Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864.Schilderung der Familie. erinnern deshalb lebhaft an die Eichhörnchen, mit denen sie auch im Betragen und in ihrer Lebens-weise vielfach übereinstimmen. Jhr Gebiß sondert sie ebenfalls von den übrigen amerikanischen Affen. Sie haben z. B. nur zwei anstatt drei Kauzähne. So bilden sie ein eigenthümlich vermittelndes Glied zwischen den Affen und den Hörnchen. Jhr Kopf ist rundlich, das kurze Gesicht platt; die Augen sind klein und die Ohren groß. Der Körper ist schlank, der Schwanz lang und buschig, der Pelz seidenweich. Eigenthümliche Haarbüschel an den Ohren zeichnen viele von ihnen besonders aus und erwerben ihnen hierdurch das Recht, eine eigne Sippe zu bilden. Alle Krallenaffen leben in den Wäldern und zwar meist in den dichtesten Urwäldern; nur Sie gehen niemals auf zwei Füßen und treten immer mit der ganzen Sohle auf. Jhre Nahrung besteht in Früchten, Kerbthieren und Spinnen; namentlich Kerbthieren stellen sie Jn ihrem Wesen ähneln sie den Eichhörnchen noch weit mehr, als den Affen. Sie sind schen Die Weibchen werfen ein, aber auch zwei, ja selbst drei Junge und tragen dieselben auf dem Als die schlimmsten Feinde der schmucken Geschöpfe werden die Raubvögel genannt. Den Baum- Man unterscheidet namentlich zwei Sippen: die Seidenaffen (Hapale oder Iacchus) und die Schilderung der Familie. erinnern deshalb lebhaft an die Eichhörnchen, mit denen ſie auch im Betragen und in ihrer Lebens-weiſe vielfach übereinſtimmen. Jhr Gebiß ſondert ſie ebenfalls von den übrigen amerikaniſchen Affen. Sie haben z. B. nur zwei anſtatt drei Kauzähne. So bilden ſie ein eigenthümlich vermittelndes Glied zwiſchen den Affen und den Hörnchen. Jhr Kopf iſt rundlich, das kurze Geſicht platt; die Augen ſind klein und die Ohren groß. Der Körper iſt ſchlank, der Schwanz lang und buſchig, der Pelz ſeidenweich. Eigenthümliche Haarbüſchel an den Ohren zeichnen viele von ihnen beſonders aus und erwerben ihnen hierdurch das Recht, eine eigne Sippe zu bilden. Alle Krallenaffen leben in den Wäldern und zwar meiſt in den dichteſten Urwäldern; nur Sie gehen niemals auf zwei Füßen und treten immer mit der ganzen Sohle auf. Jhre Nahrung beſteht in Früchten, Kerbthieren und Spinnen; namentlich Kerbthieren ſtellen ſie Jn ihrem Weſen ähneln ſie den Eichhörnchen noch weit mehr, als den Affen. Sie ſind ſchen Die Weibchen werfen ein, aber auch zwei, ja ſelbſt drei Junge und tragen dieſelben auf dem Als die ſchlimmſten Feinde der ſchmucken Geſchöpfe werden die Raubvögel genannt. Den Baum- Man unterſcheidet namentlich zwei Sippen: die Seidenaffen (Hapale oder Iacchus) und die <TEI> <text> <body> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0183" n="125"/><fw place="top" type="header">Schilderung der Familie.</fw><lb/> erinnern deshalb lebhaft an die <hi rendition="#g">Eichhörnchen,</hi> mit denen ſie auch im Betragen und in ihrer Lebens-<lb/> weiſe vielfach übereinſtimmen. Jhr Gebiß ſondert ſie ebenfalls von den übrigen amerikaniſchen Affen.<lb/> Sie haben z. B. nur zwei anſtatt drei Kauzähne. So bilden ſie ein eigenthümlich vermittelndes Glied<lb/> zwiſchen den Affen und den <hi rendition="#g">Hörnchen.</hi> Jhr Kopf iſt rundlich, das kurze Geſicht platt; die Augen<lb/> ſind klein und die Ohren groß. Der Körper iſt ſchlank, der Schwanz lang und buſchig, der Pelz<lb/> ſeidenweich. 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Man findet ſie ſtets in Geſellſchaften, oft<lb/> in ſolchen von ziemlich bedeutender Anzahl. Bei Tage ſind ſie munter und lebendig, die Nacht<lb/> bringen ſie ſchlafend in Baumhöhlen zu. Dabei rollen ſie ſich gern mit Andern ihrer Art in einen<lb/> Klumpen zuſammen und decken ſich gleichſam mit ihren Schwänzen zu.</p><lb/> <p>Sie gehen niemals auf zwei Füßen und treten immer mit der ganzen Sohle auf.</p><lb/> <p>Jhre Nahrung beſteht in Früchten, Kerbthieren und Spinnen; namentlich Kerbthieren ſtellen ſie<lb/> außerordentlich eifrig nach. Sämereien, Vogeleier, Pflanzen, Blättchen und ſo weiter werden von<lb/> ihnen wohl auch verzehrt.</p><lb/> <p>Jn ihrem Weſen ähneln ſie den Eichhörnchen noch weit mehr, als den Affen. Sie ſind ſchen<lb/> und furchtſam und ſtets auf ihrer Hut gegen die vielen Raubthiere, welche auf ſie Jagd machen.<lb/> Bei dem geringſten Geräuſch ſuchen ſie ſich zu verbergen, und beim Anblick fremdartiger Gegenſtände<lb/> huſchen ſie blitzſchnell in die dichteſten Baumkronen hinauf und ſchauen von dort aus nur zuweilen<lb/> ſich ängſtlich um. Wenn ſie gefangen werden, beißen ſie ſehr heftig um ſich herum und zeigen ſich<lb/> dabei als ebenſo boshafte wie eigenſinnige, mißtrauiſche und reizbare Thiere. Sobald ſie gereizt<lb/> werden, ſträuben ſie die Mähne ihres Halſes oder Kopfes und weiſen ihre Zähne. Jm Zimmer<lb/> gefallen ſie mehr durch ihre äußere Erſcheinung, als durch ihre Gelehrigkeit. Sie können leicht ge-<lb/> zähmt werden, gewöhnen ſich an ihren Pfleger, werden auch zutraulich, ſind aber ebenſowohl in<lb/> geiſtiger als in leiblicher Hinſicht außerordentlich empfindlich.</p><lb/> <p>Die Weibchen werfen ein, aber auch zwei, ja ſelbſt drei Junge und tragen dieſelben auf dem<lb/> Rücken und am Bauche, oft alle zugleich. Während das eine ſaugt, ſitzt das andere auf dem<lb/> Rücken. Männchen und Weibchen unterſtützen ſich in der Erziehung der Jungen gegenſeitig, und das<lb/> Männchen nimmt ſeinem Weibchen wenigſtens die Laſt des Herumſchleppens ſeiner Kinder gern ab.<lb/> Bei denjenigen Arten, welche mit Ohrenbüſcheln verſehen ſind, klammern ſich die Jungen an dieſe an.</p><lb/> <p>Als die ſchlimmſten Feinde der ſchmucken Geſchöpfe werden die Raubvögel genannt. Den Baum-<lb/> katzen entgehen ſie, Dank ihrer Schnelligkeit und Behendigkeit und ihrer vorſichtigen Auswahl der<lb/> Schlafſtellen; vor den Adlern und Falken dagegen giebt es keine Flucht. Unzählige fallen dieſen ge-<lb/> fährlichen Räubern zur Beute; ihr Tagleben iſt eigentlich nur ein Kampf um Sein oder Nichtſein.<lb/> Der Menſch ſtellt ihnen weniger ihres Nutzens, als ihrer Anmuth halber nach. Jhr Fleiſch wird<lb/> zwar von den Eingebornen gegeſſen, aber dem anderer Affen nachgeſtellt, und das Fell weiß auch<lb/> Niemand zu verwerthen: um ſo häufiger aber ſieht man die ſchmucken Geſellen als Gefangene in<lb/> den Hütten der Jndianer.</p><lb/> <p>Man unterſcheidet namentlich zwei Sippen: die <hi rendition="#g">Seidenaffen</hi> (<hi rendition="#aq">Hapale</hi> oder <hi rendition="#aq">Iacchus</hi>) und die<lb/><hi rendition="#g">Midasaffen</hi> (<hi rendition="#aq">Midas</hi>). Bei erſteren iſt der Schwanz buſchig und ſehr lang; die Ohren ſind mit<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [125/0183]
Schilderung der Familie.
erinnern deshalb lebhaft an die Eichhörnchen, mit denen ſie auch im Betragen und in ihrer Lebens-
weiſe vielfach übereinſtimmen. Jhr Gebiß ſondert ſie ebenfalls von den übrigen amerikaniſchen Affen.
Sie haben z. B. nur zwei anſtatt drei Kauzähne. So bilden ſie ein eigenthümlich vermittelndes Glied
zwiſchen den Affen und den Hörnchen. Jhr Kopf iſt rundlich, das kurze Geſicht platt; die Augen
ſind klein und die Ohren groß. Der Körper iſt ſchlank, der Schwanz lang und buſchig, der Pelz
ſeidenweich. Eigenthümliche Haarbüſchel an den Ohren zeichnen viele von ihnen beſonders aus und
erwerben ihnen hierdurch das Recht, eine eigne Sippe zu bilden.
Alle Krallenaffen leben in den Wäldern und zwar meiſt in den dichteſten Urwäldern; nur
wenige kommen in den buſchigen, ſandigen Ebenen vor. Wie die Eichhörnchen ziehen ſie unter Um-
ſtänden von einer Gegend in die andere. Sie führen ein echtes Baumleben und klettern mit
einer Gewandtheit auf den Aeſten herum, welche bald an die Affen, bald an die Eichhörnchen er-
innert. Wie die letzteren rutſchen ſie, wie jene krallen ſie ſich beim Klettern hauptſächlich in die Rinde
der Aeſte ein, obwohl ſie auch wie die eigentlichen Affen einen Aſt wenigſtens mit ihren Hinterfüßen
theilweiſe umklammern können. Jn der Ruhe nehmen ſie ganz die Stellung der Hörnchen an und
legen ſich auch oft, wie dieſe, platt auf einem Aſte nieder. Man findet ſie ſtets in Geſellſchaften, oft
in ſolchen von ziemlich bedeutender Anzahl. Bei Tage ſind ſie munter und lebendig, die Nacht
bringen ſie ſchlafend in Baumhöhlen zu. Dabei rollen ſie ſich gern mit Andern ihrer Art in einen
Klumpen zuſammen und decken ſich gleichſam mit ihren Schwänzen zu.
Sie gehen niemals auf zwei Füßen und treten immer mit der ganzen Sohle auf.
Jhre Nahrung beſteht in Früchten, Kerbthieren und Spinnen; namentlich Kerbthieren ſtellen ſie
außerordentlich eifrig nach. Sämereien, Vogeleier, Pflanzen, Blättchen und ſo weiter werden von
ihnen wohl auch verzehrt.
Jn ihrem Weſen ähneln ſie den Eichhörnchen noch weit mehr, als den Affen. Sie ſind ſchen
und furchtſam und ſtets auf ihrer Hut gegen die vielen Raubthiere, welche auf ſie Jagd machen.
Bei dem geringſten Geräuſch ſuchen ſie ſich zu verbergen, und beim Anblick fremdartiger Gegenſtände
huſchen ſie blitzſchnell in die dichteſten Baumkronen hinauf und ſchauen von dort aus nur zuweilen
ſich ängſtlich um. Wenn ſie gefangen werden, beißen ſie ſehr heftig um ſich herum und zeigen ſich
dabei als ebenſo boshafte wie eigenſinnige, mißtrauiſche und reizbare Thiere. Sobald ſie gereizt
werden, ſträuben ſie die Mähne ihres Halſes oder Kopfes und weiſen ihre Zähne. Jm Zimmer
gefallen ſie mehr durch ihre äußere Erſcheinung, als durch ihre Gelehrigkeit. Sie können leicht ge-
zähmt werden, gewöhnen ſich an ihren Pfleger, werden auch zutraulich, ſind aber ebenſowohl in
geiſtiger als in leiblicher Hinſicht außerordentlich empfindlich.
Die Weibchen werfen ein, aber auch zwei, ja ſelbſt drei Junge und tragen dieſelben auf dem
Rücken und am Bauche, oft alle zugleich. Während das eine ſaugt, ſitzt das andere auf dem
Rücken. Männchen und Weibchen unterſtützen ſich in der Erziehung der Jungen gegenſeitig, und das
Männchen nimmt ſeinem Weibchen wenigſtens die Laſt des Herumſchleppens ſeiner Kinder gern ab.
Bei denjenigen Arten, welche mit Ohrenbüſcheln verſehen ſind, klammern ſich die Jungen an dieſe an.
Als die ſchlimmſten Feinde der ſchmucken Geſchöpfe werden die Raubvögel genannt. Den Baum-
katzen entgehen ſie, Dank ihrer Schnelligkeit und Behendigkeit und ihrer vorſichtigen Auswahl der
Schlafſtellen; vor den Adlern und Falken dagegen giebt es keine Flucht. Unzählige fallen dieſen ge-
fährlichen Räubern zur Beute; ihr Tagleben iſt eigentlich nur ein Kampf um Sein oder Nichtſein.
Der Menſch ſtellt ihnen weniger ihres Nutzens, als ihrer Anmuth halber nach. Jhr Fleiſch wird
zwar von den Eingebornen gegeſſen, aber dem anderer Affen nachgeſtellt, und das Fell weiß auch
Niemand zu verwerthen: um ſo häufiger aber ſieht man die ſchmucken Geſellen als Gefangene in
den Hütten der Jndianer.
Man unterſcheidet namentlich zwei Sippen: die Seidenaffen (Hapale oder Iacchus) und die
Midasaffen (Midas). Bei erſteren iſt der Schwanz buſchig und ſehr lang; die Ohren ſind mit
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