Thiergärten, und erst seit einiger Zeit sieht man ihn in den größeren Anstalten, doch noch immer sehr einzeln. Die Eingebornen Sumatras, in deren Lande diese Katze am häusigsten lebt, versichern, daß sie nichts weniger als wild sei und sich blos von kleineren Säugethieren und Vögeln nähre. Unter die Letzteren müssen freilich auch die Haushühner gerechnet werden, denen der Rimau Dahan oft großen Schaden zufügt. Dieser eigenthümliche Landname deutet, wie man sagt, auf das Baumleben des Nebelparder hin. Es wird behauptet, daß er den größten Theil seines Lebens auf den Zweigen der Bäume verbringe, dort auf seine Beute laure und als geschickter Kletterer sie hauptsächlich in dem Geäst und Gezweige verfolge. Weder in Siam noch in Borneo soll er häufig sein, und die südlichen Theile von Sumatra sind noch diejenigen Orte, wo er am meisten sich aufhält.
[Abbildung]
Der Nebelparder oder Rimau Dahan (Tigris macroseclis).
Allem Anscheine nach ist der Nebelparder ein so gemüthlicher Gefell, als dies ein Mitglied des Katzengeschlechts nur immer sein kann. Hinsichtlich seiner Größe und Stärke, welche nahezu der des Leoparden gleichkommt, ist er auffallend mild in seinem Wesen. Zwei Stück, welche Raffles besaß, waren außerordentlich behagliche Thiere und zeigten besonders viel Lust zum Spielen. Jhre langen Schwänze, welche sie ganz nach Art unserer Hauskatzen zu bewegen und als Dolmetscher ihrer Seelen- stimmung zu gebrauchen verstanden, bildeten den Hauptgegenstand ihrer gegenseitigen Belustigung. Außerdem waren aber auch rollende oder schnell sich bewegende Sachen für sie Dinge, werth ihrer höchsten Theilnahme. Man konnte sie streicheln und liebkosen, ohne befürchten zu müssen, irgend welche Unbill von ihnen zu erleiden. Sie erwiederten die Freundlichkeit, welche man ihnen spendete. Auch befreundeten sie sich mit anderen Thieren, und einer von ihnen schloß, als er sich am sichern Bord des Schiffes befand, innige Freundschaft mit einem kleinen Hunde, seinem Mitreisenden, und
Die Raubthiere. Katzen. — Nebelparder. Jaguar.
Thiergärten, und erſt ſeit einiger Zeit ſieht man ihn in den größeren Anſtalten, doch noch immer ſehr einzeln. Die Eingebornen Sumatras, in deren Lande dieſe Katze am häuſigſten lebt, verſichern, daß ſie nichts weniger als wild ſei und ſich blos von kleineren Säugethieren und Vögeln nähre. Unter die Letzteren müſſen freilich auch die Haushühner gerechnet werden, denen der Rimau Dahan oft großen Schaden zufügt. Dieſer eigenthümliche Landname deutet, wie man ſagt, auf das Baumleben des Nebelparder hin. Es wird behauptet, daß er den größten Theil ſeines Lebens auf den Zweigen der Bäume verbringe, dort auf ſeine Beute laure und als geſchickter Kletterer ſie hauptſächlich in dem Geäſt und Gezweige verfolge. Weder in Siam noch in Borneo ſoll er häufig ſein, und die ſüdlichen Theile von Sumatra ſind noch diejenigen Orte, wo er am meiſten ſich aufhält.
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Der Nebelparder oder Rimau Dahan (Tigris macroseclis).
Allem Anſcheine nach iſt der Nebelparder ein ſo gemüthlicher Gefell, als dies ein Mitglied des Katzengeſchlechts nur immer ſein kann. Hinſichtlich ſeiner Größe und Stärke, welche nahezu der des Leoparden gleichkommt, iſt er auffallend mild in ſeinem Weſen. Zwei Stück, welche Raffles beſaß, waren außerordentlich behagliche Thiere und zeigten beſonders viel Luſt zum Spielen. Jhre langen Schwänze, welche ſie ganz nach Art unſerer Hauskatzen zu bewegen und als Dolmetſcher ihrer Seelen- ſtimmung zu gebrauchen verſtanden, bildeten den Hauptgegenſtand ihrer gegenſeitigen Beluſtigung. Außerdem waren aber auch rollende oder ſchnell ſich bewegende Sachen für ſie Dinge, werth ihrer höchſten Theilnahme. Man konnte ſie ſtreicheln und liebkoſen, ohne befürchten zu müſſen, irgend welche Unbill von ihnen zu erleiden. Sie erwiederten die Freundlichkeit, welche man ihnen ſpendete. Auch befreundeten ſie ſich mit anderen Thieren, und einer von ihnen ſchloß, als er ſich am ſichern Bord des Schiffes befand, innige Freundſchaft mit einem kleinen Hunde, ſeinem Mitreiſenden, und
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Die Raubthiere. Katzen. — Nebelparder. Jaguar.
Thiergärten, und erſt ſeit einiger Zeit ſieht man ihn in den größeren Anſtalten, doch noch immer ſehr
einzeln. Die Eingebornen Sumatras, in deren Lande dieſe Katze am häuſigſten lebt, verſichern, daß
ſie nichts weniger als wild ſei und ſich blos von kleineren Säugethieren und Vögeln nähre. Unter
die Letzteren müſſen freilich auch die Haushühner gerechnet werden, denen der Rimau Dahan oft
großen Schaden zufügt. Dieſer eigenthümliche Landname deutet, wie man ſagt, auf das Baumleben
des Nebelparder hin. Es wird behauptet, daß er den größten Theil ſeines Lebens auf den Zweigen
der Bäume verbringe, dort auf ſeine Beute laure und als geſchickter Kletterer ſie hauptſächlich in dem
Geäſt und Gezweige verfolge. Weder in Siam noch in Borneo ſoll er häufig ſein, und die ſüdlichen
Theile von Sumatra ſind noch diejenigen Orte, wo er am meiſten ſich aufhält.
[Abbildung Der Nebelparder oder Rimau Dahan (Tigris macroseclis).]
Allem Anſcheine nach iſt der Nebelparder ein ſo gemüthlicher Gefell, als dies ein Mitglied des
Katzengeſchlechts nur immer ſein kann. Hinſichtlich ſeiner Größe und Stärke, welche nahezu der des
Leoparden gleichkommt, iſt er auffallend mild in ſeinem Weſen. Zwei Stück, welche Raffles beſaß,
waren außerordentlich behagliche Thiere und zeigten beſonders viel Luſt zum Spielen. Jhre langen
Schwänze, welche ſie ganz nach Art unſerer Hauskatzen zu bewegen und als Dolmetſcher ihrer Seelen-
ſtimmung zu gebrauchen verſtanden, bildeten den Hauptgegenſtand ihrer gegenſeitigen Beluſtigung.
Außerdem waren aber auch rollende oder ſchnell ſich bewegende Sachen für ſie Dinge, werth ihrer
höchſten Theilnahme. Man konnte ſie ſtreicheln und liebkoſen, ohne befürchten zu müſſen, irgend
welche Unbill von ihnen zu erleiden. Sie erwiederten die Freundlichkeit, welche man ihnen ſpendete.
Auch befreundeten ſie ſich mit anderen Thieren, und einer von ihnen ſchloß, als er ſich am ſichern
Bord des Schiffes befand, innige Freundſchaft mit einem kleinen Hunde, ſeinem Mitreiſenden, und
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864, S. 236. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben01_1864/300>, abgerufen am 22.11.2024.
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