Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864.Gefangenleben. Bändigungsversuche. Der Leopard bei den Alten. aber sie fruchteten Nichts; ich mußte auf andere Mittel denken. Das beste von allen war, wie ichzufällig entdeckte, ihn mit Wasser zu begießen, und dabei leistete mir nun wieder eine große Spritze die allervortrefflichsten Dienste. Sobald er nämlich einen Eimer Wasser über den Kopf bekommen hatte oder durch den Strahl der Spritze dauernd eingenäßt wurde, suchte er so schleunig als möglich in seinen Käfig zu kommen; und später brachte ich ihn so weit, daß ich ihm blos die Spritze und den Besen zu zeigen brauchte, um ihn augenblicklich dahin zu vermögen, seinen Schlupfwinkel zu suchen, wenn Dies auch nur mit äußerstem Widerstreben geschah. Mancher meiner Leser mag diesen Leoparden wie viele andere von den Thieren, welche ich damals besaß, später im Thiergarten von Berlin gesehen haben; die wenigsten aber werden sich vorgestellt haben, wie ungemüthlich das schöne Thier sein konnte. Wie er sich gegen andere Mitglieder seiner Familie benahm, will ich gelegentlich der Be- schreibung des Jagdleoparden zu schildern versuchen. Der Leopard wurde, wie bemerkt, von den Römern vielfach zu den Kampffpielen in Rom be- Leicht könnte ich noch viel von meinen eignen und von anderen Beobachtungen hier mittheilen; Gefangenleben. Bändigungsverſuche. Der Leopard bei den Alten. aber ſie fruchteten Nichts; ich mußte auf andere Mittel denken. Das beſte von allen war, wie ichzufällig entdeckte, ihn mit Waſſer zu begießen, und dabei leiſtete mir nun wieder eine große Spritze die allervortrefflichſten Dienſte. Sobald er nämlich einen Eimer Waſſer über den Kopf bekommen hatte oder durch den Strahl der Spritze dauernd eingenäßt wurde, ſuchte er ſo ſchleunig als möglich in ſeinen Käfig zu kommen; und ſpäter brachte ich ihn ſo weit, daß ich ihm blos die Spritze und den Beſen zu zeigen brauchte, um ihn augenblicklich dahin zu vermögen, ſeinen Schlupfwinkel zu ſuchen, wenn Dies auch nur mit äußerſtem Widerſtreben geſchah. Mancher meiner Leſer mag dieſen Leoparden wie viele andere von den Thieren, welche ich damals beſaß, ſpäter im Thiergarten von Berlin geſehen haben; die wenigſten aber werden ſich vorgeſtellt haben, wie ungemüthlich das ſchöne Thier ſein konnte. Wie er ſich gegen andere Mitglieder ſeiner Familie benahm, will ich gelegentlich der Be- ſchreibung des Jagdleoparden zu ſchildern verſuchen. Der Leopard wurde, wie bemerkt, von den Römern vielfach zu den Kampffpielen in Rom be- Leicht könnte ich noch viel von meinen eignen und von anderen Beobachtungen hier mittheilen; <TEI> <text> <body> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0333" n="269"/><fw place="top" type="header">Gefangenleben. Bändigungsverſuche. Der Leopard bei den Alten.</fw><lb/> aber ſie fruchteten Nichts; ich mußte auf andere Mittel denken. Das beſte von allen war, wie ich<lb/> zufällig entdeckte, ihn mit Waſſer zu begießen, und dabei leiſtete mir nun wieder eine große Spritze<lb/> die allervortrefflichſten Dienſte. Sobald er nämlich einen Eimer Waſſer über den Kopf bekommen<lb/> hatte oder durch den Strahl der Spritze dauernd eingenäßt wurde, ſuchte er ſo ſchleunig als möglich<lb/> in ſeinen Käfig zu kommen; und ſpäter brachte ich ihn ſo weit, daß ich ihm blos die Spritze und den<lb/> Beſen zu zeigen brauchte, um ihn augenblicklich dahin zu vermögen, ſeinen Schlupfwinkel zu ſuchen,<lb/> wenn Dies auch nur mit äußerſtem Widerſtreben geſchah. Mancher meiner Leſer mag dieſen Leoparden<lb/> wie viele andere von den Thieren, welche ich damals beſaß, ſpäter im Thiergarten von Berlin geſehen<lb/> haben; die wenigſten aber werden ſich vorgeſtellt haben, wie ungemüthlich das ſchöne Thier ſein<lb/> konnte. Wie er ſich gegen andere Mitglieder ſeiner Familie benahm, will ich gelegentlich der Be-<lb/> ſchreibung des <hi rendition="#g">Jagdleoparden</hi> zu ſchildern verſuchen.</p><lb/> <p>Der Leopard wurde, wie bemerkt, von den Römern vielfach zu den Kampffpielen in Rom be-<lb/> nutzt. 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Den Namen <hi rendition="#g">Leopard</hi> hat zuerſt der Geſchichtsſchreiber <hi rendition="#g">Julius<lb/> Capitolinus</hi> am Ende des dritten Jahrhunderts gebraucht, weil man glaubte, daß das Thier ein<lb/> Baſtard von <hi rendition="#g">Panther</hi> und <hi rendition="#g">Löwe</hi> ſei. Hierauf bezieht ſich wohl auch eine Stelle des <hi rendition="#g">Plinius,</hi><lb/> welcher die Thiere ſchon ziemlich gut kennt, aber ſagt, daß es der Löwe rieche, wenn ein Parder mit<lb/> einer Löwin zu thun gehabt habe, und ſich dann räche. Derſelbe Naturforſcher erzählt auch, daß die<lb/> Parder durch ihren Geruch alle vierfüßigen Thiere anlocken, durch ihren garſtigen Kopf aber wieder<lb/> abſchrecken; deshalb verſtecken ſie ſich, um die durch den Wohlgeruch herangezogenen Thiere zu fangen.<lb/> An einer andern Stelle heißt es, daß die Löwen, Parder und alle anderen des Geſchlechts rauhe<lb/> Zungen hätten wie eine Feile und damit die Haut des Menſchen ableckten. Daher würden auch die<lb/> gezähmten wüthend, wenn ſie bis auf das Blut gekommen ſeien. Die Griechen nennen den Leoparden<lb/><hi rendition="#g">Pardalis,</hi> und <hi rendition="#g">Ariſtoteles</hi> ſpricht einigemal von ihm. Er erzählt, daß er vier Zitzen habe, daß<lb/> er geſcheckt ſei, daß er in Aſien, niemals aber in Europa vorkomme, daß die Weibchen mehr Muth<lb/> hätten, als die Männchen; und daß ſie ſich zu heilen wüßten; wenn ſie ſich nämlich mit dem Krante<lb/><hi rendition="#g">Pardalianches</hi> vergiftet hätten, ſuchten ſie Menſchenkoth, und dieſer hälfe ihnen. Das Kraut tödte<lb/> auch die Löwen, und deshalb hingen die Jäger Menſchenkoth an einen Baum, damit das Thier nicht<lb/> weit weggehe; ſpringe es darnach in die Höhe, ſo gehe es zu Grunde. <hi rendition="#g">Oppian</hi> unterſcheidet zwei<lb/> Arten von gefährlichen Pardalis, größere, derbere, und kleinere, welche aber jenen an Stärke Nichts<lb/> nachgäben. Jn der Geſtalt und der geſcheckten Färbung ſind ſie einander gleich, aber die kleineren<lb/> haben einen längern Schwanz, als die größeren (dieſe würden alſo unſere Panther ſein). Sie<lb/> laufen ſehr ſchnell und greifen Alles tapfer an. Nach dem Dichter ſind ſie die Amme des <hi rendition="#g">Bachus</hi><lb/> geweſen und deshalb liebten ſie auch den Wein. — Dies iſt aber auch Alles, was die Alten uns<lb/> hinterlaſſen haben.</p><lb/> <p>Leicht könnte ich noch viel von meinen eignen und von anderen Beobachtungen hier mittheilen;<lb/> doch ich glaube, daß die bereits erzählten Geſchichten zur Beſchreibung und Kennzeichnung des Thieres<lb/> ausreichen dürften. Jch will blos noch hinzufügen, daß das Fleiſch des Leoparden in vielen Ländern<lb/> von den Eingebornen gegeſſen und für ſehr ſchmackhaft gehalten wird, und daß das ſchöne Fell<lb/> namentlich in früherer Zeit oft in den Handel kam und noch vor funfzig Jahren am Kap mit<lb/> zehn Thalern das Stück bezahlt wurde. Auch gegenwärtig iſt es unter dem Namen „<hi rendition="#g">Tigerfell</hi>‟<lb/> noch bei unſeren Kürſchnern zu erhalten; denn es wird noch immer geſucht und geſchätzt. Man<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [269/0333]
Gefangenleben. Bändigungsverſuche. Der Leopard bei den Alten.
aber ſie fruchteten Nichts; ich mußte auf andere Mittel denken. Das beſte von allen war, wie ich
zufällig entdeckte, ihn mit Waſſer zu begießen, und dabei leiſtete mir nun wieder eine große Spritze
die allervortrefflichſten Dienſte. Sobald er nämlich einen Eimer Waſſer über den Kopf bekommen
hatte oder durch den Strahl der Spritze dauernd eingenäßt wurde, ſuchte er ſo ſchleunig als möglich
in ſeinen Käfig zu kommen; und ſpäter brachte ich ihn ſo weit, daß ich ihm blos die Spritze und den
Beſen zu zeigen brauchte, um ihn augenblicklich dahin zu vermögen, ſeinen Schlupfwinkel zu ſuchen,
wenn Dies auch nur mit äußerſtem Widerſtreben geſchah. Mancher meiner Leſer mag dieſen Leoparden
wie viele andere von den Thieren, welche ich damals beſaß, ſpäter im Thiergarten von Berlin geſehen
haben; die wenigſten aber werden ſich vorgeſtellt haben, wie ungemüthlich das ſchöne Thier ſein
konnte. Wie er ſich gegen andere Mitglieder ſeiner Familie benahm, will ich gelegentlich der Be-
ſchreibung des Jagdleoparden zu ſchildern verſuchen.
Der Leopard wurde, wie bemerkt, von den Römern vielfach zu den Kampffpielen in Rom be-
nutzt. Kleinaſien war zu den Römerzeiten voll von dieſen Thieren, und Caelius ſchrieb an Cicero,
welcher damals Landvogt in Sicilien war: „Wenn ich in meinen Spielen nicht ganze Herden von
Panthern zeige, wird man die Schuld auf Dich werfen.‟ Scaurus war der erſte, welcher unter
ſeiner Aedilitätswürde 150 geſcheckte Thiere ſchickte; dann ſandte Pompejus 410, Auguſtus
aber 420 Stück. Früher war es durch einen alten Senatsbeſchluß verboten, die ſogenannten „afrika-
niſchen Thiere‟ nach Jtalien zu bringen; der Tribun Aufidius aber ſtellte einen Antrag an das Volk
und erwirkte die Erlaubniß, daß ſie zu den circenfiſchen Spielen kommen dürften. Dies geſchah im
Jahre 670 nach Erbauung Roms. Den Namen Leopard hat zuerſt der Geſchichtsſchreiber Julius
Capitolinus am Ende des dritten Jahrhunderts gebraucht, weil man glaubte, daß das Thier ein
Baſtard von Panther und Löwe ſei. Hierauf bezieht ſich wohl auch eine Stelle des Plinius,
welcher die Thiere ſchon ziemlich gut kennt, aber ſagt, daß es der Löwe rieche, wenn ein Parder mit
einer Löwin zu thun gehabt habe, und ſich dann räche. Derſelbe Naturforſcher erzählt auch, daß die
Parder durch ihren Geruch alle vierfüßigen Thiere anlocken, durch ihren garſtigen Kopf aber wieder
abſchrecken; deshalb verſtecken ſie ſich, um die durch den Wohlgeruch herangezogenen Thiere zu fangen.
An einer andern Stelle heißt es, daß die Löwen, Parder und alle anderen des Geſchlechts rauhe
Zungen hätten wie eine Feile und damit die Haut des Menſchen ableckten. Daher würden auch die
gezähmten wüthend, wenn ſie bis auf das Blut gekommen ſeien. Die Griechen nennen den Leoparden
Pardalis, und Ariſtoteles ſpricht einigemal von ihm. Er erzählt, daß er vier Zitzen habe, daß
er geſcheckt ſei, daß er in Aſien, niemals aber in Europa vorkomme, daß die Weibchen mehr Muth
hätten, als die Männchen; und daß ſie ſich zu heilen wüßten; wenn ſie ſich nämlich mit dem Krante
Pardalianches vergiftet hätten, ſuchten ſie Menſchenkoth, und dieſer hälfe ihnen. Das Kraut tödte
auch die Löwen, und deshalb hingen die Jäger Menſchenkoth an einen Baum, damit das Thier nicht
weit weggehe; ſpringe es darnach in die Höhe, ſo gehe es zu Grunde. Oppian unterſcheidet zwei
Arten von gefährlichen Pardalis, größere, derbere, und kleinere, welche aber jenen an Stärke Nichts
nachgäben. Jn der Geſtalt und der geſcheckten Färbung ſind ſie einander gleich, aber die kleineren
haben einen längern Schwanz, als die größeren (dieſe würden alſo unſere Panther ſein). Sie
laufen ſehr ſchnell und greifen Alles tapfer an. Nach dem Dichter ſind ſie die Amme des Bachus
geweſen und deshalb liebten ſie auch den Wein. — Dies iſt aber auch Alles, was die Alten uns
hinterlaſſen haben.
Leicht könnte ich noch viel von meinen eignen und von anderen Beobachtungen hier mittheilen;
doch ich glaube, daß die bereits erzählten Geſchichten zur Beſchreibung und Kennzeichnung des Thieres
ausreichen dürften. Jch will blos noch hinzufügen, daß das Fleiſch des Leoparden in vielen Ländern
von den Eingebornen gegeſſen und für ſehr ſchmackhaft gehalten wird, und daß das ſchöne Fell
namentlich in früherer Zeit oft in den Handel kam und noch vor funfzig Jahren am Kap mit
zehn Thalern das Stück bezahlt wurde. Auch gegenwärtig iſt es unter dem Namen „Tigerfell‟
noch bei unſeren Kürſchnern zu erhalten; denn es wird noch immer geſucht und geſchätzt. Man
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