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Bräker, Ulrich: Lebensgeschichte und natürliche Ebentheuer des Armen Mannes im Tockenburg. Herausgegeben von H. H. Füßli. Zürich, 1789.

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aus allen Kräften, so daß ich dieß Handwerk so ziem-
lich gelernt, und mir mit meiner Selbstarbeit man-
chen hübschen Schilling erspart. Mit meinem Fuß
war's indessen noch lange nicht recht, und ich mußte
bey Jahren daran bayern; sonst wäre alles noch
viel hurtiger vonstatten gegangen. Endlich konnt' ich
doch den 17. Jun. mit dem Bruder in mein neues
Haus einziehn, der nun einzig, nebst mir, unsern
kleinen Rauch führte; so daß wir Herr, Frau, Knecht
und Magd, Koch und Keller, alles an einem Stiel
vorstellten. Aber es fehlte mir eben noch an Vielem.
Wo ich herumsah, erblickt' ich meist heitre und son-
nenreiche, aber läre Winkel. Immer mußt' ich die
Hand in Beutel stecken; und der war klein und dünn;
so daß es mich itzt noch Wunder nimmt, wie die
Kreutzer, Batzen und Gulden alle heraus, oder viel-
mehr hereingekrochen. Aber freylich am End erklärte
sich manches -- durch einen Schuldenlast von bey-
nahe 1000. fl. Tausend Gulden! und die mach-
ten mir keinen Kummer? O du liebe, heilige Sorg-
losigkeit meiner Jugendzeit!

Inzwischen war ich nun schon beynahe vier Jahre
lang einem stettigen *) Mädchen nachgelaufen; und
sie mir, doch etwas minder. Und wenn wir uns
nicht sehen konnten, mußten bald alle Tage gebun-
dene und ungebundene Briefe gewechselt seyn, wie
mich denn über diesen Punkt meine verschmitzte Dul-
cinee meisterlich zu betriegen wußte. Sie schrieb
mir nämlich ihre Briefe meist in Versen, so nett,

*) reveche.

aus allen Kraͤften, ſo daß ich dieß Handwerk ſo ziem-
lich gelernt, und mir mit meiner Selbſtarbeit man-
chen huͤbſchen Schilling erſpart. Mit meinem Fuß
war’s indeſſen noch lange nicht recht, und ich mußte
bey Jahren daran bayern; ſonſt waͤre alles noch
viel hurtiger vonſtatten gegangen. Endlich konnt’ ich
doch den 17. Jun. mit dem Bruder in mein neues
Haus einziehn, der nun einzig, nebſt mir, unſern
kleinen Rauch fuͤhrte; ſo daß wir Herr, Frau, Knecht
und Magd, Koch und Keller, alles an einem Stiel
vorſtellten. Aber es fehlte mir eben noch an Vielem.
Wo ich herumſah, erblickt’ ich meiſt heitre und ſon-
nenreiche, aber laͤre Winkel. Immer mußt’ ich die
Hand in Beutel ſtecken; und der war klein und duͤnn;
ſo daß es mich itzt noch Wunder nimmt, wie die
Kreutzer, Batzen und Gulden alle heraus, oder viel-
mehr hereingekrochen. Aber freylich am End erklaͤrte
ſich manches — durch einen Schuldenlaſt von bey-
nahe 1000. fl. Tauſend Gulden! und die mach-
ten mir keinen Kummer? O du liebe, heilige Sorg-
loſigkeit meiner Jugendzeit!

Inzwiſchen war ich nun ſchon beynahe vier Jahre
lang einem ſtettigen *) Maͤdchen nachgelaufen; und
ſie mir, doch etwas minder. Und wenn wir uns
nicht ſehen konnten, mußten bald alle Tage gebun-
dene und ungebundene Briefe gewechſelt ſeyn, wie
mich denn uͤber dieſen Punkt meine verſchmitzte Dul-
cinee meiſterlich zu betriegen wußte. Sie ſchrieb
mir naͤmlich ihre Briefe meiſt in Verſen, ſo nett,

*) revêche.
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[181/0197] aus allen Kraͤften, ſo daß ich dieß Handwerk ſo ziem- lich gelernt, und mir mit meiner Selbſtarbeit man- chen huͤbſchen Schilling erſpart. Mit meinem Fuß war’s indeſſen noch lange nicht recht, und ich mußte bey Jahren daran bayern; ſonſt waͤre alles noch viel hurtiger vonſtatten gegangen. Endlich konnt’ ich doch den 17. Jun. mit dem Bruder in mein neues Haus einziehn, der nun einzig, nebſt mir, unſern kleinen Rauch fuͤhrte; ſo daß wir Herr, Frau, Knecht und Magd, Koch und Keller, alles an einem Stiel vorſtellten. Aber es fehlte mir eben noch an Vielem. Wo ich herumſah, erblickt’ ich meiſt heitre und ſon- nenreiche, aber laͤre Winkel. Immer mußt’ ich die Hand in Beutel ſtecken; und der war klein und duͤnn; ſo daß es mich itzt noch Wunder nimmt, wie die Kreutzer, Batzen und Gulden alle heraus, oder viel- mehr hereingekrochen. Aber freylich am End erklaͤrte ſich manches — durch einen Schuldenlaſt von bey- nahe 1000. fl. Tauſend Gulden! und die mach- ten mir keinen Kummer? O du liebe, heilige Sorg- loſigkeit meiner Jugendzeit! Inzwiſchen war ich nun ſchon beynahe vier Jahre lang einem ſtettigen *) Maͤdchen nachgelaufen; und ſie mir, doch etwas minder. Und wenn wir uns nicht ſehen konnten, mußten bald alle Tage gebun- dene und ungebundene Briefe gewechſelt ſeyn, wie mich denn uͤber dieſen Punkt meine verſchmitzte Dul- cinee meiſterlich zu betriegen wußte. Sie ſchrieb mir naͤmlich ihre Briefe meiſt in Verſen, ſo nett, *) revêche.

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Zitationshilfe: Bräker, Ulrich: Lebensgeschichte und natürliche Ebentheuer des Armen Mannes im Tockenburg. Herausgegeben von H. H. Füßli. Zürich, 1789, S. 181. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/braeker_lebensgeschichte_1789/197>, abgerufen am 21.11.2024.