Unarten auch seinem Herrn gegenüber zeigt, während das Weibchen mit diesem auf dem traulichsten Fuße lebt. Jch habe deshalb mir auch regelmäßig weibliche Paviane ausgesucht.
Der erste Babuin, welchen ich besaß, erhielt den Namen Perro. Er war ein hübscher munterer Affe und hatte sich schon in drei Tagen vollkommen an mich gewöhnt. Jch wies ihm das Amt eines Thürhüters an, indem ich ihn über unserer Hofthüre befestigte. Hier hatte er sich bald einen Lieblings- sitz ausgesucht und bewachte von dort aus die Thüre auf das allersorgfältigste. Nur uns und ihm Bekannte durften eintreten, Unbekannten verwehrte er hartnäckig den Eingang und geberdete sich dabei so toll, daß er stets gehalten werden mußte, bis der Betreffende eingetreten war, weil er sonst wie ein wüthender Hund auf denselben losgefahren sein würde. Bei jeder Erregung erhob er den Schwanz und stellte sich auf drei von seinen Händen, die vierte benutzte er, um damit heftig auf den Boden zu schlagen, ganz wie ein wüthender Mensch auf den Tisch schlägt, nur daß er nicht die Faust ballte, wie dieser. Seine Augen glänzten und blitzten im Zorne, er ließ ein bellendes Geschrei hören und rannte dann wüthend auf seinen Gegner los. Nicht selten verstellte er sich mit ausgesuchter Niederträchtigkeit, nahm eine sehr freundliche Miene an, schmatzte mehrmals rasch hinter einander, was immer als Freundschaftsbetheuerung anzunehmen war, und langte sehnend mit den Händen nach Dem, welchem er Etwas auswischen wollte. Gewährte ihm dieser seine Bitte, so fuhr er wie ein Teufel nach der Hand, riß seinen Feind an sich heran und kratzte und biß ihn. Er lebte mit allen Thieren in Freundschaft, mit Ausnahme der Strauße, welche wir besaßen. Diese trugen jedoch die Schuld des feindlichen Verhältnisses, welches zwischen beiden bestand. Perro saß, wenn seine Wächterdienste unnöthig waren, gewöhnlich ganz ruhig auf seiner Mauer und hielt sich gegen die sengenden Sonnen- strahlen ein Stückchen Strohmatte als Schirm über den Kopf. Dabei vernachlässigte er es, auf seinen langen Schwanz besondere Rücksicht zu nehmen und ließ diesen an der Mauer herabhängen. Die Straußen haben nun die Unart, nach allem Möglichen, was nicht niet- und nagelfest ist, zu beißen. Und so geschah es denn sehr oft, daß einer oder der andere dieser Vögel schaukelnd heran kam, mit seinem dummen Kamelkopfe sich dem Schwanze näherte und, ohne daß Perro es ahnte, plötzlich demselben einen tüchtigen Biß versetzte. Die Strohmatte wegwerfen, laut schreien, den Strauß mit beiden Vorderhänden am Kopfe fassen und tüchtig abschütteln, war dann gewöhnlich Eins. Es kam oft vor, daß der Affe nachher eine ganze Viertelstunde lang nicht aus seiner Wuth herauskam. Nun war es freilich kein Wunder, daß er dem Strauße, wo er ihn nur immer erwischen konnte, einen Hieb oder Kniff versetzte.
Während unserer Rückreise nach Egypten wurde Perro, welcher mit allem Schiffsvolk gute Freundschaft hielt, am Bord der Barke angebunden. Er fürchtete das Wasser in hohem Grade, war aber doch gescheit genug, sich, wenn er durstete, demselben so zu nähern, daß er keine Gefahr zu be- sorgen brauchte. Er probirte nämlich regelmäßig seinen festen Strick und ließ sich dann an diesem bis nah über den Wasserspiegel hinab, streckte seine Hinterhände in den Strom, näßte sie an und leckte sie ab, auf diese Weise seinen Durst stillend.
Gegen junge Thiere zeigte er große Zuneigung. Als wir in Alexandrien einzogen, war er auf den Wagen gebunden, welcher unsere Kisten trug, sein Strick war aber so lang, daß er ihm die nöthige Freiheit gewährte. Beim Eintreten in die Stadt erblickte Perro neben der Straße das Lager einer Hündin, welche vor kurzer Zeit geworfen hatte und vier allerliebste Junge ruhig säugte. Vom Wagen abspringen und der Alten ein säugendes Junges wegreißen, war die That weniger Augen- blicke; nicht so schnell gelang es ihm aber, seinen Sitz wieder zu erreichen. Die Hundemutter, aufs äußerste aufgebracht über die Frechheit des Affen, fuhr wüthend auf diesen los, und Perro mußte nun seine ganze Kraft zusammennehmen, um dem andringenden Hunde zu widerstehen. Sein Kampf war nicht leicht; denn der Wagen bewegte sich stetig weiter und ihm blieb keine Zeit übrig, auf ihn hinaufzuklettern, weil ihn sonst die Hündin gefaßt haben würde. So klammerte er nun den jungen Hund zwischen den obern Arm und die Brust, zog mit demselben Arme den Strick an sich, weil dieser ihn würgte, lief auf den Hinterbeinen und vertheidigte sich mit der größten Tapferkeit gegen seine
Die Affen. Hundsköpfe. — Babuin.
Unarten auch ſeinem Herrn gegenüber zeigt, während das Weibchen mit dieſem auf dem traulichſten Fuße lebt. Jch habe deshalb mir auch regelmäßig weibliche Paviane ausgeſucht.
Der erſte Babuin, welchen ich beſaß, erhielt den Namen Perro. Er war ein hübſcher munterer Affe und hatte ſich ſchon in drei Tagen vollkommen an mich gewöhnt. Jch wies ihm das Amt eines Thürhüters an, indem ich ihn über unſerer Hofthüre befeſtigte. Hier hatte er ſich bald einen Lieblings- ſitz ausgeſucht und bewachte von dort aus die Thüre auf das allerſorgfältigſte. Nur uns und ihm Bekannte durften eintreten, Unbekannten verwehrte er hartnäckig den Eingang und geberdete ſich dabei ſo toll, daß er ſtets gehalten werden mußte, bis der Betreffende eingetreten war, weil er ſonſt wie ein wüthender Hund auf denſelben losgefahren ſein würde. Bei jeder Erregung erhob er den Schwanz und ſtellte ſich auf drei von ſeinen Händen, die vierte benutzte er, um damit heftig auf den Boden zu ſchlagen, ganz wie ein wüthender Menſch auf den Tiſch ſchlägt, nur daß er nicht die Fauſt ballte, wie dieſer. Seine Augen glänzten und blitzten im Zorne, er ließ ein bellendes Geſchrei hören und rannte dann wüthend auf ſeinen Gegner los. Nicht ſelten verſtellte er ſich mit ausgeſuchter Niederträchtigkeit, nahm eine ſehr freundliche Miene an, ſchmatzte mehrmals raſch hinter einander, was immer als Freundſchaftsbetheuerung anzunehmen war, und langte ſehnend mit den Händen nach Dem, welchem er Etwas auswiſchen wollte. Gewährte ihm dieſer ſeine Bitte, ſo fuhr er wie ein Teufel nach der Hand, riß ſeinen Feind an ſich heran und kratzte und biß ihn. Er lebte mit allen Thieren in Freundſchaft, mit Ausnahme der Strauße, welche wir beſaßen. Dieſe trugen jedoch die Schuld des feindlichen Verhältniſſes, welches zwiſchen beiden beſtand. Perro ſaß, wenn ſeine Wächterdienſte unnöthig waren, gewöhnlich ganz ruhig auf ſeiner Mauer und hielt ſich gegen die ſengenden Sonnen- ſtrahlen ein Stückchen Strohmatte als Schirm über den Kopf. Dabei vernachläſſigte er es, auf ſeinen langen Schwanz beſondere Rückſicht zu nehmen und ließ dieſen an der Mauer herabhängen. Die Straußen haben nun die Unart, nach allem Möglichen, was nicht niet- und nagelfeſt iſt, zu beißen. Und ſo geſchah es denn ſehr oft, daß einer oder der andere dieſer Vögel ſchaukelnd heran kam, mit ſeinem dummen Kamelkopfe ſich dem Schwanze näherte und, ohne daß Perro es ahnte, plötzlich demſelben einen tüchtigen Biß verſetzte. Die Strohmatte wegwerfen, laut ſchreien, den Strauß mit beiden Vorderhänden am Kopfe faſſen und tüchtig abſchütteln, war dann gewöhnlich Eins. Es kam oft vor, daß der Affe nachher eine ganze Viertelſtunde lang nicht aus ſeiner Wuth herauskam. Nun war es freilich kein Wunder, daß er dem Strauße, wo er ihn nur immer erwiſchen konnte, einen Hieb oder Kniff verſetzte.
Während unſerer Rückreiſe nach Egypten wurde Perro, welcher mit allem Schiffsvolk gute Freundſchaft hielt, am Bord der Barke angebunden. Er fürchtete das Waſſer in hohem Grade, war aber doch geſcheit genug, ſich, wenn er durſtete, demſelben ſo zu nähern, daß er keine Gefahr zu be- ſorgen brauchte. Er probirte nämlich regelmäßig ſeinen feſten Strick und ließ ſich dann an dieſem bis nah über den Waſſerſpiegel hinab, ſtreckte ſeine Hinterhände in den Strom, näßte ſie an und leckte ſie ab, auf dieſe Weiſe ſeinen Durſt ſtillend.
Gegen junge Thiere zeigte er große Zuneigung. Als wir in Alexandrien einzogen, war er auf den Wagen gebunden, welcher unſere Kiſten trug, ſein Strick war aber ſo lang, daß er ihm die nöthige Freiheit gewährte. Beim Eintreten in die Stadt erblickte Perro neben der Straße das Lager einer Hündin, welche vor kurzer Zeit geworfen hatte und vier allerliebſte Junge ruhig ſäugte. Vom Wagen abſpringen und der Alten ein ſäugendes Junges wegreißen, war die That weniger Augen- blicke; nicht ſo ſchnell gelang es ihm aber, ſeinen Sitz wieder zu erreichen. Die Hundemutter, aufs äußerſte aufgebracht über die Frechheit des Affen, fuhr wüthend auf dieſen los, und Perro mußte nun ſeine ganze Kraft zuſammennehmen, um dem andringenden Hunde zu widerſtehen. Sein Kampf war nicht leicht; denn der Wagen bewegte ſich ſtetig weiter und ihm blieb keine Zeit übrig, auf ihn hinaufzuklettern, weil ihn ſonſt die Hündin gefaßt haben würde. So klammerte er nun den jungen Hund zwiſchen den obern Arm und die Bruſt, zog mit demſelben Arme den Strick an ſich, weil dieſer ihn würgte, lief auf den Hinterbeinen und vertheidigte ſich mit der größten Tapferkeit gegen ſeine
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[84/0140]
Die Affen. Hundsköpfe. — Babuin.
Unarten auch ſeinem Herrn gegenüber zeigt, während das Weibchen mit dieſem auf dem traulichſten
Fuße lebt. Jch habe deshalb mir auch regelmäßig weibliche Paviane ausgeſucht.
Der erſte Babuin, welchen ich beſaß, erhielt den Namen Perro. Er war ein hübſcher munterer
Affe und hatte ſich ſchon in drei Tagen vollkommen an mich gewöhnt. Jch wies ihm das Amt eines
Thürhüters an, indem ich ihn über unſerer Hofthüre befeſtigte. Hier hatte er ſich bald einen Lieblings-
ſitz ausgeſucht und bewachte von dort aus die Thüre auf das allerſorgfältigſte. Nur uns und ihm
Bekannte durften eintreten, Unbekannten verwehrte er hartnäckig den Eingang und geberdete ſich dabei
ſo toll, daß er ſtets gehalten werden mußte, bis der Betreffende eingetreten war, weil er ſonſt wie
ein wüthender Hund auf denſelben losgefahren ſein würde. Bei jeder Erregung erhob er den
Schwanz und ſtellte ſich auf drei von ſeinen Händen, die vierte benutzte er, um damit heftig auf den
Boden zu ſchlagen, ganz wie ein wüthender Menſch auf den Tiſch ſchlägt, nur daß er nicht die Fauſt
ballte, wie dieſer. Seine Augen glänzten und blitzten im Zorne, er ließ ein bellendes Geſchrei hören
und rannte dann wüthend auf ſeinen Gegner los. Nicht ſelten verſtellte er ſich mit ausgeſuchter
Niederträchtigkeit, nahm eine ſehr freundliche Miene an, ſchmatzte mehrmals raſch hinter einander, was
immer als Freundſchaftsbetheuerung anzunehmen war, und langte ſehnend mit den Händen nach Dem,
welchem er Etwas auswiſchen wollte. Gewährte ihm dieſer ſeine Bitte, ſo fuhr er wie ein Teufel
nach der Hand, riß ſeinen Feind an ſich heran und kratzte und biß ihn. Er lebte mit allen Thieren
in Freundſchaft, mit Ausnahme der Strauße, welche wir beſaßen. Dieſe trugen jedoch die Schuld
des feindlichen Verhältniſſes, welches zwiſchen beiden beſtand. Perro ſaß, wenn ſeine Wächterdienſte
unnöthig waren, gewöhnlich ganz ruhig auf ſeiner Mauer und hielt ſich gegen die ſengenden Sonnen-
ſtrahlen ein Stückchen Strohmatte als Schirm über den Kopf. Dabei vernachläſſigte er es, auf
ſeinen langen Schwanz beſondere Rückſicht zu nehmen und ließ dieſen an der Mauer herabhängen.
Die Straußen haben nun die Unart, nach allem Möglichen, was nicht niet- und nagelfeſt iſt, zu
beißen. Und ſo geſchah es denn ſehr oft, daß einer oder der andere dieſer Vögel ſchaukelnd heran kam,
mit ſeinem dummen Kamelkopfe ſich dem Schwanze näherte und, ohne daß Perro es ahnte, plötzlich
demſelben einen tüchtigen Biß verſetzte. Die Strohmatte wegwerfen, laut ſchreien, den Strauß mit
beiden Vorderhänden am Kopfe faſſen und tüchtig abſchütteln, war dann gewöhnlich Eins. Es kam
oft vor, daß der Affe nachher eine ganze Viertelſtunde lang nicht aus ſeiner Wuth herauskam. Nun
war es freilich kein Wunder, daß er dem Strauße, wo er ihn nur immer erwiſchen konnte, einen Hieb
oder Kniff verſetzte.
Während unſerer Rückreiſe nach Egypten wurde Perro, welcher mit allem Schiffsvolk gute
Freundſchaft hielt, am Bord der Barke angebunden. Er fürchtete das Waſſer in hohem Grade, war
aber doch geſcheit genug, ſich, wenn er durſtete, demſelben ſo zu nähern, daß er keine Gefahr zu be-
ſorgen brauchte. Er probirte nämlich regelmäßig ſeinen feſten Strick und ließ ſich dann an dieſem
bis nah über den Waſſerſpiegel hinab, ſtreckte ſeine Hinterhände in den Strom, näßte ſie an und
leckte ſie ab, auf dieſe Weiſe ſeinen Durſt ſtillend.
Gegen junge Thiere zeigte er große Zuneigung. Als wir in Alexandrien einzogen, war er auf
den Wagen gebunden, welcher unſere Kiſten trug, ſein Strick war aber ſo lang, daß er ihm die
nöthige Freiheit gewährte. Beim Eintreten in die Stadt erblickte Perro neben der Straße das Lager
einer Hündin, welche vor kurzer Zeit geworfen hatte und vier allerliebſte Junge ruhig ſäugte. Vom
Wagen abſpringen und der Alten ein ſäugendes Junges wegreißen, war die That weniger Augen-
blicke; nicht ſo ſchnell gelang es ihm aber, ſeinen Sitz wieder zu erreichen. Die Hundemutter, aufs
äußerſte aufgebracht über die Frechheit des Affen, fuhr wüthend auf dieſen los, und Perro mußte
nun ſeine ganze Kraft zuſammennehmen, um dem andringenden Hunde zu widerſtehen. Sein Kampf
war nicht leicht; denn der Wagen bewegte ſich ſtetig weiter und ihm blieb keine Zeit übrig, auf ihn
hinaufzuklettern, weil ihn ſonſt die Hündin gefaßt haben würde. So klammerte er nun den jungen
Hund zwiſchen den obern Arm und die Bruſt, zog mit demſelben Arme den Strick an ſich, weil dieſer
ihn würgte, lief auf den Hinterbeinen und vertheidigte ſich mit der größten Tapferkeit gegen ſeine
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864, S. 84. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben01_1864/140>, abgerufen am 25.11.2024.
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