laden, und dabei genau die Gesetze der gewöhnlichen Electricität befolgen. Steht nämlich die Flasche isolirt, so hören die Gold- blättchen bald auf, durch ihr zuerst immer erneuertes Annähern die Ladung fortzusetzen; berührt man aber dann die äußere Belegung der Flasche und zieht dadurch die innen entstandene Ladung gegen die innere Oberfläche des Glases, so setzen die Goldblättchen ihr Zuführen electrischer Materie fort, und erst nach langer Zeit, wenn nämlich die Flasche ganz geladen ist, hört, wofern unterdeß der äußern Belegung Ableitung gegeben wurde, die Fortsetzung der Ladung auf. Diese Ladung ist nun allerdings immer noch eine schwache Ladung; aber bei einer Säule von 2000 Plattenpaaren und einer Flasche von 2 Quadratfuß Belegung ist sie doch hinrei- chend, um, wenn man die Finger, ehe man die äußere Belegung und den Knopf der Flasche berührt, stark mit salzigem Wasser be- feuchtet hat, bei der Ausladung mit so benetzten Fingern eine merk- liche Empfindung, einen schwachen Schlag, zu geben. -- Mehr kann man nach der immer noch sehr geringen Größe der electrosco- pischen Erscheinungen nicht erwarten.
Die vollkommene Ladung der trockenen Säule stellt sich nicht, wie bei den feuchten Säulen, in einem Augenblicke her, sondern die Zeit, welche dazu erfordert wird, ist desto größer, je kleiner die Papierscheiben sind. Bohnenberger bediente sich zur Ladung einer electrischen Flasche von 59 Quadratzoll Belegung einer Säule von 4000 Doppelplatten, die nur 8 Quadratlinien groß waren, und bewirkte die Ladung erst in 170 Minuten; dagegen brachten 2000 Doppelplatten von 432 Quadratlinien diese Ladung in 7 Minuten zu Stande und 4000 Doppelplatten würden also nur 31/2 Minuten gebraucht haben; die 54 mal so großen Papiere be- wirkten also die Ladung in einer Zeit, die nur der Zeit betrug, deren die kleinern bedurften, und man irrt nicht sehr, wenn man die Zeit umgekehrt proportional der Plattengröße und Plattenzahl setzt. Der Grund dieser ungleich schnellen Ladung ist auch ziemlich einleuchtend. Die Langsamkeit der Ladung beruht auf mangelhafter Leitung, und es finden sich gewiß in der großplattigen Säule nach Verhältniß ihres Querschnittes mehr gut leitende Puncte, also schnellere Ladung.
laden, und dabei genau die Geſetze der gewoͤhnlichen Electricitaͤt befolgen. Steht naͤmlich die Flaſche iſolirt, ſo hoͤren die Gold- blaͤttchen bald auf, durch ihr zuerſt immer erneuertes Annaͤhern die Ladung fortzuſetzen; beruͤhrt man aber dann die aͤußere Belegung der Flaſche und zieht dadurch die innen entſtandene Ladung gegen die innere Oberflaͤche des Glaſes, ſo ſetzen die Goldblaͤttchen ihr Zufuͤhren electriſcher Materie fort, und erſt nach langer Zeit, wenn naͤmlich die Flaſche ganz geladen iſt, hoͤrt, wofern unterdeß der aͤußern Belegung Ableitung gegeben wurde, die Fortſetzung der Ladung auf. Dieſe Ladung iſt nun allerdings immer noch eine ſchwache Ladung; aber bei einer Saͤule von 2000 Plattenpaaren und einer Flaſche von 2 Quadratfuß Belegung iſt ſie doch hinrei- chend, um, wenn man die Finger, ehe man die aͤußere Belegung und den Knopf der Flaſche beruͤhrt, ſtark mit ſalzigem Waſſer be- feuchtet hat, bei der Ausladung mit ſo benetzten Fingern eine merk- liche Empfindung, einen ſchwachen Schlag, zu geben. — Mehr kann man nach der immer noch ſehr geringen Groͤße der electroſco- piſchen Erſcheinungen nicht erwarten.
Die vollkommene Ladung der trockenen Saͤule ſtellt ſich nicht, wie bei den feuchten Saͤulen, in einem Augenblicke her, ſondern die Zeit, welche dazu erfordert wird, iſt deſto groͤßer, je kleiner die Papierſcheiben ſind. Bohnenberger bediente ſich zur Ladung einer electriſchen Flaſche von 59 Quadratzoll Belegung einer Saͤule von 4000 Doppelplatten, die nur 8 Quadratlinien groß waren, und bewirkte die Ladung erſt in 170 Minuten; dagegen brachten 2000 Doppelplatten von 432 Quadratlinien dieſe Ladung in 7 Minuten zu Stande und 4000 Doppelplatten wuͤrden alſo nur 3½ Minuten gebraucht haben; die 54 mal ſo großen Papiere be- wirkten alſo die Ladung in einer Zeit, die nur der Zeit betrug, deren die kleinern bedurften, und man irrt nicht ſehr, wenn man die Zeit umgekehrt proportional der Plattengroͤße und Plattenzahl ſetzt. Der Grund dieſer ungleich ſchnellen Ladung iſt auch ziemlich einleuchtend. Die Langſamkeit der Ladung beruht auf mangelhafter Leitung, und es finden ſich gewiß in der großplattigen Saͤule nach Verhaͤltniß ihres Querſchnittes mehr gut leitende Puncte, alſo ſchnellere Ladung.
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laden, und dabei genau die Geſetze der gewoͤhnlichen Electricitaͤt
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blaͤttchen bald auf, durch ihr zuerſt immer erneuertes Annaͤhern die
Ladung fortzuſetzen; beruͤhrt man aber dann die aͤußere Belegung
der Flaſche und zieht dadurch die innen entſtandene Ladung gegen
die innere Oberflaͤche des Glaſes, ſo ſetzen die Goldblaͤttchen ihr
Zufuͤhren electriſcher Materie fort, und erſt nach langer Zeit, wenn
naͤmlich die Flaſche ganz geladen iſt, hoͤrt, wofern unterdeß der
aͤußern Belegung Ableitung gegeben wurde, die Fortſetzung der
Ladung auf. Dieſe Ladung iſt nun allerdings immer noch eine
ſchwache Ladung; aber bei einer Saͤule von 2000 Plattenpaaren
und einer Flaſche von 2 Quadratfuß Belegung iſt ſie doch hinrei-
chend, um, wenn man die Finger, ehe man die aͤußere Belegung
und den Knopf der Flaſche beruͤhrt, ſtark mit ſalzigem Waſſer be-
feuchtet hat, bei der Ausladung mit ſo benetzten Fingern eine merk-
liche Empfindung, einen ſchwachen Schlag, zu geben. — Mehr
kann man nach der immer noch ſehr geringen Groͤße der electroſco-
piſchen Erſcheinungen nicht erwarten.
Die vollkommene Ladung der trockenen Saͤule ſtellt ſich nicht,
wie bei den feuchten Saͤulen, in einem Augenblicke her, ſondern
die Zeit, welche dazu erfordert wird, iſt deſto groͤßer, je kleiner die
Papierſcheiben ſind. Bohnenberger bediente ſich zur Ladung
einer electriſchen Flaſche von 59 Quadratzoll Belegung einer Saͤule
von 4000 Doppelplatten, die nur 8 Quadratlinien groß waren,
und bewirkte die Ladung erſt in 170 Minuten; dagegen brachten
2000 Doppelplatten von 432 Quadratlinien dieſe Ladung in 7
Minuten zu Stande und 4000 Doppelplatten wuͤrden alſo nur
3½ Minuten gebraucht haben; die 54 mal ſo großen Papiere be-
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deren die kleinern bedurften, und man irrt nicht ſehr, wenn man
die Zeit umgekehrt proportional der Plattengroͤße und Plattenzahl
ſetzt. Der Grund dieſer ungleich ſchnellen Ladung iſt auch ziemlich
einleuchtend. Die Langſamkeit der Ladung beruht auf mangelhafter
Leitung, und es finden ſich gewiß in der großplattigen Saͤule nach
Verhaͤltniß ihres Querſchnittes mehr gut leitende Puncte, alſo
ſchnellere Ladung.
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Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1832, S. 343. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre03_1832/357>, abgerufen am 21.05.2024.
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