kann. --- Auch ist sie wirklich das ehrlichste, brävste Weib von der Welt, und übertrift mich in vielen Stücken weit; ein sehr nützliches, treues Weib, mit der ein Mann --- der nach ihrer Pfeife tanzte, treflich wohl fahren würde. Wie gesagt, recht viele gute Eigenschaften hat sie, die ich nicht habe. So weißt sie z. E. nichts von Sinnlichkeit, da hingegen mich die meinige so viel tausend Thorheiten begehen ließ. Sie ist so fest in ihren Grundsätzen -- oder Vorurtheilen wenn man lieber will -- daß kein Doktor Juris -- kein Lavater -- kein Zimmermann sie davon eines Nagelsbreit abbrin- gen könnte. Ich hingegen bin so wankend wie Espenlaub. Ihre Begriffe -- wenn sie diesen Namen verdienen -- von Gott und der Welt, und allen Dingen in der Welt, dün- ken ihr immer die beßten, und unumstößlich zu seyn. Weder durch Güte noch Strenge --- durch keine Fol- ter könnt'st du ihr andre beybringen. Ich hingegen bin immer zweifelhaft, ob die meinigen die richtigen seyn. In ihrer Treu und Liebe zu mir macht sie mich ebenfalls sehr beschämt. Mein zeitliches und ewiges Wohl liegt ihr, vollkommen wie ihr eigenes, am Herzen; sie würde mich in den Himmel --- bey den Haaren ziehn, oder gar mit Prügeln d'rein ja- gen; theils und zuerst um meines eigenen Beßten willen --- dann auch um das Vergnügen zu haben, daß ich's ihr zu danken hätte --- und um mich ewig hofmeistern zu können. Doch im Ernst: Ihre auf- richtige Bitte zu Gott geht gewiß dahin: "Laß doch "dereinst mich und meinen Mann einander im "Himmel antreffen, um uns nie mehr trennen zu
kann. --- Auch iſt ſie wirklich das ehrlichſte, braͤvſte Weib von der Welt, und uͤbertrift mich in vielen Stuͤcken weit; ein ſehr nuͤtzliches, treues Weib, mit der ein Mann --- der nach ihrer Pfeife tanzte, treflich wohl fahren wuͤrde. Wie geſagt, recht viele gute Eigenſchaften hat ſie, die ich nicht habe. So weißt ſie z. E. nichts von Sinnlichkeit, da hingegen mich die meinige ſo viel tauſend Thorheiten begehen ließ. Sie iſt ſo feſt in ihren Grundſaͤtzen -- oder Vorurtheilen wenn man lieber will -- daß kein Doktor Juris -- kein Lavater -- kein Zimmermann ſie davon eines Nagelsbreit abbrin- gen koͤnnte. Ich hingegen bin ſo wankend wie Eſpenlaub. Ihre Begriffe -- wenn ſie dieſen Namen verdienen -- von Gott und der Welt, und allen Dingen in der Welt, duͤn- ken ihr immer die beßten, und unumſtoͤßlich zu ſeyn. Weder durch Guͤte noch Strenge --- durch keine Fol- ter koͤnnt’ſt du ihr andre beybringen. Ich hingegen bin immer zweifelhaft, ob die meinigen die richtigen ſeyn. In ihrer Treu und Liebe zu mir macht ſie mich ebenfalls ſehr beſchaͤmt. Mein zeitliches und ewiges Wohl liegt ihr, vollkommen wie ihr eigenes, am Herzen; ſie wuͤrde mich in den Himmel --- bey den Haaren ziehn, oder gar mit Pruͤgeln d’rein ja- gen; theils und zuerſt um meines eigenen Beßten willen --- dann auch um das Vergnuͤgen zu haben, daß ich’s ihr zu danken haͤtte --- und um mich ewig hofmeiſtern zu koͤnnen. Doch im Ernſt: Ihre auf- richtige Bitte zu Gott geht gewiß dahin: „Laß doch „dereinſt mich und meinen Mann einander im „Himmel antreffen, um uns nie mehr trennen zu
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kann. --- Auch iſt ſie wirklich das ehrlichſte, braͤvſte Weib
von der Welt, und uͤbertrift mich in vielen Stuͤcken weit;
ein ſehr nuͤtzliches, treues Weib, mit der ein Mann
--- der nach ihrer Pfeife tanzte, treflich wohl fahren
wuͤrde. Wie geſagt, recht viele gute Eigenſchaften
hat ſie, die ich nicht habe. So weißt ſie z. E. nichts
von Sinnlichkeit, da hingegen mich die meinige ſo
viel tauſend Thorheiten begehen ließ. Sie iſt ſo feſt
in ihren Grundſaͤtzen -- oder Vorurtheilen wenn man
lieber will -- daß kein Doktor Juris -- kein Lavater --
kein Zimmermann ſie davon eines Nagelsbreit abbrin-
gen koͤnnte. Ich hingegen bin ſo wankend wie Eſpenlaub.
Ihre Begriffe -- wenn ſie dieſen Namen verdienen -- von
Gott und der Welt, und allen Dingen in der Welt, duͤn-
ken ihr immer die beßten, und unumſtoͤßlich zu ſeyn.
Weder durch Guͤte noch Strenge --- durch keine Fol-
ter koͤnnt’ſt du ihr andre beybringen. Ich hingegen
bin immer zweifelhaft, ob die meinigen die richtigen
ſeyn. In ihrer Treu und Liebe zu mir macht ſie
mich ebenfalls ſehr beſchaͤmt. Mein zeitliches und
ewiges Wohl liegt ihr, vollkommen wie ihr eigenes,
am Herzen; ſie wuͤrde mich in den Himmel --- bey
den Haaren ziehn, oder gar mit Pruͤgeln d’rein ja-
gen; theils und zuerſt um meines eigenen Beßten
willen --- dann auch um das Vergnuͤgen zu haben,
daß ich’s ihr zu danken haͤtte --- und um mich ewig
hofmeiſtern zu koͤnnen. Doch im Ernſt: Ihre auf-
richtige Bitte zu Gott geht gewiß dahin: „Laß doch
„dereinſt mich und meinen Mann einander im
„Himmel antreffen, um uns nie mehr trennen zu
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Bräker, Ulrich: Lebensgeschichte und natürliche Ebentheuer des Armen Mannes im Tockenburg. Herausgegeben von H. H. Füßli. Zürich, 1789, S. 254. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/braeker_lebensgeschichte_1789/270>, abgerufen am 25.11.2024.
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