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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864.

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Gefangeuleben. Zähmung. Tigerkämpfe mit Elefanten.
zäunung von Pfahlwerk führte man drei Elefanten, denen der Kopf mit einer Art Panzer bedeckt
war. Der Tiger befand sich bereits dort, wurde aber noch an zwei Seilen gehalten. Er gehörte
nicht zu den größten und suchte sich, als er den Elefanten sah, zu drücken, bekam aber von ihm
sofort einige Schläge mit dem Rüssel auf den Rücken, daß er umstürzte und einige Zeit wie todt liegen
blieb. Als man ihn jedoch losgebunden hatte, sprang er auf, brüllte fürchterlich und wollte sich nach
dem Rüssel des Elefanten stürzen. Diesen hob der Riese aber in die Höhe und gab dem Tiger einen
Stoß mit den Hauern, daß er hoch emporgeschleudert wurde und nun keinen Angriff mehr wagte,
sondern an den Pfählen hinlief und daran hinaufsprang gegen die Zuschauer. Zuletzt trieb man alle
drei Elefanten gegen ihn, und sie versetzten ihm derartige Schläge, daß er wieder einmal wie todt
liegen blieb und sie nachher vermied. Hätte man den Kampf nicht beendet, so würden ihn die erbosten
Dickhäuter wahrscheinlich todtgeschlagen haben. So geschah es wenigstens in Paris, wo man einmal
dem persischen Gefandten ein ähnliches Vergnügen bereiten wollte.

Man sagt, daß der Elefant verloren wäre, wenn es dem Tiger gelänge, ihn am Rüssel fest zu
fassen; doch soll sich der kluge Riese sehr in Acht nehmen, dieses wichtige Werkzeug in Gefahr zu
bringen. Ungeachtet des Bewußtseins seiner Stärke läßt der wildlebende Elefant einen Tiger im
Freien ungeschoren, ja er flieht sogar vor ihm, und das Gleiche thut das Nashorn, von dessen
Freundschaft mit dem Tiger man früher vielerlei fabelte.

Die Alten lernten den Tiger erst sehr spät kennen. Jn der heiligen Schrift scheint er gar nicht
vorzukommen, und auch die Griechen wissen noch sehr wenig von ihm. Nearch, der Feldherr
Alexanders, hat zwar ein Tigerfell gesehen, nicht aber das Thier selbst, von dem er durch die Jnder
erfahren hat, daß es so groß, wie das stärkste Pferd sei und an Schnelligkeit und Kraft alle übrigen
Geschöpfe übertreffe, Erst Strabo spricht etwas ausführlicher von ihm. Den Römern war der Tiger
bis zu Varro's Zeiten vollkommen unbekannt; als sie jedoch ihr Reich bis zu den Parthern ausdehnten,
lieferten diese auch Tiger und brachten sie nach Rom. Plinins schreibt, daß zuerst Scaurus
im Jahr 743 der Stadt einen gezähmten Tiger im Käfig gezeigt habe. Claudius besaß vier.
Später kamen die Thiere öfter nach Rom, und Heliogabalus spannte sie sogar vor seinen Wagen,
um den Bachus vorzustellen. Avitus endlich ließ in einem Schauspiele ihrer fünf tödten, was
früher nie gesehen worden war. --

Der Königstiger ist unter den Katzen eine ebenso vereinzelte Erscheinung, wie der Löwe, und
hat nicht einmal einen entfernten Verwandten, wie dieser in dem Puma. Jn der früheren Schöpfung
gab es allerdings mehr unzweifelhafte Tigerarten, von denen diejenige, welche am häufigsten ge-
funden wird, der Höhlentiger nämlich, das mittlere Europa bewohnte. Gegenwärtig giebt es nur
noch eine Katze, welche ihm entfernt ähnelt. Dies ist der

Nebelparder oder Rimau Dahan (Tigris macroscelis). Der lang gestreckte Rumpf mit den
kräftigen, niedrigen Beinen, der kleine, sehr stumpfe Kopf mit den gerundeten Ohren und der lange,
weiche Pelz ähneln noch am meisten dem Königstiger. Das Thier ist aber nicht nur bei weitem kleiner,
als dieser, sondern auch durch die auffallend niederen Beine und den körperlangen Schwanz unter-
schieden. Die Grundfarbe seines Pelzes ist ein ins Aschgraue oder Bräunlichgraue, bisweilen auch
ins Gelbliche oder Röthliche ziehendes Weißgrau, welches an den Untertheilen ins Lohfarbene spielt.
Das Haar ist lang und wunderbar fein. Kopf, Füße und Unterleib sind mit vollen, schwarzen,
rundlichen oder gekrümmten Flecken und Streifen gezeichnet. Beiderseits des Halses verlaufen drei
unregelmäßige Längsbinden. Auf dem Rücken ziehen sich zwei ähnliche hinab. Die Mundränder sind
schwarz gesäumt, die Ohren außen schwarz mit grauen Flecken. Schmälere Binden finden sich auch
an den Seiten des Kopfes. Auf der Schulter, den Leibesseiten und Hüften liegen unregelmäßig,
winklig gesäumte schwarze Flecken, ebenso auch auf dem Schwanze. Die Länge des Leibes beträgt
3 Fuß, des Schwanzes 21/2 Fuß.

Bis noch vor wenigen Jahren war der Nebelparder ebenso selten in den Museen, als in den

Gefangeuleben. Zähmung. Tigerkämpfe mit Elefanten.
zäunung von Pfahlwerk führte man drei Elefanten, denen der Kopf mit einer Art Panzer bedeckt
war. Der Tiger befand ſich bereits dort, wurde aber noch an zwei Seilen gehalten. Er gehörte
nicht zu den größten und ſuchte ſich, als er den Elefanten ſah, zu drücken, bekam aber von ihm
ſofort einige Schläge mit dem Rüſſel auf den Rücken, daß er umſtürzte und einige Zeit wie todt liegen
blieb. Als man ihn jedoch losgebunden hatte, ſprang er auf, brüllte fürchterlich und wollte ſich nach
dem Rüſſel des Elefanten ſtürzen. Dieſen hob der Rieſe aber in die Höhe und gab dem Tiger einen
Stoß mit den Hauern, daß er hoch emporgeſchleudert wurde und nun keinen Angriff mehr wagte,
ſondern an den Pfählen hinlief und daran hinaufſprang gegen die Zuſchauer. Zuletzt trieb man alle
drei Elefanten gegen ihn, und ſie verſetzten ihm derartige Schläge, daß er wieder einmal wie todt
liegen blieb und ſie nachher vermied. Hätte man den Kampf nicht beendet, ſo würden ihn die erboſten
Dickhäuter wahrſcheinlich todtgeſchlagen haben. So geſchah es wenigſtens in Paris, wo man einmal
dem perſiſchen Gefandten ein ähnliches Vergnügen bereiten wollte.

Man ſagt, daß der Elefant verloren wäre, wenn es dem Tiger gelänge, ihn am Rüſſel feſt zu
faſſen; doch ſoll ſich der kluge Rieſe ſehr in Acht nehmen, dieſes wichtige Werkzeug in Gefahr zu
bringen. Ungeachtet des Bewußtſeins ſeiner Stärke läßt der wildlebende Elefant einen Tiger im
Freien ungeſchoren, ja er flieht ſogar vor ihm, und das Gleiche thut das Nashorn, von deſſen
Freundſchaft mit dem Tiger man früher vielerlei fabelte.

Die Alten lernten den Tiger erſt ſehr ſpät kennen. Jn der heiligen Schrift ſcheint er gar nicht
vorzukommen, und auch die Griechen wiſſen noch ſehr wenig von ihm. Nearch, der Feldherr
Alexanders, hat zwar ein Tigerfell geſehen, nicht aber das Thier ſelbſt, von dem er durch die Jnder
erfahren hat, daß es ſo groß, wie das ſtärkſte Pferd ſei und an Schnelligkeit und Kraft alle übrigen
Geſchöpfe übertreffe, Erſt Strabo ſpricht etwas ausführlicher von ihm. Den Römern war der Tiger
bis zu Varro’s Zeiten vollkommen unbekannt; als ſie jedoch ihr Reich bis zu den Parthern ausdehnten,
lieferten dieſe auch Tiger und brachten ſie nach Rom. Plinins ſchreibt, daß zuerſt Scaurus
im Jahr 743 der Stadt einen gezähmten Tiger im Käfig gezeigt habe. Claudius beſaß vier.
Später kamen die Thiere öfter nach Rom, und Heliogabalus ſpannte ſie ſogar vor ſeinen Wagen,
um den Bachus vorzuſtellen. Avitus endlich ließ in einem Schauſpiele ihrer fünf tödten, was
früher nie geſehen worden war. —

Der Königstiger iſt unter den Katzen eine ebenſo vereinzelte Erſcheinung, wie der Löwe, und
hat nicht einmal einen entfernten Verwandten, wie dieſer in dem Puma. Jn der früheren Schöpfung
gab es allerdings mehr unzweifelhafte Tigerarten, von denen diejenige, welche am häufigſten ge-
funden wird, der Höhlentiger nämlich, das mittlere Europa bewohnte. Gegenwärtig giebt es nur
noch eine Katze, welche ihm entfernt ähnelt. Dies iſt der

Nebelparder oder Rimau Dahan (Tigris macroscelis). Der lang geſtreckte Rumpf mit den
kräftigen, niedrigen Beinen, der kleine, ſehr ſtumpfe Kopf mit den gerundeten Ohren und der lange,
weiche Pelz ähneln noch am meiſten dem Königstiger. Das Thier iſt aber nicht nur bei weitem kleiner,
als dieſer, ſondern auch durch die auffallend niederen Beine und den körperlangen Schwanz unter-
ſchieden. Die Grundfarbe ſeines Pelzes iſt ein ins Aſchgraue oder Bräunlichgraue, bisweilen auch
ins Gelbliche oder Röthliche ziehendes Weißgrau, welches an den Untertheilen ins Lohfarbene ſpielt.
Das Haar iſt lang und wunderbar fein. Kopf, Füße und Unterleib ſind mit vollen, ſchwarzen,
rundlichen oder gekrümmten Flecken und Streifen gezeichnet. Beiderſeits des Halſes verlaufen drei
unregelmäßige Längsbinden. Auf dem Rücken ziehen ſich zwei ähnliche hinab. Die Mundränder ſind
ſchwarz geſäumt, die Ohren außen ſchwarz mit grauen Flecken. Schmälere Binden finden ſich auch
an den Seiten des Kopfes. Auf der Schulter, den Leibesſeiten und Hüften liegen unregelmäßig,
winklig geſäumte ſchwarze Flecken, ebenſo auch auf dem Schwanze. Die Länge des Leibes beträgt
3 Fuß, des Schwanzes 2½ Fuß.

Bis noch vor wenigen Jahren war der Nebelparder ebenſo ſelten in den Muſeen, als in den

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[235/0299] Gefangeuleben. Zähmung. Tigerkämpfe mit Elefanten. zäunung von Pfahlwerk führte man drei Elefanten, denen der Kopf mit einer Art Panzer bedeckt war. Der Tiger befand ſich bereits dort, wurde aber noch an zwei Seilen gehalten. Er gehörte nicht zu den größten und ſuchte ſich, als er den Elefanten ſah, zu drücken, bekam aber von ihm ſofort einige Schläge mit dem Rüſſel auf den Rücken, daß er umſtürzte und einige Zeit wie todt liegen blieb. Als man ihn jedoch losgebunden hatte, ſprang er auf, brüllte fürchterlich und wollte ſich nach dem Rüſſel des Elefanten ſtürzen. Dieſen hob der Rieſe aber in die Höhe und gab dem Tiger einen Stoß mit den Hauern, daß er hoch emporgeſchleudert wurde und nun keinen Angriff mehr wagte, ſondern an den Pfählen hinlief und daran hinaufſprang gegen die Zuſchauer. Zuletzt trieb man alle drei Elefanten gegen ihn, und ſie verſetzten ihm derartige Schläge, daß er wieder einmal wie todt liegen blieb und ſie nachher vermied. Hätte man den Kampf nicht beendet, ſo würden ihn die erboſten Dickhäuter wahrſcheinlich todtgeſchlagen haben. So geſchah es wenigſtens in Paris, wo man einmal dem perſiſchen Gefandten ein ähnliches Vergnügen bereiten wollte. Man ſagt, daß der Elefant verloren wäre, wenn es dem Tiger gelänge, ihn am Rüſſel feſt zu faſſen; doch ſoll ſich der kluge Rieſe ſehr in Acht nehmen, dieſes wichtige Werkzeug in Gefahr zu bringen. Ungeachtet des Bewußtſeins ſeiner Stärke läßt der wildlebende Elefant einen Tiger im Freien ungeſchoren, ja er flieht ſogar vor ihm, und das Gleiche thut das Nashorn, von deſſen Freundſchaft mit dem Tiger man früher vielerlei fabelte. Die Alten lernten den Tiger erſt ſehr ſpät kennen. Jn der heiligen Schrift ſcheint er gar nicht vorzukommen, und auch die Griechen wiſſen noch ſehr wenig von ihm. Nearch, der Feldherr Alexanders, hat zwar ein Tigerfell geſehen, nicht aber das Thier ſelbſt, von dem er durch die Jnder erfahren hat, daß es ſo groß, wie das ſtärkſte Pferd ſei und an Schnelligkeit und Kraft alle übrigen Geſchöpfe übertreffe, Erſt Strabo ſpricht etwas ausführlicher von ihm. Den Römern war der Tiger bis zu Varro’s Zeiten vollkommen unbekannt; als ſie jedoch ihr Reich bis zu den Parthern ausdehnten, lieferten dieſe auch Tiger und brachten ſie nach Rom. Plinins ſchreibt, daß zuerſt Scaurus im Jahr 743 der Stadt einen gezähmten Tiger im Käfig gezeigt habe. Claudius beſaß vier. Später kamen die Thiere öfter nach Rom, und Heliogabalus ſpannte ſie ſogar vor ſeinen Wagen, um den Bachus vorzuſtellen. Avitus endlich ließ in einem Schauſpiele ihrer fünf tödten, was früher nie geſehen worden war. — Der Königstiger iſt unter den Katzen eine ebenſo vereinzelte Erſcheinung, wie der Löwe, und hat nicht einmal einen entfernten Verwandten, wie dieſer in dem Puma. Jn der früheren Schöpfung gab es allerdings mehr unzweifelhafte Tigerarten, von denen diejenige, welche am häufigſten ge- funden wird, der Höhlentiger nämlich, das mittlere Europa bewohnte. Gegenwärtig giebt es nur noch eine Katze, welche ihm entfernt ähnelt. Dies iſt der Nebelparder oder Rimau Dahan (Tigris macroscelis). Der lang geſtreckte Rumpf mit den kräftigen, niedrigen Beinen, der kleine, ſehr ſtumpfe Kopf mit den gerundeten Ohren und der lange, weiche Pelz ähneln noch am meiſten dem Königstiger. Das Thier iſt aber nicht nur bei weitem kleiner, als dieſer, ſondern auch durch die auffallend niederen Beine und den körperlangen Schwanz unter- ſchieden. Die Grundfarbe ſeines Pelzes iſt ein ins Aſchgraue oder Bräunlichgraue, bisweilen auch ins Gelbliche oder Röthliche ziehendes Weißgrau, welches an den Untertheilen ins Lohfarbene ſpielt. Das Haar iſt lang und wunderbar fein. Kopf, Füße und Unterleib ſind mit vollen, ſchwarzen, rundlichen oder gekrümmten Flecken und Streifen gezeichnet. Beiderſeits des Halſes verlaufen drei unregelmäßige Längsbinden. Auf dem Rücken ziehen ſich zwei ähnliche hinab. Die Mundränder ſind ſchwarz geſäumt, die Ohren außen ſchwarz mit grauen Flecken. Schmälere Binden finden ſich auch an den Seiten des Kopfes. Auf der Schulter, den Leibesſeiten und Hüften liegen unregelmäßig, winklig geſäumte ſchwarze Flecken, ebenſo auch auf dem Schwanze. Die Länge des Leibes beträgt 3 Fuß, des Schwanzes 2½ Fuß. Bis noch vor wenigen Jahren war der Nebelparder ebenſo ſelten in den Muſeen, als in den

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864, S. 235. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben01_1864/299>, abgerufen am 17.05.2024.