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Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1831.

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Berechnungen, welche zu Angabe achromatischer Gläser führen,
ohne Schwierigkeit übersehen. Um diesen Grund möglichst einfach
darzustellen, muß ich Sie zuerst darauf aufmerksam machen, daß
man alle Brechung der Strahlen aufheben, damit aber auch den
Zweck des Objectivs im Fernrohre ganz aufheben würde, wenn man
zwei Linsen von einerlei Glase, deren eine genau so concav, wie
die andre convex, geschliffen wäre, verbinden wollte. Alsdann
nämlich würde die Vorderfläche des zweiten Glases sich genau an
die Hinterfläche des ersten anlegen und beide Gläser würden nur
ein Glas bilden, und die vierte Fläche würde mit der ersten fast
genau parallel sein; dadurch würde, wie bei unsern Uhrgläsern mit
parallelen Oberflächen, alle Brechung so gut wie ganz wegfallen.
Wählen wir dagegen, noch immer von gleichem Glase, ein minder
concaves Glas mit Beibehaltung jenes convexen, so ist der Erfolg,
daß die im voranstehenden convexen Glase gebrochenen, dem Brenn-
puncte F (Fig. 99.) zu gehenden Strahlen im concaven Glase zwar
etwas minder convergent gemacht werden, aber doch noch in einem
entlegneren Puncte f, als dem jetzigen Brennpuncte zusammen
kommen. Und nun wird sich der Erfolg leicht verstehen lassen, den
es haben muß, wenn die concave Linse eine Flintglaslinse von stär-
ker zerstreuender Brechung ist. Offenbar müssen wir auch hier ihre
Concavität so wählen, daß sie die in der ersten Linse eingetretene
Brechung nicht ganz ausgleicht; die Flintglaslinse muß daher eine
viel geringere Concavität haben, die Halbmesser ihrer concaven
Oberflächen müssen größer sein, als die Halbmesser der convexen
Oberflächen bei der Tafelglaslinse, und das um desto mehr, je
mehr die mittlere Brechung im Flintglase größer ist, als in diesem;
haben wir sie aber so gewählt, so erhellt die Möglichkeit einer Aus-
gleichung derjenigen Ungleichheit, die bei der ersten Linse aus der
ungleichen Brechung verschiedener Farbenstrahlen entstanden ist.
Hätte jene convexe Linse allein gewirkt, so wissen Sie, daß der
Brennpunct der rothen Strahlen etwa in FI, der violetten Strah-
len in FII liegen würde. Rückt nun der Brennpunct der mittleren
Strahlen vermöge der Wirkung der zweiten Linse nach f hinaus,
so erhellt, daß dieses Hinausrücken bei den rothen Strahlen weni-
ger, bei den violetten mehr betragen wird; denn da die rothen
hier in starkem Maaße weniger, als die gelben und grünen gebro-

Berechnungen, welche zu Angabe achromatiſcher Glaͤſer fuͤhren,
ohne Schwierigkeit uͤberſehen. Um dieſen Grund moͤglichſt einfach
darzuſtellen, muß ich Sie zuerſt darauf aufmerkſam machen, daß
man alle Brechung der Strahlen aufheben, damit aber auch den
Zweck des Objectivs im Fernrohre ganz aufheben wuͤrde, wenn man
zwei Linſen von einerlei Glaſe, deren eine genau ſo concav, wie
die andre convex, geſchliffen waͤre, verbinden wollte. Alsdann
naͤmlich wuͤrde die Vorderflaͤche des zweiten Glaſes ſich genau an
die Hinterflaͤche des erſten anlegen und beide Glaͤſer wuͤrden nur
ein Glas bilden, und die vierte Flaͤche wuͤrde mit der erſten faſt
genau parallel ſein; dadurch wuͤrde, wie bei unſern Uhrglaͤſern mit
parallelen Oberflaͤchen, alle Brechung ſo gut wie ganz wegfallen.
Waͤhlen wir dagegen, noch immer von gleichem Glaſe, ein minder
concaves Glas mit Beibehaltung jenes convexen, ſo iſt der Erfolg,
daß die im voranſtehenden convexen Glaſe gebrochenen, dem Brenn-
puncte F (Fig. 99.) zu gehenden Strahlen im concaven Glaſe zwar
etwas minder convergent gemacht werden, aber doch noch in einem
entlegneren Puncte f, als dem jetzigen Brennpuncte zuſammen
kommen. Und nun wird ſich der Erfolg leicht verſtehen laſſen, den
es haben muß, wenn die concave Linſe eine Flintglaslinſe von ſtaͤr-
ker zerſtreuender Brechung iſt. Offenbar muͤſſen wir auch hier ihre
Concavitaͤt ſo waͤhlen, daß ſie die in der erſten Linſe eingetretene
Brechung nicht ganz ausgleicht; die Flintglaslinſe muß daher eine
viel geringere Concavitaͤt haben, die Halbmeſſer ihrer concaven
Oberflaͤchen muͤſſen groͤßer ſein, als die Halbmeſſer der convexen
Oberflaͤchen bei der Tafelglaslinſe, und das um deſto mehr, je
mehr die mittlere Brechung im Flintglaſe groͤßer iſt, als in dieſem;
haben wir ſie aber ſo gewaͤhlt, ſo erhellt die Moͤglichkeit einer Aus-
gleichung derjenigen Ungleichheit, die bei der erſten Linſe aus der
ungleichen Brechung verſchiedener Farbenſtrahlen entſtanden iſt.
Haͤtte jene convexe Linſe allein gewirkt, ſo wiſſen Sie, daß der
Brennpunct der rothen Strahlen etwa in FI, der violetten Strah-
len in FII liegen wuͤrde. Ruͤckt nun der Brennpunct der mittleren
Strahlen vermoͤge der Wirkung der zweiten Linſe nach f hinaus,
ſo erhellt, daß dieſes Hinausruͤcken bei den rothen Strahlen weni-
ger, bei den violetten mehr betragen wird; denn da die rothen
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[192/0206] Berechnungen, welche zu Angabe achromatiſcher Glaͤſer fuͤhren, ohne Schwierigkeit uͤberſehen. Um dieſen Grund moͤglichſt einfach darzuſtellen, muß ich Sie zuerſt darauf aufmerkſam machen, daß man alle Brechung der Strahlen aufheben, damit aber auch den Zweck des Objectivs im Fernrohre ganz aufheben wuͤrde, wenn man zwei Linſen von einerlei Glaſe, deren eine genau ſo concav, wie die andre convex, geſchliffen waͤre, verbinden wollte. Alsdann naͤmlich wuͤrde die Vorderflaͤche des zweiten Glaſes ſich genau an die Hinterflaͤche des erſten anlegen und beide Glaͤſer wuͤrden nur ein Glas bilden, und die vierte Flaͤche wuͤrde mit der erſten faſt genau parallel ſein; dadurch wuͤrde, wie bei unſern Uhrglaͤſern mit parallelen Oberflaͤchen, alle Brechung ſo gut wie ganz wegfallen. Waͤhlen wir dagegen, noch immer von gleichem Glaſe, ein minder concaves Glas mit Beibehaltung jenes convexen, ſo iſt der Erfolg, daß die im voranſtehenden convexen Glaſe gebrochenen, dem Brenn- puncte F (Fig. 99.) zu gehenden Strahlen im concaven Glaſe zwar etwas minder convergent gemacht werden, aber doch noch in einem entlegneren Puncte f, als dem jetzigen Brennpuncte zuſammen kommen. Und nun wird ſich der Erfolg leicht verſtehen laſſen, den es haben muß, wenn die concave Linſe eine Flintglaslinſe von ſtaͤr- ker zerſtreuender Brechung iſt. Offenbar muͤſſen wir auch hier ihre Concavitaͤt ſo waͤhlen, daß ſie die in der erſten Linſe eingetretene Brechung nicht ganz ausgleicht; die Flintglaslinſe muß daher eine viel geringere Concavitaͤt haben, die Halbmeſſer ihrer concaven Oberflaͤchen muͤſſen groͤßer ſein, als die Halbmeſſer der convexen Oberflaͤchen bei der Tafelglaslinſe, und das um deſto mehr, je mehr die mittlere Brechung im Flintglaſe groͤßer iſt, als in dieſem; haben wir ſie aber ſo gewaͤhlt, ſo erhellt die Moͤglichkeit einer Aus- gleichung derjenigen Ungleichheit, die bei der erſten Linſe aus der ungleichen Brechung verſchiedener Farbenſtrahlen entſtanden iſt. Haͤtte jene convexe Linſe allein gewirkt, ſo wiſſen Sie, daß der Brennpunct der rothen Strahlen etwa in FI, der violetten Strah- len in FII liegen wuͤrde. Ruͤckt nun der Brennpunct der mittleren Strahlen vermoͤge der Wirkung der zweiten Linſe nach f hinaus, ſo erhellt, daß dieſes Hinausruͤcken bei den rothen Strahlen weni- ger, bei den violetten mehr betragen wird; denn da die rothen hier in ſtarkem Maaße weniger, als die gelben und gruͤnen gebro-

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Zitationshilfe: Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1831, S. 192. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre02_1831/206>, abgerufen am 22.11.2024.