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Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1832.

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Ueber die Höhe des Nordlichts giebt es sehr verschiedene An-
gaben. Da man zuweilen Nordlichter, die im mittlern Europa
das Zenith erreichten, in Italien noch bedeutend hoch über dem Ho-
rizonte sah, so erhellt, daß sie in großen Höhen müssen vorkommen
können; aber in andern Fällen sind sie gewiß in sehr niedrigen
Regionen. Daß wir jetzt so selten in unsern Gegenden Nordlichter
sehen, scheint nicht daran zu liegen, daß sie wirklich selten sind,
sondern daran, daß sie jetzt nie oder sehr selten die Höhe und Aus-
dehnung erreichen, wie es zu andern Zeiten der Fall gewesen ist.
Franklin und Hood haben bei ihrem Winter-Aufenthalte im
nördlichsten America vom August 1820 bis Mai 1821 140 Nord-
lichter gesehen, aber mehrere derselben waren nicht über 11/2 Meilen
von der Erde, indem der eine Beobachter den Lichtbogen 10 Grad
hoch sah, während dem andern, nur 11 Meilen entfernten, Beob-
achter nichts davon sichtbar wurde, so daß die Dünste am Hori-
zonte ihn schon verdecken mußten. Diese, dort noch immer häu-
figen Nordlichter scheinen auch keine große Ausdehnung zu haben,
statt daß in den siebziger und achtziger Jahren des vorigen Jahr-
hunderts Nordlichter gleichzeitig in Europa und Nord-America
gesehn wurden *), und einzelne Tage vorkamen, die zugleich durch
Südlichter in Süd-America und durch Nordlichter in Europa
und Nord-America ausgezeichnet waren **). Die Bemühungen,
die Höhe der Nordlichter zu bestimmen, haben darum nicht immer
sichern Erfolg gegeben, weil es so schwer ist, sich zu überzeugen,
daß zwei Beobachter einen und denselben leuchtenden Punct beob-
achtet haben, deshalb sind die frühern Bestimmungen, daß Nord-
lichter über 100 Meilen hoch gewesen sind, zwar nicht gradezu
zu verwerfen, aber doch unsicher. Unter neuern Beobachtern haben
in England Dalton und Farquharson Höhenbestimmun-
gen versucht; der erstere giebt aus gleichzeitigen Beobachtungen die
Höhe mehrerer Nordlichtbogen auf 100 englische, also doch über
20 deutsche Meilen an; der andre glaubt, gewöhnlich gebe es

*) Namentlich 1783 am 29. März, 7. Apr. 12. Apr. 27. Apr. S.
meine Beitr. z. Witterungskunde S. 29. 115. 270.
**) Namentlich 1783 am 27. Apr.und 22. Oct.

Ueber die Hoͤhe des Nordlichts giebt es ſehr verſchiedene An-
gaben. Da man zuweilen Nordlichter, die im mittlern Europa
das Zenith erreichten, in Italien noch bedeutend hoch uͤber dem Ho-
rizonte ſah, ſo erhellt, daß ſie in großen Hoͤhen muͤſſen vorkommen
koͤnnen; aber in andern Faͤllen ſind ſie gewiß in ſehr niedrigen
Regionen. Daß wir jetzt ſo ſelten in unſern Gegenden Nordlichter
ſehen, ſcheint nicht daran zu liegen, daß ſie wirklich ſelten ſind,
ſondern daran, daß ſie jetzt nie oder ſehr ſelten die Hoͤhe und Aus-
dehnung erreichen, wie es zu andern Zeiten der Fall geweſen iſt.
Franklin und Hood haben bei ihrem Winter-Aufenthalte im
noͤrdlichſten America vom Auguſt 1820 bis Mai 1821 140 Nord-
lichter geſehen, aber mehrere derſelben waren nicht uͤber 1½ Meilen
von der Erde, indem der eine Beobachter den Lichtbogen 10 Grad
hoch ſah, waͤhrend dem andern, nur 11 Meilen entfernten, Beob-
achter nichts davon ſichtbar wurde, ſo daß die Duͤnſte am Hori-
zonte ihn ſchon verdecken mußten. Dieſe, dort noch immer haͤu-
figen Nordlichter ſcheinen auch keine große Ausdehnung zu haben,
ſtatt daß in den ſiebziger und achtziger Jahren des vorigen Jahr-
hunderts Nordlichter gleichzeitig in Europa und Nord-America
geſehn wurden *), und einzelne Tage vorkamen, die zugleich durch
Suͤdlichter in Suͤd-America und durch Nordlichter in Europa
und Nord-America ausgezeichnet waren **). Die Bemuͤhungen,
die Hoͤhe der Nordlichter zu beſtimmen, haben darum nicht immer
ſichern Erfolg gegeben, weil es ſo ſchwer iſt, ſich zu uͤberzeugen,
daß zwei Beobachter einen und denſelben leuchtenden Punct beob-
achtet haben, deshalb ſind die fruͤhern Beſtimmungen, daß Nord-
lichter uͤber 100 Meilen hoch geweſen ſind, zwar nicht gradezu
zu verwerfen, aber doch unſicher. Unter neuern Beobachtern haben
in England Dalton und Farquharſon Hoͤhenbeſtimmun-
gen verſucht; der erſtere giebt aus gleichzeitigen Beobachtungen die
Hoͤhe mehrerer Nordlichtbogen auf 100 engliſche, alſo doch uͤber
20 deutſche Meilen an; der andre glaubt, gewoͤhnlich gebe es

*) Namentlich 1783 am 29. Maͤrz, 7. Apr. 12. Apr. 27. Apr. S.
meine Beitr. z. Witterungskunde S. 29. 115. 270.
**) Namentlich 1783 am 27. Apr.und 22. Oct.
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[460/0474] Ueber die Hoͤhe des Nordlichts giebt es ſehr verſchiedene An- gaben. Da man zuweilen Nordlichter, die im mittlern Europa das Zenith erreichten, in Italien noch bedeutend hoch uͤber dem Ho- rizonte ſah, ſo erhellt, daß ſie in großen Hoͤhen muͤſſen vorkommen koͤnnen; aber in andern Faͤllen ſind ſie gewiß in ſehr niedrigen Regionen. Daß wir jetzt ſo ſelten in unſern Gegenden Nordlichter ſehen, ſcheint nicht daran zu liegen, daß ſie wirklich ſelten ſind, ſondern daran, daß ſie jetzt nie oder ſehr ſelten die Hoͤhe und Aus- dehnung erreichen, wie es zu andern Zeiten der Fall geweſen iſt. Franklin und Hood haben bei ihrem Winter-Aufenthalte im noͤrdlichſten America vom Auguſt 1820 bis Mai 1821 140 Nord- lichter geſehen, aber mehrere derſelben waren nicht uͤber 1½ Meilen von der Erde, indem der eine Beobachter den Lichtbogen 10 Grad hoch ſah, waͤhrend dem andern, nur 11 Meilen entfernten, Beob- achter nichts davon ſichtbar wurde, ſo daß die Duͤnſte am Hori- zonte ihn ſchon verdecken mußten. Dieſe, dort noch immer haͤu- figen Nordlichter ſcheinen auch keine große Ausdehnung zu haben, ſtatt daß in den ſiebziger und achtziger Jahren des vorigen Jahr- hunderts Nordlichter gleichzeitig in Europa und Nord-America geſehn wurden *), und einzelne Tage vorkamen, die zugleich durch Suͤdlichter in Suͤd-America und durch Nordlichter in Europa und Nord-America ausgezeichnet waren **). Die Bemuͤhungen, die Hoͤhe der Nordlichter zu beſtimmen, haben darum nicht immer ſichern Erfolg gegeben, weil es ſo ſchwer iſt, ſich zu uͤberzeugen, daß zwei Beobachter einen und denſelben leuchtenden Punct beob- achtet haben, deshalb ſind die fruͤhern Beſtimmungen, daß Nord- lichter uͤber 100 Meilen hoch geweſen ſind, zwar nicht gradezu zu verwerfen, aber doch unſicher. Unter neuern Beobachtern haben in England Dalton und Farquharſon Hoͤhenbeſtimmun- gen verſucht; der erſtere giebt aus gleichzeitigen Beobachtungen die Hoͤhe mehrerer Nordlichtbogen auf 100 engliſche, alſo doch uͤber 20 deutſche Meilen an; der andre glaubt, gewoͤhnlich gebe es *) Namentlich 1783 am 29. Maͤrz, 7. Apr. 12. Apr. 27. Apr. S. meine Beitr. z. Witterungskunde S. 29. 115. 270. **) Namentlich 1783 am 27. Apr.und 22. Oct.

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Zitationshilfe: Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1832, S. 460. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre03_1832/474>, abgerufen am 22.11.2024.