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Bosman, Willem: Reyse nach Gvinea. Hamburg, 1708.

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Beschreibung

Unser hier stehendes Haus welches der König uns
zu gute hat bauen lassen/ ist ziemlich groß/ mit 3. gros-
sen Packräumen und sieben Zimmern nebst innwen-
digen schönem Hof-Platz/ und rund herum mit einer
Gallerie gezieret. Hergegen aber seyn die übrige Eu-
ropäische Häuser über alle massen schlecht und unge-
mächlich.

Er hat nicht mehr als 4. Kinder/ ausserhalb den
gantz kleinen 8. Söhnen und einer Tochter/ welche
noch zu Hause seyn. Durchgehends sehen obige viere
wohl aus/ insonderheit aber der Aelteste/ der schönste
Mohr den ich mein Lebetage mit Augen gesehen/ nur
Jammer und Schade daß in einem so schönen Leibe
eine so schwartze Seele wohne. Von Rechts wegen
soll er dem Vater auf den Thron folgen/ allein hoffent-
lich werden diejenigen so ihn wählen/ diesen vorbeyge-
hen/ in Ansehung daß er so tückisch und boshafftig ist/
daß das gantze Land seinet wegen viel ausstehen muß.

Uberall und auf allen Wegen hat er gewisse Leute-
Fänger ausgesetzet/ um alle vorüber Reisende so
schwartze als weisse zu berauben und zu plündern/ ja
auch seinen eigenen Vater nicht zu verschonen.

Er macht es nicht anders wie die Eulen/ und gehet
bey Tage niemahls aus/ sondern des Nachts/ da er mir
öffters die Ehre gegeben und mich besuchet hat. Des
Tages aber müste er sich vor allen sehen lassen/ und über
dem vor seinem Vater erscheinen/ welches ihm viel zu
verkleinerlich.

Der zweyte ähnet seinem Vater vollkömmlich/ in-
dem er diesem an Ehrbarkeit wenig nachgiebet/ so daß
die meisten Grossen bey ihm und an seinen Hofe sich fin-
den lassen; folglich zu beförchten es werde nach Ab-

ster-
Beſchreibung

Unſer hier ſtehendes Haus welches der Koͤnig uns
zu gute hat bauen laſſen/ iſt ziemlich groß/ mit 3. groſ-
ſen Packraͤumen und ſieben Zimmern nebſt innwen-
digen ſchoͤnem Hof-Platz/ und rund herum mit einer
Gallerie gezieret. Hergegen aber ſeyn die uͤbrige Eu-
ropaͤiſche Haͤuſer uͤber alle maſſen ſchlecht und unge-
maͤchlich.

Er hat nicht mehr als 4. Kinder/ auſſerhalb den
gantz kleinen 8. Soͤhnen und einer Tochter/ welche
noch zu Hauſe ſeyn. Durchgehends ſehen obige viere
wohl aus/ inſonderheit aber der Aelteſte/ der ſchoͤnſte
Mohr den ich mein Lebetage mit Augen geſehen/ nur
Jammer und Schade daß in einem ſo ſchoͤnen Leibe
eine ſo ſchwartze Seele wohne. Von Rechts wegen
ſoll er dem Vater auf den Thron folgen/ allein hoffent-
lich werden diejenigen ſo ihn waͤhlen/ dieſen vorbeyge-
hen/ in Anſehung daß er ſo tuͤckiſch und boshafftig iſt/
daß das gantze Land ſeinet wegen viel ausſtehen muß.

Uberall und auf allen Wegen hat er gewiſſe Leute-
Faͤnger ausgeſetzet/ um alle voruͤber Reiſende ſo
ſchwartze als weiſſe zu berauben und zu pluͤndern/ ja
auch ſeinen eigenen Vater nicht zu verſchonen.

Er macht es nicht anders wie die Eulen/ und gehet
bey Tage niemahls aus/ ſondern des Nachts/ da er mir
oͤffters die Ehre gegeben und mich beſuchet hat. Des
Tages aber muͤſte er ſich vor allen ſehen laſſen/ und uͤber
dem vor ſeinem Vater erſcheinen/ welches ihm viel zu
verkleinerlich.

Der zweyte aͤhnet ſeinem Vater vollkoͤmmlich/ in-
dem er dieſem an Ehrbarkeit wenig nachgiebet/ ſo daß
die meiſten Groſſen bey ihm und an ſeinen Hofe ſich fin-
den laſſen; folglich zu befoͤrchten es werde nach Ab-

ſter-
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[440/0496] Beſchreibung Unſer hier ſtehendes Haus welches der Koͤnig uns zu gute hat bauen laſſen/ iſt ziemlich groß/ mit 3. groſ- ſen Packraͤumen und ſieben Zimmern nebſt innwen- digen ſchoͤnem Hof-Platz/ und rund herum mit einer Gallerie gezieret. Hergegen aber ſeyn die uͤbrige Eu- ropaͤiſche Haͤuſer uͤber alle maſſen ſchlecht und unge- maͤchlich. Er hat nicht mehr als 4. Kinder/ auſſerhalb den gantz kleinen 8. Soͤhnen und einer Tochter/ welche noch zu Hauſe ſeyn. Durchgehends ſehen obige viere wohl aus/ inſonderheit aber der Aelteſte/ der ſchoͤnſte Mohr den ich mein Lebetage mit Augen geſehen/ nur Jammer und Schade daß in einem ſo ſchoͤnen Leibe eine ſo ſchwartze Seele wohne. Von Rechts wegen ſoll er dem Vater auf den Thron folgen/ allein hoffent- lich werden diejenigen ſo ihn waͤhlen/ dieſen vorbeyge- hen/ in Anſehung daß er ſo tuͤckiſch und boshafftig iſt/ daß das gantze Land ſeinet wegen viel ausſtehen muß. Uberall und auf allen Wegen hat er gewiſſe Leute- Faͤnger ausgeſetzet/ um alle voruͤber Reiſende ſo ſchwartze als weiſſe zu berauben und zu pluͤndern/ ja auch ſeinen eigenen Vater nicht zu verſchonen. Er macht es nicht anders wie die Eulen/ und gehet bey Tage niemahls aus/ ſondern des Nachts/ da er mir oͤffters die Ehre gegeben und mich beſuchet hat. Des Tages aber muͤſte er ſich vor allen ſehen laſſen/ und uͤber dem vor ſeinem Vater erſcheinen/ welches ihm viel zu verkleinerlich. Der zweyte aͤhnet ſeinem Vater vollkoͤmmlich/ in- dem er dieſem an Ehrbarkeit wenig nachgiebet/ ſo daß die meiſten Groſſen bey ihm und an ſeinen Hofe ſich fin- den laſſen; folglich zu befoͤrchten es werde nach Ab- ſter-

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Zitationshilfe: Bosman, Willem: Reyse nach Gvinea. Hamburg, 1708, S. 440. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bossmann_gvinea_1708/496>, abgerufen am 15.05.2024.