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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864.

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Die Affen. Brüllaffen. Klammeraffen.

Man giebt sich nur selten mit der Zähmung der Brüllaffen ab; auch hat deren Erziehung
ihre großen Schwierigkeiten. Rengger sah nur zwei, welche beide über ein Jahr alt waren. Sie
wurden mit verschiedenen Baumblättern gefüttert und zogen diese jeder andern Nahrung vor. Nach
Aussage der Wärter erkrankten sie, wenn man ihnen Mais, Manioc oder Fleisch gab. Sie tranken
weder viel noch oft und nur Wasser oder Milch. Jhr Benehmen hatte etwas Trauriges und Lang-
weiliges. Sie waren sehr sanft und zutraulich; aber niemals sah man eine Spur von Fröhlichkeit an
ihnen. Gewöhnlich kauerten sie mit stark nach vorn gebogenem und auf die Brust gesenktem Kopfe in
einem Winkel, legten die Vorderhände auf den Schos oder stützten sie neben die Hinterhände auf den
Boden und schlangen den Schwanz um die Beine, so daß er auf die Hände zu liegen kam. Jn dieser
Stellung konnten sie stundenlang verweilen, bis sie der Hunger vermochte, Nahrung zu suchen.
Alsdann gingen sie auf den vier Händen schrittweise vorwärts; nur selten sah man sie traben oder
Sprünge machen. Jn aufrechter Stellung konnten sie sich kaum einen Augenblick erhalten. Jhre
Sinne schienen scharf zu sein; sie wählten ihre Nahrung mit Sorgfalt aus, hörten und sahen gut
und bewiesen, daß ihr Tastsinn sehr entwickelt war. Jhr Verstand schien sehr gering zu sein; sie
bewiesen ihrem Wärter kaum mehr Aufmerksamkeit, als fremden Leuten, und ließen sich zu Nichts
abrichten. -- Von anderen gezähmten Brüllaffen erzählt Wied, daß sie ihren Herrn außerordentlich
zugethan waren und kläglich zu schreien begannen, wenn sich derselbe auch nur einen Augenblick von
ihnen entfernte. Die Trägheit, Traurigkeit und Grämlichkeit, sowie die knarrende, röchelnde Stimme,
welche die Jungen manchmal hören ließen, machte sie aber Allen, selbst ihrem Herrn, unange-
nehm und widerlich.

Jn einem großen Theile von Paraguay bilden die Brüllaffen einen Gegenstand eifriger Jagd.
Jhr Fell ist gesucht und das Fleisch bei den Jndianern beliebt. Aus dem Pelze des schwarzen Brüll-
affen ließ Dr. Francia einmal über hundert Grenadiermützen verfertigen. Außerdem verwendet man
es zu Beuteln, Satteldecken etc. Von dem Fleische lebten Reisende, so z. B. der Prinz von Wied,
oft lange Zeit fast ausschließlich. Sie versichern, daß es wohlschmeckend sei und sehr kräftige
Brühe gebe. Die Nahrung hat aber unter allen Umständen ihr Abschreckendes, zumal wenn die
Jndianer dem Affen das Haar abgesengt oder ihn abgebrüht in den Topf gesteckt oder ihn zum
Braten an einen spitzen Stab befestigt haben. "Aller Widerwille," sagt Schomburgk, "wird in Dem
rege, welcher solchen Braten zum ersten Male sieht, denn er kann nicht anders glauben, als daß er
an einem Mahle von Kannibalen theilnehmen solle, bei welchem ein kleines Kind vorgesetzt wird, und
es gehört wahrlich bei einem nur irgend reizbaren Magen eine starke Willenskraft dazu, um Gabel
und Messer nach solchem Braten auszustrecken."

Humboldt bestätigt diese Worte vollkommen. "Die Art, wie diese menschlichen Thiere gebraten
werden, trägt viel dazu bei, daß ihr Anblick dem gesitteten Menschen so widerwärtig ist. Ein kleiner
Rost oder ein Gitter aus sehr hartem Holze wird einen Fuß hoch über dem Boden befestigt. Der
abgezogene Affe wird zusammengebogen, als säße er; meist legt man ihn so, daß er sich auf seine
mageren langen Arme stützt; zuweilen kreuzt man ihm die Hände auf dem Rücken. Wenn er auf dem
Gitter befestigt ist, zündet man ein helles Feuer darunter an; Flamme und Rauch umspielen den Affen,
und deshalb wird er zugleich gebraten und berust. Sieht man nun die Einwohner Arm oder Bein
eines gebratenen Affens verzehren, so kann man sich kaum des Gedankens erwehren, die Gewohnheit,
Thiere zu essen, welche im Körperbau dem Menschen so nahe stehen, möge in gewissem Grade dazu
beitragen, daß die Wilden so wenig Abscheu vor dem Genuß des Menschenfleisches haben. Die
gebratenen Affen, besonders solche mit sehr rundem Kopfe, gleichen auf schauerliche Weise Kindern; daher
auch Europäer, wenn sie sich von Vierhändern nähren müssen, lieber Kopf und Hände abschneiden und
nur den Rumpf auftragen lassen. Das Affenfleisch ist so trocken und mager, daß Bonpland in seinen
Sammlungen zu Paris einen Arm und eine Hand aufbewahrt hat, die in Esmeralda am Feuer geröstet
worden; nach mehreren Jahren rochen diese Theile nicht im geringsten." Jn vielen Gegenden Süd-
amerikas wird das Affenfleisch von den Europäern nicht berührt und gilt als die verächtlichste Speise;

Die Affen. Brüllaffen. Klammeraffen.

Man giebt ſich nur ſelten mit der Zähmung der Brüllaffen ab; auch hat deren Erziehung
ihre großen Schwierigkeiten. Rengger ſah nur zwei, welche beide über ein Jahr alt waren. Sie
wurden mit verſchiedenen Baumblättern gefüttert und zogen dieſe jeder andern Nahrung vor. Nach
Ausſage der Wärter erkrankten ſie, wenn man ihnen Mais, Manioc oder Fleiſch gab. Sie tranken
weder viel noch oft und nur Waſſer oder Milch. Jhr Benehmen hatte etwas Trauriges und Lang-
weiliges. Sie waren ſehr ſanft und zutraulich; aber niemals ſah man eine Spur von Fröhlichkeit an
ihnen. Gewöhnlich kauerten ſie mit ſtark nach vorn gebogenem und auf die Bruſt geſenktem Kopfe in
einem Winkel, legten die Vorderhände auf den Schos oder ſtützten ſie neben die Hinterhände auf den
Boden und ſchlangen den Schwanz um die Beine, ſo daß er auf die Hände zu liegen kam. Jn dieſer
Stellung konnten ſie ſtundenlang verweilen, bis ſie der Hunger vermochte, Nahrung zu ſuchen.
Alsdann gingen ſie auf den vier Händen ſchrittweiſe vorwärts; nur ſelten ſah man ſie traben oder
Sprünge machen. Jn aufrechter Stellung konnten ſie ſich kaum einen Augenblick erhalten. Jhre
Sinne ſchienen ſcharf zu ſein; ſie wählten ihre Nahrung mit Sorgfalt aus, hörten und ſahen gut
und bewieſen, daß ihr Taſtſinn ſehr entwickelt war. Jhr Verſtand ſchien ſehr gering zu ſein; ſie
bewieſen ihrem Wärter kaum mehr Aufmerkſamkeit, als fremden Leuten, und ließen ſich zu Nichts
abrichten. — Von anderen gezähmten Brüllaffen erzählt Wied, daß ſie ihren Herrn außerordentlich
zugethan waren und kläglich zu ſchreien begannen, wenn ſich derſelbe auch nur einen Augenblick von
ihnen entfernte. Die Trägheit, Traurigkeit und Grämlichkeit, ſowie die knarrende, röchelnde Stimme,
welche die Jungen manchmal hören ließen, machte ſie aber Allen, ſelbſt ihrem Herrn, unange-
nehm und widerlich.

Jn einem großen Theile von Paraguay bilden die Brüllaffen einen Gegenſtand eifriger Jagd.
Jhr Fell iſt geſucht und das Fleiſch bei den Jndianern beliebt. Aus dem Pelze des ſchwarzen Brüll-
affen ließ Dr. Francia einmal über hundert Grenadiermützen verfertigen. Außerdem verwendet man
es zu Beuteln, Satteldecken ꝛc. Von dem Fleiſche lebten Reiſende, ſo z. B. der Prinz von Wied,
oft lange Zeit faſt ausſchließlich. Sie verſichern, daß es wohlſchmeckend ſei und ſehr kräftige
Brühe gebe. Die Nahrung hat aber unter allen Umſtänden ihr Abſchreckendes, zumal wenn die
Jndianer dem Affen das Haar abgeſengt oder ihn abgebrüht in den Topf geſteckt oder ihn zum
Braten an einen ſpitzen Stab befeſtigt haben. „Aller Widerwille,‟ ſagt Schomburgk, „wird in Dem
rege, welcher ſolchen Braten zum erſten Male ſieht, denn er kann nicht anders glauben, als daß er
an einem Mahle von Kannibalen theilnehmen ſolle, bei welchem ein kleines Kind vorgeſetzt wird, und
es gehört wahrlich bei einem nur irgend reizbaren Magen eine ſtarke Willenskraft dazu, um Gabel
und Meſſer nach ſolchem Braten auszuſtrecken.‟

Humboldt beſtätigt dieſe Worte vollkommen. „Die Art, wie dieſe menſchlichen Thiere gebraten
werden, trägt viel dazu bei, daß ihr Anblick dem geſitteten Menſchen ſo widerwärtig iſt. Ein kleiner
Roſt oder ein Gitter aus ſehr hartem Holze wird einen Fuß hoch über dem Boden befeſtigt. Der
abgezogene Affe wird zuſammengebogen, als ſäße er; meiſt legt man ihn ſo, daß er ſich auf ſeine
mageren langen Arme ſtützt; zuweilen kreuzt man ihm die Hände auf dem Rücken. Wenn er auf dem
Gitter befeſtigt iſt, zündet man ein helles Feuer darunter an; Flamme und Rauch umſpielen den Affen,
und deshalb wird er zugleich gebraten und beruſt. Sieht man nun die Einwohner Arm oder Bein
eines gebratenen Affens verzehren, ſo kann man ſich kaum des Gedankens erwehren, die Gewohnheit,
Thiere zu eſſen, welche im Körperbau dem Menſchen ſo nahe ſtehen, möge in gewiſſem Grade dazu
beitragen, daß die Wilden ſo wenig Abſcheu vor dem Genuß des Menſchenfleiſches haben. Die
gebratenen Affen, beſonders ſolche mit ſehr rundem Kopfe, gleichen auf ſchauerliche Weiſe Kindern; daher
auch Europäer, wenn ſie ſich von Vierhändern nähren müſſen, lieber Kopf und Hände abſchneiden und
nur den Rumpf auftragen laſſen. Das Affenfleiſch iſt ſo trocken und mager, daß Bonpland in ſeinen
Sammlungen zu Paris einen Arm und eine Hand aufbewahrt hat, die in Esmeralda am Feuer geröſtet
worden; nach mehreren Jahren rochen dieſe Theile nicht im geringſten.‟ Jn vielen Gegenden Süd-
amerikas wird das Affenfleiſch von den Europäern nicht berührt und gilt als die verächtlichſte Speiſe;

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[100/0158] Die Affen. Brüllaffen. Klammeraffen. Man giebt ſich nur ſelten mit der Zähmung der Brüllaffen ab; auch hat deren Erziehung ihre großen Schwierigkeiten. Rengger ſah nur zwei, welche beide über ein Jahr alt waren. Sie wurden mit verſchiedenen Baumblättern gefüttert und zogen dieſe jeder andern Nahrung vor. Nach Ausſage der Wärter erkrankten ſie, wenn man ihnen Mais, Manioc oder Fleiſch gab. Sie tranken weder viel noch oft und nur Waſſer oder Milch. Jhr Benehmen hatte etwas Trauriges und Lang- weiliges. Sie waren ſehr ſanft und zutraulich; aber niemals ſah man eine Spur von Fröhlichkeit an ihnen. Gewöhnlich kauerten ſie mit ſtark nach vorn gebogenem und auf die Bruſt geſenktem Kopfe in einem Winkel, legten die Vorderhände auf den Schos oder ſtützten ſie neben die Hinterhände auf den Boden und ſchlangen den Schwanz um die Beine, ſo daß er auf die Hände zu liegen kam. Jn dieſer Stellung konnten ſie ſtundenlang verweilen, bis ſie der Hunger vermochte, Nahrung zu ſuchen. Alsdann gingen ſie auf den vier Händen ſchrittweiſe vorwärts; nur ſelten ſah man ſie traben oder Sprünge machen. Jn aufrechter Stellung konnten ſie ſich kaum einen Augenblick erhalten. Jhre Sinne ſchienen ſcharf zu ſein; ſie wählten ihre Nahrung mit Sorgfalt aus, hörten und ſahen gut und bewieſen, daß ihr Taſtſinn ſehr entwickelt war. Jhr Verſtand ſchien ſehr gering zu ſein; ſie bewieſen ihrem Wärter kaum mehr Aufmerkſamkeit, als fremden Leuten, und ließen ſich zu Nichts abrichten. — Von anderen gezähmten Brüllaffen erzählt Wied, daß ſie ihren Herrn außerordentlich zugethan waren und kläglich zu ſchreien begannen, wenn ſich derſelbe auch nur einen Augenblick von ihnen entfernte. Die Trägheit, Traurigkeit und Grämlichkeit, ſowie die knarrende, röchelnde Stimme, welche die Jungen manchmal hören ließen, machte ſie aber Allen, ſelbſt ihrem Herrn, unange- nehm und widerlich. Jn einem großen Theile von Paraguay bilden die Brüllaffen einen Gegenſtand eifriger Jagd. Jhr Fell iſt geſucht und das Fleiſch bei den Jndianern beliebt. Aus dem Pelze des ſchwarzen Brüll- affen ließ Dr. Francia einmal über hundert Grenadiermützen verfertigen. Außerdem verwendet man es zu Beuteln, Satteldecken ꝛc. Von dem Fleiſche lebten Reiſende, ſo z. B. der Prinz von Wied, oft lange Zeit faſt ausſchließlich. Sie verſichern, daß es wohlſchmeckend ſei und ſehr kräftige Brühe gebe. Die Nahrung hat aber unter allen Umſtänden ihr Abſchreckendes, zumal wenn die Jndianer dem Affen das Haar abgeſengt oder ihn abgebrüht in den Topf geſteckt oder ihn zum Braten an einen ſpitzen Stab befeſtigt haben. „Aller Widerwille,‟ ſagt Schomburgk, „wird in Dem rege, welcher ſolchen Braten zum erſten Male ſieht, denn er kann nicht anders glauben, als daß er an einem Mahle von Kannibalen theilnehmen ſolle, bei welchem ein kleines Kind vorgeſetzt wird, und es gehört wahrlich bei einem nur irgend reizbaren Magen eine ſtarke Willenskraft dazu, um Gabel und Meſſer nach ſolchem Braten auszuſtrecken.‟ Humboldt beſtätigt dieſe Worte vollkommen. „Die Art, wie dieſe menſchlichen Thiere gebraten werden, trägt viel dazu bei, daß ihr Anblick dem geſitteten Menſchen ſo widerwärtig iſt. Ein kleiner Roſt oder ein Gitter aus ſehr hartem Holze wird einen Fuß hoch über dem Boden befeſtigt. Der abgezogene Affe wird zuſammengebogen, als ſäße er; meiſt legt man ihn ſo, daß er ſich auf ſeine mageren langen Arme ſtützt; zuweilen kreuzt man ihm die Hände auf dem Rücken. Wenn er auf dem Gitter befeſtigt iſt, zündet man ein helles Feuer darunter an; Flamme und Rauch umſpielen den Affen, und deshalb wird er zugleich gebraten und beruſt. Sieht man nun die Einwohner Arm oder Bein eines gebratenen Affens verzehren, ſo kann man ſich kaum des Gedankens erwehren, die Gewohnheit, Thiere zu eſſen, welche im Körperbau dem Menſchen ſo nahe ſtehen, möge in gewiſſem Grade dazu beitragen, daß die Wilden ſo wenig Abſcheu vor dem Genuß des Menſchenfleiſches haben. Die gebratenen Affen, beſonders ſolche mit ſehr rundem Kopfe, gleichen auf ſchauerliche Weiſe Kindern; daher auch Europäer, wenn ſie ſich von Vierhändern nähren müſſen, lieber Kopf und Hände abſchneiden und nur den Rumpf auftragen laſſen. Das Affenfleiſch iſt ſo trocken und mager, daß Bonpland in ſeinen Sammlungen zu Paris einen Arm und eine Hand aufbewahrt hat, die in Esmeralda am Feuer geröſtet worden; nach mehreren Jahren rochen dieſe Theile nicht im geringſten.‟ Jn vielen Gegenden Süd- amerikas wird das Affenfleiſch von den Europäern nicht berührt und gilt als die verächtlichſte Speiſe;

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864, S. 100. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben01_1864/158>, abgerufen am 24.11.2024.