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Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1830.

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Durchmesser wirken würde, da aber dieser Kreis 450 Quadratzoll
enthält, worauf die Luft mit mehr als 6700 Pfund Kraft drückt,
so konnten allerdings 12 Pferde an jeder Seite diesen Druck nicht
überwinden, selbst wenn die Luft nicht einmal in so hohem Grade
verdünnt war. Andre Versuche Guerike's, wo die Luft ein großes
Gewicht trug, kommen auf eben das hinaus.

Wenn man eine gute Luftpumpe besitzt, deren Kolben nicht
mit allzu großer Reibung geht, so findet man, daß er, wenn die
Luft stark verdünnt ist, ohne alle angewandte Kraft zurückgetrieben
wird, wenn man ihn nach dem Hervorziehen aus dem Cylinder frei
läßt. Dieses ist die Wirkung der auf ihn drückenden Luft, die von
innen, wo fast gar keine Luft ist, keinen Widerstand leidet. Hat
der Cylinder einen Durchmesser von 3 Zoll, so ist der Druck auf
den Kolben ungefehr 110 Pfund, und so viel Last müßte der Kol-
ben mit sich hinaufziehen können, wenn nicht die doch immer sehr
erhebliche Reibung ein so großes Hinderniß hervorbrächte.

Man hat bei den Dampfmaschinen von diesem Drucke der
Luft Gebrauch gemacht, um den Kolben zurückzutreiben. Ist näm-
lich durch die Elasticität des unter dem Kolben zugelassenen Dampfes
der Kolben gehoben worden, so hat man unter demselben einen fast
ganz luftleeren Raum, und wenn man durch Abkühlung dem
Dampfe seine Elasticität raubt, so wird der Kolben herabgedrückt,
weil fast gar keine elastische Flüssigkeit im Raume unter dem Kolben
dem Drucke der Luft auf denselben Widerstand leistet.

Der große Druck, den unser ganzer Körper von der über uns
befindlichen Luft leidet, wird uns nicht fühlbar, weil im Innern
unseres Körpers in allen Gefäßen und Flüssigkeiten des Körpers sich
Luft von eben der Elasticität wie die äußere Luft befindet; legt man
aber die Hand auf eine oben offene Glocke, und pumpt unterhalb
der Hand die Luft weg, so bemerkt man den Druck der Luft auf
doppelte Weise, erstlich dadurch daß die Hand fest gegen das luft-
leere Gefäß angedrückt wird, so daß man nicht vermögend ist, sie
wegzuheben, zweitens dadurch, daß man, bei bedeutender Verdün-
nung der Luft und etwas längerer Dauer des Versuches, die Haut
röther, das Blut mehr in die Gefäße der Haut hereingetrieben
findet. Daß man die Hand nicht von der Oeffnung losreißen kann,
läßt sich leicht erklären; denn wenn die Luft auch nur bis zu ein

Durchmeſſer wirken wuͤrde, da aber dieſer Kreis 450 Quadratzoll
enthaͤlt, worauf die Luft mit mehr als 6700 Pfund Kraft druͤckt,
ſo konnten allerdings 12 Pferde an jeder Seite dieſen Druck nicht
uͤberwinden, ſelbſt wenn die Luft nicht einmal in ſo hohem Grade
verduͤnnt war. Andre Verſuche Guerike's, wo die Luft ein großes
Gewicht trug, kommen auf eben das hinaus.

Wenn man eine gute Luftpumpe beſitzt, deren Kolben nicht
mit allzu großer Reibung geht, ſo findet man, daß er, wenn die
Luft ſtark verduͤnnt iſt, ohne alle angewandte Kraft zuruͤckgetrieben
wird, wenn man ihn nach dem Hervorziehen aus dem Cylinder frei
laͤßt. Dieſes iſt die Wirkung der auf ihn druͤckenden Luft, die von
innen, wo faſt gar keine Luft iſt, keinen Widerſtand leidet. Hat
der Cylinder einen Durchmeſſer von 3 Zoll, ſo iſt der Druck auf
den Kolben ungefehr 110 Pfund, und ſo viel Laſt muͤßte der Kol-
ben mit ſich hinaufziehen koͤnnen, wenn nicht die doch immer ſehr
erhebliche Reibung ein ſo großes Hinderniß hervorbraͤchte.

Man hat bei den Dampfmaſchinen von dieſem Drucke der
Luft Gebrauch gemacht, um den Kolben zuruͤckzutreiben. Iſt naͤm-
lich durch die Elaſticitaͤt des unter dem Kolben zugelaſſenen Dampfes
der Kolben gehoben worden, ſo hat man unter demſelben einen faſt
ganz luftleeren Raum, und wenn man durch Abkuͤhlung dem
Dampfe ſeine Elaſticitaͤt raubt, ſo wird der Kolben herabgedruͤckt,
weil faſt gar keine elaſtiſche Fluͤſſigkeit im Raume unter dem Kolben
dem Drucke der Luft auf denſelben Widerſtand leiſtet.

Der große Druck, den unſer ganzer Koͤrper von der uͤber uns
befindlichen Luft leidet, wird uns nicht fuͤhlbar, weil im Innern
unſeres Koͤrpers in allen Gefaͤßen und Fluͤſſigkeiten des Koͤrpers ſich
Luft von eben der Elaſticitaͤt wie die aͤußere Luft befindet; legt man
aber die Hand auf eine oben offene Glocke, und pumpt unterhalb
der Hand die Luft weg, ſo bemerkt man den Druck der Luft auf
doppelte Weiſe, erſtlich dadurch daß die Hand feſt gegen das luft-
leere Gefaͤß angedruͤckt wird, ſo daß man nicht vermoͤgend iſt, ſie
wegzuheben, zweitens dadurch, daß man, bei bedeutender Verduͤn-
nung der Luft und etwas laͤngerer Dauer des Verſuches, die Haut
roͤther, das Blut mehr in die Gefaͤße der Haut hereingetrieben
findet. Daß man die Hand nicht von der Oeffnung losreißen kann,
laͤßt ſich leicht erklaͤren; denn wenn die Luft auch nur bis zu ein

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[256/0278] Durchmeſſer wirken wuͤrde, da aber dieſer Kreis 450 Quadratzoll enthaͤlt, worauf die Luft mit mehr als 6700 Pfund Kraft druͤckt, ſo konnten allerdings 12 Pferde an jeder Seite dieſen Druck nicht uͤberwinden, ſelbſt wenn die Luft nicht einmal in ſo hohem Grade verduͤnnt war. Andre Verſuche Guerike's, wo die Luft ein großes Gewicht trug, kommen auf eben das hinaus. Wenn man eine gute Luftpumpe beſitzt, deren Kolben nicht mit allzu großer Reibung geht, ſo findet man, daß er, wenn die Luft ſtark verduͤnnt iſt, ohne alle angewandte Kraft zuruͤckgetrieben wird, wenn man ihn nach dem Hervorziehen aus dem Cylinder frei laͤßt. Dieſes iſt die Wirkung der auf ihn druͤckenden Luft, die von innen, wo faſt gar keine Luft iſt, keinen Widerſtand leidet. Hat der Cylinder einen Durchmeſſer von 3 Zoll, ſo iſt der Druck auf den Kolben ungefehr 110 Pfund, und ſo viel Laſt muͤßte der Kol- ben mit ſich hinaufziehen koͤnnen, wenn nicht die doch immer ſehr erhebliche Reibung ein ſo großes Hinderniß hervorbraͤchte. Man hat bei den Dampfmaſchinen von dieſem Drucke der Luft Gebrauch gemacht, um den Kolben zuruͤckzutreiben. Iſt naͤm- lich durch die Elaſticitaͤt des unter dem Kolben zugelaſſenen Dampfes der Kolben gehoben worden, ſo hat man unter demſelben einen faſt ganz luftleeren Raum, und wenn man durch Abkuͤhlung dem Dampfe ſeine Elaſticitaͤt raubt, ſo wird der Kolben herabgedruͤckt, weil faſt gar keine elaſtiſche Fluͤſſigkeit im Raume unter dem Kolben dem Drucke der Luft auf denſelben Widerſtand leiſtet. Der große Druck, den unſer ganzer Koͤrper von der uͤber uns befindlichen Luft leidet, wird uns nicht fuͤhlbar, weil im Innern unſeres Koͤrpers in allen Gefaͤßen und Fluͤſſigkeiten des Koͤrpers ſich Luft von eben der Elaſticitaͤt wie die aͤußere Luft befindet; legt man aber die Hand auf eine oben offene Glocke, und pumpt unterhalb der Hand die Luft weg, ſo bemerkt man den Druck der Luft auf doppelte Weiſe, erſtlich dadurch daß die Hand feſt gegen das luft- leere Gefaͤß angedruͤckt wird, ſo daß man nicht vermoͤgend iſt, ſie wegzuheben, zweitens dadurch, daß man, bei bedeutender Verduͤn- nung der Luft und etwas laͤngerer Dauer des Verſuches, die Haut roͤther, das Blut mehr in die Gefaͤße der Haut hereingetrieben findet. Daß man die Hand nicht von der Oeffnung losreißen kann, laͤßt ſich leicht erklaͤren; denn wenn die Luft auch nur bis zu ein

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Zitationshilfe: Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1830, S. 256. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre01_1830/278>, abgerufen am 22.11.2024.