Bräker, Ulrich: Lebensgeschichte und natürliche Ebentheuer des Armen Mannes im Tockenburg. Herausgegeben von H. H. Füßli. Zürich, 1789.maaß heimbrachten, oder er sonst ein loses Stücklein *) h. l. Ein guter Hausvater.
maaß heimbrachten, oder er ſonſt ein loſes Stuͤcklein *) h. l. Ein guter Hausvater.
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0047" n="31"/> maaß heimbrachten, oder er ſonſt ein loſes Stuͤcklein<lb/> von mir erfuhr. — Dann hat ein Geißbub uͤber-<lb/> haupt viel von andern Leuthen zu leiden. Wer will aber<lb/> einen Faſel Geiſſen immer ſo in Schranken halten,<lb/> daß ſie nicht etwa einem Nachbar in die Wieſen oder<lb/> Waid gucken? Wer mit ſo viel luͤſternen Thieren<lb/> zwiſchen Korn- und Haberbrachen, Raͤb- und Kabis-<lb/> aͤckern durchfahren, daß keins kein Maulvoll verſuch-<lb/> te? Da gieng’s dann an ein Fluchen und Lamenti-<lb/> ren: Baͤrnhaͤuter! Galgenvogel! waren meine ge-<lb/> woͤhnlichen Ehrentitel. Man ſprang mir mit Ar-<lb/> ten, Pruͤgeln und Hagſtecken — einſt gar einer mit<lb/> einer Senſe nach; der ſchwur, mir ein Bein vom<lb/> Leib wegzuhauen. Aber ich war leicht genug auf<lb/> den Fuͤſſen; und nie hat mich einer erwiſchen moͤgen.<lb/> Die ſchuldigen Geiſſen wohl haben ſie mir oft er-<lb/> tappt, und mit Arreſt belegt; dann mußte mein Va-<lb/> ter hin, und ſie loͤſen. Fand er mich ſchuldig, ſo<lb/> gab’s Schlaͤge. Etliche unſrer Nachbarn waren mir<lb/> ganz beſonders widerwaͤrtig, und richteten mir man-<lb/> chen Streich auf den Ruͤcken. Dann dacht’ ich frey-<lb/> lich: Wartet nur, ihr Kerls, bis mir eure Schuh’<lb/> recht ſind, ſo will ich Euch auch die Buͤckel ſalben.<lb/> Aber man vergißt’s; und das iſt gut. Und dann<lb/> hat das Spruͤchwort doch auch ſeinen wahren Sinn:<lb/> „Wer will ein Bidermann <note place="foot" n="*)"><hi rendition="#aq">h. l.</hi> Ein guter Hausvater.</note> ſeyn und heiſſen,<lb/> „der huͤt ſich vor Dauben und Geiſſen.„ — So<lb/> giebt es alſo freylich dieſer und anderer Widerwaͤrtig-<lb/> keiten genug in dem Hirtenſtand. Aber die boͤſen<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [31/0047]
maaß heimbrachten, oder er ſonſt ein loſes Stuͤcklein
von mir erfuhr. — Dann hat ein Geißbub uͤber-
haupt viel von andern Leuthen zu leiden. Wer will aber
einen Faſel Geiſſen immer ſo in Schranken halten,
daß ſie nicht etwa einem Nachbar in die Wieſen oder
Waid gucken? Wer mit ſo viel luͤſternen Thieren
zwiſchen Korn- und Haberbrachen, Raͤb- und Kabis-
aͤckern durchfahren, daß keins kein Maulvoll verſuch-
te? Da gieng’s dann an ein Fluchen und Lamenti-
ren: Baͤrnhaͤuter! Galgenvogel! waren meine ge-
woͤhnlichen Ehrentitel. Man ſprang mir mit Ar-
ten, Pruͤgeln und Hagſtecken — einſt gar einer mit
einer Senſe nach; der ſchwur, mir ein Bein vom
Leib wegzuhauen. Aber ich war leicht genug auf
den Fuͤſſen; und nie hat mich einer erwiſchen moͤgen.
Die ſchuldigen Geiſſen wohl haben ſie mir oft er-
tappt, und mit Arreſt belegt; dann mußte mein Va-
ter hin, und ſie loͤſen. Fand er mich ſchuldig, ſo
gab’s Schlaͤge. Etliche unſrer Nachbarn waren mir
ganz beſonders widerwaͤrtig, und richteten mir man-
chen Streich auf den Ruͤcken. Dann dacht’ ich frey-
lich: Wartet nur, ihr Kerls, bis mir eure Schuh’
recht ſind, ſo will ich Euch auch die Buͤckel ſalben.
Aber man vergißt’s; und das iſt gut. Und dann
hat das Spruͤchwort doch auch ſeinen wahren Sinn:
„Wer will ein Bidermann *) ſeyn und heiſſen,
„der huͤt ſich vor Dauben und Geiſſen.„ — So
giebt es alſo freylich dieſer und anderer Widerwaͤrtig-
keiten genug in dem Hirtenſtand. Aber die boͤſen
*) h. l. Ein guter Hausvater.
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