Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864.

Bild:
<< vorherige Seite

Die Raubthiere. Katzen. -- Yaguarundi. Eyra. Tiger.
ihnen ihre Raubsucht benehmen, nicht einmal sie bewegen, ihren schon gemachten Raub fahren zu
lassen. Rengger hob Yaguarundis, die ein Küchlein im Munde hatten, beim Halsbande auf und
schleuderte sie mehrere Male in der Luft herum, ohne daß sie ihren Raub aus den Zähnen ließen!
Entriß man ihnen denselben mit Gewalt, so bissen sie wüthend um sich und sprangen nach der Hand.
die ihnen den Fraß abgenommen hatte. Dem Fleische gaben die Gefangenen immer vor dem Blute
den Vorzug, und Pflanzenkost fraßen sie blos, wenn sie der wüthendste Hunger dazu zwang. Wenn
man ihnen ein Stück Fleisch vorwarf, suchten sie dasselbe zu verstecken, ehe sie es fraßen. Sie kauen
ganz wie unsere Hauskatze, halten dabei ihre Speise aber mit den Vorderpranken fest. Wenn
sie gesättigt sind, belecken sie ihre Tatzen und legen sich schlafen. Jst es kalt, so rollen sie sich dabei
zusammen und schlagen den Schwanz über Rumpf und Kopf zurück, ist es aber warm, so strecken
sie alle vier Beine und den Schwanz gerade von sich. Wenn man ihnen morgens nichts zu fressen
giebt, bleiben sie fast den ganzen Tag wach und gehen unaufhörlich am Gitter ihres Käfigs auf
und nieder; werden sie hingegen am Morgen gut gefüttert, so schlafen sie den Mittag und den
größten Theil der Nacht über.

[Abbildung] Der Eyra (Puma Eyra).

Zwei Yaguarundis, welche man in ein und denselben Käfig einsperrt, leben in der größten
Eintracht mit einander. Sie belecken sich gegenseitig, spielen zusammen und legen sich gewöhnlich
neben einander schlafen. Nur beim Fressen setzt es zuweilen einige Schläge mit den Tatzen ab.
Uebrigens kennt man bis jetzt noch kein Beispiel, daß sie sich in der Gefangenschaft fortgepflanzt
hätten, und auch Renggers Bemühungen, Dies zu bewerkstelligen, blieben vergeblich.

Die letzte dieser einfarbigen Katzen Amerikas ist der Eyra (Puma Eyra), unzweifelhaft eins
der merkwürdigsten Glieder der Familie. Alle südamerikanischen Katzen sind schlank gebaute Thiere;
der Eyra aber ist so lang gestreckt, daß er gleichsam als Bindeglied der Katzen und Marder erscheint.
Man könnte ihn bezeichnend "Wieselkatze" nennen. Hinsichtlich seiner Größe ähnelt er dem
Yaguarundi, mit dem er auch dieselben Gegenden bewohnt; doch ist er, in Paraguai wenigstens,
weit seltener. Die Färbung seines weichen Haares ist ein gleichmäßiges Lichtgelblichroth; nur auf
der Oberlippe befindet sich auf jeder Seite ein geblichweißer Flecken, da, wo die dem Flecken gleich-
gefärbten Schnurrenhaare stehen. Die Körperlänge des Thieres beträgt 20 Zoll, die des Schwanzes
etwas über einen Fuß.

Die Raubthiere. Katzen. — Yaguarundi. Eyra. Tiger.
ihnen ihre Raubſucht benehmen, nicht einmal ſie bewegen, ihren ſchon gemachten Raub fahren zu
laſſen. Rengger hob Yaguarundis, die ein Küchlein im Munde hatten, beim Halsbande auf und
ſchleuderte ſie mehrere Male in der Luft herum, ohne daß ſie ihren Raub aus den Zähnen ließen!
Entriß man ihnen denſelben mit Gewalt, ſo biſſen ſie wüthend um ſich und ſprangen nach der Hand.
die ihnen den Fraß abgenommen hatte. Dem Fleiſche gaben die Gefangenen immer vor dem Blute
den Vorzug, und Pflanzenkoſt fraßen ſie blos, wenn ſie der wüthendſte Hunger dazu zwang. Wenn
man ihnen ein Stück Fleiſch vorwarf, ſuchten ſie daſſelbe zu verſtecken, ehe ſie es fraßen. Sie kauen
ganz wie unſere Hauskatze, halten dabei ihre Speiſe aber mit den Vorderpranken feſt. Wenn
ſie geſättigt ſind, belecken ſie ihre Tatzen und legen ſich ſchlafen. Jſt es kalt, ſo rollen ſie ſich dabei
zuſammen und ſchlagen den Schwanz über Rumpf und Kopf zurück, iſt es aber warm, ſo ſtrecken
ſie alle vier Beine und den Schwanz gerade von ſich. Wenn man ihnen morgens nichts zu freſſen
giebt, bleiben ſie faſt den ganzen Tag wach und gehen unaufhörlich am Gitter ihres Käfigs auf
und nieder; werden ſie hingegen am Morgen gut gefüttert, ſo ſchlafen ſie den Mittag und den
größten Theil der Nacht über.

[Abbildung] Der Eyra (Puma Eyra).

Zwei Yaguarundis, welche man in ein und denſelben Käfig einſperrt, leben in der größten
Eintracht mit einander. Sie belecken ſich gegenſeitig, ſpielen zuſammen und legen ſich gewöhnlich
neben einander ſchlafen. Nur beim Freſſen ſetzt es zuweilen einige Schläge mit den Tatzen ab.
Uebrigens kennt man bis jetzt noch kein Beiſpiel, daß ſie ſich in der Gefangenſchaft fortgepflanzt
hätten, und auch Renggers Bemühungen, Dies zu bewerkſtelligen, blieben vergeblich.

Die letzte dieſer einfarbigen Katzen Amerikas iſt der Eyra (Puma Eyra), unzweifelhaft eins
der merkwürdigſten Glieder der Familie. Alle ſüdamerikaniſchen Katzen ſind ſchlank gebaute Thiere;
der Eyra aber iſt ſo lang geſtreckt, daß er gleichſam als Bindeglied der Katzen und Marder erſcheint.
Man könnte ihn bezeichnend „Wieſelkatze‟ nennen. Hinſichtlich ſeiner Größe ähnelt er dem
Yaguarundi, mit dem er auch dieſelben Gegenden bewohnt; doch iſt er, in Paraguai wenigſtens,
weit ſeltener. Die Färbung ſeines weichen Haares iſt ein gleichmäßiges Lichtgelblichroth; nur auf
der Oberlippe befindet ſich auf jeder Seite ein geblichweißer Flecken, da, wo die dem Flecken gleich-
gefärbten Schnurrenhaare ſtehen. Die Körperlänge des Thieres beträgt 20 Zoll, die des Schwanzes
etwas über einen Fuß.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="2">
        <div n="3">
          <p><pb facs="#f0282" n="220"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Die Raubthiere.</hi> Katzen. &#x2014; <hi rendition="#g">Yaguarundi. Eyra. Tiger.</hi></fw><lb/>
ihnen ihre Raub&#x017F;ucht benehmen, nicht einmal &#x017F;ie bewegen, ihren &#x017F;chon gemachten Raub fahren zu<lb/>
la&#x017F;&#x017F;en. Rengger hob Yaguarundis, die ein Küchlein im Munde hatten, beim Halsbande auf und<lb/>
&#x017F;chleuderte &#x017F;ie mehrere Male in der Luft herum, ohne daß &#x017F;ie ihren Raub aus den Zähnen ließen!<lb/>
Entriß man ihnen den&#x017F;elben mit Gewalt, &#x017F;o bi&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ie wüthend um &#x017F;ich und &#x017F;prangen nach der Hand.<lb/>
die ihnen den Fraß abgenommen hatte. Dem Flei&#x017F;che gaben die Gefangenen immer vor dem Blute<lb/>
den Vorzug, und Pflanzenko&#x017F;t fraßen &#x017F;ie blos, wenn &#x017F;ie der wüthend&#x017F;te Hunger dazu zwang. Wenn<lb/>
man ihnen ein Stück Flei&#x017F;ch vorwarf, &#x017F;uchten &#x017F;ie da&#x017F;&#x017F;elbe zu ver&#x017F;tecken, ehe &#x017F;ie es fraßen. Sie kauen<lb/>
ganz wie un&#x017F;ere <hi rendition="#g">Hauskatze,</hi> halten dabei ihre Spei&#x017F;e aber mit den Vorderpranken fe&#x017F;t. Wenn<lb/>
&#x017F;ie ge&#x017F;ättigt &#x017F;ind, belecken &#x017F;ie ihre Tatzen und legen &#x017F;ich &#x017F;chlafen. J&#x017F;t es kalt, &#x017F;o rollen &#x017F;ie &#x017F;ich dabei<lb/>
zu&#x017F;ammen und &#x017F;chlagen den Schwanz über Rumpf und Kopf zurück, i&#x017F;t es aber warm, &#x017F;o &#x017F;trecken<lb/>
&#x017F;ie alle vier Beine und den Schwanz gerade von &#x017F;ich. Wenn man ihnen morgens nichts zu fre&#x017F;&#x017F;en<lb/>
giebt, bleiben &#x017F;ie fa&#x017F;t den ganzen Tag wach und gehen unaufhörlich am Gitter ihres Käfigs auf<lb/>
und nieder; werden &#x017F;ie hingegen am Morgen gut gefüttert, &#x017F;o &#x017F;chlafen &#x017F;ie den Mittag und den<lb/>
größten Theil der Nacht über.</p><lb/>
          <figure>
            <head> <hi rendition="#c"><hi rendition="#g">Der Eyra</hi> (<hi rendition="#aq">Puma Eyra</hi>).</hi> </head>
          </figure><lb/>
          <p>Zwei Yaguarundis, welche man in ein und den&#x017F;elben Käfig ein&#x017F;perrt, leben in der größten<lb/>
Eintracht mit einander. Sie belecken &#x017F;ich gegen&#x017F;eitig, &#x017F;pielen zu&#x017F;ammen und legen &#x017F;ich gewöhnlich<lb/>
neben einander &#x017F;chlafen. Nur beim Fre&#x017F;&#x017F;en &#x017F;etzt es zuweilen einige Schläge mit den Tatzen ab.<lb/>
Uebrigens kennt man bis jetzt noch kein Bei&#x017F;piel, daß &#x017F;ie &#x017F;ich in der Gefangen&#x017F;chaft fortgepflanzt<lb/>
hätten, und auch Renggers Bemühungen, Dies zu bewerk&#x017F;telligen, blieben vergeblich.</p><lb/>
          <p>Die letzte die&#x017F;er einfarbigen Katzen Amerikas i&#x017F;t <hi rendition="#g">der Eyra</hi> (<hi rendition="#aq">Puma Eyra</hi>), unzweifelhaft eins<lb/>
der merkwürdig&#x017F;ten Glieder der Familie. Alle &#x017F;üdamerikani&#x017F;chen Katzen &#x017F;ind &#x017F;chlank gebaute Thiere;<lb/>
der <hi rendition="#g">Eyra</hi> aber i&#x017F;t &#x017F;o lang ge&#x017F;treckt, daß er gleich&#x017F;am als Bindeglied der Katzen und Marder er&#x017F;cheint.<lb/>
Man könnte ihn bezeichnend &#x201E;<hi rendition="#g">Wie&#x017F;elkatze</hi>&#x201F; nennen. Hin&#x017F;ichtlich &#x017F;einer Größe ähnelt er dem<lb/>
Yaguarundi, mit dem er auch die&#x017F;elben Gegenden bewohnt; doch i&#x017F;t er, in Paraguai wenig&#x017F;tens,<lb/>
weit &#x017F;eltener. Die Färbung &#x017F;eines weichen Haares i&#x017F;t ein gleichmäßiges Lichtgelblichroth; nur auf<lb/>
der Oberlippe befindet &#x017F;ich auf jeder Seite ein geblichweißer Flecken, da, wo die dem Flecken gleich-<lb/>
gefärbten Schnurrenhaare &#x017F;tehen. Die Körperlänge des Thieres beträgt 20 Zoll, die des Schwanzes<lb/>
etwas über einen Fuß.</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[220/0282] Die Raubthiere. Katzen. — Yaguarundi. Eyra. Tiger. ihnen ihre Raubſucht benehmen, nicht einmal ſie bewegen, ihren ſchon gemachten Raub fahren zu laſſen. Rengger hob Yaguarundis, die ein Küchlein im Munde hatten, beim Halsbande auf und ſchleuderte ſie mehrere Male in der Luft herum, ohne daß ſie ihren Raub aus den Zähnen ließen! Entriß man ihnen denſelben mit Gewalt, ſo biſſen ſie wüthend um ſich und ſprangen nach der Hand. die ihnen den Fraß abgenommen hatte. Dem Fleiſche gaben die Gefangenen immer vor dem Blute den Vorzug, und Pflanzenkoſt fraßen ſie blos, wenn ſie der wüthendſte Hunger dazu zwang. Wenn man ihnen ein Stück Fleiſch vorwarf, ſuchten ſie daſſelbe zu verſtecken, ehe ſie es fraßen. Sie kauen ganz wie unſere Hauskatze, halten dabei ihre Speiſe aber mit den Vorderpranken feſt. Wenn ſie geſättigt ſind, belecken ſie ihre Tatzen und legen ſich ſchlafen. Jſt es kalt, ſo rollen ſie ſich dabei zuſammen und ſchlagen den Schwanz über Rumpf und Kopf zurück, iſt es aber warm, ſo ſtrecken ſie alle vier Beine und den Schwanz gerade von ſich. Wenn man ihnen morgens nichts zu freſſen giebt, bleiben ſie faſt den ganzen Tag wach und gehen unaufhörlich am Gitter ihres Käfigs auf und nieder; werden ſie hingegen am Morgen gut gefüttert, ſo ſchlafen ſie den Mittag und den größten Theil der Nacht über. [Abbildung Der Eyra (Puma Eyra).] Zwei Yaguarundis, welche man in ein und denſelben Käfig einſperrt, leben in der größten Eintracht mit einander. Sie belecken ſich gegenſeitig, ſpielen zuſammen und legen ſich gewöhnlich neben einander ſchlafen. Nur beim Freſſen ſetzt es zuweilen einige Schläge mit den Tatzen ab. Uebrigens kennt man bis jetzt noch kein Beiſpiel, daß ſie ſich in der Gefangenſchaft fortgepflanzt hätten, und auch Renggers Bemühungen, Dies zu bewerkſtelligen, blieben vergeblich. Die letzte dieſer einfarbigen Katzen Amerikas iſt der Eyra (Puma Eyra), unzweifelhaft eins der merkwürdigſten Glieder der Familie. Alle ſüdamerikaniſchen Katzen ſind ſchlank gebaute Thiere; der Eyra aber iſt ſo lang geſtreckt, daß er gleichſam als Bindeglied der Katzen und Marder erſcheint. Man könnte ihn bezeichnend „Wieſelkatze‟ nennen. Hinſichtlich ſeiner Größe ähnelt er dem Yaguarundi, mit dem er auch dieſelben Gegenden bewohnt; doch iſt er, in Paraguai wenigſtens, weit ſeltener. Die Färbung ſeines weichen Haares iſt ein gleichmäßiges Lichtgelblichroth; nur auf der Oberlippe befindet ſich auf jeder Seite ein geblichweißer Flecken, da, wo die dem Flecken gleich- gefärbten Schnurrenhaare ſtehen. Die Körperlänge des Thieres beträgt 20 Zoll, die des Schwanzes etwas über einen Fuß.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben01_1864
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben01_1864/282
Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864, S. 220. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben01_1864/282>, abgerufen am 17.05.2024.