des guten englischen Stab-Eisens, ist so groß, daß, nach Tred- gold's und nach Duleau's Versuchen, ein Stab von 1 rhein- länd. Quadratzoll Querschnitt mit 18200 Pfund belastet, sich nur um seiner Länge ausdehnt, und erst bei 50000, ja zuweilen erst bei 70000 Pfund Belastung reißt. Dabei ist es merkwürdig, daß sich die Quantität des Gewichtes, welche der Körper zu tragen vermag, nicht genau dem Querschnitte proportional zeigt, son- dern zum Beispiel dünner Eisendrath so stark ist, daß neben ein- ander gelegte Dräthe, deren Querschnitte zusammen auch nur 1 rheinl. Quadratzoll betrügen, 130000 Pfunde tragen können *).
Selbst die Holz-Arten besitzen einen hohen Grad von Festig- keit, indem nach Eytelwein ein gut ausgetrocknetes Kiefernholz mit parallelen Fasern 16000 bis 21000 Pfund bei einem Quer- schnitte von 1 Quadratzoll trägt, und unter dem Eichenholze Stücke vorkommen, deren Tragekraft 26500 Pfund ist **). Unter den zartern Körpern sind manche, die dennoch ein erhebliches Ge- wicht tragen, z. B. nach Musschenbroek's Angabe ein Faden der Seidenraupe 80 Gran, ein Menschenhaar 2000 Gran, und selbst sehr weiches feines Haar doch 1200 bis 1300 Gran.
Da es hier nicht meine Absicht ist, alles aufzuzählen, was man über diesen Gegenstand beobachtet hat, so verweile ich nur noch bei einigen auffallenden Merkwürdigkeiten, auf welche Rum- ford vorzüglich aufmerksam gemacht hat. Eine solche Bemerkung ist die, auch sonst schon bekannte, daß in einander geflochtene Fäden mehr Stärke besitzen, als eben die Fäden, parallel neben einander gespannt, haben würden, ferner daß Drehung der Seile weniger vortheilhaft, als Flechten der einzelnen Fäden, zur Stärke des Seiles beiträgt, und daß zu starkes Drehen die Stärke des Seiles vermindert, manche künstlichere Arten der Flechtung aber dadurch, daß sie eine gleichmäßige Dehnung der gewundenen ein- zelnen Fäden bewirken, wesentliche Vortheile für die Haltbarkeit gewähren. Zu den auffallenden Beispielen von Festigkeit, welche Körper besitzen, denen man keine große Festigkeit zuzutrauen pflegt, gehören folgende gleichfalls von Rumford bekannt gemachte Er-
*)Karsten Handb. der Eisenhüttenkunde. I. 98.
**)Eytelwein Handb. d. Statik fester Körper. II. 253.
des guten engliſchen Stab-Eiſens, iſt ſo groß, daß, nach Tred- gold's und nach Duleau's Verſuchen, ein Stab von 1 rhein- laͤnd. Quadratzoll Querſchnitt mit 18200 Pfund belaſtet, ſich nur um ſeiner Laͤnge ausdehnt, und erſt bei 50000, ja zuweilen erſt bei 70000 Pfund Belaſtung reißt. Dabei iſt es merkwuͤrdig, daß ſich die Quantitaͤt des Gewichtes, welche der Koͤrper zu tragen vermag, nicht genau dem Querſchnitte proportional zeigt, ſon- dern zum Beiſpiel duͤnner Eiſendrath ſo ſtark iſt, daß neben ein- ander gelegte Draͤthe, deren Querſchnitte zuſammen auch nur 1 rheinl. Quadratzoll betruͤgen, 130000 Pfunde tragen koͤnnen *).
Selbſt die Holz-Arten beſitzen einen hohen Grad von Feſtig- keit, indem nach Eytelwein ein gut ausgetrocknetes Kiefernholz mit parallelen Faſern 16000 bis 21000 Pfund bei einem Quer- ſchnitte von 1 Quadratzoll traͤgt, und unter dem Eichenholze Stuͤcke vorkommen, deren Tragekraft 26500 Pfund iſt **). Unter den zartern Koͤrpern ſind manche, die dennoch ein erhebliches Ge- wicht tragen, z. B. nach Muſſchenbroek's Angabe ein Faden der Seidenraupe 80 Gran, ein Menſchenhaar 2000 Gran, und ſelbſt ſehr weiches feines Haar doch 1200 bis 1300 Gran.
Da es hier nicht meine Abſicht iſt, alles aufzuzaͤhlen, was man uͤber dieſen Gegenſtand beobachtet hat, ſo verweile ich nur noch bei einigen auffallenden Merkwuͤrdigkeiten, auf welche Rum- ford vorzuͤglich aufmerkſam gemacht hat. Eine ſolche Bemerkung iſt die, auch ſonſt ſchon bekannte, daß in einander geflochtene Faͤden mehr Staͤrke beſitzen, als eben die Faͤden, parallel neben einander geſpannt, haben wuͤrden, ferner daß Drehung der Seile weniger vortheilhaft, als Flechten der einzelnen Faͤden, zur Staͤrke des Seiles beitraͤgt, und daß zu ſtarkes Drehen die Staͤrke des Seiles vermindert, manche kuͤnſtlichere Arten der Flechtung aber dadurch, daß ſie eine gleichmaͤßige Dehnung der gewundenen ein- zelnen Faͤden bewirken, weſentliche Vortheile fuͤr die Haltbarkeit gewaͤhren. Zu den auffallenden Beiſpielen von Feſtigkeit, welche Koͤrper beſitzen, denen man keine große Feſtigkeit zuzutrauen pflegt, gehoͤren folgende gleichfalls von Rumford bekannt gemachte Er-
*)Karſten Handb. der Eiſenhuͤttenkunde. I. 98.
**)Eytelwein Handb. d. Statik feſter Koͤrper. II. 253.
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[20/0042]
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rheinl. Quadratzoll betruͤgen, 130000 Pfunde tragen koͤnnen *).
Selbſt die Holz-Arten beſitzen einen hohen Grad von Feſtig-
keit, indem nach Eytelwein ein gut ausgetrocknetes Kiefernholz
mit parallelen Faſern 16000 bis 21000 Pfund bei einem Quer-
ſchnitte von 1 Quadratzoll traͤgt, und unter dem Eichenholze
Stuͤcke vorkommen, deren Tragekraft 26500 Pfund iſt **). Unter
den zartern Koͤrpern ſind manche, die dennoch ein erhebliches Ge-
wicht tragen, z. B. nach Muſſchenbroek's Angabe ein Faden
der Seidenraupe 80 Gran, ein Menſchenhaar 2000 Gran, und
ſelbſt ſehr weiches feines Haar doch 1200 bis 1300 Gran.
Da es hier nicht meine Abſicht iſt, alles aufzuzaͤhlen, was
man uͤber dieſen Gegenſtand beobachtet hat, ſo verweile ich nur
noch bei einigen auffallenden Merkwuͤrdigkeiten, auf welche Rum-
ford vorzuͤglich aufmerkſam gemacht hat. Eine ſolche Bemerkung
iſt die, auch ſonſt ſchon bekannte, daß in einander geflochtene
Faͤden mehr Staͤrke beſitzen, als eben die Faͤden, parallel neben
einander geſpannt, haben wuͤrden, ferner daß Drehung der Seile
weniger vortheilhaft, als Flechten der einzelnen Faͤden, zur Staͤrke
des Seiles beitraͤgt, und daß zu ſtarkes Drehen die Staͤrke des
Seiles vermindert, manche kuͤnſtlichere Arten der Flechtung aber
dadurch, daß ſie eine gleichmaͤßige Dehnung der gewundenen ein-
zelnen Faͤden bewirken, weſentliche Vortheile fuͤr die Haltbarkeit
gewaͤhren. Zu den auffallenden Beiſpielen von Feſtigkeit, welche
Koͤrper beſitzen, denen man keine große Feſtigkeit zuzutrauen pflegt,
gehoͤren folgende gleichfalls von Rumford bekannt gemachte Er-
*) Karſten Handb. der Eiſenhuͤttenkunde. I. 98.
**) Eytelwein Handb. d. Statik feſter Koͤrper. II. 253.
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Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1830, S. 20. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre01_1830/42>, abgerufen am 16.07.2024.
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