Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1831.kleine Ablenkung oberwärts, die der violette Strahl hatte, durch Die Möglichkeit, farbenfreie Objectivgläser darzustellen, läßt kleine Ablenkung oberwaͤrts, die der violette Strahl hatte, durch Die Moͤglichkeit, farbenfreie Objectivglaͤſer darzuſtellen, laͤßt <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0205" n="191"/> kleine Ablenkung oberwaͤrts, die der violette Strahl hatte, durch<lb/> ſeine ſtaͤrkere Brechung zum Theil oder ganz aufgehoben. Dieſe<lb/> Ueberlegung zeigt wohl deutlich, daß es moͤglich iſt, einen einfallen-<lb/> den weißen Strahl ſo gebrochen zu erhalten, daß er von ſeiner Rich-<lb/> tung abweicht, alſo wirklich gebrochen iſt, doch aber alle Farben-<lb/> ſtrahlen in paralleler Richtung enthaͤlt, das iſt als weißer Strahl<lb/> erſcheint. Zwei ſo zuſammen geordnete Prismen bilden ein <hi rendition="#g">achro</hi>-<lb/><hi rendition="#g">matiſches</hi>, farbenfreies Prisma, welches aber nur da entſtehen<lb/> kann, wo zwei durchſichtige Koͤrper von <hi rendition="#g">ungleicher</hi> Farbenzer-<lb/> ſtreuung verbunden werden. Als ſolche Koͤrper, die eine ſehr ſtarke<lb/> Farbenzerſtreuung geben, hat man ſchon fruͤh diejenigen Glas-<lb/> Arten, die viel Blei enthalten, namentlich das engliſche Flint-<lb/> glas, kennen gelernt. Wenn man, nach der oben angefuͤhrten<lb/><hi rendition="#g">Fraunhofer</hi>ſchen Beſtimmung ſich einen genau im Sonnen-<lb/> bilde beſtimmten rothen, gruͤnen und violetten Strahl bemerkt,<lb/> deren erſter dem einen Ende des Farbenbildes, der zweite der hell-<lb/> ſten Gegend des Farbenbildes, der dritte dem letzten Ende des Far-<lb/> benbildes ziemlich nahe liegt, ſo findet man bei zwei von <hi rendition="#g">Fraun</hi>-<lb/><hi rendition="#g">hofer</hi> angewandten Glasſorten<lb/><hi rendition="#et">beim Tafelglaſe 1,5258; 1,5330; 1,5466,<lb/> beim Flintglaſe 1,6277; 1,6420; 1,6711,</hi><lb/> als die Brechungsverhaͤltniſſe; das heißt, wenn ein weißer Licht-<lb/> ſtrahl 1 Grad vom Einfallslothe abweichend die innere Seite des<lb/> Glaſes erreicht, ſo iſt fuͤr den in die Luft hervorgegangenen Strahl<lb/> der Winkel mit dem Einfallslothe<lb/> 1) beim Tafelglaſe = 1,526 Gr. = 1°.31'.32'' fuͤr den rothen,<lb/><hi rendition="#et">1,533 Gr. = 1°.31'.59'' fuͤr den gruͤnen,<lb/> 1,547 Gr. = 1°.32'.49'' fuͤr den violetten,</hi><lb/> 2) beim Flintglaſe = 1,623 Gr. = 1°.37'.41'' fuͤr den rothen,<lb/><hi rendition="#et">1,642 Gr. = 1°.38'.32'' fuͤr den gruͤnen,<lb/> 1,671 Gr. = 1°.40'.16'' fuͤr den violetten.</hi><lb/> Bei jenem iſt die Abweichung des violetten vom rothen nur 77'',<lb/> das iſt <formula notation="TeX">\frac{77}{5520}</formula> ungefaͤhr = <formula notation="TeX">\frac{1}{71}</formula> der ganzen mittleren Brechung; bei<lb/> dieſem dagegen 155'', das iſt <formula notation="TeX">\frac{155}{5910}</formula> ungefaͤhr = <formula notation="TeX">\frac{1}{38}</formula> der ganzen<lb/> mittleren Brechung, die Farbenzerſtreuung alſo hier groͤßer.</p><lb/> <p>Die Moͤglichkeit, farbenfreie Objectivglaͤſer darzuſtellen, laͤßt<lb/> ſich nun wohl nicht bezweifeln, und es laͤßt ſich auch der Grund der<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [191/0205]
kleine Ablenkung oberwaͤrts, die der violette Strahl hatte, durch
ſeine ſtaͤrkere Brechung zum Theil oder ganz aufgehoben. Dieſe
Ueberlegung zeigt wohl deutlich, daß es moͤglich iſt, einen einfallen-
den weißen Strahl ſo gebrochen zu erhalten, daß er von ſeiner Rich-
tung abweicht, alſo wirklich gebrochen iſt, doch aber alle Farben-
ſtrahlen in paralleler Richtung enthaͤlt, das iſt als weißer Strahl
erſcheint. Zwei ſo zuſammen geordnete Prismen bilden ein achro-
matiſches, farbenfreies Prisma, welches aber nur da entſtehen
kann, wo zwei durchſichtige Koͤrper von ungleicher Farbenzer-
ſtreuung verbunden werden. Als ſolche Koͤrper, die eine ſehr ſtarke
Farbenzerſtreuung geben, hat man ſchon fruͤh diejenigen Glas-
Arten, die viel Blei enthalten, namentlich das engliſche Flint-
glas, kennen gelernt. Wenn man, nach der oben angefuͤhrten
Fraunhoferſchen Beſtimmung ſich einen genau im Sonnen-
bilde beſtimmten rothen, gruͤnen und violetten Strahl bemerkt,
deren erſter dem einen Ende des Farbenbildes, der zweite der hell-
ſten Gegend des Farbenbildes, der dritte dem letzten Ende des Far-
benbildes ziemlich nahe liegt, ſo findet man bei zwei von Fraun-
hofer angewandten Glasſorten
beim Tafelglaſe 1,5258; 1,5330; 1,5466,
beim Flintglaſe 1,6277; 1,6420; 1,6711,
als die Brechungsverhaͤltniſſe; das heißt, wenn ein weißer Licht-
ſtrahl 1 Grad vom Einfallslothe abweichend die innere Seite des
Glaſes erreicht, ſo iſt fuͤr den in die Luft hervorgegangenen Strahl
der Winkel mit dem Einfallslothe
1) beim Tafelglaſe = 1,526 Gr. = 1°.31'.32'' fuͤr den rothen,
1,533 Gr. = 1°.31'.59'' fuͤr den gruͤnen,
1,547 Gr. = 1°.32'.49'' fuͤr den violetten,
2) beim Flintglaſe = 1,623 Gr. = 1°.37'.41'' fuͤr den rothen,
1,642 Gr. = 1°.38'.32'' fuͤr den gruͤnen,
1,671 Gr. = 1°.40'.16'' fuͤr den violetten.
Bei jenem iſt die Abweichung des violetten vom rothen nur 77'',
das iſt [FORMEL] ungefaͤhr = [FORMEL] der ganzen mittleren Brechung; bei
dieſem dagegen 155'', das iſt [FORMEL] ungefaͤhr = [FORMEL] der ganzen
mittleren Brechung, die Farbenzerſtreuung alſo hier groͤßer.
Die Moͤglichkeit, farbenfreie Objectivglaͤſer darzuſtellen, laͤßt
ſich nun wohl nicht bezweifeln, und es laͤßt ſich auch der Grund der
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