chem eine metallene Kette liegt, isolirt und nun electrisirt, so zeigt ein an dem Becher angebrachtes Electrometer bald einen hohen Grad von Electricität. Zieht man nun an einem isolirenden Hand- griffe die Kette allmählig heraus, so sinkt das Electrometer, zum Zeichen, daß die electrische Materie sich jetzt erst auf der aus dem Becher hervorgehenden Kette ausbreitet.
Was die Ausbreitung der Electricität auf der Oberfläche eines Körpers betrifft, so läßt sich zuerst leicht einsehen, daß die Aus- theilung der electrischen Materie auf der Oberfläche einer Kugel, die isolirt und keinem andern einwirkenden Körper nahe ist, gleich- förmig sein muß, wenn die Kugel ein Leiter ist. Wenn man mit dem Prüfungsscheibchen verschiedene Puncte der Oberfläche einer solchen Kugel berührt, und die Stärke der dem Prüfungsscheibchen mitgetheilten Electricität am Electrometer untersucht, so findet sich auch dies bestätigt. Ein andrer leicht erhellender Satz ist, daß die Electricität sich unter zwei gleiche, sich berührende Kugeln gleich austheilen wird. Man lade die eine isolirt aufgestellte Kugel, und berühre sie mit der andern ebenso isolirt gehaltenen Kugel; man entferne dann die eine so weit, daß keine merkliche gegenseitige Einwirkung mehr statt findet; so ergiebt die Untersuchung mit dem Prüfungsscheibchen gleiche Electricität in allen Puncten beider Ober- flächen. Diese Gleichheit bemerkt man nicht bloß, wenn beide gleich große Kugeln in ihrer übrigen Beschaffenheit gleich sind, son- dern, wofern sie nur aus guten Leitern bestehen, scheint es ganz einerlei zu sein, ob die eine hohl, die andre solide, ob die eine von Metall, die andre von einem andern Körper ist; es scheint daher, daß es keine verschiedene Capacitäten für die Electricität giebt.
Die gleichförmige Vertheilung der Electricität, die man auf Kugeln beobachtet, findet nicht mehr statt bei Leitern, die eine andre Gestalt haben. Unsre meisten als Leiter an der Electrisir- maschine und zu andern Zwecken isolirt aufgestellten Leiter sind Cylinder, die an den Enden halbkugelförmig abgerundet sind, und wenn man diese mit dem Prüfungsscheibchen untersucht, so findet man nach jeder ihnen gegebnen Ladung die Electricität am Ende stärker als in der Mitte. Man verfährt dabei am besten so, daß man zwei kleine Kupferscheiben von gleicher Größe mit Siegellack- stielen versieht, und mit beiden Händen gleichzeitig das eine bei L,
chem eine metallene Kette liegt, iſolirt und nun electriſirt, ſo zeigt ein an dem Becher angebrachtes Electrometer bald einen hohen Grad von Electricitaͤt. Zieht man nun an einem iſolirenden Hand- griffe die Kette allmaͤhlig heraus, ſo ſinkt das Electrometer, zum Zeichen, daß die electriſche Materie ſich jetzt erſt auf der aus dem Becher hervorgehenden Kette ausbreitet.
Was die Ausbreitung der Electricitaͤt auf der Oberflaͤche eines Koͤrpers betrifft, ſo laͤßt ſich zuerſt leicht einſehen, daß die Aus- theilung der electriſchen Materie auf der Oberflaͤche einer Kugel, die iſolirt und keinem andern einwirkenden Koͤrper nahe iſt, gleich- foͤrmig ſein muß, wenn die Kugel ein Leiter iſt. Wenn man mit dem Pruͤfungsſcheibchen verſchiedene Puncte der Oberflaͤche einer ſolchen Kugel beruͤhrt, und die Staͤrke der dem Pruͤfungsſcheibchen mitgetheilten Electricitaͤt am Electrometer unterſucht, ſo findet ſich auch dies beſtaͤtigt. Ein andrer leicht erhellender Satz iſt, daß die Electricitaͤt ſich unter zwei gleiche, ſich beruͤhrende Kugeln gleich austheilen wird. Man lade die eine iſolirt aufgeſtellte Kugel, und beruͤhre ſie mit der andern ebenſo iſolirt gehaltenen Kugel; man entferne dann die eine ſo weit, daß keine merkliche gegenſeitige Einwirkung mehr ſtatt findet; ſo ergiebt die Unterſuchung mit dem Pruͤfungsſcheibchen gleiche Electricitaͤt in allen Puncten beider Ober- flaͤchen. Dieſe Gleichheit bemerkt man nicht bloß, wenn beide gleich große Kugeln in ihrer uͤbrigen Beſchaffenheit gleich ſind, ſon- dern, wofern ſie nur aus guten Leitern beſtehen, ſcheint es ganz einerlei zu ſein, ob die eine hohl, die andre ſolide, ob die eine von Metall, die andre von einem andern Koͤrper iſt; es ſcheint daher, daß es keine verſchiedene Capacitaͤten fuͤr die Electricitaͤt giebt.
Die gleichfoͤrmige Vertheilung der Electricitaͤt, die man auf Kugeln beobachtet, findet nicht mehr ſtatt bei Leitern, die eine andre Geſtalt haben. Unſre meiſten als Leiter an der Electriſir- maſchine und zu andern Zwecken iſolirt aufgeſtellten Leiter ſind Cylinder, die an den Enden halbkugelfoͤrmig abgerundet ſind, und wenn man dieſe mit dem Pruͤfungsſcheibchen unterſucht, ſo findet man nach jeder ihnen gegebnen Ladung die Electricitaͤt am Ende ſtaͤrker als in der Mitte. Man verfaͤhrt dabei am beſten ſo, daß man zwei kleine Kupferſcheiben von gleicher Groͤße mit Siegellack- ſtielen verſieht, und mit beiden Haͤnden gleichzeitig das eine bei L,
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chem eine metallene Kette liegt, iſolirt und nun electriſirt, ſo zeigt
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griffe die Kette allmaͤhlig heraus, ſo ſinkt das Electrometer, zum
Zeichen, daß die electriſche Materie ſich jetzt erſt auf der aus dem
Becher hervorgehenden Kette ausbreitet.
Was die Ausbreitung der Electricitaͤt auf der Oberflaͤche eines
Koͤrpers betrifft, ſo laͤßt ſich zuerſt leicht einſehen, daß die Aus-
theilung der electriſchen Materie auf der Oberflaͤche einer Kugel,
die iſolirt und keinem andern einwirkenden Koͤrper nahe iſt, gleich-
foͤrmig ſein muß, wenn die Kugel ein Leiter iſt. Wenn man mit
dem Pruͤfungsſcheibchen verſchiedene Puncte der Oberflaͤche einer
ſolchen Kugel beruͤhrt, und die Staͤrke der dem Pruͤfungsſcheibchen
mitgetheilten Electricitaͤt am Electrometer unterſucht, ſo findet ſich
auch dies beſtaͤtigt. Ein andrer leicht erhellender Satz iſt, daß die
Electricitaͤt ſich unter zwei gleiche, ſich beruͤhrende Kugeln gleich
austheilen wird. Man lade die eine iſolirt aufgeſtellte Kugel, und
beruͤhre ſie mit der andern ebenſo iſolirt gehaltenen Kugel; man
entferne dann die eine ſo weit, daß keine merkliche gegenſeitige
Einwirkung mehr ſtatt findet; ſo ergiebt die Unterſuchung mit dem
Pruͤfungsſcheibchen gleiche Electricitaͤt in allen Puncten beider Ober-
flaͤchen. Dieſe Gleichheit bemerkt man nicht bloß, wenn beide
gleich große Kugeln in ihrer uͤbrigen Beſchaffenheit gleich ſind, ſon-
dern, wofern ſie nur aus guten Leitern beſtehen, ſcheint es ganz
einerlei zu ſein, ob die eine hohl, die andre ſolide, ob die eine von
Metall, die andre von einem andern Koͤrper iſt; es ſcheint daher,
daß es keine verſchiedene Capacitaͤten fuͤr die Electricitaͤt giebt.
Die gleichfoͤrmige Vertheilung der Electricitaͤt, die man auf
Kugeln beobachtet, findet nicht mehr ſtatt bei Leitern, die eine
andre Geſtalt haben. Unſre meiſten als Leiter an der Electriſir-
maſchine und zu andern Zwecken iſolirt aufgeſtellten Leiter ſind
Cylinder, die an den Enden halbkugelfoͤrmig abgerundet ſind, und
wenn man dieſe mit dem Pruͤfungsſcheibchen unterſucht, ſo findet
man nach jeder ihnen gegebnen Ladung die Electricitaͤt am Ende
ſtaͤrker als in der Mitte. Man verfaͤhrt dabei am beſten ſo, daß
man zwei kleine Kupferſcheiben von gleicher Groͤße mit Siegellack-
ſtielen verſieht, und mit beiden Haͤnden gleichzeitig das eine bei L,
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Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1832, S. 253. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre03_1832/267>, abgerufen am 22.11.2024.
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