wie es auch gezeichnet sei. Seine Körperlänge beträgt einen, die des Schwanzes aber beinahe anderthalb Fuß.
Hauptsächlich Guiana ist die Heimat des niedlichen Affen, und namentlich die Ufer der Flüsse dieses reichen Erdstriches werden von ihm bewohnt. Er lebt dort sehr häufig in ziemlich großen Gesellschaften. Man sieht ihn den Tag über in beständiger Bewegung. Die Nacht bringt er in Palmenkronen zu, welche ihm das sicherste Obdach bieten, und schon lange vor Sonnenuntergang begiebt er sich dorthin. Er ist sehr schen und furchtsam und wagt es namentlich bei Nacht nicht, sich zu bewegen. Auch bei Tage ergreift er schon bei der leisesten Gefahr sogleich die Flucht; dabei sieht man die Herde in langen Reihen über die Baumkronen hinwegziehen. Ein Leitaffe ordnet den ganzen Zug und bringt, Dank der Beweglichkeit dieser Thiere, seine Herde gewöhnlich auch sehr bald in Sicher- heit. Alle Bewegungen der Eichhornaffen sind voll Anmuth und Zierlichkeit. Sie klettern ganz vor- trefflich und springen mit unglaublicher Leichtigkeit über ziemlich große Zwischenräume.
Nur in ihrem warmen und schönen Heimatlande befinden sie sich wohl, bei Kälte und Nässe leiden sie außerordentlich. Wenn Regenwolken die Sonne verbergen, suchen sie sich gegen die Kälte
[Abbildung]
Der Saimiri (Callithrix sciurea).
zu schützen, indem sie sich zusammendrängen, Hände und Füße um einander schlagen und den Schwanz einander um den Hals legen. So sieht man an kühlen Morgen oft ganze Gruppen in einen Klumpen geballt auf einem Zweige sitzen. Jeder sucht mit traurigem Winseln sich in die Mitte zu drängen, weil es dort am wärmsten ist; diejenigen, welche den schönen Platz nicht erwischen konnten, erheben ein gar klägliches Geschrei. Und nicht blos gegen die Kälte sind sie empfindlich, sondern auch gegen trockene Hitze; deshalb sterben sie auch sehr bald, wenn sie ihren feuchten Wäldern entführt werden.
Die Stimme des Eichhornaffen besteht in einem mehrmals wiederholten Pfeifen. Wenn ihm etwas Unangenehmes widerfährt, namentlich wenn er friert, beginnt er zu klagen und zu winseln. Auch Morgens und Abends vernimmt man derartige Laute, oft von einer ganzen Gesellschaft, und selbst in der Nacht noch gellt der Schrei der leicht erregten Thiere durch den Wald, das schlummernde Leben desselben weckend. "Befragt man die Jndianer," sagt Humboldt, "warum die Thiere des Waldes zu gewissen Stunden einen so großen Lärm erheben, so geben sie die lustige Antwort: "Sie feiern den Vollmond." Jch glaube, die Ursache rührt meist daher, daß sich im innern Walde irgendwo
Die Affen. Springaffen. — Saimiri. Titi.
wie es auch gezeichnet ſei. Seine Körperlänge beträgt einen, die des Schwanzes aber beinahe anderthalb Fuß.
Hauptſächlich Guiana iſt die Heimat des niedlichen Affen, und namentlich die Ufer der Flüſſe dieſes reichen Erdſtriches werden von ihm bewohnt. Er lebt dort ſehr häufig in ziemlich großen Geſellſchaften. Man ſieht ihn den Tag über in beſtändiger Bewegung. Die Nacht bringt er in Palmenkronen zu, welche ihm das ſicherſte Obdach bieten, und ſchon lange vor Sonnenuntergang begiebt er ſich dorthin. Er iſt ſehr ſchen und furchtſam und wagt es namentlich bei Nacht nicht, ſich zu bewegen. Auch bei Tage ergreift er ſchon bei der leiſeſten Gefahr ſogleich die Flucht; dabei ſieht man die Herde in langen Reihen über die Baumkronen hinwegziehen. Ein Leitaffe ordnet den ganzen Zug und bringt, Dank der Beweglichkeit dieſer Thiere, ſeine Herde gewöhnlich auch ſehr bald in Sicher- heit. Alle Bewegungen der Eichhornaffen ſind voll Anmuth und Zierlichkeit. Sie klettern ganz vor- trefflich und ſpringen mit unglaublicher Leichtigkeit über ziemlich große Zwiſchenräume.
Nur in ihrem warmen und ſchönen Heimatlande befinden ſie ſich wohl, bei Kälte und Näſſe leiden ſie außerordentlich. Wenn Regenwolken die Sonne verbergen, ſuchen ſie ſich gegen die Kälte
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Der Saimiri (Callithrix sciurea).
zu ſchützen, indem ſie ſich zuſammendrängen, Hände und Füße um einander ſchlagen und den Schwanz einander um den Hals legen. So ſieht man an kühlen Morgen oft ganze Gruppen in einen Klumpen geballt auf einem Zweige ſitzen. Jeder ſucht mit traurigem Winſeln ſich in die Mitte zu drängen, weil es dort am wärmſten iſt; diejenigen, welche den ſchönen Platz nicht erwiſchen konnten, erheben ein gar klägliches Geſchrei. Und nicht blos gegen die Kälte ſind ſie empfindlich, ſondern auch gegen trockene Hitze; deshalb ſterben ſie auch ſehr bald, wenn ſie ihren feuchten Wäldern entführt werden.
Die Stimme des Eichhornaffen beſteht in einem mehrmals wiederholten Pfeifen. Wenn ihm etwas Unangenehmes widerfährt, namentlich wenn er friert, beginnt er zu klagen und zu winſeln. Auch Morgens und Abends vernimmt man derartige Laute, oft von einer ganzen Geſellſchaft, und ſelbſt in der Nacht noch gellt der Schrei der leicht erregten Thiere durch den Wald, das ſchlummernde Leben deſſelben weckend. „Befragt man die Jndianer,‟ ſagt Humboldt, „warum die Thiere des Waldes zu gewiſſen Stunden einen ſo großen Lärm erheben, ſo geben ſie die luſtige Antwort: „Sie feiern den Vollmond.‟ Jch glaube, die Urſache rührt meiſt daher, daß ſich im innern Walde irgendwo
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Die Affen. Springaffen. — Saimiri. Titi.
wie es auch gezeichnet ſei. Seine Körperlänge beträgt einen, die des Schwanzes aber beinahe
anderthalb Fuß.
Hauptſächlich Guiana iſt die Heimat des niedlichen Affen, und namentlich die Ufer der
Flüſſe dieſes reichen Erdſtriches werden von ihm bewohnt. Er lebt dort ſehr häufig in ziemlich großen
Geſellſchaften. Man ſieht ihn den Tag über in beſtändiger Bewegung. Die Nacht bringt er in
Palmenkronen zu, welche ihm das ſicherſte Obdach bieten, und ſchon lange vor Sonnenuntergang
begiebt er ſich dorthin. Er iſt ſehr ſchen und furchtſam und wagt es namentlich bei Nacht nicht, ſich
zu bewegen. Auch bei Tage ergreift er ſchon bei der leiſeſten Gefahr ſogleich die Flucht; dabei ſieht
man die Herde in langen Reihen über die Baumkronen hinwegziehen. Ein Leitaffe ordnet den ganzen
Zug und bringt, Dank der Beweglichkeit dieſer Thiere, ſeine Herde gewöhnlich auch ſehr bald in Sicher-
heit. Alle Bewegungen der Eichhornaffen ſind voll Anmuth und Zierlichkeit. Sie klettern ganz vor-
trefflich und ſpringen mit unglaublicher Leichtigkeit über ziemlich große Zwiſchenräume.
Nur in ihrem warmen und ſchönen Heimatlande befinden ſie ſich wohl, bei Kälte und Näſſe
leiden ſie außerordentlich. Wenn Regenwolken die Sonne verbergen, ſuchen ſie ſich gegen die Kälte
[Abbildung Der Saimiri (Callithrix sciurea).]
zu ſchützen, indem ſie ſich zuſammendrängen, Hände und Füße um einander ſchlagen und den Schwanz
einander um den Hals legen. So ſieht man an kühlen Morgen oft ganze Gruppen in einen Klumpen
geballt auf einem Zweige ſitzen. Jeder ſucht mit traurigem Winſeln ſich in die Mitte zu drängen,
weil es dort am wärmſten iſt; diejenigen, welche den ſchönen Platz nicht erwiſchen konnten, erheben
ein gar klägliches Geſchrei. Und nicht blos gegen die Kälte ſind ſie empfindlich, ſondern auch gegen
trockene Hitze; deshalb ſterben ſie auch ſehr bald, wenn ſie ihren feuchten Wäldern entführt werden.
Die Stimme des Eichhornaffen beſteht in einem mehrmals wiederholten Pfeifen. Wenn ihm
etwas Unangenehmes widerfährt, namentlich wenn er friert, beginnt er zu klagen und zu winſeln.
Auch Morgens und Abends vernimmt man derartige Laute, oft von einer ganzen Geſellſchaft, und
ſelbſt in der Nacht noch gellt der Schrei der leicht erregten Thiere durch den Wald, das ſchlummernde
Leben deſſelben weckend. „Befragt man die Jndianer,‟ ſagt Humboldt, „warum die Thiere des
Waldes zu gewiſſen Stunden einen ſo großen Lärm erheben, ſo geben ſie die luſtige Antwort: „Sie
feiern den Vollmond.‟ Jch glaube, die Urſache rührt meiſt daher, daß ſich im innern Walde irgendwo
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864, S. 116. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben01_1864/174>, abgerufen am 26.11.2024.
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