Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Bräuner, Johann Jacob: Pest-Büchlein. Frankfurt (Main), 1714.

Bild:
<< vorherige Seite

Das XII. Capitel.
Der jeni-
gen Ampt/
so die Tod-
ten anklei-
den.
grössere Bubenstück ausgeübet/ als von de-
nen/ welche die Todten bekleiden sollen. D.
Herlicius
im Ersten Theil seines Consilii Phy-
sici,
welchem dieser Diebsstück nicht wenig
fürkommen/ schreibt davon also: Zum an-
ziehen und bekleiden der Todten soll man ge-
treue und nicht leichtfertige lose diebische
Weiber oder Männer nehmen/ sondern die
getreu sind/ und sich mit einer ziemlichen Be-
soldung begnügen lassen: denn gemeiniglich
wollen solche Leut nicht nur einen ziemlichen
Lohn an Geld/ sondern auch des Verstorbe-
nen Kleider haben/ ja sie dörffen auch wol
noch mehr Kleider darzu begehren. Und
schreibt ein gewisser Medicus davon also:
Sind ge-
memiglich
diebisches
Volck.
Grössere Bubenstück hab ich mit Pest-Infi-
ci
rten nie gesehen/ als etliche von denen üben/
welche die an der Pest verstorbenen Menschen
säubern/ reinigen/ anziehen/ und in Sarg brin-
gen sollen/ und halte ich das Sprichwort
wahr seyn: Occasio facit furem, Gelegen-
heit machet Dieb; solches findet bey solchen
Leuten statt/ bevorab wo sie nebst den Wart-
weibern etwa Meister im Hauß sind/ wie ich
mich erinnere dergleichen losen Vetteln einer/
die nach Absterben einer Person alsobald der-
selben Hembder/ die sie fein beyzeiten gestoh-
len und verwahret/ angezogen. Etliche seynd
so leichtfertig/ was sie nicht stehlen können/
gröblich zu begehren/ und bilden ihnen ein/
es gehöre alles ihnen/ was der Todte an sei-

nem

Das XII. Capitel.
Der jeni-
gen Ampt/
ſo die Tod-
ten anklei-
den.
groͤſſere Bubenſtuͤck ausgeuͤbet/ als von de-
nen/ welche die Todten bekleiden ſollen. D.
Herlicius
im Erſten Theil ſeines Conſilii Phy-
ſici,
welchem dieſer Diebsſtuͤck nicht wenig
fuͤrkommen/ ſchreibt davon alſo: Zum an-
ziehen und bekleiden der Todten ſoll man ge-
treue und nicht leichtfertige loſe diebiſche
Weiber oder Maͤnner nehmen/ ſondern die
getreu ſind/ und ſich mit einer ziemlichen Be-
ſoldung begnuͤgen laſſen: denn gemeiniglich
wollen ſolche Leut nicht nur einen ziemlichen
Lohn an Geld/ ſondern auch des Verſtorbe-
nen Kleider haben/ ja ſie doͤrffen auch wol
noch mehr Kleider darzu begehren. Und
ſchreibt ein gewiſſer Medicus davon alſo:
Sind ge-
memiglich
diebiſches
Volck.
Groͤſſere Bubenſtuͤck hab ich mit Peſt-Infi-
ci
rten nie geſehen/ als etliche von denen uͤben/
welche die an der Peſt verſtorbenen Menſchen
ſaͤubern/ reinigen/ anziehen/ und in Sarg brin-
gen ſollen/ und halte ich das Sprichwort
wahr ſeyn: Occaſio facit furem, Gelegen-
heit machet Dieb; ſolches findet bey ſolchen
Leuten ſtatt/ bevorab wo ſie nebſt den Wart-
weibern etwa Meiſter im Hauß ſind/ wie ich
mich erinnere dergleichen loſen Vetteln einer/
die nach Abſterben einer Perſon alſobald der-
ſelben Hembder/ die ſie fein beyzeiten geſtoh-
len und verwahret/ angezogen. Etliche ſeynd
ſo leichtfertig/ was ſie nicht ſtehlen koͤnnen/
groͤblich zu begehren/ und bilden ihnen ein/
es gehoͤre alles ihnen/ was der Todte an ſei-

nem
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0158" n="136"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#fr">Das</hi><hi rendition="#aq">XII.</hi><hi rendition="#fr">Capitel.</hi></fw><lb/><note place="left">Der jeni-<lb/>
gen Ampt/<lb/>
&#x017F;o die Tod-<lb/>
ten anklei-<lb/>
den.</note>gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;ere Buben&#x017F;tu&#x0364;ck ausgeu&#x0364;bet/ als von de-<lb/>
nen/ welche die Todten bekleiden &#x017F;ollen. <hi rendition="#aq">D.<lb/>
Herlicius</hi> im Er&#x017F;ten Theil &#x017F;eines <hi rendition="#aq">Con&#x017F;ilii Phy-<lb/>
&#x017F;ici,</hi> welchem die&#x017F;er Diebs&#x017F;tu&#x0364;ck nicht wenig<lb/>
fu&#x0364;rkommen/ &#x017F;chreibt davon al&#x017F;o: Zum an-<lb/>
ziehen und bekleiden der Todten &#x017F;oll man ge-<lb/>
treue und nicht leichtfertige lo&#x017F;e diebi&#x017F;che<lb/>
Weiber oder Ma&#x0364;nner nehmen/ &#x017F;ondern die<lb/>
getreu &#x017F;ind/ und &#x017F;ich mit einer ziemlichen Be-<lb/>
&#x017F;oldung begnu&#x0364;gen la&#x017F;&#x017F;en: denn gemeiniglich<lb/>
wollen &#x017F;olche Leut nicht nur einen ziemlichen<lb/>
Lohn an Geld/ &#x017F;ondern auch des Ver&#x017F;torbe-<lb/>
nen Kleider haben/ ja &#x017F;ie do&#x0364;rffen auch wol<lb/>
noch mehr Kleider darzu begehren. Und<lb/>
&#x017F;chreibt ein gewi&#x017F;&#x017F;er <hi rendition="#aq">Medicus</hi> davon al&#x017F;o:<lb/><note place="left">Sind ge-<lb/>
memiglich<lb/>
diebi&#x017F;ches<lb/>
Volck.</note>Gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;ere Buben&#x017F;tu&#x0364;ck hab ich mit Pe&#x017F;t-<hi rendition="#aq">Infi-<lb/>
ci</hi>rten nie ge&#x017F;ehen/ als etliche von denen u&#x0364;ben/<lb/>
welche die an der Pe&#x017F;t ver&#x017F;torbenen Men&#x017F;chen<lb/>
&#x017F;a&#x0364;ubern/ reinigen/ anziehen/ und in Sarg brin-<lb/>
gen &#x017F;ollen/ und halte ich das Sprichwort<lb/>
wahr &#x017F;eyn: <hi rendition="#aq">Occa&#x017F;io facit furem,</hi> Gelegen-<lb/>
heit machet Dieb; &#x017F;olches findet bey &#x017F;olchen<lb/>
Leuten &#x017F;tatt/ bevorab wo &#x017F;ie neb&#x017F;t den Wart-<lb/>
weibern etwa Mei&#x017F;ter im Hauß &#x017F;ind/ wie ich<lb/>
mich erinnere dergleichen lo&#x017F;en Vetteln einer/<lb/>
die nach Ab&#x017F;terben einer Per&#x017F;on al&#x017F;obald der-<lb/>
&#x017F;elben Hembder/ die &#x017F;ie fein beyzeiten ge&#x017F;toh-<lb/>
len und verwahret/ angezogen. Etliche &#x017F;eynd<lb/>
&#x017F;o leichtfertig/ was &#x017F;ie nicht &#x017F;tehlen ko&#x0364;nnen/<lb/>
gro&#x0364;blich zu begehren/ und bilden ihnen ein/<lb/>
es geho&#x0364;re alles ihnen/ was der Todte an &#x017F;ei-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">nem</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[136/0158] Das XII. Capitel. groͤſſere Bubenſtuͤck ausgeuͤbet/ als von de- nen/ welche die Todten bekleiden ſollen. D. Herlicius im Erſten Theil ſeines Conſilii Phy- ſici, welchem dieſer Diebsſtuͤck nicht wenig fuͤrkommen/ ſchreibt davon alſo: Zum an- ziehen und bekleiden der Todten ſoll man ge- treue und nicht leichtfertige loſe diebiſche Weiber oder Maͤnner nehmen/ ſondern die getreu ſind/ und ſich mit einer ziemlichen Be- ſoldung begnuͤgen laſſen: denn gemeiniglich wollen ſolche Leut nicht nur einen ziemlichen Lohn an Geld/ ſondern auch des Verſtorbe- nen Kleider haben/ ja ſie doͤrffen auch wol noch mehr Kleider darzu begehren. Und ſchreibt ein gewiſſer Medicus davon alſo: Groͤſſere Bubenſtuͤck hab ich mit Peſt-Infi- cirten nie geſehen/ als etliche von denen uͤben/ welche die an der Peſt verſtorbenen Menſchen ſaͤubern/ reinigen/ anziehen/ und in Sarg brin- gen ſollen/ und halte ich das Sprichwort wahr ſeyn: Occaſio facit furem, Gelegen- heit machet Dieb; ſolches findet bey ſolchen Leuten ſtatt/ bevorab wo ſie nebſt den Wart- weibern etwa Meiſter im Hauß ſind/ wie ich mich erinnere dergleichen loſen Vetteln einer/ die nach Abſterben einer Perſon alſobald der- ſelben Hembder/ die ſie fein beyzeiten geſtoh- len und verwahret/ angezogen. Etliche ſeynd ſo leichtfertig/ was ſie nicht ſtehlen koͤnnen/ groͤblich zu begehren/ und bilden ihnen ein/ es gehoͤre alles ihnen/ was der Todte an ſei- nem Der jeni- gen Ampt/ ſo die Tod- ten anklei- den. Sind ge- memiglich diebiſches Volck.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/braeuner_pest_1714
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/braeuner_pest_1714/158
Zitationshilfe: Bräuner, Johann Jacob: Pest-Büchlein. Frankfurt (Main), 1714, S. 136. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/braeuner_pest_1714/158>, abgerufen am 21.11.2024.