Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864.

Bild:
<< vorherige Seite

Die Raubthiere. Katzen. -- Der Löwe.
Ansiedlern regelrechter betrieben worden ist, hat man sie auf funfzig Franken herabgesetzt. Ebenso
verhält es sich mit dem Schußgelde für den Leopard. Nach Auszahlung der Prämie begiebt sich der
Zug vor das Hotel des befehlshabenden Generals; diesem wird häufig in der Hoffnung auf ein ent-
sprechendes Gegengeschenk das Fell überlassen. Zeigt er aber keine Lust, das Fell zu besitzen, so be-
gnügt sich der Araber auch mit einer warmen Lobrede auf seine Tapferkeit, und die Löwenhaut wandert
gegen einen Preis von 100 bis 150 Franken zu einem Gerber, der sie als Teppich verarbeitet und
durchschnittlich für 400 Franken an Durchreisende oder Fremde verkauft. Das Fleisch wird dem
Schlächter überlassen, welcher das Pfund zu einem halben Franken an Europäer verkauft; in Algerien
wird der Löwe auch von diesen gern gegessen."

"Auf solche Weise verdient der Jäger durch seinen Schuß ungefähr 300 Franken: -- für einen
Araber eine ungeheure Summe. Gewöhnlich kauft er sich sogleich einen neuen Burnus, einen Ueber-
wurf und Pantoffeln und kehrt dann freudigen Herzens in seinen Duar zurück. Aber an diesem
schnellen Verdienst hat der Teufel seinen Antheil; denn von nun an treibt den glücklichen Jäger eine
unersättliche Jagdlust. Er vernachlässigt fortan alle seine Geschäfte, um nur nach wilden Thieren auf
der Lauer liegen zu können. Doch das Glück ist sparsam mit seinen Gaben. Das wenige übrig-
gebliebene Geld wird nun nach und nach verausgabt, das Pulver wird knapp, der neue Burnus wird
gegen einen alten vertauscht, die Pantoffeln werden verkauft, die nackten Sohlen müssen wieder den
glühenden Sand empfinden, und der Ruhmgekrönte von damals ist wieder ein Bettler. Auf meinen
Zügen habe ich viele solcher Löwenjäger kennen gelernt, welche außer ihren Lorbeeren so gut wie Nichts
besaßen. Ein Schuß Pulver war für sie der Jnbegriff aller Wünsche, die erste Staffel zur Erreichung
ihrer hochfliegenden Pläne. Stundenlang, ja ganze Tage saßen sie vor meiner Thür und erzählten
mir von ihren Heldenthaten; der Endreim aller Erzählungen war immer ein Betteln um Pulver.
Niemals ließen sie sich bewegen, für mich Jagd auf andere Thiere zu machen."

"Die jungen Löwen, von denen alljährlich einige in den Städten der Regentschaft feilgeboten
werden, bezahlen die Europäer mit 50 bis 150 Franken. Die Araber fangen dieselben entweder in
Fallgruben oder sie folgen in dem frischgefallenen Schnee der Fährte der Löwin bis zu ihrem Bau
und rauben in ihrer Abwesenheit die Jungen. Daß ein solches Unternehmen nicht ohne Gefahr ist,
leuchtet ein. Sehr oft ruft die Stimme des jungen Thieres die Mutter herbei, und diese wirft sich
dann mit furchtbarer Wuth und der Ausdauer der Verzweiflung auf den Jäger."

"Jm Allgemeinen ist der Winter, besonders wenn derselbe von heftigen Schneefällen begleitet ist,
die geeignetste Jahreszeit für die Jagd auf wilde Thiere. Wenn der Schnee auf den höchsten Höhen
liegen bleibt und die Thiere sich veranlaßt sehen, in die Niederungen hinabzusteigen, um ihre Nahrung
zu suchen, wird es dem Jäger leicht, ihnen bis zu ihrem Bau zurückzufolgen. Uebrigens sind reißende
und selbst tiefe Flüsse dem Löwen kein Hinderniß auf seinem Wege. Mit einem gewaltigen Satze
stürzt er sich in das Wasser und durchschwimmt dasselbe."

"Jst es um die Brunstzeit, so findet man die Löwin stets im Gefolge des Löwen, und während
dieser in einen Duar eindringt, ein Rind, Pferd oder Maulthier zu ergreifen, hat sich die Löwin
ruhig hingestreckt und wartet, bis ihr Gemahl zu ihr zurückkehrt; dieser soll sogar die Artigkeit soweit
treiben, daß er ihr den ersten Antheil von der Beute überläßt und erst dann, wenn sie vollständig
gesättigt ist, sich auch darüber hermacht."

"Jn unserem gesitteten Europa schlägt man die Verdienste eines Löwenjägers im Allgemeinen zu
gering an. Man läßt sich wohl zur Anerkennung seiner Beharrlichkeit und seines Muthes herbei,
bedenkt aber nicht, welchen außerordentlichen Vortheil eine solche kühne Beschäftigung dem Lande
bringt. Eine kurze Andeutung in Bezug hierauf mag genügen."

"Der Löwe erreicht durchschnittlich ein Alter von 35 Jahren. Bei seinem gewaltigen Leibesbau
entwickelt er nach kaum zwölfstündigem Fasten schon einen ganz vortrefflichen Appetit, und da er außer-
dem ein Leckermaul ist und nur ungern zu einem erlegten Stück Vieh zurückkehrt, sondern auch für die
Schakale und Hiänen sorgt, vermehrt sich der Schaden natürlich noch bedeutender. Man kann

Die Raubthiere. Katzen. — Der Löwe.
Anſiedlern regelrechter betrieben worden iſt, hat man ſie auf funfzig Franken herabgeſetzt. Ebenſo
verhält es ſich mit dem Schußgelde für den Leopard. Nach Auszahlung der Prämie begiebt ſich der
Zug vor das Hotel des befehlshabenden Generals; dieſem wird häufig in der Hoffnung auf ein ent-
ſprechendes Gegengeſchenk das Fell überlaſſen. Zeigt er aber keine Luſt, das Fell zu beſitzen, ſo be-
gnügt ſich der Araber auch mit einer warmen Lobrede auf ſeine Tapferkeit, und die Löwenhaut wandert
gegen einen Preis von 100 bis 150 Franken zu einem Gerber, der ſie als Teppich verarbeitet und
durchſchnittlich für 400 Franken an Durchreiſende oder Fremde verkauft. Das Fleiſch wird dem
Schlächter überlaſſen, welcher das Pfund zu einem halben Franken an Europäer verkauft; in Algerien
wird der Löwe auch von dieſen gern gegeſſen.‟

„Auf ſolche Weiſe verdient der Jäger durch ſeinen Schuß ungefähr 300 Franken: — für einen
Araber eine ungeheure Summe. Gewöhnlich kauft er ſich ſogleich einen neuen Burnus, einen Ueber-
wurf und Pantoffeln und kehrt dann freudigen Herzens in ſeinen Duar zurück. Aber an dieſem
ſchnellen Verdienſt hat der Teufel ſeinen Antheil; denn von nun an treibt den glücklichen Jäger eine
unerſättliche Jagdluſt. Er vernachläſſigt fortan alle ſeine Geſchäfte, um nur nach wilden Thieren auf
der Lauer liegen zu können. Doch das Glück iſt ſparſam mit ſeinen Gaben. Das wenige übrig-
gebliebene Geld wird nun nach und nach verausgabt, das Pulver wird knapp, der neue Burnus wird
gegen einen alten vertauſcht, die Pantoffeln werden verkauft, die nackten Sohlen müſſen wieder den
glühenden Sand empfinden, und der Ruhmgekrönte von damals iſt wieder ein Bettler. Auf meinen
Zügen habe ich viele ſolcher Löwenjäger kennen gelernt, welche außer ihren Lorbeeren ſo gut wie Nichts
beſaßen. Ein Schuß Pulver war für ſie der Jnbegriff aller Wünſche, die erſte Staffel zur Erreichung
ihrer hochfliegenden Pläne. Stundenlang, ja ganze Tage ſaßen ſie vor meiner Thür und erzählten
mir von ihren Heldenthaten; der Endreim aller Erzählungen war immer ein Betteln um Pulver.
Niemals ließen ſie ſich bewegen, für mich Jagd auf andere Thiere zu machen.‟

„Die jungen Löwen, von denen alljährlich einige in den Städten der Regentſchaft feilgeboten
werden, bezahlen die Europäer mit 50 bis 150 Franken. Die Araber fangen dieſelben entweder in
Fallgruben oder ſie folgen in dem friſchgefallenen Schnee der Fährte der Löwin bis zu ihrem Bau
und rauben in ihrer Abweſenheit die Jungen. Daß ein ſolches Unternehmen nicht ohne Gefahr iſt,
leuchtet ein. Sehr oft ruft die Stimme des jungen Thieres die Mutter herbei, und dieſe wirft ſich
dann mit furchtbarer Wuth und der Ausdauer der Verzweiflung auf den Jäger.‟

„Jm Allgemeinen iſt der Winter, beſonders wenn derſelbe von heftigen Schneefällen begleitet iſt,
die geeignetſte Jahreszeit für die Jagd auf wilde Thiere. Wenn der Schnee auf den höchſten Höhen
liegen bleibt und die Thiere ſich veranlaßt ſehen, in die Niederungen hinabzuſteigen, um ihre Nahrung
zu ſuchen, wird es dem Jäger leicht, ihnen bis zu ihrem Bau zurückzufolgen. Uebrigens ſind reißende
und ſelbſt tiefe Flüſſe dem Löwen kein Hinderniß auf ſeinem Wege. Mit einem gewaltigen Satze
ſtürzt er ſich in das Waſſer und durchſchwimmt daſſelbe.‟

„Jſt es um die Brunſtzeit, ſo findet man die Löwin ſtets im Gefolge des Löwen, und während
dieſer in einen Duar eindringt, ein Rind, Pferd oder Maulthier zu ergreifen, hat ſich die Löwin
ruhig hingeſtreckt und wartet, bis ihr Gemahl zu ihr zurückkehrt; dieſer ſoll ſogar die Artigkeit ſoweit
treiben, daß er ihr den erſten Antheil von der Beute überläßt und erſt dann, wenn ſie vollſtändig
geſättigt iſt, ſich auch darüber hermacht.‟

„Jn unſerem geſitteten Europa ſchlägt man die Verdienſte eines Löwenjägers im Allgemeinen zu
gering an. Man läßt ſich wohl zur Anerkennung ſeiner Beharrlichkeit und ſeines Muthes herbei,
bedenkt aber nicht, welchen außerordentlichen Vortheil eine ſolche kühne Beſchäftigung dem Lande
bringt. Eine kurze Andeutung in Bezug hierauf mag genügen.‟

„Der Löwe erreicht durchſchnittlich ein Alter von 35 Jahren. Bei ſeinem gewaltigen Leibesbau
entwickelt er nach kaum zwölfſtündigem Faſten ſchon einen ganz vortrefflichen Appetit, und da er außer-
dem ein Leckermaul iſt und nur ungern zu einem erlegten Stück Vieh zurückkehrt, ſondern auch für die
Schakale und Hiänen ſorgt, vermehrt ſich der Schaden natürlich noch bedeutender. Man kann

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="2">
        <div n="3">
          <p><pb facs="#f0268" n="208"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Die Raubthiere.</hi> Katzen. &#x2014; <hi rendition="#g">Der Löwe.</hi></fw><lb/>
An&#x017F;iedlern regelrechter betrieben worden i&#x017F;t, hat man &#x017F;ie auf funfzig Franken herabge&#x017F;etzt. Eben&#x017F;o<lb/>
verhält es &#x017F;ich mit dem Schußgelde für den <hi rendition="#g">Leopard.</hi> Nach Auszahlung der Prämie begiebt &#x017F;ich der<lb/>
Zug vor das Hotel des befehlshabenden Generals; die&#x017F;em wird häufig in der Hoffnung auf ein ent-<lb/>
&#x017F;prechendes Gegenge&#x017F;chenk das Fell überla&#x017F;&#x017F;en. Zeigt er aber keine Lu&#x017F;t, das Fell zu be&#x017F;itzen, &#x017F;o be-<lb/>
gnügt &#x017F;ich der Araber auch mit einer warmen Lobrede auf &#x017F;eine Tapferkeit, und die Löwenhaut wandert<lb/>
gegen einen Preis von 100 bis 150 Franken zu einem Gerber, der &#x017F;ie als Teppich verarbeitet und<lb/>
durch&#x017F;chnittlich für 400 Franken an Durchrei&#x017F;ende oder Fremde verkauft. Das Flei&#x017F;ch wird dem<lb/>
Schlächter überla&#x017F;&#x017F;en, welcher das Pfund zu einem halben Franken an Europäer verkauft; in Algerien<lb/>
wird der Löwe auch von die&#x017F;en gern gege&#x017F;&#x017F;en.&#x201F;</p><lb/>
          <p>&#x201E;Auf &#x017F;olche Wei&#x017F;e verdient der Jäger durch &#x017F;einen Schuß ungefähr 300 Franken: &#x2014; für einen<lb/>
Araber eine ungeheure Summe. Gewöhnlich kauft er &#x017F;ich &#x017F;ogleich einen neuen Burnus, einen Ueber-<lb/>
wurf und Pantoffeln und kehrt dann freudigen Herzens in &#x017F;einen Duar zurück. Aber an die&#x017F;em<lb/>
&#x017F;chnellen Verdien&#x017F;t hat der Teufel &#x017F;einen Antheil; denn von nun an treibt den glücklichen Jäger eine<lb/>
uner&#x017F;ättliche Jagdlu&#x017F;t. Er vernachlä&#x017F;&#x017F;igt fortan alle &#x017F;eine Ge&#x017F;chäfte, um nur nach wilden Thieren auf<lb/>
der Lauer liegen zu können. Doch das Glück i&#x017F;t &#x017F;par&#x017F;am mit &#x017F;einen Gaben. Das wenige übrig-<lb/>
gebliebene Geld wird nun nach und nach verausgabt, das Pulver wird knapp, der neue Burnus wird<lb/>
gegen einen alten vertau&#x017F;cht, die Pantoffeln werden verkauft, die nackten Sohlen mü&#x017F;&#x017F;en wieder den<lb/>
glühenden Sand empfinden, und der Ruhmgekrönte von damals i&#x017F;t wieder ein Bettler. Auf meinen<lb/>
Zügen habe ich viele &#x017F;olcher Löwenjäger kennen gelernt, welche außer ihren Lorbeeren &#x017F;o gut wie Nichts<lb/>
be&#x017F;aßen. Ein Schuß Pulver war für &#x017F;ie der Jnbegriff aller Wün&#x017F;che, die er&#x017F;te Staffel zur Erreichung<lb/>
ihrer hochfliegenden Pläne. Stundenlang, ja ganze Tage &#x017F;aßen &#x017F;ie vor meiner Thür und erzählten<lb/>
mir von ihren Heldenthaten; der Endreim aller Erzählungen war immer ein Betteln um Pulver.<lb/>
Niemals ließen &#x017F;ie &#x017F;ich bewegen, für mich Jagd auf andere Thiere zu machen.&#x201F;</p><lb/>
          <p>&#x201E;Die jungen Löwen, von denen alljährlich einige in den Städten der Regent&#x017F;chaft feilgeboten<lb/>
werden, bezahlen die Europäer mit 50 bis 150 Franken. Die Araber fangen die&#x017F;elben entweder in<lb/>
Fallgruben oder &#x017F;ie folgen in dem fri&#x017F;chgefallenen Schnee der Fährte der Löwin bis zu ihrem Bau<lb/>
und rauben in ihrer Abwe&#x017F;enheit die Jungen. Daß ein &#x017F;olches Unternehmen nicht ohne Gefahr i&#x017F;t,<lb/>
leuchtet ein. Sehr oft ruft die Stimme des jungen Thieres die Mutter herbei, und die&#x017F;e wirft &#x017F;ich<lb/>
dann mit furchtbarer Wuth und der Ausdauer der Verzweiflung auf den Jäger.&#x201F;</p><lb/>
          <p>&#x201E;Jm Allgemeinen i&#x017F;t der Winter, be&#x017F;onders wenn der&#x017F;elbe von heftigen Schneefällen begleitet i&#x017F;t,<lb/>
die geeignet&#x017F;te Jahreszeit für die Jagd auf wilde Thiere. Wenn der Schnee auf den höch&#x017F;ten Höhen<lb/>
liegen bleibt und die Thiere &#x017F;ich veranlaßt &#x017F;ehen, in die Niederungen hinabzu&#x017F;teigen, um ihre Nahrung<lb/>
zu &#x017F;uchen, wird es dem Jäger leicht, ihnen bis zu ihrem Bau zurückzufolgen. Uebrigens &#x017F;ind reißende<lb/>
und &#x017F;elb&#x017F;t tiefe Flü&#x017F;&#x017F;e dem Löwen kein Hinderniß auf &#x017F;einem Wege. Mit einem gewaltigen Satze<lb/>
&#x017F;türzt er &#x017F;ich in das Wa&#x017F;&#x017F;er und durch&#x017F;chwimmt da&#x017F;&#x017F;elbe.&#x201F;</p><lb/>
          <p>&#x201E;J&#x017F;t es um die Brun&#x017F;tzeit, &#x017F;o findet man die Löwin &#x017F;tets im Gefolge des Löwen, und während<lb/>
die&#x017F;er in einen Duar eindringt, ein Rind, Pferd oder Maulthier zu ergreifen, hat &#x017F;ich die Löwin<lb/>
ruhig hinge&#x017F;treckt und wartet, bis ihr Gemahl zu ihr zurückkehrt; die&#x017F;er &#x017F;oll &#x017F;ogar die Artigkeit &#x017F;oweit<lb/>
treiben, daß er ihr den er&#x017F;ten Antheil von der Beute überläßt und er&#x017F;t dann, wenn &#x017F;ie voll&#x017F;tändig<lb/>
ge&#x017F;ättigt i&#x017F;t, &#x017F;ich auch darüber hermacht.&#x201F;</p><lb/>
          <p>&#x201E;Jn un&#x017F;erem ge&#x017F;itteten Europa &#x017F;chlägt man die Verdien&#x017F;te eines Löwenjägers im Allgemeinen zu<lb/>
gering an. Man läßt &#x017F;ich wohl zur Anerkennung &#x017F;einer Beharrlichkeit und &#x017F;eines Muthes herbei,<lb/>
bedenkt aber nicht, welchen außerordentlichen Vortheil eine &#x017F;olche kühne Be&#x017F;chäftigung dem Lande<lb/>
bringt. Eine kurze Andeutung in Bezug hierauf mag genügen.&#x201F;</p><lb/>
          <p>&#x201E;Der Löwe erreicht durch&#x017F;chnittlich ein Alter von 35 Jahren. Bei &#x017F;einem gewaltigen Leibesbau<lb/>
entwickelt er nach kaum zwölf&#x017F;tündigem Fa&#x017F;ten &#x017F;chon einen ganz vortrefflichen Appetit, und da er außer-<lb/>
dem ein Leckermaul i&#x017F;t und nur ungern zu einem erlegten Stück Vieh zurückkehrt, &#x017F;ondern auch für die<lb/><hi rendition="#g">Schakale</hi> und <hi rendition="#g">Hiänen</hi> &#x017F;orgt, vermehrt &#x017F;ich der Schaden natürlich noch bedeutender. Man kann<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[208/0268] Die Raubthiere. Katzen. — Der Löwe. Anſiedlern regelrechter betrieben worden iſt, hat man ſie auf funfzig Franken herabgeſetzt. Ebenſo verhält es ſich mit dem Schußgelde für den Leopard. Nach Auszahlung der Prämie begiebt ſich der Zug vor das Hotel des befehlshabenden Generals; dieſem wird häufig in der Hoffnung auf ein ent- ſprechendes Gegengeſchenk das Fell überlaſſen. Zeigt er aber keine Luſt, das Fell zu beſitzen, ſo be- gnügt ſich der Araber auch mit einer warmen Lobrede auf ſeine Tapferkeit, und die Löwenhaut wandert gegen einen Preis von 100 bis 150 Franken zu einem Gerber, der ſie als Teppich verarbeitet und durchſchnittlich für 400 Franken an Durchreiſende oder Fremde verkauft. Das Fleiſch wird dem Schlächter überlaſſen, welcher das Pfund zu einem halben Franken an Europäer verkauft; in Algerien wird der Löwe auch von dieſen gern gegeſſen.‟ „Auf ſolche Weiſe verdient der Jäger durch ſeinen Schuß ungefähr 300 Franken: — für einen Araber eine ungeheure Summe. Gewöhnlich kauft er ſich ſogleich einen neuen Burnus, einen Ueber- wurf und Pantoffeln und kehrt dann freudigen Herzens in ſeinen Duar zurück. Aber an dieſem ſchnellen Verdienſt hat der Teufel ſeinen Antheil; denn von nun an treibt den glücklichen Jäger eine unerſättliche Jagdluſt. Er vernachläſſigt fortan alle ſeine Geſchäfte, um nur nach wilden Thieren auf der Lauer liegen zu können. Doch das Glück iſt ſparſam mit ſeinen Gaben. Das wenige übrig- gebliebene Geld wird nun nach und nach verausgabt, das Pulver wird knapp, der neue Burnus wird gegen einen alten vertauſcht, die Pantoffeln werden verkauft, die nackten Sohlen müſſen wieder den glühenden Sand empfinden, und der Ruhmgekrönte von damals iſt wieder ein Bettler. Auf meinen Zügen habe ich viele ſolcher Löwenjäger kennen gelernt, welche außer ihren Lorbeeren ſo gut wie Nichts beſaßen. Ein Schuß Pulver war für ſie der Jnbegriff aller Wünſche, die erſte Staffel zur Erreichung ihrer hochfliegenden Pläne. Stundenlang, ja ganze Tage ſaßen ſie vor meiner Thür und erzählten mir von ihren Heldenthaten; der Endreim aller Erzählungen war immer ein Betteln um Pulver. Niemals ließen ſie ſich bewegen, für mich Jagd auf andere Thiere zu machen.‟ „Die jungen Löwen, von denen alljährlich einige in den Städten der Regentſchaft feilgeboten werden, bezahlen die Europäer mit 50 bis 150 Franken. Die Araber fangen dieſelben entweder in Fallgruben oder ſie folgen in dem friſchgefallenen Schnee der Fährte der Löwin bis zu ihrem Bau und rauben in ihrer Abweſenheit die Jungen. Daß ein ſolches Unternehmen nicht ohne Gefahr iſt, leuchtet ein. Sehr oft ruft die Stimme des jungen Thieres die Mutter herbei, und dieſe wirft ſich dann mit furchtbarer Wuth und der Ausdauer der Verzweiflung auf den Jäger.‟ „Jm Allgemeinen iſt der Winter, beſonders wenn derſelbe von heftigen Schneefällen begleitet iſt, die geeignetſte Jahreszeit für die Jagd auf wilde Thiere. Wenn der Schnee auf den höchſten Höhen liegen bleibt und die Thiere ſich veranlaßt ſehen, in die Niederungen hinabzuſteigen, um ihre Nahrung zu ſuchen, wird es dem Jäger leicht, ihnen bis zu ihrem Bau zurückzufolgen. Uebrigens ſind reißende und ſelbſt tiefe Flüſſe dem Löwen kein Hinderniß auf ſeinem Wege. Mit einem gewaltigen Satze ſtürzt er ſich in das Waſſer und durchſchwimmt daſſelbe.‟ „Jſt es um die Brunſtzeit, ſo findet man die Löwin ſtets im Gefolge des Löwen, und während dieſer in einen Duar eindringt, ein Rind, Pferd oder Maulthier zu ergreifen, hat ſich die Löwin ruhig hingeſtreckt und wartet, bis ihr Gemahl zu ihr zurückkehrt; dieſer ſoll ſogar die Artigkeit ſoweit treiben, daß er ihr den erſten Antheil von der Beute überläßt und erſt dann, wenn ſie vollſtändig geſättigt iſt, ſich auch darüber hermacht.‟ „Jn unſerem geſitteten Europa ſchlägt man die Verdienſte eines Löwenjägers im Allgemeinen zu gering an. Man läßt ſich wohl zur Anerkennung ſeiner Beharrlichkeit und ſeines Muthes herbei, bedenkt aber nicht, welchen außerordentlichen Vortheil eine ſolche kühne Beſchäftigung dem Lande bringt. Eine kurze Andeutung in Bezug hierauf mag genügen.‟ „Der Löwe erreicht durchſchnittlich ein Alter von 35 Jahren. Bei ſeinem gewaltigen Leibesbau entwickelt er nach kaum zwölfſtündigem Faſten ſchon einen ganz vortrefflichen Appetit, und da er außer- dem ein Leckermaul iſt und nur ungern zu einem erlegten Stück Vieh zurückkehrt, ſondern auch für die Schakale und Hiänen ſorgt, vermehrt ſich der Schaden natürlich noch bedeutender. Man kann

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben01_1864
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben01_1864/268
Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864, S. 208. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben01_1864/268>, abgerufen am 21.05.2024.