Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864.Beschreibung. röthlich, im Winter laughaarig und mehr grauweißlich gefärbt; allein die ganze Färbung ändert inder manchfaltigsten Weise ab, und auch die Flecken erscheinen bei verschiedenen Thieren ganz verschieden. Man hat deshalb nach den Bälgen mehrere Arten von Luchsen annehmen wollen, ist jedoch in der Neuzeit überzeugt worden, daß Dies unthunlich ist; denn man hat in einem Gewölfe Junge von allen Farbenschattirungen, Veränderungen und Zeichnungen gefunden. Das Weibchen scheint sich ständig durch röthere Färbung und undeutlichere Flecken von dem Männchen zu unterscheiden, und die neu- gebornen Jungen sind weißlich. Der Luchs ist den Alten bereits bekannt gewesen, denn schon Plinius erwähnt ihn unter dem [Abbildung]
Der europäische Luchs (Lynx vulgaris). bekannt, denn er mochte wohl ziemlich häusig sein. Vielfache Berichte erwähnen seiner. Noch indem letzten Viertel des vorigen Jahrhunderts wurde er gar nicht selten in unserm Mitteldeutschland erlegt: so wurden auch vom Jahre 1773 bis 1796 allein im Thüringer Walde noch fünf Stück ge- schossen. Nach Glogers Angabe erlegte man zu Anfang dieses Jahrhunderts noch einen in Ober- schlesien, seitdem sind in Deutschland aber blos noch drei Stück und zwar zwei in den Jahren 1817 und 1818 im Harze und einer im Jahre 1846 in Würtemberg getödtet worden. Ganz anders ist es im Hochgebirge und im Norden Europas. Tschudi sagt, daß der Luchs in der Schweiz wohl noch häufiger geschossen wird, als die eigentliche Wildkatze, und daß er vor etwa dreißig Jahren noch keine Seltenheit gewesen sei, indem allein in Bünden in einem einzigen Jahre sieben bis acht Slück erlegt wurden, während gegenwärtig nur zwei bis drei geschossen werden. Jn der Schweiz ist er unter dem Namen Thierwolf bekannt und findet sich noch in allen größeren Waldungen, besonders in dem Dubenwalde im Thurmansthale, einem herrlichen, finstern Urwalde, wo man Tausende von mächtigen Tannen- und Lärchenstämmen abgebrochen dastehen sieht und nie betretene, dicht verzweigte Schluchten köstliche Schlupfwinkel gewähren. Weit häufiger ist er im Norden Europas. Jn Schweden allein Beſchreibung. röthlich, im Winter laughaarig und mehr grauweißlich gefärbt; allein die ganze Färbung ändert inder manchfaltigſten Weiſe ab, und auch die Flecken erſcheinen bei verſchiedenen Thieren ganz verſchieden. Man hat deshalb nach den Bälgen mehrere Arten von Luchſen annehmen wollen, iſt jedoch in der Neuzeit überzeugt worden, daß Dies unthunlich iſt; denn man hat in einem Gewölfe Junge von allen Farbenſchattirungen, Veränderungen und Zeichnungen gefunden. Das Weibchen ſcheint ſich ſtändig durch röthere Färbung und undeutlichere Flecken von dem Männchen zu unterſcheiden, und die neu- gebornen Jungen ſind weißlich. Der Luchs iſt den Alten bereits bekannt geweſen, denn ſchon Plinius erwähnt ihn unter dem [Abbildung]
Der europäiſche Luchs (Lynx vulgaris). bekannt, denn er mochte wohl ziemlich häuſig ſein. Vielfache Berichte erwähnen ſeiner. Noch indem letzten Viertel des vorigen Jahrhunderts wurde er gar nicht ſelten in unſerm Mitteldeutſchland erlegt: ſo wurden auch vom Jahre 1773 bis 1796 allein im Thüringer Walde noch fünf Stück ge- ſchoſſen. Nach Glogers Angabe erlegte man zu Anfang dieſes Jahrhunderts noch einen in Ober- ſchleſien, ſeitdem ſind in Deutſchland aber blos noch drei Stück und zwar zwei in den Jahren 1817 und 1818 im Harze und einer im Jahre 1846 in Würtemberg getödtet worden. Ganz anders iſt es im Hochgebirge und im Norden Europas. Tſchudi ſagt, daß der Luchs in der Schweiz wohl noch häufiger geſchoſſen wird, als die eigentliche Wildkatze, und daß er vor etwa dreißig Jahren noch keine Seltenheit geweſen ſei, indem allein in Bünden in einem einzigen Jahre ſieben bis acht Slück erlegt wurden, während gegenwärtig nur zwei bis drei geſchoſſen werden. Jn der Schweiz iſt er unter dem Namen Thierwolf bekannt und findet ſich noch in allen größeren Waldungen, beſonders in dem Dubenwalde im Thurmansthale, einem herrlichen, finſtern Urwalde, wo man Tauſende von mächtigen Tannen- und Lärchenſtämmen abgebrochen daſtehen ſieht und nie betretene, dicht verzweigte Schluchten köſtliche Schlupfwinkel gewähren. Weit häufiger iſt er im Norden Europas. Jn Schweden allein <TEI> <text> <body> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0359" n="295"/><fw place="top" type="header">Beſchreibung.</fw><lb/> röthlich, im Winter laughaarig und mehr grauweißlich gefärbt; allein die ganze Färbung ändert in<lb/> der manchfaltigſten Weiſe ab, und auch die Flecken erſcheinen bei verſchiedenen Thieren ganz verſchieden.<lb/> Man hat deshalb nach den Bälgen mehrere Arten von Luchſen annehmen wollen, iſt jedoch in der<lb/> Neuzeit überzeugt worden, daß Dies unthunlich iſt; denn man hat in einem Gewölfe Junge von allen<lb/> Farbenſchattirungen, Veränderungen und Zeichnungen gefunden. Das Weibchen ſcheint ſich ſtändig<lb/> durch röthere Färbung und undeutlichere Flecken von dem Männchen zu unterſcheiden, und die neu-<lb/> gebornen Jungen ſind weißlich.</p><lb/> <p>Der Luchs iſt den Alten bereits bekannt geweſen, denn ſchon <hi rendition="#g">Plinius</hi> erwähnt ihn unter dem<lb/> Namen <hi rendition="#g">Lynx.</hi> Jn Rom wurde er unter <hi rendition="#g">Pompejus</hi> gezeigt. Man hatte ihn zuerſt aus Gallien oder<lb/> dem heutigen Frankreich eingeführt. Sehr bekannt war er nicht, und deshalb war dem Aberglauben<lb/> vielfacher Spielraum gelaſſen. So glaubte man, daß er mit ſeinen funkelnden Augen durch eine<lb/> Mauer zu ſehen vermöge, daß ſein Harn zu einem koſtbaren Stein erhärte, welchen man mit dem<lb/> Namen Lynkur bezeichnete, und andere dergleichen Sachen mehr. Jn Deutſchland war er überall wohl<lb/><figure><head><hi rendition="#c"><hi rendition="#g">Der europäiſche Luchs</hi> (<hi rendition="#aq">Lynx vulgaris</hi>).</hi></head></figure><lb/> bekannt, denn er mochte wohl ziemlich häuſig ſein. Vielfache Berichte erwähnen ſeiner. Noch in<lb/> dem letzten Viertel des vorigen Jahrhunderts wurde er gar nicht ſelten in unſerm Mitteldeutſchland<lb/> erlegt: ſo wurden auch vom Jahre 1773 bis 1796 allein im Thüringer Walde noch fünf Stück ge-<lb/> ſchoſſen. Nach <hi rendition="#g">Glogers</hi> Angabe erlegte man zu Anfang dieſes Jahrhunderts noch einen in Ober-<lb/> ſchleſien, ſeitdem ſind in Deutſchland aber blos noch drei Stück und zwar zwei in den Jahren 1817<lb/> und 1818 im Harze und einer im Jahre 1846 in Würtemberg getödtet worden. Ganz anders iſt es<lb/> im Hochgebirge und im Norden Europas. <hi rendition="#g">Tſchudi</hi> ſagt, daß der Luchs in der Schweiz wohl noch<lb/> häufiger geſchoſſen wird, als die eigentliche <hi rendition="#g">Wildkatze,</hi> und daß er vor etwa dreißig Jahren noch keine<lb/> Seltenheit geweſen ſei, indem allein in <hi rendition="#g">Bünden</hi> in einem einzigen Jahre ſieben bis acht Slück erlegt<lb/> wurden, während gegenwärtig nur zwei bis drei geſchoſſen werden. Jn der Schweiz iſt er unter dem<lb/> Namen <hi rendition="#g">Thierwolf</hi> bekannt und findet ſich noch in allen größeren Waldungen, beſonders in dem<lb/> Dubenwalde im Thurmansthale, einem herrlichen, finſtern Urwalde, wo man Tauſende von mächtigen<lb/> Tannen- und Lärchenſtämmen abgebrochen daſtehen ſieht und nie betretene, dicht verzweigte Schluchten<lb/> köſtliche Schlupfwinkel gewähren. Weit häufiger iſt er im Norden Europas. Jn Schweden allein<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [295/0359]
Beſchreibung.
röthlich, im Winter laughaarig und mehr grauweißlich gefärbt; allein die ganze Färbung ändert in
der manchfaltigſten Weiſe ab, und auch die Flecken erſcheinen bei verſchiedenen Thieren ganz verſchieden.
Man hat deshalb nach den Bälgen mehrere Arten von Luchſen annehmen wollen, iſt jedoch in der
Neuzeit überzeugt worden, daß Dies unthunlich iſt; denn man hat in einem Gewölfe Junge von allen
Farbenſchattirungen, Veränderungen und Zeichnungen gefunden. Das Weibchen ſcheint ſich ſtändig
durch röthere Färbung und undeutlichere Flecken von dem Männchen zu unterſcheiden, und die neu-
gebornen Jungen ſind weißlich.
Der Luchs iſt den Alten bereits bekannt geweſen, denn ſchon Plinius erwähnt ihn unter dem
Namen Lynx. Jn Rom wurde er unter Pompejus gezeigt. Man hatte ihn zuerſt aus Gallien oder
dem heutigen Frankreich eingeführt. Sehr bekannt war er nicht, und deshalb war dem Aberglauben
vielfacher Spielraum gelaſſen. So glaubte man, daß er mit ſeinen funkelnden Augen durch eine
Mauer zu ſehen vermöge, daß ſein Harn zu einem koſtbaren Stein erhärte, welchen man mit dem
Namen Lynkur bezeichnete, und andere dergleichen Sachen mehr. Jn Deutſchland war er überall wohl
[Abbildung Der europäiſche Luchs (Lynx vulgaris).]
bekannt, denn er mochte wohl ziemlich häuſig ſein. Vielfache Berichte erwähnen ſeiner. Noch in
dem letzten Viertel des vorigen Jahrhunderts wurde er gar nicht ſelten in unſerm Mitteldeutſchland
erlegt: ſo wurden auch vom Jahre 1773 bis 1796 allein im Thüringer Walde noch fünf Stück ge-
ſchoſſen. Nach Glogers Angabe erlegte man zu Anfang dieſes Jahrhunderts noch einen in Ober-
ſchleſien, ſeitdem ſind in Deutſchland aber blos noch drei Stück und zwar zwei in den Jahren 1817
und 1818 im Harze und einer im Jahre 1846 in Würtemberg getödtet worden. Ganz anders iſt es
im Hochgebirge und im Norden Europas. Tſchudi ſagt, daß der Luchs in der Schweiz wohl noch
häufiger geſchoſſen wird, als die eigentliche Wildkatze, und daß er vor etwa dreißig Jahren noch keine
Seltenheit geweſen ſei, indem allein in Bünden in einem einzigen Jahre ſieben bis acht Slück erlegt
wurden, während gegenwärtig nur zwei bis drei geſchoſſen werden. Jn der Schweiz iſt er unter dem
Namen Thierwolf bekannt und findet ſich noch in allen größeren Waldungen, beſonders in dem
Dubenwalde im Thurmansthale, einem herrlichen, finſtern Urwalde, wo man Tauſende von mächtigen
Tannen- und Lärchenſtämmen abgebrochen daſtehen ſieht und nie betretene, dicht verzweigte Schluchten
köſtliche Schlupfwinkel gewähren. Weit häufiger iſt er im Norden Europas. Jn Schweden allein
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