Tſchitah. Hunde.
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über die wüthenden Kämpen goß, unterbrachen den Streit augenblicklich. Beide ſahen ſich höchſt ver-
dutzt an, und der Leopard hielt es, der ihm höchſt verhaßten Waſſerbäder ſich plötzlich erinnernd,
trotz aller Wuth und alles Fauchens doch für das Beſte, ſo ſchnell als möglich ſeinen Käfig zu ſuchen,
welcher dann auch ſofort verſchloſſen wurde. Jack war ſchon wenige Minuten nach dem Kampfe
wieder ganz der Alte: er leckte, reinigte und putzte ſich und begann wieder zu ſpinnen, als ob Nichts
geſchehen wäre.
Wie zahm, gemüthlich und liebenswürdig mein Jack war, mag aus Folgendem hervorgehen.
Einige deutſche Damen, welche ſich gerade in Alexandrien befanden, waren gekommen, um meine
Thierſammlung anzuſehen, hatten mich aber nicht zu Hauſe gefunden und ſomit ihrem Wunſche auch
nicht genügen können. Jch verſprach ihnen jetzt ſcherzend, wenigſtens einige von meinen Thieren zu
ihnen zu bringen, und führte dieſen Scherz auch wirklich einmal aus, als ich erfahren hatte, daß die
Damen juſt zuſammen waren. Jch konnte mich auf Jack vollſtändig verlaſſen und durfte ſchon Etwas
wagen. Jhn an der Leine hinter mir fortführend, betrat ich alſo das betreffende Haus, beſchwichtigte
die entſetzten Diener, welche mich mit dem fürchterlichen Raubthiere hatten ſehen kommen und Lärm
ſchlagen wollten, und ſtieg nun ruhig nach dem zweiten Stockwerke des Hauſes empor. An dem
rechten Zimmer angelangt, öffnete ich die Thüre zur Hälfte und bat um Erlaubniß, eintreten, zugleich
aber auch meinen Hund mitbringen zu dürfen. Dies wurde zugeſtanden, und Jack trat gemächlich
ein. Ein lauter Aufſchrei begrüßte den Harmloſen und ſetzte ihn in höchſte Verwunderung. Die
geängſtigten Damen ſuchten, ſich ſo gut als möglich zu retten, und ſprangen in ihrer Verzweiflung
auf einen großen, runden Tiſch, welcher mitten im Zimmer ſtand. Dies aber diente blos dazu,
Jack zu dem Gleichen aufzufordern, und ehe ſich die Armen beſannen, ſtand er mitten unter ihnen,
ſpann höchſt gemüthlich und ſchmiegte ſich traulich bald an Dieſe, bald an Jene an. Da war denn
freilich die Furcht bald verſchwunden. Die beherzteſte Dame begann, den hübſchen Burſchen zu lieb-
koſen, und bald folgten alle übrigen ihrem Beiſpiele. Jack wurde der erklärte Liebling und ſchien
nicht wenig ſtolz zu ſein auf die ihm gewordene Auszeichnung.
Aus Dieſem und dem weiter oben Mitgetheilten geht unzweifelhaft hervor, daß der Gepard
auch in geiſtiger Hinſicht ein echtes Mittelding zwiſchen Katze und Hund iſt, und in ſeinem Weſen
jedenfalls mehr unſerm treuen Hausfreunde entſpricht, als ſeinen gewöhnlich tückiſchen und hinter-
liſtigen Verwandten. Er mag uns deshalb auch unmittelbar zu den Hunden führen.
Gemeinſame und gleichmäßige Berückſichtigung aller Eigenthümlichkeiten eines Thieres oder
einer Thierfamilie ſind für den Kundigen maßgebend zur Beurtheilung und Würdigung der betreffen-
den Geſchöpfe. Eben deshalb beſchäftigen uns die Hunde (Canes) erſt in der zweiten Familie.
Wollten wir die geiſtigen Eigenſchaften und Fähigkeiten allein in Betracht ziehen, ſo müßten
wir den Hunden unzweifehaft die erſte Stellung unter allen Raubthieren einräumen; denn die große
Mehrzahl dieſer ausgezeichneten Geſchöpfe übertrifft in geiſtiger Hinſicht die Katzen bei weitem. Aber
die Katzen ſind einhelliger gebaut, als die Hunde, und ihre Geiſteskräfte wenigſtens nicht ſo gering, daß
ſie eine Voranſtellung in der Reihe der Raubthiere verbieten ſollten. Einzelne Naturforſcher ſtellen
zwiſchen die Katzen und Hunde die Hiänen als beſondere Familie hin und wollen, auf den Bau des
Gebiſſes ſich ſtützend, in ihnen Bindeglieder zwiſchen den Katzen und Hunden erblicken: allein die
ordnenden Thierkundigen dürfen ebenſowenig das Gebiß allein berückſichtigen, als den Leibesbau oder
das Weſen und den Verſtand eines Thieres. Betrachtet man alle Eigenthümlichkeiten der betreffen-
den Thiere zuſammen, ſo wird man geradezu genöthigt ſein, die Hiänen als verbildete, mißgeſtaltete
Hunde in leiblicher und geiſtiger Hinſicht anzuſehen, und wird ſie deshalb höchſtens an das Ende der
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864, S. 310. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben01_1864/376>, abgerufen am 24.11.2024.
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