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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864.

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Feinde der Paviane. Sinnlichkeit. Nutzen.
Afrika ist es eine bekannte Sache, daß die Paviane leidenschaftlich gern geistreiche Getränke zu sich
nehmen und sich in ihnen leicht berauschen. Man setzt ihnen also einfach Töpfe mit derartigen Flüssig-
keiten vor, und wenn hernach die Thiere vollkommen trunken geworden sind, bemächtigt man sich ihrer.
Starke Fesseln und Prügel bändigen dann regelmäßig ihre anfänglich geradezu beispiellose Wuth, und
die ihnen eigene Klugheit läßt ihnen schon nach kurzer Gefangenschaft die Oberherrschaft des Menschen
erkennbar werden.

Jn ihrer sinnlichen Liebe sind die Paviane wahrhaft scheußlich. Die vorhin erwähnte Geilheit
und Frechheit zeigt sich bei keinem andern Thiere in so abschreckender Weise als bei ihnen. Jch möchte
sagen, daß die Größe ihrer Leidenschaftlichkeit erst hierbei sich offenbare. Die Männchen sind nicht
blos lüstern auf die Weibchen ihrer Art, sondern auf alle größern Säugethiere weiblichen Geschlechts
überhaupt. Es wird wiederholt und von allen Seiten versichert, daß sie zuweilen Regerinnen rauben
oder wenigstens überfallen und mißhandeln. Daß sie Männer und Frauen sofort unterscheiden, habe
ich hundertfach beobachtet, und ebenso, daß sie den Frauen durch ihre Zudringlichkeit und Unverschämt-
heit im höchsten Grade lästig werden können. Die Männchen sind beständig brünstig, die Weibchen
nur zu gewissen Zeiten, zwei oder drei Mal im Jahre. Die Brunst zeigt sich auch äußerlich in häß-
licher Weise. Die Geschlechtstheile schwellen bedeutend an und erhalten eine glühendrothe Farbe; man
meint, daß das Gesäß in bedenklicher Weise erkrankt sei. Um diese Zeit sind die Weibchen ebenso er-
picht auf die Männchen, als diese während der ganzen Jahreszeit auf jene. Obgleich sich die Paviane
in der Gefangenschaft (wenigstens in ihrer Heimat) fortpflanzen, weiß man doch noch nicht, wie lange
ihre Tragzeit danert.

Der Nutzen der Paviane ist gering. Jhrer Gelehrsamkeit wegen werden sie zu allerlei Kunststücken
abgerichtet. Am Kap sollen sie noch zum Aufsuchen des Wassers in der Wüste dienen. Alle Paviane
sind, wie glaubwürdige Reisende mittheilen, nach den Erfahrungen der Kapbewohner die besten Wasser-
sucher, welche es giebt. Man hält sie deshalb häufig gezähmt und nimmt sie mit in jene wasserarmen
Striche, in denen selbst die Buschmänner das wichtige Element nur tropfenweise zu gewinnen wissen.
Wenn der Wasservorrath dem Ende nahe ist, bekommt der Pavian etwas Salziges zu fressen. Nach
einigen Stunden nimmt man ihn dann an eine Leine und läßt ihn laufen. Das vom Durst gequälte
Thier wendet sich bald rechts, bald links, bald vor-, bald rückwärts, schnüffelt in der Luft, reißt Pflanzen
aus, um sie zu prüfen und zeigt endlich durch Graben das verborgene oder durch ein entschiedenes
Vorwärtseilen das zu Tage getretene Wasser an. --

Eine Art der Paviane spielt schon in der Urgeschichte der Menschheit eine große Rolle, wahr-
scheinlich ebensowohl seines ausgezeichneten Verstandes, als seiner unliebenswürdigen Eigenschaften
halber. Dies ist der Hamadryas oder der Mantelpavian (Cynocephalus Hamadryas). Wie er
zu der Ehre gekommen ist, den Namen einer altgriechischen Baumnymphe zu tragen, weiß ich nicht; in
seiner Gestalt und in seinem Wesen liegt wahrhaftig nichts Weibliches. Die alten Völker waren es
nicht, welche ihm jenen Namen verliehen. Bei den Egyptern, welche ihn göttlich verehrten, hieß er
Thoth und Och; die Bibel führt ihn unter dem Namen Koph auf; Herodot, Plutarch und
Plinius bezeichnen ihn mit Cynocephalus, Strabo nennt ihn Cebus, Juvenal Cereopithecus,
Agatharchides Sphinx. Bei den heutigen Abissiniern heißt er Hebe, bei den Arabern Robah und
in Egypten endlich Khird. Unter all diesen Namen ist nicht ein einziger, welcher an irgend welche
Nymphe erinnert; man müßte denn "Sphinx" als solchen betrachten wollen.

Auf den egyptischen Alterthümern steht unser Pavian gleichsam als Oberster seines Geschlechts
da. Die heilige Bilderschrift stellt öfters Affen dar, allein nur der Hamadryas, und zwar immer das
alte Männchen, wird abgebildet als auf dem Altar sitzend, die Verehrung der Menschen empfangend.
Mehrere Male sieht man ihn auch als Richter, welcher über die guten Werke und Vergehungen des
Menschen urtheilt; er hat eine Wage vor sich und prüft ernsten Blickes die schwankenden Schalen.
Eine hohe Achtung vor der Gottheit, deren Sinnbild er war, spricht sich in allen altegyptischen

Feinde der Paviane. Sinnlichkeit. Nutzen.
Afrika iſt es eine bekannte Sache, daß die Paviane leidenſchaftlich gern geiſtreiche Getränke zu ſich
nehmen und ſich in ihnen leicht berauſchen. Man ſetzt ihnen alſo einfach Töpfe mit derartigen Flüſſig-
keiten vor, und wenn hernach die Thiere vollkommen trunken geworden ſind, bemächtigt man ſich ihrer.
Starke Feſſeln und Prügel bändigen dann regelmäßig ihre anfänglich geradezu beiſpielloſe Wuth, und
die ihnen eigene Klugheit läßt ihnen ſchon nach kurzer Gefangenſchaft die Oberherrſchaft des Menſchen
erkennbar werden.

Jn ihrer ſinnlichen Liebe ſind die Paviane wahrhaft ſcheußlich. Die vorhin erwähnte Geilheit
und Frechheit zeigt ſich bei keinem andern Thiere in ſo abſchreckender Weiſe als bei ihnen. Jch möchte
ſagen, daß die Größe ihrer Leidenſchaftlichkeit erſt hierbei ſich offenbare. Die Männchen ſind nicht
blos lüſtern auf die Weibchen ihrer Art, ſondern auf alle größern Säugethiere weiblichen Geſchlechts
überhaupt. Es wird wiederholt und von allen Seiten verſichert, daß ſie zuweilen Regerinnen rauben
oder wenigſtens überfallen und mißhandeln. Daß ſie Männer und Frauen ſofort unterſcheiden, habe
ich hundertfach beobachtet, und ebenſo, daß ſie den Frauen durch ihre Zudringlichkeit und Unverſchämt-
heit im höchſten Grade läſtig werden können. Die Männchen ſind beſtändig brünſtig, die Weibchen
nur zu gewiſſen Zeiten, zwei oder drei Mal im Jahre. Die Brunſt zeigt ſich auch äußerlich in häß-
licher Weiſe. Die Geſchlechtstheile ſchwellen bedeutend an und erhalten eine glühendrothe Farbe; man
meint, daß das Geſäß in bedenklicher Weiſe erkrankt ſei. Um dieſe Zeit ſind die Weibchen ebenſo er-
picht auf die Männchen, als dieſe während der ganzen Jahreszeit auf jene. Obgleich ſich die Paviane
in der Gefangenſchaft (wenigſtens in ihrer Heimat) fortpflanzen, weiß man doch noch nicht, wie lange
ihre Tragzeit danert.

Der Nutzen der Paviane iſt gering. Jhrer Gelehrſamkeit wegen werden ſie zu allerlei Kunſtſtücken
abgerichtet. Am Kap ſollen ſie noch zum Aufſuchen des Waſſers in der Wüſte dienen. Alle Paviane
ſind, wie glaubwürdige Reiſende mittheilen, nach den Erfahrungen der Kapbewohner die beſten Waſſer-
ſucher, welche es giebt. Man hält ſie deshalb häufig gezähmt und nimmt ſie mit in jene waſſerarmen
Striche, in denen ſelbſt die Buſchmänner das wichtige Element nur tropfenweiſe zu gewinnen wiſſen.
Wenn der Waſſervorrath dem Ende nahe iſt, bekommt der Pavian etwas Salziges zu freſſen. Nach
einigen Stunden nimmt man ihn dann an eine Leine und läßt ihn laufen. Das vom Durſt gequälte
Thier wendet ſich bald rechts, bald links, bald vor-, bald rückwärts, ſchnüffelt in der Luft, reißt Pflanzen
aus, um ſie zu prüfen und zeigt endlich durch Graben das verborgene oder durch ein entſchiedenes
Vorwärtseilen das zu Tage getretene Waſſer an. —

Eine Art der Paviane ſpielt ſchon in der Urgeſchichte der Menſchheit eine große Rolle, wahr-
ſcheinlich ebenſowohl ſeines ausgezeichneten Verſtandes, als ſeiner unliebenswürdigen Eigenſchaften
halber. Dies iſt der Hamadryas oder der Mantelpavian (Cynocephalus Hamadryas). Wie er
zu der Ehre gekommen iſt, den Namen einer altgriechiſchen Baumnymphe zu tragen, weiß ich nicht; in
ſeiner Geſtalt und in ſeinem Weſen liegt wahrhaftig nichts Weibliches. Die alten Völker waren es
nicht, welche ihm jenen Namen verliehen. Bei den Egyptern, welche ihn göttlich verehrten, hieß er
Thoth und Och; die Bibel führt ihn unter dem Namen Koph auf; Herodot, Plutarch und
Plinius bezeichnen ihn mit Cynocephalus, Strabo nennt ihn Cebus, Juvenal Cereopithecus,
Agatharchides Sphinx. Bei den heutigen Abiſſiniern heißt er Hebe, bei den Arabern Robah und
in Egypten endlich Khird. Unter all dieſen Namen iſt nicht ein einziger, welcher an irgend welche
Nymphe erinnert; man müßte denn „Sphinx‟ als ſolchen betrachten wollen.

Auf den egyptiſchen Alterthümern ſteht unſer Pavian gleichſam als Oberſter ſeines Geſchlechts
da. Die heilige Bilderſchrift ſtellt öfters Affen dar, allein nur der Hamadryas, und zwar immer das
alte Männchen, wird abgebildet als auf dem Altar ſitzend, die Verehrung der Menſchen empfangend.
Mehrere Male ſieht man ihn auch als Richter, welcher über die guten Werke und Vergehungen des
Menſchen urtheilt; er hat eine Wage vor ſich und prüft ernſten Blickes die ſchwankenden Schalen.
Eine hohe Achtung vor der Gottheit, deren Sinnbild er war, ſpricht ſich in allen altegyptiſchen

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[75/0131] Feinde der Paviane. Sinnlichkeit. Nutzen. Afrika iſt es eine bekannte Sache, daß die Paviane leidenſchaftlich gern geiſtreiche Getränke zu ſich nehmen und ſich in ihnen leicht berauſchen. Man ſetzt ihnen alſo einfach Töpfe mit derartigen Flüſſig- keiten vor, und wenn hernach die Thiere vollkommen trunken geworden ſind, bemächtigt man ſich ihrer. Starke Feſſeln und Prügel bändigen dann regelmäßig ihre anfänglich geradezu beiſpielloſe Wuth, und die ihnen eigene Klugheit läßt ihnen ſchon nach kurzer Gefangenſchaft die Oberherrſchaft des Menſchen erkennbar werden. Jn ihrer ſinnlichen Liebe ſind die Paviane wahrhaft ſcheußlich. Die vorhin erwähnte Geilheit und Frechheit zeigt ſich bei keinem andern Thiere in ſo abſchreckender Weiſe als bei ihnen. Jch möchte ſagen, daß die Größe ihrer Leidenſchaftlichkeit erſt hierbei ſich offenbare. Die Männchen ſind nicht blos lüſtern auf die Weibchen ihrer Art, ſondern auf alle größern Säugethiere weiblichen Geſchlechts überhaupt. Es wird wiederholt und von allen Seiten verſichert, daß ſie zuweilen Regerinnen rauben oder wenigſtens überfallen und mißhandeln. Daß ſie Männer und Frauen ſofort unterſcheiden, habe ich hundertfach beobachtet, und ebenſo, daß ſie den Frauen durch ihre Zudringlichkeit und Unverſchämt- heit im höchſten Grade läſtig werden können. Die Männchen ſind beſtändig brünſtig, die Weibchen nur zu gewiſſen Zeiten, zwei oder drei Mal im Jahre. Die Brunſt zeigt ſich auch äußerlich in häß- licher Weiſe. Die Geſchlechtstheile ſchwellen bedeutend an und erhalten eine glühendrothe Farbe; man meint, daß das Geſäß in bedenklicher Weiſe erkrankt ſei. Um dieſe Zeit ſind die Weibchen ebenſo er- picht auf die Männchen, als dieſe während der ganzen Jahreszeit auf jene. Obgleich ſich die Paviane in der Gefangenſchaft (wenigſtens in ihrer Heimat) fortpflanzen, weiß man doch noch nicht, wie lange ihre Tragzeit danert. Der Nutzen der Paviane iſt gering. Jhrer Gelehrſamkeit wegen werden ſie zu allerlei Kunſtſtücken abgerichtet. Am Kap ſollen ſie noch zum Aufſuchen des Waſſers in der Wüſte dienen. Alle Paviane ſind, wie glaubwürdige Reiſende mittheilen, nach den Erfahrungen der Kapbewohner die beſten Waſſer- ſucher, welche es giebt. Man hält ſie deshalb häufig gezähmt und nimmt ſie mit in jene waſſerarmen Striche, in denen ſelbſt die Buſchmänner das wichtige Element nur tropfenweiſe zu gewinnen wiſſen. Wenn der Waſſervorrath dem Ende nahe iſt, bekommt der Pavian etwas Salziges zu freſſen. Nach einigen Stunden nimmt man ihn dann an eine Leine und läßt ihn laufen. Das vom Durſt gequälte Thier wendet ſich bald rechts, bald links, bald vor-, bald rückwärts, ſchnüffelt in der Luft, reißt Pflanzen aus, um ſie zu prüfen und zeigt endlich durch Graben das verborgene oder durch ein entſchiedenes Vorwärtseilen das zu Tage getretene Waſſer an. — Eine Art der Paviane ſpielt ſchon in der Urgeſchichte der Menſchheit eine große Rolle, wahr- ſcheinlich ebenſowohl ſeines ausgezeichneten Verſtandes, als ſeiner unliebenswürdigen Eigenſchaften halber. Dies iſt der Hamadryas oder der Mantelpavian (Cynocephalus Hamadryas). Wie er zu der Ehre gekommen iſt, den Namen einer altgriechiſchen Baumnymphe zu tragen, weiß ich nicht; in ſeiner Geſtalt und in ſeinem Weſen liegt wahrhaftig nichts Weibliches. Die alten Völker waren es nicht, welche ihm jenen Namen verliehen. Bei den Egyptern, welche ihn göttlich verehrten, hieß er Thoth und Och; die Bibel führt ihn unter dem Namen Koph auf; Herodot, Plutarch und Plinius bezeichnen ihn mit Cynocephalus, Strabo nennt ihn Cebus, Juvenal Cereopithecus, Agatharchides Sphinx. Bei den heutigen Abiſſiniern heißt er Hebe, bei den Arabern Robah und in Egypten endlich Khird. Unter all dieſen Namen iſt nicht ein einziger, welcher an irgend welche Nymphe erinnert; man müßte denn „Sphinx‟ als ſolchen betrachten wollen. Auf den egyptiſchen Alterthümern ſteht unſer Pavian gleichſam als Oberſter ſeines Geſchlechts da. Die heilige Bilderſchrift ſtellt öfters Affen dar, allein nur der Hamadryas, und zwar immer das alte Männchen, wird abgebildet als auf dem Altar ſitzend, die Verehrung der Menſchen empfangend. Mehrere Male ſieht man ihn auch als Richter, welcher über die guten Werke und Vergehungen des Menſchen urtheilt; er hat eine Wage vor ſich und prüft ernſten Blickes die ſchwankenden Schalen. Eine hohe Achtung vor der Gottheit, deren Sinnbild er war, ſpricht ſich in allen altegyptiſchen

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864, S. 75. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben01_1864/131>, abgerufen am 30.04.2024.